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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.03.2003
Aktenzeichen: VI ZB 68/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VI ZB 68/02

vom

18. März 2003

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. März 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 2002 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gegenstandswert: 18.585 €

Gründe:

I.

Die Rechtsbeschwerde wendet sich dagegen, daß das Oberlandesgericht als Berufungsgericht in einer Verkehrsunfallsache die Vernehmung eines Zeugen im selbständigen Beweisverfahren abgelehnt hat.

Der Kläger hatte auf dem Flughafengelände der Beklagten zu 2) ein Flugzeug vom Halteplatz auf die Rollbahn geleitet. Der Beklagte zu 1) befuhr mit einer elektrischen, maximal 25 km/h schnellen Zugmaschine der Beklagten zu 2) und einem Anhänger die zwischen den Halteplätzen und der Flugzeug-Rollbahn verlaufende, zweispurige Fahrstraße. Aus im einzelnen streitigen Gründen wurde der Kläger im Bereich der Fahrstraße von dem Fahrzeug erfaßt und verletzt. Er hat die Beklagten mit der beim Landgericht erhobenen Klage auf Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens und auf Feststellung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat nach einer persönlichen Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 1) den Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr des Fahrzeugs nur zu 20 % für gerechtfertigt gehalten und dazu u.a. ausgeführt, der genaue Hergang des Unfalls, insbesondere die Laufrichtung des Klägers, lasse sich nicht feststellen; der Kläger habe nicht die Möglichkeit ausgeräumt, daß er von rechts unmittelbar vor dem Fahrzeug der Beklagten auf die Straße getreten sei.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er noch Ersatz in Höhe von 70 % des entstandenen Schadens geltend macht. In der Berufungsbegründung hat er u.a. geltend gemacht, aufgrund des erstinstanzlichen Verfahrensverlaufs sei er davon ausgegangen, es sei unstreitig, daß er im Zeitpunkt des Zusammenpralls mit dem Fahrzeug den Fahrweg von links kommend bereits zu drei Vierteln überquert gehabt habe; für die Laufrichtung werde nun, nachdem das Landgericht den Vortrag als streitig behandelt habe, der Zeuge B. benannt.

Unter Hinweis auf eine zum 30. September 2002 anstehende Versetzung des Zeugen nach Jugoslawien hat er beantragt, diesen vorab im Wege des selbständigen Beweisverfahrens zu vernehmen.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag abgelehnt. Dagegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie von dem Oberlandesgericht als Berufungsgericht zugelassen worden ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung ungeachtet der Frage, ob Zulassungsgründe des § 574 Abs. 2 ZPO tatsächlich vorliegen, gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde ist aber unzulässig.

Nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt hat der Kläger die Sicherung des Zeugenbeweises beabsichtigt, weil der Zeuge B. zum 30. September 2002 nach Jugoslawien versetzt werden sollte. Dieses angestrebte Rechtsschutzziel des selbständigen Beweisverfahrens, den Zeugen noch vor seiner Versetzung in Deutschland vernehmen zu lassen, konnte ersichtlich schon im Zeitpunkt der Einlegung der Rechtsbeschwerde (23. Oktober 2002) nicht mehr erreicht werden. Es liegt ein Fall der prozessualen Überholung vor mit der Folge, daß sich der Antrag auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens erledigt hat und der gleichwohl weiter verfolgte Antrag bzw. das darauf bezogene Rechtsmittel wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist (vgl. BGHZ 109, 108, 109 f.; 139, 254, 255 f.; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 567 Rn. 12 m.w.N.). Eine besondere Fallgestaltung, bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 96, 27 ff. = NJW 1997, 2163 ff.; std. Rspr.) trotz prozessualer Überholung wegen eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs von einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse auszugehen ist (dazu auch BGHZ 139, 254, 255 ff.), liegt hier ersichtlich nicht vor.

Die Rechtsbeschwerde ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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