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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.11.2004
Aktenzeichen: VI ZB 42/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, GKG


Vorschriften:

ZPO § 269
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 3 a.F.
ZPO § 568 Satz 2 Nr. 2
ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 121
BGB § 121 Abs. 1 Satz 1
GKG § 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VI ZB 42/04

vom 23. November 2004

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluß der 5. Zivilkammer (Einzelrichter) des Landgerichts Stade vom 12. Mai 2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt bis zu 300 €.

Gründe:

I.

Die Kläger haben gegen den Beklagten am 14. Januar 2004 eine Klage eingereicht mit dem Ziel, eine von dem Beklagten an einem Garagentor befindliche Aufschrift zu beseitigen. Am 20. Februar 2004 haben sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil der Beklagte nach Einreichung der Klage die streitbefangene Aufschrift entfernt habe, und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Zu diesem Zeitpunkt war die Klage noch nicht zugestellt. Am 9. März 2004 haben die Kläger die Klage zurückgenommen und beantragt, entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO a.F. über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Nachdem das Amtsgericht die Kosten den Klägern auferlegt hatte, hat das Beschwerdegericht auf die sofortige Beschwerde der Kläger entschieden, daß der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zu tragen habe. Zugleich hat der entscheidende Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts im Hinblick auf den Begriff der Unverzüglichkeit im Sinne des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO erfordere.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung ist unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in einem Fall, in dem der Einzelrichter in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimißt, über eine Beschwerde entschieden und die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, diese Zulassung zwar wirksam, die Entscheidung unterliegt aber auf die Rechtsbeschwerde wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts der Aufhebung von Amts wegen. Die Entscheidung über die Zulassung darf in solchen Fällen der Einzelrichter nämlich nicht selbst treffen; er muß das Verfahren vielmehr gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung umfaßt neben der grundsätzlichen Bedeutung im engeren Sinne auch die in § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genannten Fälle der Rechtsfortbildung und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. BGHZ 154, 200, 202 f.; BGH, Beschlüsse vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02 - MDR 2003, 949; vom 11. September 2003 - XII ZB 188/02 - NJW 2003, 3712; Senatsbeschluß vom 24. Juni 2003 - VI ZB 7/03).

2. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, daß die hier ausweislich der Begründung des Beschwerdegerichts zur Zulassung führende Frage bereits höchstrichterlich entschieden ist. Danach bedeutet "unverzüglich" im Sinne des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO entsprechend der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, daß die Rücknahme ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen hat. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß der Gesetzgeber diesem Begriff, der auch in anderen gesetzlichen Regelungen enthalten ist und dort ebenfalls im Sinne der Legaldefinition des § 121 BGB verstanden wird, in § 269 ZPO eine abweichende Bedeutung hat beilegen wollen. Zudem ist für die Beurteilung, ob der Kläger die Klage gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO unverzüglich zurückgenommen hat, an den Zeitpunkt anzuknüpfen, zu dem er davon Kenntnis erlangt hat, daß der Anlaß zur Einreichung der Klage vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit weggefallen ist (vgl. BGH, Beschluß vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 44/03 - WuM 2004, 547).

3. Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.

Ende der Entscheidung

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