Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.01.2008
Aktenzeichen: V ZR 85/07
Rechtsgebiete: AusglLeistG


Vorschriften:

AusglLeistG § 3 Abs. 10
a) § 3 Abs. 10 AusglLeistG enthält ein relatives Veräußerungsverbot.

b) § 3 Abs. 10 AusglLeistG steht nur der Veräußerung nach diesem Gesetz erworbener Grundstücke entgegen; andere Verfügungen werden von dem Verbot nicht erfasst, ebenso wenig eine im Wege der Zwangsvollstreckung eingetragene Hypothek.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 85/07

Verkündet am: 11. Januar 2008

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 26. April 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die B. (B. ) war als Eigentümerin einer Vielzahl ehemals volkseigener Grundstücke in W. im Grundbuch eingetragen. Aufgrund Vereinbarung mit der Klägerin wurden die Grundstücke mit Bescheid vom 1. April 1996 dieser zugeordnet. Ohne dass der Eigentumswechsel im Grundbuch verlautbart war, verkaufte die Klägerin im eigenen Namen und als Vertreterin der B. die Grundstücke zusammen mit weiteren noch als volkseigen in Rechtsträgerschaft eines Forstwirtschaftsbetriebs gebuchten Grundstücken mit Notarvertrag vom 6. Dezember 1996 nach dem Ausgleichsleistungsgesetz verbilligt an eine zwischen den Eheleuten R. vereinbarte Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) und ließ die Grundstücke den Eheleuten R. als Gesellschaftern auf. Die GbR verpflichtete sich zur forstwirtschaftlichen Nutzung der Grundstücke und dazu, über diese nicht ohne Zustimmung der Klägerin zu verfügen. Ein Verstoß gegen die Bewirtschaftungsverpflichtung oder das Verfügungsverbot berechtigte die Klägerin zum Rücktritt vom Vertrag. Zur Sicherung des aus einem Rücktritt folgenden Anspruchs auf Auflassung der Grundstücke bewilligten die Käufer die Eintragung einer Vormerkung. In § 8 Abs. 1 des Vertrags stellten die Vertragsparteien fest, dass die Grundstücke dem Verbot von § 3 Abs. 10 AusglLeistG unterlägen und ohne Genehmigung der Verkäuferin nicht veräußert werden dürften.

Am 21. Dezember 1998 wurde die Auflassung der Grundstücke im Grundbuch vollzogen. In Abteilung II des Grundbuchs wurde zugleich eingetragen: "Veräußerungsverbot mit Genehmigungsvorbehalt gemäß § 3 Abs. 10 AusglLeistG bis 20. Dezember 2018" und "Rückauflassungsvormerkung, bedingt, befristet für die B. , ".

Am 12. November 2002 erwirkte der Beklagte im Wege der Zwangsvollstreckung die Belastung einzelner Grundstücke mit Sicherungshypotheken. Am 20. Dezember 2002 trat die Klägerin von dem Kaufvertrag zurück. Die Kaufgrundstücke wurden am 16. Juli 2004 der Klägerin aufgelassen. Am 2. September 2004 "berichtigte" das Grundbuchamt die Eintragung der Vormerkung vom 21. Dezember 1998 "von Amts wegen" dahin, dass die Klägerin "seit dem 21. Dezember 1998 Berechtigte" des gesicherten Anspruchs sei. Am 13. Dezember 2004 wurde sie als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, der Löschung der für ihn eingetragenen Hypotheken zuzustimmen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zur Löschung der Hypotheken. Es meint, aus der eingetragenen Vormerkung könnten sich Ansprüche der Klägerin nur gegen Belastungen ergeben, die nach der Berichtigung der Eintragung vom 2. September 2004 erfolgt seien und damit nicht gegen die zuvor für den Beklagten eingetragenen Hypotheken. Auch aus dem Veräußerungsverbot folge kein Anspruch gegen den Beklagten auf Zustimmung zu der verlangten Löschung. Das Verbot erfasse die Belastung der Grundstücke durch die eingetragenen Hypotheken nicht.

