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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.03.2006
Aktenzeichen: VI ZR 279/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1 Aa
Zum Umfang der Risikoaufklärung bei fremdnützigen Blutspenden.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VI ZR 279/04

Verkündet am: 14. März 2006

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 19. Oktober 2004 aufgehoben, soweit zu Lasten des Klägers erkannt worden ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem Blutspendedienst, Schmerzensgeld, Schadensersatz und Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden wegen aufgrund einer Blutspende eingetretener chronifizierter neuropathischer Schmerzen in seinem linken Arm. Der Kläger verspürte beim Einführen der Kanüle für die Blutabnahme am 29. Oktober 1999 in den linken Unterarm einen Schmerz, worauf eine Ärztin der Beklagten die Lage der Nadel korrigierte und sie etwas herauszog. Der Kläger erlitt durch den Einstich eine Traumatisierung des nervus cutaneus antibracchii medialis (Hautnerv) des linken Unterarms; es entwickelte sich ein Neurom, das zweimal operativ einschließlich Verlagerung des betroffenen Nervs behandelt wurde. Der Kläger leidet weiterhin an Schmerzen im linken Unterarm und ist auf andauernde Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen. Eine vollständige Genesung ist eher unwahrscheinlich. Wegen der Medikamenteneinnahme kann der Kläger seinen Dienst als Polizeibeamter nur noch halbschichtig leisten. Er verlangt - nunmehr nur noch gestützt auf den Vorwurf unzureichender Aufklärung über die mit der Blutspende verbundenen Risiken - ein Schmerzensgeld von mindestens 20.000 DM, Attestkosten von 181,20 DM, entgangene Schichtzulage von Mai 2000 bis Dezember 2000 von 800 DM, 3.842,80 DM Fahrtkosten zu Arztterminen und 2.634,73 DM entgangene Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten (Nacht-/Feiertagszulage) von Mai bis Dezember 2000.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers das landgerichtliche Urteil abgeändert, dem Kläger ein Schmerzensgeld von 15.000 € (nebst Zinsen) zugesprochen und der Klage im Übrigen bis auf die entgangenen Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten und einen Teil der Fahrtkosten in Höhe von 1.842,80 DM stattgegeben. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, der Kläger im Wege der Anschlussrevision die Verurteilung der Beklagten auch hinsichtlich der vom Berufungsgericht abgewiesenen Beträge.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch des Klägers aus §§ 823 Abs.1, 831, 847 BGB aF sowie aus positiver Vertragsverletzung eines Arztvertrages. Der eingetretene Nervschaden hafte der Blutspende als seltenes Risiko spezifisch an. Die Verwendung von Nadeln mit größerem Kaliber als bei einer "normalen" Blutentnahme erhöhe das Verletzungsrisiko und habe Auswirkungen auf das Ausmaß der Verletzungen und die Heilungsaussichten; eine Chronifizierung der durch die Nervverletzung ausgelösten Schäden sei in diesen Fällen typisch. Angesichts der mit der Chronifizierung der Schmerzen und daraus folgend der Dauereinnahme von Schmerzmitteln verbundenen einschneidenden Beeinträchtigung der Lebensführung des betroffenen Spenders sei über das entsprechende Risiko aufzuklären. Gerade weil der Eingriff medizinisch nicht geboten gewesen sei, wäre eine ausführliche und eindringliche Information über etwaige nachteilige Folgen der Blutspende erforderlich gewesen. Dies entspreche auch den gesetzlichen Vorgaben aus dem Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (TFG). Von einer mutmaßlichen Einwilligung könne auch im Hinblick auf die am 7. Januar 2000 erfolgte weitere Blutspende nicht ausgegangen werden, da dem Kläger auch zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen sei, dass es sich bei der am 29. Oktober 1999 erlittenen Verletzung um einen dauerhaften Nervschaden (statt wie von ihm angenommen eine Sehnenverletzung, die folgenlos abheilen werde) gehandelt habe. Die vom Kläger geltend gemachten materiellen Schadenspositionen seien dagegen nur teilweise belegt (Fahrten zu Arztterminen etc.) bzw. nicht schlüssig vorgetragen (entgangene Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten).

II.

A. Zur Revision der Beklagten

Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision stand.

Dem Kläger stehen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus §§ 823 Abs. 1, 831, 847 BGB aF wegen des aufgrund unzureichender Aufklärung rechtswidrigen Eingriffs vom 29. Oktober 1999 zu. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Selbstbestimmungsaufklärung im Falle einer Blutspende nicht überspannt.

