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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.11.2000
Aktenzeichen: VI ZR 400/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 252
BGB § 252

Zum Einfluß auf den Schadensersatz für Verdienstausfall, wenn der gesetzlich rentenversicherte Geschädigte mit Vollendung des 58. Lebensjahres als anerkannter Schwerbeschädigter schädigungsbedingt Vorruhestandsgeld nach dem Vorruhestandsabkommen für die Versicherungswirtschaft vom 25. September 1991 in Anspruch nimmt.

BGH, Urteil vom 7. November 2000 - VI ZR 400/99 - OLG München LG München II


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VI ZR 400/99

Verkündet am: 7. November 2000

Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

In Sachen

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2000 durch die Richter Dr. Lepa, Dr. von Gerlach, Dr. Müller, Dr. Dressler und Dr. Greiner

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. November 1999 und das Urteil des Landgerichts München II vom 9. Dezember 1998 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten aus abgetretenem Recht ihres früheren Angestellten D. (geboren am 23. März 1939) Ersatz von Verdienstausfall. D.'s Hüftgelenk ist infolge einer bei Behandlung durch den Beklagten am 8. Januar 1988 verursachten Infektion versteift; sein rechtes Bein ist um 5,5 cm verkürzt. D. ist auf einen Stock als Gehhilfe angewiesen und benötigt Spezialsitze. Der Beklagte hat seine volle Haftung für die D. entstehenden Schäden anerkannt.

D. ist als Schwerbeschädigter mit einem Grad der Behinderung von zunächst 60 (später 80) anerkannt. Er arbeitete trotz seiner Behinderung in Vollzeit als Abteilungsleiter der Klägerin bis 31. März 1997. Aufgrund einer Vorruhestandsvereinbarung mit der Klägerin vom 9. Januar 1997 gemäß § 1 Abs. 2 des Vorruhestandsabkommens für die private Versicherungswirtschaft vom 25. September 1991 (künftig: VorRA) ging D., der ohne seine Behinderung mindestens bis zum 60. Lebensjahr weitergearbeitet hätte, nach Vollendung des 58. Lebensjahrs am 1. April 1997 in den Vorruhestand. Er erhielt zwei Jahre lang ein monatliches Vorruhestandsgeld in Höhe von 75 % des Bruttoarbeitsentgeltes von 7.736 DM/Monat zuzüglich des Arbeitgeberanteiles von 1.228,02 DM/Monat für die Sozialversicherung. Mit Erklärung vom 18. März 1997 trat D. der Klägerin seine Ansprüche auf Ersatz von Verdienstausfall in Höhe des an ihn zu zahlenden Bruttovorruhestandsgelds für die Zeit vom 1. April 1997 bis 31. März 1999 ab.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin die ihr abgetretenen Ansprüche des D. für die Zeit vom 1. April 1997 bis 31. Juli 1997 in Höhe von insgesamt 35.854,08 DM geltend. Sie vertritt die Auffassung, D. sei durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab 1. April 1997 Verdienstausfall entstanden, der durch die Zahlung von Vorruhestandsbezügen nicht gemindert worden sei.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, der Verdienstausfallschaden des D. beruhe auf seiner vom Beklagten verursachten Gesundheitsbeeinträchtigung. Diese sei ursächlich für die Inanspruchnahme von Vorruhestandsgeld geworden. Das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und das Recht zur Inanspruchnahme des Vorruhestandsgeldes setze die Anerkennung als Schwerbehinderter gemäß § 1 Schwerbehindertengesetz voraus. Dazu müsse der Versicherte in seiner Erwerbsfähigkeit nicht nur vorübergehend zu mindestens 50 % gemindert sein. § 1 Abs. 1 des VorRA gewähre einem Arbeitnehmer, der das 58. Lebensjahr vollendet habe, einen Anspruch auf Leistungen u.a. dann, wenn er höchstens drei Jahre vor dem erstmals möglichen Bezug von Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung stehe. Nach der Bestimmung des § 37 SGB VI, auf die § 1 Abs. 1 VorRA Bezug nehme, hätten Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie (u.a.) das 60. Lebensjahr vollendet hätten und zu Beginn der Altersrente als Schwerbehinderte anerkannt seien. Mit Erreichen des 58. Lebensjahres habe D. damit wegen seiner anerkannten Schwerbehinderung die Voraussetzungen für den Bezug von Vorruhestandsgeld erfüllt.