II.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Ein Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zur Löschung der eingetragenen Hypotheken gemäß § 888 Abs. 1 BGB besteht nicht. Der zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin auf Übertragung der Grundstücke eingetragenen Vormerkung kommt ein Vorrang gegenüber den für den Beklagten eingetragenen Hypotheken nicht zu.

a) Die zugleich mit der Eintragung der Eheleute R. als Eigentümer des Grundstücks eingetragene Vormerkung führte nicht zur Sicherung des im Kaufvertrag für die Klägerin vereinbarten bedingten Rückübertragungsanspruchs, weil durch die Eintragung der B. als Vormerkungsberechtigte nicht die für die Klägerin bewilligte Vormerkung gewahrt wurde (vgl. Senat, BGHZ 123, 298, 301).

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt und die Revision auch nicht in Zweifel zieht, konnte die Eintragung vom 2. September 2004 den Schutz der Klägerin durch die Vormerkung ihres Anspruchs nicht rückwirkend auf den 21. Dezember 1998 herbeiführen. Eine derartige Rückwirkung ist mit der Funktion des Grundbuchs, den bestehenden Rechtszustand zu verlautbaren, unvereinbar.

b) Entgegen der Meinung der Revision kommt es nicht darauf an, ob das Berufungsgericht die Abtretung eines durch die zunächst eingetragene Vormerkung gesicherten Anspruchs der B. an die Klägerin zu Recht verneint hat. Ein Anspruch der B. auf Übertragung der Grundstücke, der durch die Vormerkung gesichert und den die B. an die Klägerin hätte abtreten können, ist durch den Vertrag vom 6. Dezember 1996 nicht begründet worden.

Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der B. ein Anspruch gegen die GbR auf Übertragung der Grundstücke zustand. Die Frage ist zu verneinen. Zu dieser Feststellung ist der Senat in der Lage, weil weiteres Vorbringen der Parteien insoweit nicht in Betracht kommt. Die Klägerin war Eigentümerin des größten Teils der verkauften Grundstücke. Der Kaufvertrag über sämtliche Grundstücke wurde zwischen ihr und der GbR geschlossen. Ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag wurde nur für die im Vertrag als "Verkäuferin" bezeichnete Klägerin vereinbart. Zu deren Sicherung wurde die Rückerwerbsvormerkung bewilligt. Auch wenn der Verkauf der Grundstücke, wie die Revision geltend macht, im Auftrag der B. geschehen ist, fehlt es an einem Anhaltspunkt in dem Vertrag dafür, dass die Ausübung des der Klägerin eingeräumten Rücktrittsrechts dazu führen sollte, dass die B. die Übertragung der Grundstücke auf sich verlangen können sollte und ein Anspruch der B. durch die einzutragende Vormerkung habe gesichert werden sollen. Das wird durch das Verhalten der Vertragsparteien nach der Erklärung des Rücktritts vom Vertrag durch die Klägerin bestätigt: Die Klägerin hat nach der vorgelegten Klageschrift die Auflassung der Grundstücke aus eigenem Recht verlangt und erreicht. Sie und nicht die B. wurde durch die Eintragung vom 13. Dezember 2004 Eigentümerin der Grundstücke.

2. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem in das Grundbuch eingetragenen Veräußerungsverbot gemäß § 3 Abs. 10 AusglLeistG iVm § 888 Abs. 2 BGB.