1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass ärztliche Heileingriffe grundsätzlich der Einwilligung des Patienten bedürfen, um rechtmäßig zu sein, und dass diese Einwilligung nur wirksam erteilt werden kann, wenn der Patient über den Verlauf des Eingriffs, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche Behandlungsalternativen mit wesentlich anderen Belastungen, Chancen und Gefahren im Großen und Ganzen aufgeklärt worden ist. Nur so werden sein Selbstbestimmungsrecht und sein Recht auf körperliche Unversehrtheit gewahrt (grundlegend Senatsurteile BGHZ 29, 46; 29, 176). Davon geht das Berufungsgericht aus und das zieht auch die Revision nicht in Zweifel.

2. Die Anforderungen an die Aufklärungspflicht bei einer Blutspende können nicht deshalb geringer sein, weil sie nicht der Heilung des Spenders dient, sondern - wie im Streitfall - ausschließlich fremdnützig erfolgt. Auch ein derartiger Spender ist für die Dauer des Blutspendevorgangs als Patient anzusehen und hat sowohl Anspruch auf eine dem ärztlichen Standard entsprechende Durchführung der Blutentnahme als auch auf eine hinreichende Aufklärung über die damit verbundenen Risiken. Dies gebieten schon sein Selbstbestimmungsrecht und sein Recht auf körperliche Unversehrtheit.

a) Hinsichtlich des Umfangs der Aufklärungspflicht kann die Situation des fremdnützigen Spenders insoweit nicht schlechter sein als diejenige eines Patienten, der sich einem rein kosmetischen Eingriff unterzieht. Für solche Fälle hat der erkennende Senat den Grundsatz aufgestellt, dass ein Patient umso ausführlicher und eindrücklicher über Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen eines ärztlichen Eingriffs zu informieren ist, je weniger dieser medizinisch geboten ist, also nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie der Heilung eines körperlichen Leides dient, sondern eher einem psychischen und ästhetischen Bedürfnis (Senatsurteil vom 6. November 1990 - VI ZR 8/90 - VersR 1991, 227). Die Anforderungen an die Aufklärung sind in solchen Fällen sehr streng: Der Patient muss darüber unterrichtet werden, welche Verbesserungen er günstigenfalls erwarten kann, und ihm müssen etwaige Risiken deutlich vor Augen geführt werden, damit er genau abwägen kann, ob er einen etwaigen Misserfolg des ihn immerhin belastenden Eingriffs oder sogar gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf nehmen will, selbst wenn diese auch nur entfernt als Folge des Eingriffs in Betracht kommen (vgl. u.a. Senatsurteile vom 16. November 1971 - VI ZR 76/70 - VersR 1972, 153; vom 6. November 1990 - VI ZR 8/90 - VersR 1991, 227 m.w.N.).

b) Diese Grundsätze gelten erst recht bei einer Blutspende, die dem Spender weder gesundheitliche noch sonstige Vorteile körperlicher Art bringen kann, sondern allein zugunsten der Allgemeinheit erfolgt. Auch und gerade in solchen Fällen besteht eine besondere Verantwortung des Arztes, dem Spender als seinem Patienten das Für und Wider mit allen Konsequenzen vor Augen zu stellen, damit dieser voll informiert sein Selbstbestimmungsrecht ausüben kann, ob er zum Wohle der Allgemeinheit bereit ist, auch ein - wenn auch seltenes - Risiko bleibender Schäden für seine Gesundheit auf sich zu nehmen (so auch Deutsch/Bender/Eckstein/Zimmermann, Transfusionsrecht, Rn. 193, 196).

Diese Grundsätze stehen im Einklang mit den entsprechenden Regelungen des Transfusionsgesetzes. Wenn dieses auch in erster Linie dem Schutz des Empfängers dient, so ist immerhin in § 6 Abs. 1 Satz 1 TFG geregelt, dass eine Spendeentnahme nur durchgeführt werden darf, wenn die spendende Person vorher in einer für sie verständlichen Form über Wesen, Bedeutung und Durchführung der Spendeentnahme und der Untersuchungen sachkundig aufgeklärt worden ist und in die Spendeentnahme und die Untersuchungen eingewilligt hat. Ob damit auch die Aufklärung des Spenders über eigene Risiken der Blutentnahme spezialgesetzlich normiert werden sollte, kann jedoch letztlich dahinstehen, da sich diese Aufklärungspflicht und ihr Umfang - wie oben dargelegt - bereits aus allgemeinen Grundsätzen ergibt.