Darauf, ob D. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben bereits berufsunfähig gewesen sei, komme es nicht an. Der Umstand, daß der Verletzte aus eigenem Entschluß aus der Erwerbstätigkeit ausscheide, unterbreche den haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang nicht. Dieser entfalle auch nicht deshalb, weil das Vorruhestandsabkommen das Ziel verfolge, einen Beitrag zur Entspannung der Arbeitsmarktlage zu leisten und durch ein früheres Ausscheiden älterer Arbeitnehmer neue Beschäftigungsmöglichkeiten für jüngere Menschen zu schaffen. Die Voraussetzungen für D.'s vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben seien erst mit seiner Gesundheitsbeeinträchtigung durch den Beklagten geschaffen worden. Daß die Voraussetzungen für das vorzeitige Ausscheiden nicht durch den Gesetzgeber, sondern durch einen Tarifvertrag geschaffen worden seien, beeinflusse den haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang gleichfalls nicht. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, D. sei in Höhe des gezahlten Vorruhestandsgeldes kein Schaden entstanden. Entscheidend sei, daß das Vorruhestandsgeld für Schwerbehinderte vor dem 60. Lebensjahr eine fürsorgerische Leistung des Arbeitgebers zugunsten des Schwerbehinderten sei. Diese Leistung des Arbeitgebers habe bei der Schadensfeststellung wie die Gehaltsfortzahlung nach dem Lohnfortzahlungsgesetz oder aufgrund vertraglicher Vereinbarung unberücksichtigt zu bleiben. Insoweit treffe den geschädigten Arbeitnehmer eine Pflicht zur Abtretung seines Anspruchs auf Schadensersatz; eine Mehrbelastung des Schädigers sei dadurch ausgeschlossen.

II.

Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu. D. ist zwar infolge seiner Schädigung durch den Beklagten aufgrund eigenen Entschlusses nach Vollendung des 58. Lebensjahres aus dem Erwerbsleben ausgeschieden; ihm ist jedoch in Höhe des Betrages, den er als Vorruhestandsgeld erhalten hat, kein Verdienstausfallschaden entstanden.

1. Das Ausscheiden D'.s aus dem Erwerbsleben ist zwar eine dem Beklagten zurechenbare Folge der Schädigung. D. hat infolge der Schädigung seine Erwerbstätigkeit zum 31. März 1997 aufgegeben und ein Vorruhestandsgeld bezogen, weil er infolge der Schädigung als Schwerbehinderter anerkannt worden war. Er hätte ohne die Schädigung jedenfalls bis zum 60. Lebensjahr gearbeitet; davon ist das Berufungsgericht aufgrund des unwidersprochen gebliebenen Vortrags der Klägerin zu Recht ausgegangen.

2. D. stand aber der mit der Klage geltend gemachte Ersatzanspruch nicht zu. Er muß sich auf seinen Verdienstausfall das von ihm für die Zeit ab 1. April 1997 bezogene Vorruhestandsgeld anrechnen lassen. Durch die Inanspruchnahme seiner Rechte aus dem VorRA hat D. seinen Schaden auf die Differenz zwischen seinem ohne die Schädigung erzielten Einkommen und dem niedrigeren Vorruhestandsgeld beschränkt.

Ob ein zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich aus einem Vergleich der Vermögenslage nach Eintritt des haftungsbegründenden Ereignisses mit derjenigen, wie sie sich ohne die Schädigung darstellen würde. Diese Differenzrechnung läßt hier keinen Schaden des D. erkennen, soweit er Vorruhestandsgeld bezogen hat.

