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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.11.2000
Aktenzeichen: VI ZR 149/99
Rechtsgebiete: StGB, BGB


Vorschriften:

StGB § 266 a
BGB § 823 Be
StGB § 266 a; BGB § 823 Be

Bei der Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung kann ein Schaden der Kasse zu verneinen sein, wenn die Beitragszahlung im Insolvenzverfahren erfolgreich angefochten worden wäre.

BGH, Urteil vom 14. November 2000 - VI ZR 149/99 - OLG Dresden LG Leipzig


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VI ZR 149/99

Verkündet am: 14. November 2000

Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2000 durch die Richter Dr. Lepa, Dr. von Gerlach, Dr. Greiner, Wellner und Diederichsen

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. März 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten in Höhe eines Betrages von 91.882,77 DM nebst 4 % Zinsen zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagende Innungskrankenkasse nimmt den Beklagten als früheren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Komplementärin der I. GmbH & Co. KG (künftig: KG) wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung auf Schadensersatz in Anspruch.

Die KG geriet Anfang des Jahres 1996 mit der Zahlung der jeweils am 15. des Folgemonats fälligen Sozialversicherungsbeiträge in Schwierigkeiten. Am 16. Juli 1996 trafen die Klägerin und die KG eine Ratenzahlungsvereinbarung, in der sich die KG verpflichtete, die rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge für Juni 1996 in Höhe von 177.216,98 DM in fünf monatlichen Raten von je 30.000 DM und einer zum 30. Dezember 1996 fälligen Schlußrate von 27.216,98 DM zu zahlen; außerdem sah die Vereinbarung eine Tilgungsreihenfolge vor, nach der Zahlungen zunächst auf Kosten und Gebühren, dann auf Säumniszuschläge und danach auf die jeweils älteste Beitragsschuld erfolgen sollten.

In der Folgezeit leistete die KG Teilzahlungen. Die Schlußrate wurde jedoch nicht fristgerecht bezahlt. Außerdem standen der Klägerin gegen die KG für Dezember 1996 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 165.542,93 DM zu.

Im Jahr 1997 leistete die KG an die Klägerin vier Zahlungen, und zwar 27.216,98 DM am 29. Januar 1997, 100.000 DM am 4. Februar 1997, 35.000 DM am 20. März 1997 und 50.000 DM am 2. April 1997. Die Klägerin verrechnete die Zahlung von 27.216,98 DM auf die noch offene restliche Beitragsschuld für Juni 1996 und die übrigen Zahlungen auf die rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Monat Dezember 1996.

Die KG zahlte die Löhne an ihre Arbeitnehmer bis Januar 1997 in voller Höhe aus. Nach dem Vortrag des Beklagten wurden auch für die erste Hälfte des Februar 1997 die Löhne ausbezahlt, während für die zweite Hälfte des Februar 1997 und für März 1997 keine Löhne mehr ausbezahlt wurden. Am 1. Juli 1997 wurde auf Antrag der Klägerin über das Vermögen der KG das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet; zuvor war mit Beschluß vom 28. April 1997 die Sequestration angeordnet worden.

Die Klägerin hat geltend gemacht, daß für den Zeitraum vom 6. Januar 1997 bis zum 31. März 1997 Arbeitnehmeranteile in Höhe von 244.539,27 DM offen seien. Wegen dieses Beitragsausfalls nimmt sie den Beklagten in Höhe eines Teilbetrags von 206.549,27 DM gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266 a Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Beklagte hat vorgetragen, die Zahlungen, die die KG von Januar bis April 1997 an die Klägerin geleistet habe, hätten vorrangig auf die im Zeitraum Januar bis März fälligen Arbeitnehmeranteile verrechnet werden müssen; die Ratenzahlungsvereinbarung und damit auch die Tilgungsbestimmung seien zu diesem Zeitpunkt obsolet gewesen, weil die KG den Zahlungsplan nicht eingehalten habe. Da den Arbeitnehmern im Februar 1997 der Lohn nur zur Hälfte und im März 1997 gar nicht mehr ausgezahlt worden sei, seien in diesem Zeitraum der Klägerin auch keine Arbeitnehmerbeiträge "vorenthalten" worden, wie es § 266 a Abs. 1 StGB voraussetze. Im übrigen scheitere seine Inanspruchnahme auf Schadensersatz auch deshalb, weil der KG die Abführung der hier in Rede stehenden Arbeitnehmerbeiträge wegen fehlender finanzieller Mittel nicht möglich gewesen sei.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision greift der Beklagte das Berufungsurteil an, soweit seine Berufung in Höhe eines Betrages von 177.736,42 DM nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts muß der Beklagte gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266 a Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB dafür einstehen, daß die KG für den Zeitraum Januar bis März 1997 Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe von mindestens 206.549,27 DM nicht an die Klägerin abgeführt hat. Die Zahlungen, die die KG ab Januar 1997 an die Klägerin geleistet habe, seien nach der Ratenzahlungsvereinbarung und § 2 der Beitragszahlungsverordnung nicht auf die für diesen Zeitraum fälligen, sondern auf die Beiträge zu verrechnen, die die KG für weiter zurückliegende Zeiträume schuldig geblieben sei.