c) Dahinstehen kann auch, ob - wie die Revision meint - die Blutspende einen Routineeingriff wie eine öffentlich empfohlene Impfung darstellt, bei welcher der Arzt ausnahmsweise davon ausgehen darf, dass der Patient nach der Information durch ein Merkblatt auf eine zusätzliche mündliche Risikodarstellung keinen Wert legt. Bei derartigen Routinemaßnahmen kann es zwar im Einzelfall genügen, wenn dem Patienten nach schriftlicher Aufklärung Gelegenheit zu weiteren Informationen durch ein Gespräch mit dem Arzt gegeben wird, was der Senat im Fall einer von den Gesundheitsbehörden nach Abwägung des Für und Wider empfohlenen Polio-Schluckimpfung entschieden hat (BGHZ 144, 1, 14). Die Notwendigkeit einer solchen Impfung war in der Bevölkerung seit langem allgemein anerkannt und wurde von den Eltern bei ihren Kindern zur Vermeidung der gefürchteten Kinderlähmung auf breiter Ebene veranlasst. Damit ist der vorliegende Fall einer Blutspende aber schon deshalb nicht vergleichbar, weil ein Unterlassen des Eingriffs für den Spender selbst kein Risiko darstellt und deshalb eine der Polio-Schluckimpfung vergleichbare Risikoabwägung von vornherein ausscheidet. Jedenfalls wäre Voraussetzung für einen möglichen Verzicht auf eine mündliche Aufklärung, dass bereits die schriftlichen Informationen die Risiken für den Spender hinreichend darstellen. Davon kann jedoch im vorliegenden Fall, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht ausgegangen werden.

aa) Die dem Kläger überreichten "Informationen zur Blutspende" auf der Rückseite des "Fragebogens für Blutspender" enthalten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hinsichtlich der Risiken folgende Belehrung:

"Mögliche Komplikationen

Eine Blutspende wird in der Regel gut vertragen. Nur selten kommt es zu Unwohlsein, Kreislaufschwäche (Schweißausbruch, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Ohnmacht) oder stärkeren Nachblutungen aus der Einstichstelle. Noch seltener sind Schädigungen von Blutgefäßen oder Nerven sowie Entzündungsreaktionen zu erwarten."

Zwar ist es richtig, dass nach der Rechtsprechung des Senats der Patient nur "im Großen und Ganzen" über Chancen und Risiken der Behandlung aufgeklärt werden muss. Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken (Senatsurteile BGHZ 90, 103, 106; 144, 1, 7; sowie Senatsurteile vom 12. März 1991 - VI ZR 232/90 - VersR 1991, 777; vom 26. November 1991 - VI ZR 389/90 - VersR 1992, 238, 240), dem Patienten muss aber eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren vermittelt werden (Senatsurteile BGHZ 90, 103, 106 ff. sowie vom 07. April 1992 - VI ZR 192/91 - VersR 1992, 960). Dabei ist auch über sehr seltene Risiken aufzuklären, die im Falle ihrer Verwirklichung die Lebensführung schwer belasten und trotz ihrer Seltenheit für den Eingriff spezifisch, für den Laien aber überraschend sind (Senatsurteile vom 7. Februar 1984 - VI ZR 188/82 - NJW 1984, 1395, 1396 und VI ZR 174/82 - NJW 1984, 1397, 1398; vom 12. Dezember 1989 - VI ZR 83/89 - NJW 1990,1528; vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 1989 - VI ZR 65/88 VersR 1989, 514, insoweit in BGHZ 106, 391 nicht abgedruckt).

bb) Dass das Risiko sowohl der Verletzung des hier beim Kläger betroffenen Nervs als auch der Chronifizierung der durch die Nervverletzung hervorgerufenen Schmerzen dem Eingriff (der Blutspende) spezifisch anhaftet und nicht allgemein bekannt (und damit überraschend) ist, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revision auch nicht angegriffen festgestellt. Dass der Kläger durch die Chronifizierung der Schmerzen mit der Folge der Notwendigkeit dauernder Medikamenteneinnahme und der nur halbschichtigen Berufsfähigkeit in seiner Lebensführung schwer belastet ist, liegt auf der Hand und wird von der Revision nicht in Abrede gestellt.

cc) Bei dieser Sachlage genügt der Hinweis in den schriftlichen "Informationen" auf "Schädigungen von Nerven" den oben dargelegten Anforderungen an eine ausreichende Risikoaufklärung entgegen der Ansicht der Revision nicht. Gerade angesichts der Tatsache, dass eine Nervschädigung je nach betroffenem Nerv ein breites Spektrum möglicher Folgen von einer vorübergehenden Schmerzempfindung, kurzfristigen Lähmung, Taubheitsgefühl bis hin zu chronischen, unbeherrschbaren Schmerzen oder andauernder Lähmung nach sich ziehen kann, vermittelt ein bloßer Hinweis auf "Nervschädigungen" dem Patienten als medizinischem Laien keine allgemeine Vorstellung von den mit dem Eingriff verbundenen Gefahren. Die Risikoaufklärung "im Großen und Ganzen" erfordert auch, dass der Patient allgemeinverständlich über die möglichen Folgen des Risikoeintritts aufgeklärt wird. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war im vorliegenden Fall der bloße Hinweis auf die Möglichkeit der Beschädigung eines Nervs nicht ausreichend, weil die Gefahr bestand, dass diese irreversibel ist, chronifizierte Schmerzen zur Folge hat und damit die Lebensführung des Spenders in erheblichem Maße beeinträchtigen kann. Ein Arzt darf insbesondere nicht als allgemein bekannt voraussetzen, dass die Beschädigung eines Nervs nach einer Blutspende irreversibel sein und dauerhafte Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen nach sich ziehen kann. Eine wirksame Aufklärung erfordert deshalb einen Hinweis auf diese möglichen Folgen einer Nervverletzung. Erst wenn diese Information erfolgt ist, ist der Patient in der Lage, eventuelle weitere und/oder vertiefende Fragen an den Arzt zu stellen. Auch in dem von der Revision in Bezug genommenen Senatsurteil vom 29. September 1998 - VI ZR 268/97 - (VersR 1999, 190) war der Patient nicht nur allgemein über das Risiko einer "Nervschädigung", sondern über deren mögliche Folge einer "Lähmung" aufgeklärt worden. An einer vergleichbaren Aufklärung fehlt es aber im vorliegenden Fall.

Zumindest bei der Eingangsuntersuchung, bei der nach den eigenen Ausführungen der Beklagten ein Aufklärungsgespräch stattfindet, hätte die Möglichkeit bestanden, den Kläger hinreichend über die Risiken der Blutspender aufzuklären, so dass es nicht darauf ankommt, ob - wie die Revision meint - eine "zeitaufwendige Aufklärung" bei dem Massenandrang bei den folgenden Blutspendeterminen "schon im Interesse einer reibungslosen Organisation nicht durchführbar" ist und bereits deshalb ein - hinreichend ausgestaltetes - Informationsblatt mit Nachfragemöglichkeit ausreicht.

3. Soweit sich die Beklagte auf eine hypothetische Einwilligung des Klägers beruft, hat das Berufungsgericht eine solche rechtsfehlerfrei und ohne Verstoß gegen § 286 ZPO verneint. Da es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Heileingriff handelt, bei dem es für den Patienten um die Entscheidung zwischen Krankheitsrisiko und Behandlungsrisiko geht, muss der Kläger bei einer Blutspende auch keinen entsprechenden Entscheidungskonflikt plausibel machen. Deshalb durfte sich das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler mit der Feststellung begnügen, die Beklagte habe die plausible Behauptung des Klägers nicht widerlegt, er hätte in seiner persönlichen Situation als Polizeibeamter, in der er zur Ausübung seines Dienstes in besonderem Maße auf körperliche Gesundheit angewiesen sei, im Falle einer hinreichenden Aufklärung über das tatsächlich eingetretene Risiko von einer erneuten Spende abgesehen. Dies widerspricht - entgegen der Ansicht der Revision - auch im Hinblick darauf, dass der Kläger zuvor mehrmals Blut spendete, nicht der Lebenserfahrung. Denn die Vornahme einer Handlung in Unkenntnis der damit verbundenen Risiken lässt nicht den Schluss zu, dass der Geschädigte bei Kenntnis des Risikos die Handlung wiederholt hätte; vielmehr ist es ebenso nahe liegend, dass er das bisherige Ausbleiben des Schadenseintritts als glücklichen Zufall wertet und zukünftig nicht mehr bereit ist, sich dem Risiko weiter auszusetzen.

Auch die am 7. Januar 2000 nach Schadenseintritt erfolgte weitere Blutspende des Klägers hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nicht als Hinweis auf eine hypothetische Einwilligung des Klägers gewertet. Denn das Berufungsgericht hat diesbezüglich unangegriffen festgestellt, dem Kläger sei auch bei dieser Blutspende das Risiko dauerhafter Schädigung nicht bewusst gewesen, weil er von einer vorübergehenden Schädigung aufgrund einer fehlerhaften Durchführung der Blutentnahme ausgegangen sei. Die Bereitschaft einer Inkaufnahme vorübergehender Schäden lässt nach der Lebenserfahrung nicht den Schluss auf eine Bereitschaft zu, auch das Risiko dauerhafter Schäden in Kauf zu nehmen.

