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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.01.2004
Aktenzeichen: VI ZB 45/02
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 574 Abs. 3
ZPO § 568 Satz 2 Nr. 2
GKG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VI ZB 45/02

vom 27. Januar 2004

in dem Rechtsbeschwerdeverfahren

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß der 5. Zivilkammer (Einzelrichterin) des Landgerichts Gera vom 17. Juni 2002 aufgehoben.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.300,61 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger verfolgt aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte. Seine Klage wurde der Beklagten am 2. Oktober 2001 durch Niederlegung bei der Post zugestellt. Aufgrund eines entsprechenden Verfahrensantrages des Klägers erging mangels Anzeige der Verteidigungsbereitschaft unter dem 25. Oktober 2001 Versäumnisurteil, welches der Beklagten wiederum durch Niederlegung am 29. Oktober 2001 zugestellt wurde. Nach Zustellung eines Streitwertbeschlusses vom 14. November 2001 bestellten sich die Rechtsanwälte der Beklagten und legten mit Schriftsatz vom 19. November 2001 (vorsorglich) Einspruch gegen ein etwa ergangenes Versäumnisurteil ein und beantragten mit Schriftsatz vom 30. November 2001, eingegangen per Telefax am selben Tag, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist gegen das Versäumnisurteil.

Die Beklagte hat unter Vorlage einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung vorgetragen, daß sie sich in der Zeit vom 1. Oktober bis einschließlich 30. Oktober 2001 wegen Krankheit und Urlaub nicht an ihrem Wohnort befunden habe. Während ihrer Abwesenheit sei der Briefkasten von ihren Eltern geleert worden, welche eine Niederlegungsbenachrichtigung aber nicht vorgefunden hätten.

Das Amtsgericht hat den Einspruch der Beklagten als unzulässig verworfen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten durch Beschluß der Einzelrichterin vom 17. Juni 2002 zurückgewiesen und gegen seine Entscheidung die Rechtsbeschwerde zugelassen. Zwar sei das Wiedereinsetzungsgesuch zulässig, weil fristgerecht eingelegt, jedoch habe die Beklagte nicht glaubhaft gemacht, ohne eigenes Verschulden an der Einhaltung der Einspruchsfrist gehindert gewesen zu sein. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsbegehren weiterverfolgt.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthaft und führt zur Aufhebung der angefochtenen Einzelrichterentscheidung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist. Die Einzelrichterin durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihr bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der Kammer übertragen müssen. Mit ihrer Entscheidung hat sie die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kollegium als dem gesetzlichen zuständigen Richter entzogen. Dieser Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters hat der Senat von Amts wegen zu beachten und die Sache an die Einzelrichterin zurückzuverweisen, die den angefochtenen Beschluß erlassen hat (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit dem Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 - NJW 2003, 1254 = BGHZ 154, 200).

Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch.

Sollte die Einzelrichterin nach erneuter Prüfung der Rechtssache dieser weiterhin grundsätzliche Bedeutung beimessen und sie gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der Kammer zur Entscheidung übertragen, so wird diese Gelegenheit haben, sich mit den sachlichen Argumenten der Rechtsbeschwerde gegen die Beurteilung der Einzelrichterin auseinander zu setzen.



Ende der Entscheidung

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