Mit der Zahlung vom 29. Januar 1997 in Höhe von 27.216,98 DM habe die KG die letzte Rate der rückständigen Beiträge des Monats Juni 1996 getilgt. Die weiteren Zahlungen in Höhe von 185.000 DM seien auf die noch offenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 165.542,93 DM für Dezember 1996 anzurechnen; daß danach ein Überschuß von 19.457,07 DM verbleibe, wirke sich angesichts der für den Zeitraum Januar bis März 1997 noch offenen Arbeitnehmerbeiträge in Höhe von 244.539,27 DM auf die Klageforderung in Höhe von 206.549,27 DM nicht aus. An der Verwirklichung des Tatbestandes des § 266 a Abs. 1 StGB ändere sich nichts dadurch, daß die KG den Lohn an ihre Beschäftigten im Februar 1997 nur zur Hälfte und im März 1997 gar nicht mehr ausgezahlt habe. Die Inanspruchnahme des Beklagten auf Schadensersatz scheitere auch nicht deshalb, weil der KG die Entrichtung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung im Fälligkeitszeitpunkt aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen wäre; die KG habe die Löhne im Januar 1997 noch voll ausbezahlt und im Zeitraum von Januar bis zum 2. April 1997 weitere Zahlungen an Dritte in einer Größenordnung von 195.000 DM vorgenommen. Überdies sei der Beklagte angesichts der finanziellen Situation der KG schon seit dem Abschluß der Ratenzahlungsvereinbarung vom 16. Juli 1996 verpflichtet gewesen, die Abführung der Arbeitnehmeranteile durch besondere Maßnahmen - etwa die Aufstellung eines Liquiditätsplans und die Bildung ausreichender Rücklagen notfalls unter Kürzung der Lohnzahlungen - sicherzustellen. Schließlich könne sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, daß eine Zahlung der am 15. April 1997 fälligen Beiträge für März 1997 ohnehin von dem Gesamtvollstreckungsverwalter angefochten worden wäre, so daß die Klägerin den gezahlten Betrag hätte zurückerstatten müssen, wie es mit einem Betrag von 100.000 DM geschehen sei, über den die KG der Klägerin am 8. April 1997 einen Scheck übergeben habe. Einer solchen Erwägung stehe entgegen, daß der Beklagte den Tatbestand des § 266 a Abs. 1 StGB durch das Versäumnis einer rechtzeitigen Rücklagenbildung schon verwirklicht habe, bevor eine Anfechtungsmöglichkeit bestanden habe.

II.

Diese Erwägungen halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.

1. Allerdings sind die Überlegungen, von denen das Berufungsgericht zunächst ausgeht, rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß für die Verrechnung der vier Zahlungen, die die KG im Jahr 1997 an die Klägerin geleistet hat, § 2 der Beitragszahlungsverordnung sowie die im Rahmen der Vereinbarung vom 16. Juli 1996 getroffene Tilgungsbestimmung maßgeblich sind (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 1989 - VI ZR 23/89 - BGHR BGB § 823 Abs. 2, StGB § 266 a Nr. 2). Danach haben diese Zahlungen die Rückstände des Monats Juni 1996 (27.216,98 DM) und des Monats Dezember 1996 (165.542,93 DM) ausgeglichen; für die Begleichung der Beitragsschulden des Monats Januar 1997 verblieb dann noch ein Restbetrag von 19.457,07 DM.