4. Soweit die Revision schließlich zur Nachprüfung stellt, ob vorliegend nicht ein Haftungsausschluss gemäß § 104 Abs. 1 SGB VII wegen einer angeblich vom Kläger als freiwilliger Blutspender gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 b SGB VII bezogenen Unfallrente in Betracht kommt, bleibt dies ebenfalls ohne Erfolg. Denn der Blutspender ist insoweit mit einem Nothelfer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII vergleichbar, für den der Haftungsausschluss des § 104 Abs. 1 SGB VII keine Anwendung findet (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 2006 - VI ZR 290/04 - zur Veröffentlichung bestimmt).

B. Zur Anschlussrevision des Klägers

Die Ausführungen des Berufungsgerichtes halten den Angriffen der Anschlussrevision des Klägers nicht stand.

1. Mit Erfolg rügt die Anschlussrevision, dass das Berufungsgericht einen Teil der geltend gemachten Fahrtkosten im Rahmen einer Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO als nicht hinreichend "belegt" erachtet hat, ohne den vom Kläger hierzu angebotenen Beweis zu erheben oder ihm zumindest durch einen Hinweis auf die beabsichtigte für ihn nachteilige Schadensschätzung eine Ergänzung seines Vorbringens zu ermöglichen.

Die Anschlussrevision weist zutreffend darauf hin, dass der Kläger bereits in der als Anlage zur Klageschrift eingereichten Aufstellung die betreffenden Fahrten nach Datum, Entfernung, Ziel und Fahrer detailliert dargelegt und hierzu seine Ehefrau, die ihn jeweils gefahren habe, als Zeugin benannt hat. Den entsprechenden Beweis hätte das Berufungsgericht erheben müssen, wenn es sich im Rahmen der Erleichterungen des § 287 ZPO nicht zu einer vollständigen Schadensschätzung zugunsten des Klägers in der Lage gesehen hat. Es würde dem Sinn und Zweck des § 287 ZPO, der dem Geschädigten die Darlegungen und den Nachweis seines Schadens erleichtern soll, zuwiderlaufen, wenn die Vorschrift dazu dienen könnte, dem Betroffenen einen Nachweis seines Schadens abzuschneiden, der ihm nach allgemeinen Regeln offen stünde (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2002 - XI ZR 183/01 - NJW-RR 2002, 1072, 1073). Jedenfalls hätte das Berufungsgericht dem Kläger nach § 139 Abs. 1 ZPO einen Hinweis auf die seiner Ansicht nach fehlenden "Belege" geben müssen, zumal der Kläger im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu den gefahrenen Kilometern in der Klageschrift ausdrücklich um einen etwaigen richterlichen Hinweis gebeten hatte.

2. Die Anschlussrevision hat auch Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage hinsichtlich des geltend gemachten Verdienstausfalls wegen entgangener Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten wendet.

Das Berufungsgericht ist dabei zwar im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass sowohl § 287 ZPO als auch § 252 BGB für die Schadensberechnung die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen verlangen (vgl. etwa Senatsurteil vom 16. März 2004 - VI ZR 138/03 - VersR 2004, 874, 875). Die Anschlussrevision rügt jedoch mit Recht, dass das Berufungsgericht den hierzu gehaltenen Sachvortrag des Klägers verfahrensfehlerhaft als unschlüssig behandelt hat.

Der Kläger hat als Anlage zur Klageschrift eine Aufstellung der ihm seit seiner Krankheit entgangenen Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten (Nachtdienste, Dienste an Samstagen, Sonn- und Feiertagen) nach Monaten, Stunden sowie Höhe der Zulage pro Stunde im Einzelnen aufgelistet und für die Richtigkeit seines Vortrages Beweis angeboten durch Zeugnis seiner Ehefrau. Dabei lag auf der Hand, dass es sich dabei um die nach dem Dienstplan und somit nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge auf ihn entfallenden Dienstzeiten handelte, für die nach der beamtenrechtlichen "Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen" (Erschwerniszulagenverordnung) entsprechende Vergütungen angefallen wären.

Wenn dieses Vorbringen dem Berufungsgericht nicht ausreichte, hätte es dem Kläger einen entsprechenden richterlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO geben müssen, um den der Kläger in der Klageschrift auch für diesen Fall ausdrücklich gebeten hatte.

3. Das Berufungsgericht wird im Rahmen einer neuen Verhandlung ggf. nach Ergänzung des entsprechenden Vorbringens des Klägers die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben.

Ende der Entscheidung

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