a) Dem kann nicht entgegengehalten werden, die rechnerische Schadensbilanz sei "normativ" wertend entsprechend dem Grundgedanken des § 843 Abs. 4 BGB dadurch zu korrigieren, daß das an D. gezahlte Vorruhestandsgeld bei der Schadensberechnung unberücksichtigt bleibe. Eine derartige Korrektur der Differenzrechnung kommt in Betracht, wenn die Differenzbilanz die Schadensentwicklung für den Normzweck der Haftung nicht zureichend erfaßt. Das ist dann anzunehmen, wenn die Vermögenseinbuße durch überpflichtige Leistungen des Geschädigten oder durch Leistungen von Dritten, die den Schädiger nicht entlasten sollen, rechnerisch ausgeglichen wird (vgl. Senatsurteile vom 2. Dezember 1997 - VI ZR 142/96 - VersR 1998, 333, 335; vom 3. Juli 1984 - VI ZR 264/82 - VersR 1984, 943, 944, je m.w.N.). Bei der Beurteilung der Frage, ob die von der Differenzhypothese ausgewiesenen schadensrechtlichen Ergebnisse nach Sinn und Zweck aller in Betracht kommenden Rechtsnormen nicht hinnehmbar sind, ist aber zur Vermeidung einer uferlosen Ausdehnung von Schadenersatzpflichten Zurückhaltung geboten (vgl. Senatsurteil vom 3. Juli 1984 aaO; BGHZ 75, 366, 371 f. m.w.N.). Eine normativ wertende Korrektur der Differenzrechnung ist daher nur dann angebracht, wenn nach einer umfassenden Bewertung der gesamten Interessenlage, wie sie durch das schädigende Ereignis zwischen dem Schädiger, dem Geschädigten und gegebenenfalls dem leistenden Dritten besteht, sowie unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck aller in Betracht kommenden Rechtsnormen die Differenzbilanz der Schadensentwicklung nicht gerecht wird (vgl. BGHZ 75, 366, 372). Gründe, die hiernach gebieten würden, einen Vermögensschaden auch dann zu bejahen, wenn und soweit der geschädigte Arbeitnehmer aufgrund tarifvertraglicher Regelung Vorruhestandsgeld erhält, sind nicht ersichtlich.

Das Vorruhestandsgeld, das D. aufgrund der tarifvertraglichen Regelung durch das VorRA zu beanspruchen hat, stellt keine Maßnahme der sozialen Sicherung und Fürsorge gegenüber dem Geschädigten dar, die einem Schädiger nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB nicht zugute kommen soll. Diese Leistung des Arbeitgebers wird nicht wegen der Schwerbehinderung infolge der Schädigung, sondern altershalber nach Vollendung des 58. Lebensjahres gewährt. Das genannte VorRA will einen Beitrag zur Entspannung der von hoher Arbeitslosigkeit gekennzeichneten Arbeitsmarktlage leisten, wie in der Präambel des Abkommens zum Ausdruck gebracht wird. Zu diesem Zweck knüpft es die Voraussetzungen für den Vorruhestand an die gesetzliche Regelung an und räumt tarifvertragsgebundenen Arbeitnehmern allgemein die Möglichkeit ein, bis zu drei Jahre vor Erreichen der gesetzlich vorgesehenen Altersgrenze - frühestens jedoch mit Vollendung des 58. Lebensjahres - aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Die Regelung erweist sich damit nicht als Ausdruck der Fürsorge für einen bestimmten Kreis von Personen wie etwa solchen, die als Schwerbehinderte anerkannt sind. Sie ist vielmehr geprägt durch das eher "allgemeine" Bemühen um Entlastung des Arbeitsmarktes. Daß der Tarifvertrag auf diese Weise die schon von der gesetzlichen Regelung für Schwerbehinderte vorgesehene Möglichkeit eines früheren Ausscheidens beibehält, erscheint eher als Reflex und prägt die tarifvertragliche Vereinbarung nicht. Das zeigt neben dem Wortlaut auch die Ausgestaltung des tarifvertraglichen Abkommens. So ist die Zahlung von Vorruhestandsgeld nach § 1 Abs. 3a bis c VorRA subsidiär zu Ansprüchen auf Rente wegen Erwerbs- unfähigkeit. Zudem muß die Vorruhestandsvereinbarung spätestens neun Monate vor dem gewünschten Zeitpunkt für das Ausscheiden beantragt werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VorRA), was mit einer fürsorgerischen Leistung des Arbeitgebers unvereinbar erscheint. Schließlich besteht ein Anspruch auf Vorruhestand nur, solange nicht die Belastungsgrenze des Arbeitgebers in Höhe von fünf Prozent der Arbeitnehmer des Betriebes (§ 3 Abs. 1 VorRA) überschritten wird.

Das Vorruhestandsgeld wird (wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen) ab Erreichen der Altersgrenze - drei Jahre vor dem erstmals möglichen Bezug von Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung - gewährt. Das unterscheidet es von der ab Vollendung des 60. Lebensjahrs eintretenden Vergünstigung einer vorgezogenen Altersrente, die auf einer fürsorgerischen Entscheidung des Gesetzgebers für Schwerbehinderte, Berufsunfähige und Erwerbsunfähige (vgl. § 37 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung; früher: § 1248 Abs. 1 zweiter Fall RVO) beruht und die der Entscheidung des Senats vom 11. März 1986 (- VI ZR 64/85 - VersR 1986, 812) zugrunde gelegen hat. Diesem Urteil ist deshalb entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts für den hier zu entscheidenden Fall nichts zu entnehmen. Das Vorruhestandsgeld ähnelt vielmehr der vorgezogenen Altersrente ab Vollendung des 63. Lebensjahres (vgl. § 36 SGB VI; früher: § 1248 Abs. 1 erster Fall RVO, § 25 AVG), für die der erkennende Senat bereits entschieden hat, daß sie auf den Schaden anzurechnen ist (vgl. Senatsurteil vom 10. November 1981 -VI ZR 262/79 - VersR 1982, 166, 167).

b) Dem Vorruhestandsgeld kommt nach allem keine schadensrechtliche Ausgleichsfunktion zu. Durch die Berücksichtigung dieser Leistung eines Dritten (als die sich die Zahlung des Vorruhestandsgelds durch den Arbeitgeber erweist) werden weder der Geschädigte und der leistende Dritte unzumutbar belastet noch der Schädiger unbillig begünstigt (vgl. BGHZ 10, 104, 108). Der Senat hat zwar den trotz Arbeitsunfähigkeit fortgezahlten Arbeitslohn einschließlich Urlaubs-, Weihnachtsgeld und Rückstellungen zur Altersversorgung (vgl. BGHZ 139, 167, 172 ff; 133, 1, 4; 43, 378, 381; 21, 112, 114, 116 ff.; 7, 30, 50), die aufgrund der Arbeitsunfähigkeit gezahlte Pension (BGHZ 10, 107, 109) und das von der Krankenkasse einem Arbeitslosen gezahlte Krankengeld (BGHZ 90, 334, 340 f.) bei der Schadensberechnung in wertender Korrektur der Schadensbilanz nicht in Ansatz gebracht. Im hier zu entscheidenden Fall ist eine solche normativ wertende Änderung der Differenzberechnung jedoch nicht geboten.

Die Berücksichtigung des gezahlten Vorruhestandsgelds belastet D. nicht. Der Geschädigte hat keinen Anspruch auf eine Doppelzahlung und wäre auch nach Ansicht des Berufungsgerichts verpflichtet, einen Ersatzanspruch gegen den Schädiger in Höhe der erhaltenen Zahlung an den zahlenden Dritten abzutreten. Der Beklagte als Schädiger andererseits wird durch die Anrechnung des Vorruhestandsgelds nicht in ungerechtfertigter Weise entlastet. Anders als in den vom Senat entschiedenen Lohnfortzahlungsfällen fehlt hier eine gesetzliche Regelung, die eine Berücksichtigung der Drittzahlung untersagt. Der Anspruch auf das Vorruhestandsgeld ist zudem kein Entgelt für geleistete Arbeit, sondern eine nach gewisser Dauer der Betriebszugehörigkeit altersbedingt gewährte Leistung aus arbeitsmarktpolitischer Motivation. Schließlich wird auch die Klägerin als drittleistender Arbeitgeber durch die Anrechnung des Vorruhestandsgelds auf den Schaden nicht unzumutbar belastet. Zwar wird ihr ein Regreß gegen den Schädiger unmöglich. Auf eine solche Entlastung hat sie jedoch auch unter Berücksichtigung der arbeitsmarktpolitischen Motivation des tarifvertraglichen Abkommens keinen Anspruch. D. hat zudem durch seine Wahl des Vorruhestands dazu beigetragen, die Belastungsgrenze nach § 3 Abs. 1 VorRA (5 v.H. der Arbeitnehmer des Betriebes; vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 4 des inzwischen aufgehobenen VRG) zu erreichen. Die Klägerin steht hierdurch besser, als wenn ein gesunder Arbeitnehmer nach Vollendung des 60. Lebensjahres in den Vorruhestand getreten wäre; die Klägerin hätte in einem solchen Fall nicht nur für zwei, sondern für drei Jahre (§ 1 Abs. 1 Satz 1 VorRA i.V.m. § 36 SGB VI) Vorruhestandsgeld zu zahlen. Andererseits würde die Nicht-Anrechnung des Vorruhestandsgelds zu einer ungerechtfertigten Besserstellung des Geschädigten führen und (falls dieser seine Ansprüche nicht abtreten müßte) mit dem schadenrechtlichen Grundsatz unvereinbar sein, daß der Geschädigte durch den Schadensfall nicht bereichert werden darf.

Stand D. nach allem ein Anspruch auf Schadensersatz im Umfang der Zahlung von Vorruhestandsgeld nicht zu, ist die Klage unbegründet und auf die Rechtsmittel des Beklagten unter Aufhebung der abweichenden Entscheidungen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 3 Nr. 1, 536 ZPO) mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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