Demgegenüber macht die Revision ohne Erfolg geltend, daß die Beträge von 35.000 DM und 50.000 DM, die die KG am 20. März bzw. 2. April 1997 an die Klägerin gezahlt hat, auf die Arbeitnehmerbeiträge für Januar und Februar 1997 anzurechnen seien. Dem festgestellten Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, daß die KG diese Zahlungen unter einer entsprechenden Anrechnungsbestimmung geleistet hätte. Dem Argument der Revision, ein solcher Tilgungswille der KG folge daraus, daß die Klägerin dem Beklagten in einem Schreiben vom 27. Februar 1997 die Strafbarkeit eines Vorenthaltens von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung deutlich vor Augen geführt habe, ist entgegenzuhalten, daß einer konkludenten Tilgungsbestimmung rechtliche Relevanz nur dann zukommen kann, wenn sie greifbar in Erscheinung getreten ist (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 1989 - VI ZR 23/89, aaO). Das aber ist hier nicht geschehen. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob einer solchen einseitigen Bestimmung der KG angesichts der am 16. Juli 1996 vereinbarten Tilgungsreihenfolge überhaupt rechtliche Wirksamkeit zuerkannt werden könnte.

b) Gleichfalls trifft die Auffassung des Berufungsgerichts zu, daß die Verwirklichung des Tatbestandes des § 266 a Abs. 1 StGB nicht deshalb scheitert, weil die KG zur Entrichtung der hier in Rede stehen Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung finanziell nicht in der Lage gewesen wäre. Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, daß die KG bereits seit Anfang Januar 1997 zahlungsunfähig gewesen und nur durch einen zweckbestimmten Vorschuß eines Kommanditisten noch in der Lage gewesen sei, die Löhne für Januar und zur Hälfte für Februar 1997 zu zahlen sowie an die Klägerin Beiträge zu entrichten. Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird schon durch die Erwägung getragen, daß es der Beklagte versäumt hat, schon im Jahr 1996 Rücklagen zu bilden, um die Bezahlung der Arbeitnehmerbeiträge sicherzustellen. Der Arbeitgeber ist dann, wenn sich aufgrund der konkreten finanziellen Situation des Unternehmens - vor allem bei einer erkennbaren verzweifelten Wirtschaftslage - deutliche Bedenken aufdrängen, ob am Fälligkeitstage ausreichende Mittel vorhanden sein werden, verpflichtet, (u.a.) durch die Bildung ausreichender Rücklagen unter Zurückstellung anderweitiger Zahlungspflichten - notfalls sogar durch Kürzung der auszuzahlenden Löhne - seine Fähigkeit zur Abführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung soweit wie möglich sicherzustellen (vgl. Senat BGHZ 134, 304, 309). Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler den Sachverhalt tatrichterlich dahin gewürdigt, daß danach seit dem Abschluß der Ratenzahlungsvereinbarung vom 16. Juli 1996 für den Beklagten eine Pflicht zur Bildung von Rücklagen bestanden hat. Weiter ist das Berufungsgericht zutreffend mit Selbstverständlichkeit davon ausgegangen, daß der KG, die bis zur ersten Hälfte Februar 1997 an ihre Arbeitnehmer die Löhne ausbezahlt hat, die gebotenen Rückstellungen möglich gewesen wären, sei es auch unter Kürzung der Lohnzahlungen.

c) Ferner trifft die Auffassung des Berufungsgerichts zu, daß dem Beklagten für den vollen hier in Rede stehenden Zeitraum eine Beitragsvorenthaltung im Sinne des § 266 a Abs. 1 StGB vorzuwerfen ist, unabhängig davon, daß für die Monate Februar und März 1997 Löhne nur zur Hälfte bzw. gar nicht mehr gezahlt worden sind. Die Tatbestandsmerkmale des § 266 a Abs. 1 StGB können auch für Zeiträume erfüllt sein, in denen es zur Lohnauszahlung nicht gekommen ist. Hierzu verweist der Senat im einzelnen auf sein Urteil vom 16. Mai 2000 - VI ZR 90/99 - VersR 2000, 981.

d) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, daß Feststellungen zum Vorsatz des Beklagten fehlten. Zwar hat sich das Berufungsgericht, wie die Revision zutreffend ausführt, nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Beklagte vorsätzlich - zumindest mit bedingtem Vorsatz - gehandelt hat. Dieser Punkt war indes nach Lage der Dinge nicht erörterungsbedürftig. Für den Vorsatz, wie ihn § 266 a Abs. 1 StGB voraussetzt, sind das Bewußtsein und der Wille erforderlich und ausreichend, die Abführung der Beiträge bei Fälligkeit zu unterlassen (vgl. Senat BGHZ 133, 370, 381; 134, 304, 314 m.w.N.). Das Berufungsgericht konnte ohne Erörterung davon ausgehen, daß der Beklagte spätestens seit der Ratenzahlungsvereinbarung vom 16. Juli 1996 in diesem Sinne vorsätzlich gehandelt hat, als er es versäumt hat, die Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge sicherzustellen; spätestens seit diesem Zeitpunkt war ihm bewußt, daß die KG diese Beiträge möglicherweise nicht werde zahlen können.

e) Schließlich ist der Revision kein Erfolg mit der Erwägung beschieden, daß dem Beklagten ein entschuldbarer Verbotsirrtum zur Seite stehe, soweit es um die für die zweite Hälfte Februar und den Monat März 1997 zu entrichtenden Arbeitnehmerbeiträge geht. Entgegen der Auffassung der Revision kann den Beklagten nicht entlasten, daß er sich bei seinen Versäumnissen von der Vorstellung hätte bestimmen lassen, daß die Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale des § 266 a Abs. 1 StGB für die Zeiträume entfalle, in denen es zur Lohnauszahlung nicht gekommen ist. Dies hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; die Revision zeigt einen solchen Prozeßvortrag des Beklagten in den Vorinstanzen auch nicht auf. Es kann deshalb dahinstehen, ob eine solche Rechtsvorstellung zur Verneinung der Strafbarkeit nach § 266 a Abs. 1 StGB führen würde.

2. Die Revision beruft sich indes mit Erfolg darauf, daß hinsichtlich der für März 1997 zu zahlenden Arbeitnehmerbeiträge in Höhe von 91.882,77 DM ein schadensursächliches Versäumnis des Beklagten zu verneinen sei, weil eine Zahlung dieser am 15. April 1997 fälligen Arbeitnehmerbeiträge von dem Gesamtvollstreckungsverwalter mit der Folge der Verpflichtung zur Rückgewähr der Leistung angefochten worden wäre.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Gesamtvollstreckungsordnung kann der Verwalter Rechtshandlungen des Schuldners (u.a.) dann anfechten, wenn sie nach der Zahlungseinstellung oder dem Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung gegenüber Personen vorgenommen wurden, denen zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder der Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung bekannt war oder den Umständen nach bekannt sein mußte. Hierzu macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe unter Verletzung seiner Pflicht zur Erschöpfung des Sachverhalts (§ 286 ZPO) nicht berücksichtigt, daß sich aus dem Vorgehen der Klägerin und insbesondere aus einem später wieder zurückgenommenen Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung vom 8. April 1997 ergebe, daß der Klägerin die bereits seit vier Monaten bestehende Zahlungsunfähigkeit der KG bekannt gewesen sei und daß der Verwalter - wie die Anfechtung der Scheckzahlung vom 8. April 1997 zeige - eine Zahlung der am 15. April 1997 fälligen Beiträge angefochten hätte.

Gegenüber diesen Erwägungen, denen die Revisionserwiderung entgegentritt, kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf an, daß der Beklagte seine Pflicht zur Sicherstellung der Zahlungen der Arbeitnehmerbeiträge schon verletzt hatte, bevor sich der Anfechtungstatbestand ergab. Entscheidend ist vielmehr, ob davon auszugehen ist, daß eine Zahlung der am 15. April 1997 fälligen Arbeitnehmerbeiträge - wie die Revision geltend macht - von dem Verwalter angefochten worden wäre. Hiermit sowie mit der weiteren Frage, ob aus dem unstreitigen Sachverhalt in tatrichterlicher Würdigung der Schluß zu ziehen ist, daß der Klägerin der Anfechtungsgrund der Zahlungsunfähigkeit der KG bekannt gewesen ist, muß sich das Berufungsgericht nunmehr auseinandersetzen. Gelangt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, daß die Anfechtungsvoraussetzungen vorlagen und der Verwalter eine Zahlung der Beiträge für März 1997 angefochten hätte, dann wäre die Klage insoweit abzuweisen, weil das Unterlassen der Zahlung der Beiträge für März 1997 für die Klägerin im wirtschaftlichen Ergebnis nicht zu einem Schaden geführt hätte, wenn sie die Beiträge - wären sie gezahlt worden - als Folge der Anfechtung hätte zurückerstatten müssen.

Ende der Entscheidung

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