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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 22.05.2001
Aktenzeichen: VI ZR 368/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 252 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VI ZR 368/99

Verkündet am: 22. Mai 2001

Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richter Dr. Dressler und Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und den Richter Pauge

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Oktober 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten Nutzungsentschädigung in Höhe von 39.000 DM nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Hengst "Nocturno" der Beklagten hat am 22. Oktober 1994 den 15jährigen Wallach "Willi Wat" der Klägerin durch Hufschläge verletzt. Aufgrund rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24. Juni 1997 ist die Schadensersatzklage der Klägerin dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden.

Die Klägerin hat neben Wertersatz u.a. Nutzungsentgelt in Höhe von 39.000 DM geltend gemacht, das ihr wegen der Schädigung des Pferdes entgangen sei. Der Wallach der Klägerin sei an die Reiterin T. als Dressur-Turnierpferd gegen ein Nutzungsentgelt von monatlich 6.500 DM vermietet gewesen. Nach dem Vortrag der Klägerin habe dieses Entgelt vereinbarungsgemäß nur entfallen sollen, wenn die Mieterin mit "Willi Wat" mindestens drei Turniersiege in der S-Klasse errungen hätte. Die Klägerin begehrt für sechs Monate das ihr entgangene Nutzungsentgelt von der Beklagten.

Das Landgericht hat der Klage, mit der die Klägerin Zahlung von insgesamt 177.144,50 DM nebst Zinsen geltend gemacht hatte, in Höhe von 120.043,50 DM nebst Zinsen nur zum Teil stattgegeben und insbesondere die Klage auf die geltend gemachte Nutzungsentschädigung abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht deren Verurteilung auf 100.043,50 DM nebst Zinsen herabgesetzt und im übrigen die Berufung der Beklagten sowie die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren zunächst im Betrag von weiteren 60.720,48 DM aufrechterhalten hat. Der Senat hat die Revision lediglich insoweit angenommen, als die Berufung der Klägerin hinsichtlich der verlangten Nutzungsentschädigung von 39.000 DM ohne Erfolg geblieben ist.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf die Nutzungsentschädigung zu, weil ihr der Wiederbeschaffungswert des Pferdes zuerkannt worden sei. Sie werde dadurch so gestellt, als ob sie ein gesundes Pferd habe und könne nicht daneben den angeblich entgangenen Gewinn verlangen. Soweit dies allenfalls für den Zeitraum in Betracht kommen könne, der für die Beschaffung eines Ersatzpferdes erforderlich sei, habe die Klägerin nichts vorgetragen. Im übrigen fehle es an einer schlüssigen Darlegung der Schadenskausalität für die Zeit ab Oktober 1994 bis März 1995. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin habe der Wallach nach dem 10. Juli 1994 aufgrund einer Handverletzung der Mieterin nicht mehr eingesetzt werden können. Ob und wann dieser Hinderungsgrund weggefallen sei, sei nicht dargetan.

II.

Diese Erwägungen halten den Rügen der Revision nicht stand.

1. Das Berufungsgericht meint, neben dem Ersatz des Wiederbeschaffungswerts könne entgangener Gewinn - auch in Form eines vereinbarten Entgelts für die Nutzung - nicht verlangt werden. Das verkennt, daß der Ersatz des Wiederbeschaffungswerts in Geld anstelle der Herstellung in Natur nicht nur - wie das Berufungsgericht an anderer Stelle ausführt - in aller Regel mit Verspätung erfolgt, sondern auch nur die Substanz der Sache, nicht aber deren Nutzungsmöglichkeit und eine geldwerte Nutzung betrifft. Nach § 252 Satz 1 BGB umfaßt der zu ersetzende Schaden "auch" den entgangenen Gewinn. Diese Bestimmung stellt klar, daß nicht nur der Substanzwert, sondern auch die Vermögensvorteile zu ersetzen sind, die der Geschädigte im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses noch nicht inne hatte, die er aber ohne es erworben hätte. Dieser Umstand bedarf insbesondere dann eines zusätzlichen Ausgleichs, wenn - wie vorliegend von der Klägerin vorgetragen - mit der Reiterin T. für die Nutzung des Pferdes ein monatliches Entgelt in Höhe von 6.500 DM und damit ein erwerbswirtschaftlicher Einsatz des Wirtschaftsgutes vereinbart war.

Daß das Entgelt - entsprechend dem Vortrag der Klägerin - entfallen sollte, wenn die Reiterin T. mit "Willi Wat" mindestens drei Turniersiege in der S-Klasse errungen hätte, steht der Erstattungspflicht nicht entgegen. Insoweit handelte es sich um eine auflösend bedingte Entgeltvereinbarung. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, hierzu entsprechenden Vortrag zu halten.

2. Das Berufungsurteil hat auch nicht mit der Hilfsbegründung Bestand, nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin habe der Wallach aufgrund der von der Reiterin T. in anderem Zusammenhang erlittenen Handverletzung nicht mehr eingesetzt werden können, ohne daß dargetan sei, ab wann dieser Hinderungsgrund weggefallen sei. Insoweit übergeht das Berufungsgericht wesentlichen Sachvortrag der Klägerin (§ 286 ZPO), wie die Revision zu Recht beanstandet. Die Klägerin hatte vorgetragen und unter Beweis gestellt, T. habe vor dem Unfall vom 22. Oktober 1994 das Training mit dem Wallach wieder aufgenommen gehabt. Daraus ergab sich unmittelbar, daß die Reiterin im Zeitpunkt der Schädigung wieder in der Lage gewesen sei, das Pferd zu reiten.

3. Nach allem war das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Entscheidung des Senats kam nicht in Betracht; die Voraussetzungen hierfür (§ 565 Abs. 3 ZPO) waren nicht gegeben. Die Beklagte hat die Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Reiterin T. bestritten.



Ende der Entscheidung

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