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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.02.2000
Aktenzeichen: VI ZR 283/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 546 Abs. 2

Bei einem Antrag auf Heraufsetzung der Beschwer in der Revisionsinstanz haben solche neuen Tatsachen außer Betracht zu bleiben, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts zu einer Wertänderung geführt haben.

BGH, Beschluß vom 8. Februar 2000 - VI ZR 283/99 - OLG Karlsruhe in Freiburg LG Konstanz


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VI ZR 283/99

vom

8. Februar 2000

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Groß und die Richter Dr. Lepa, Dr. v. Gerlach, Dr. Greiner und Wellner

beschlossen:

Tenor:

Die Gegenvorstellung des Beklagten gegen den Senatsbeschluß vom 9. November 1999 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht in Abänderung des klagabweisenden Urteils des Landgerichts festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger die ihm durch den Verkehrsunfall vom 27. Februar 1988 entstandenen materiellen und immateriellen Schäden unter Berücksichtigung einer hälftigen Mithaftung des Klägers zu ersetzen. Es hat den Streitwert auf 120.000 DM festgesetzt und im Urteil ausgesprochen, daß die Beschwer beider Parteien 60.000 DM nicht übersteige. Gegen das Berufungsurteil hat der Beklagte Revision eingelegt. Seinen Antrag, den Wert der Beschwer auf einen 60.000 DM übersteigenden Betrag festzusetzen, hat der Senat durch Beschluß vom 9. November 1999 zurückgewiesen und den Streitwert für die Revisionsinstanz auf 60.000 DM festgesetzt. Dagegen wendet sich der Beklagte im Wege der Gegenvorstellung unter Hinweis darauf, daß der Kläger inzwischen mit Anwaltsschreiben vom 21. November 1999 seine Ansprüche bei dem Haftpflichtversicherer des Beklagten beziffert habe. Für die Schadensregulierung habe er auf der Grundlage eines hälftigen Mitverschuldens ein Schmerzensgeld von 125.000 DM und einen Einkommensausfall von monatlich 5.000 DM zur Erörterung gestellt.

II.

Die Gegenvorstellung ist nicht begründet. Das Vorbringen des Beklagten, mit dem er auf die zwischenzeitliche Bezifferung der Ansprüche durch den Kläger verweist, rechtfertigt keine Heraufsetzung des Wertes der Beschwer.

Maßgebend für die Bewertung der Beschwer ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, denn nur dieser Wert entscheidet über die Zulässigkeit der Revision (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1977 - II ZR 4/77 - MDR 1978, 210; Beschluß vom 25. April 1989 - XI ZR 18/89 - NJW 1989, 2755). Neue Tatsachen können deshalb für die Bewertung der Beschwer nur insoweit von Bedeutung sein, als sie für die Wertbemessung zu diesem Zeitpunkt relevant sind (z.B. beim Verkehrswert von Grundstücken oder sonstigen Gegenständen: BGH, Beschl. vom 8. Juni 1983 - VIII ZR 297/82 - JurBüro 1983, 1504; vom 9. März 1988 - IVa ZR 250/87; vom 27. Juni 1990 - XII ZR 20/90; vom 16. Februar 1994 - IV ZR 266/93 und vom 19. Januar 1995 - IV ZR 182/94 - jeweils BGHR ZPO § 546 Abs. 2 "Neue Tatsachen" Nr. 1 bis 4). Das ist beim Feststellungsbegehren einer Schadensersatzklage das Schadensbild, das der Kläger dem Tatsachengericht als Grundlage der festzustellenden Ersatzansprüche und damit der Ermessensausübung bei der Festsetzung der Beschwer gemäß §§ 2 und 3 ZPO unterbreitet. Außer Betracht zu bleiben haben hingegen solche neuen Tatsachen, die erst nach Erlaß des Berufungsurteils zu einer Wertveränderung führen.

Hier hatte der Kläger, der bei dem Unfall schwerste Verletzungen erlitt, schon in der Klageschrift vorgetragen, die Heilungsprognose lasse eine dauernde Arbeitsunfähigkeit erwarten, sein Betrieb habe wegen des unfallbedingten Ausfalls stillgelegt werden müssen; für ihn gehe es um eine Existenzfrage. Weitere Ausführungen sind in beiden Tatsacheninstanzen zum Schadensumfang nicht gemacht worden. Die so beschriebenen Schadensfolgen hat der Kläger selbst in der Klage mit 150.000 DM bewertet; davon hat er für das Feststellungsbegehren einen Abschlag von 20% vorgenommen und den Streitwert für die Feststellungsklage demgemäß mit 120.000 DM angegeben. Auf dieser Grundlage haben die beiden Vorinstanzen den Streitwert jeweils auf diesen Betrag festgesetzt, ohne daß die Parteien dagegen Einwendungen erhoben hätten. Keine der Parteien hat insbesondere geltend gemacht, daß der Schaden in Wahrheit höher zu veranschlagen sei. Der vom Kläger gegenüber dem Versicherer nunmehr behauptete Schadensumfang, der im übrigen nicht glaubhaft gemacht ist, hat in dem Vortrag der Parteien keinen Niederschlag gefunden und war deshalb auch nicht bewertungsfähiger Gegenstand des Feststellungsbegehrens.

Das hat zur Folge, daß die nunmehrige Bezifferung des Schadens durch den Kläger bei der Bewertung der Beschwer des Beklagten nicht berücksichtigt werden kann und die Gegenvorstellung deshalb zurückzuweisen ist.



Ende der Entscheidung

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