a) Allerdings enthält § 3 Abs. 10 AusglLeistG ein für den Schutz des § 888 Abs. 2 BGB erforderliches relatives Veräußerungsverbot im Sinne von § 135 BGB (Hauer in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Loseblattkommentar, Stand Januar 2007, § 3 AusglLeistG, Rdn. 183; zweifelnd Kimme/Ludden, Offene Vermögensfragen, Loseblattkommentar, Stand November 2007, § 3 AusglLeistG Rdn. 218). Zweck eines absoluten Veräußerungsverbots ist der Schutz der Allgemeinheit oder der Schutz des Verfügenden vor den Folgen seines Handelns (MünchKomm-BGB/Armbrüster, 5. Aufl., § 135 Rdn. 7; Staudinger/Kohler, BGB [2003], § 135 Rdn. 43; ferner Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., §§ 135, 136 Rdn. 2, 5; RGRK-BGB, Krüger-Nieland/Zöller, 12. Aufl., § 135 Rdn. 11). So verhält es sich bei dem Verbot von § 3 Abs. 10 AusglLeistG nicht. Ziel der Vorschrift ist es, Gewinne aus dem Weiterverkauf nach dem Ausgleichsleistungsgesetz verbilligt erworbener Grundstücke zu verhindern (Meixner in Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, Loseblattausgabe, Stand November 2004, § 3 AusglLeistG Rdn. 169; Zilch in Motsch/Rosenbach/Löffler/Schäfer/Zilch, EALG, Loseblattkommentar, Stand 1995, § 3 AusglLeistG Rdn. 147), und nicht, den Handel mit Grundstücken zu beschränken oder den Erwerber vor einem Weiterverkauf zu bewahren. Die verbotswidrige Veräußerung ist auch nicht nichtig, sondern genehmigungsfähig. Die Erteilung der Genehmigung hängt davon ab, dass ein im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung erzielter Mehrerlös der Treuhandanstalt oder ihrer Nachfolgerin zufließt, § 10 Abs. 3 Satz 2 AusglLeistG. Das Verbot ist befristet. Es wird erst mit Eintragung in das Grundbuch wirksam, § 3 Abs. 10 Satz 3 AusglLeistG. Das ist mit einer absoluten Wirkung kaum zu vereinbaren. Absolute Veräußerungsverbote sind grundsätzlich weder eintragungs- (Demharter, GBO, 25. Aufl., Anh. zu § 13 Rdn. 35) noch rangfähig.

b) § 3 Abs. 10 Satz 1 AusglLeistG steht jedoch nur der Veräußerung nach dem Augleichsleistungsgesetz verbilligt erworbener Grundstücke entgegen. Andere Verfügungen werden von dem Verbot nicht erfasst (Hauer in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, aaO, Rdn. 222). Im Hinblick auf diese soll nach der gemäß § 4 Abs. 3 AusglLeistG zur Regelung der Einzelheiten des verbilligten Verkaufs ehemals volkseigener Grundstücke von der Bundesregierung erlassenen Flächenerwerbsverordnung in den Kaufverträgen vielmehr ein Zustimmungsvorbehalt vereinbart werden, § 12 Abs. 3 FlErwV. Nach der Begründung dieser Bestimmung soll hiervon gerade die Belastung mit Hypotheken erfasst werden (BR-Drucks 741/95 S. 41). Weshalb dabei zwischen rechtsgeschäftlichen Belastungen und Belastungen im Wege der Zwangsvollstreckung zu unterscheiden sei, wie die Revision meint, ist nicht ersichtlich. Der Zweck der Eintragung einer Hypothek in das Grundbuch, die Haftung eines Grundstücks zu begründen, hängt nicht davon ab, ob die Hypothek durch Rechtsgeschäft oder Hoheitsakt begründet wird.

c) Die von dem Ausgleichsleistungsgesetz und der Flächenerwerbsverordnung dem Bereich der Vereinbarung zugewiesene Frage der Belastung ist einer dinglichen Wirkung unzugänglich, vgl. § 137 BGB. Als Mittel der Sicherung des Zustimmungsvorbehalts bieten sich daher die Vereinbarung eines Rechts zum Rücktritt des Verkäufers vom Vertrag und die Sicherung des Anspruchs auf Rückübertragung durch die Bewilligung und Eintragung einer Vormerkung an. Dem entsprechen der Kaufvertrag und die Bewilligung der Eheleute R. vom 6. Dezember 1996. Dass aufgrund der verwirrenden Gestaltung des Vertrages und der Unaufmerksamkeit von Grundbuchamt und Urkundsnotar die Vormerkung zunächst nicht entsprechend ihrer Bewilligung eingetragen worden ist, bedeutet einen Zufall, dem zur Auslegung des Ausgleichsleistungsgesetzes nichts entnommen werden kann. Erst das Zusammenwirken der besonderen Umstände des Falles hat es ermöglicht, dass der Beklagte Rechte an den Grundstücken erworben hat, die trotz des Rücktritts der Klägerin von dem Kaufvertrag gegen diese Bestand haben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück