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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.10.2006
Aktenzeichen: VI ZR 44/05
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 155
VVG § 156 Abs. 3
Eine Versicherungssumme ist regelmäßig dann nicht ausreichend, um alle Direktansprüche zu befriedigen, wenn nach Abzug der Kapitalzahlungen auf Ansprüche, die keine Rentenansprüche sind, die verbleibende Versicherungssumme geringer ist als die Summe der Kapitalisierungswerte aller Rentenleistungen (Fortführung des Urteils des erkennenden Senats BGHZ 84, 151 ff.).
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VI ZR 44/05

Verkündet am: 10. Oktober 2006

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Dr. Greiner und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Zoll

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 3. Februar 2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revisionsinstanz - an das Oberlandesgericht Celle zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte zu 2 war Kfz-Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 1. Dieser war an einem Verkehrsunfall vom 8. Oktober 1995 beteiligt, bei dem der Kläger verletzt worden ist. Mit rechtskräftigem Urteil des Berufungsgerichts vom 10. Februar 1999 ist die Beklagte zu 2 zum Ersatz von 3/4 des materiellen Schadens des Klägers und unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von 1/4 zum Ersatz des immateriellen Schadens des Klägers verpflichtet worden. Die Haftung der Beklagten zu 2 ist auf die Mindestversicherungssumme von damals 1,5 Millionen DM beschränkt.

Der Kläger macht nun vermehrte Bedürfnisse/Pflegekosten, Fahrtkosten und Verdienstausfall für die Zeit vom 1. März 1997 bis 28. Februar 2002 geltend. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zu 2 zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte zu 2 weiterhin die Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Anspruch des Klägers aus §§ 7, 18 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 3 PflVG in voller Höhe bejaht. Der Einwand der Beklagten zu 2, es habe ein Verteilungsverfahren gemäß § 156 Abs. 3 VVG stattfinden müssen und stattgefunden, weil dem Kläger kein Befriedigungsvorrecht gemäß § 116 Abs. 4 SGB X zustehe, sei unberechtigt. Selbst unter Zugrundelegung der Berechnung der Beklagten zu 2 stehe dem Kläger noch mehr als die im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Summe zu. Für das Verlangen der Beklagten zu 2, den Kläger auf eine monatliche geringe Rentenzahlung statt einer Kapitalzahlung zu verweisen, gebe es keine Rechtsgrundlage.

II.

Das angefochtene Urteil hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht vor der Entscheidung über die Höhe der Ansprüche des Klägers für die Zeit vom 1. März 1997 bis zum 28. Februar 2002 nicht geklärt, sondern offen gelassen, ob ein den Voraussetzungen von § 156 Abs. 3 VVG genügendes Verteilungsverfahren durchgeführt worden ist.

a) Der geltend gemachte Direktanspruch des Klägers aus § 3 Nr. 1 PflVG gegen die Beklagte zu 2 als Kfz-Haftpflichtversicherer setzt eine Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis voraus. Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich aus den zwischen den Parteien des Versicherungsvertrags getroffenen Vereinbarungen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2006 - IV ZR 316/04 - z. V. b.). Danach ist der Direktanspruch des Geschädigten hinsichtlich seiner Geltendmachung insbesondere durch das versicherte Risiko und die vereinbarte Versicherungssumme nach näherer Maßgabe des jeweiligen Versicherungsvertrages begrenzt. Der Versicherer soll durch die unmittelbare Inanspruchnahme aus dem Direktanspruch des außerhalb des Versicherungsvertrags stehenden Dritten nicht über das hinaus belastet werden, was er aus dem Versicherungsvertrag zu regulieren verpflichtet ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 57, 265, 269 f.; 84, 151, 153; vom 7. November 1978 - VI ZR 86/77 - VersR 1979, 30 ff.).

Soweit es um die Erschöpfung der Versicherungssumme geht, ist deshalb in Teilen auch der Direktanspruch - unbeschadet einer Eigenständigkeit als gesetzlicher Haftpflichtanspruch gegenüber den vertraglichen Ansprüchen aus dem Versicherungsverhältnis - durch die Regeln festgelegt, die für die Begrenzung des Deckungsanspruchs aus dem Versicherungsverhältnis gelten. Obwohl das Pflichtversicherungsgesetz sie nicht ausdrücklich in Bezug genommen hat, sind daher nach der in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegenden Meinung (vgl. Senatsurteil BGHZ 84, 151, 153 m. w. N.) unter anderen die Bestimmungen der §§ 155,156 VVG auch für den Direktanspruch maßgebend. Ein Haftpflichtversicherer, der aus demselben Schadensereignis mehreren "Dritten" verantwortlich ist, darf deshalb nicht den Gläubiger, der als erster seinen Anspruch geltend macht, zu Lasten der später kommenden "Dritten" voll befriedigen, wenn die Versicherungssumme nicht zur Befriedigung aller Direktansprüche ausreicht (kein Prioritätsprinzip; § 156 Abs. 1 VVG). Vielmehr ist die Versicherungssumme auf die Forderungen aller beteiligten "Dritten" verhältnismäßig zu verteilen (§ 156 Abs. 3 Satz 1 VVG). "Dritte" im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur der Geschädigte selbst, sondern auch die Sozialversicherungsträger, auf die Ansprüche des Geschädigten ganz oder teilweise übergegangen sind (vgl. Prölss/Martin/Voit/Knappmann, VVG, 27. Auflage, § 156 Rn. 17). Ob die Forderungen dieser "Dritten" bereits tituliert sind, ist unerheblich; auch erst in Zukunft fällig werdende Ansprüche sind von Anfang an in die Verteilung einzubeziehen (vgl. Prölss/Martin/Voit/Knappmann, aaO Rn. 24). Jedoch können solche Gläubiger keine anteilige Befriedigung beanspruchen, mit deren Forderungen der Haftpflichtversicherer nach näherer Maßgabe von § 156 Abs. 3 Satz 2 VVG bis zu der Verteilung nicht rechnen musste.

b) Voraussetzung für eine Anwendung des § 156 VVG ist hiernach, dass erkennbar die zur Verfügung stehende Versicherungssumme überschritten wird. Die Beklagte zu 2 haftet nur im Rahmen der Mindestversicherungssumme, wie das Berufungsgericht bereits in seinem ersten Urteil rechtskräftig festgestellt hat. Dass diese Summe überschritten werden wird, war und liegt zwar angesichts des Schadensbildes des zum Unfallzeitpunkt erst vierzehnjährigen Klägers (lebensgefährliche Schädel-Hirn-Verletzungen, seitdem Bewegungseinschränkungen, Einschränkungen der Sprache und der Feinmotorik, Angewiesensein auf den Rollstuhl, schweres hirnorganisches Psychosyndrom) nahe, wird aber unter Berücksichtigung der Grundsätze der Rechtsprechung festzustellen sein (vgl. § 287 Abs. 1 ZPO; Sprung, VersR 1992, 657, 658). Die Versicherungssumme reicht im Einzelfall dann nicht aus, um alle Direktansprüche zu befriedigen, wenn die nach Abzug der Kapitalzahlungen auf Ansprüche, die keine Rentenansprüche sind, verbleibende Versicherungssumme geringer ist als die Summe der Kapitalisierungswerte aller zu erbringenden Rentenleistungen (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 1979 - IV ZR 83/78 - VersR 1980, 132, 135; vom 12. Juni 1980 - IVa ZR 9/80 - VersR 1980, 817, 818, 819; vom 22. Januar 1986 - IVa ZR 65/84 - VersR 1986, 392, 395). In einem solchen Fall muss der Haftpflichtversicherer die Versicherungssumme verhältnismäßig verteilen (§ 156 Abs. 3 Satz 1 VVG).

c) Der Anwendung von § 156 VVG steht auch nicht ein grundsätzlich mögliches Quotenvorrecht des Geschädigten gegenüber den Sozialversicherungsträgern entgegen. Die Berechnung und Aufteilung der auf die Sozialleistungsträger übergehenden und der dem Geschädigten verbleibenden Ansprüche bei dem Zusammentreffen von Mitverschulden und gesetzlichen Haftungshöchstbeträgen ist auf der Grundlage der in § 116 Abs. 3 Satz 1 SGB X verankerten relativen Theorie vorzunehmen (§ 116 Abs. 3 Satz 2 SGB X; vgl. Senatsurteil BGHZ 146, 84, 88 ff.). Es besteht allseits Einigkeit darüber, dass eine buchstäbliche Anwendung dieser Vorschrift nicht in Betracht kommt, weil sie zu dem unannehmbaren Ergebnis führen würde, dass der dem Geschädigten verbleibende Anspruch betragsmäßig um so höher wäre, je höher der Mitverschuldensanteil des Geschädigten ist (vgl. insbesondere v. Olshausen, VersR 1983, 1108, 1110; derselbe VersR 2001, 936 ff.). Zur Vermeidung eines solchen Widerspruchs wird von der überwiegenden Meinung im Schrifttum die relative Theorie in modifizierter Form angewendet; dem hat sich der erkennende Senat in der oben erwähnten Entscheidung angeschlossen (BGHZ 146, 84, 90 ff. m. w. N.). Danach ist zunächst eine Aufteilung der auf die Sozialleistungsträger übergehenden und der dem Geschädigten verbleibenden Ansprüche nach der relativen Theorie gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 SGB X ohne Berücksichtigung der Haftungshöchstgrenze vorzunehmen. Überschreitet der um den Mitverschuldensanteil des Geschädigten gekürzte Gesamtschadensanspruch die gesetzliche Haftungshöchstsumme, so ist anschließend das Ergebnis der Aufteilung zwischen Sozialleistungsträgern und Geschädigtem der Haftungshöchstgrenze anteilig anzupassen, um die Unterdeckung proportional auf Sozialleistungsträger und Geschädigten zu verteilen. Auf diese Weise kommt es zwischen ihnen zu einer verhältnismäßigen Verteilung des gekürzten Ersatzanspruchs.

Auch ein Befriedigungsvorrecht des Klägers aus § 116 Abs. 4 SGB X schließt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Juli 2003 - VI ZA 9/03 - VersR 2003, 1295, 1296) ein Verteilungsverfahren nicht aus, sondern kommt erst nach dessen Durchführung zum Zuge.

d) Den Umfang der von der Beklagten zu 2 zu erbringenden Rentenleistungen (dazu vgl. Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 16. Aufl., § 10 AKB Rn. 151 f.) bestimmt § 155 Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 156 Abs. 3 VVG. Nach diesen Vorschriften hat der Versicherer dann, wenn der Haftpflichtige mehreren Dritten Renten schuldet und der Gesamtkapitalwert dieser Renten die Versicherungssumme übersteigt, nur den Teil zu decken, der zur jeweiligen Rente in demselben Verhältnis steht wie die Versicherungssumme zum Gesamtkapitalwert der Renten. Dabei sind Personen-, Sach- und Vermögensschäden getrennt zu behandeln, soweit dafür unterschiedliche Versicherungssummen vereinbart sind (vgl. Prölss/Martin/Voit/Knappmann, aaO, Rn. 18). Der Versicherer kann demnach unter diesen Voraussetzungen - und zwar von Anfang an - die von ihm zu zahlende Rente kürzen; er ist aber nicht berechtigt, die Zahlungen einzustellen, sobald die Summe der von ihm erbrachten Rentenzahlungen die Versicherungssumme erreicht. Rentenzahlungen können grundsätzlich nicht dazu führen, dass die Versicherungssumme "erschöpft" wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1980 - IVa ZR 9/80 - aaO, 818). Das widerspräche dem Zweck des § 155 VVG, auch im Interesse des Geschädigten eine fortlaufend gleichmäßige Beteiligung des Versicherers an den Rentenleistungen zu bewirken.

Diesen Grundsätzen widerspricht die Annahme des Berufungsgerichts, dem Kläger könne der ihm nach der Berechnung der Beklagten zu 2 zustehende Gesamtkapitalbetrag an der Mindestversicherungssumme zugesprochen werden. Das Berufungsgericht ist offenbar von der weitverbreiteten, aber irrigen Auffassung ausgegangen, dass der Haftpflichtversicherer Rentenverpflichtungen so lange in voller Höhe zu erfüllen habe, bis die Summe seiner Zahlungen die Versicherungssumme (bzw. den dem Geschädigten mindestens zustehenden Anteil) erreiche. Die Bestimmungen der §§ 155, 156 VVG sind die vom Berufungsgericht vermisste rechtliche Grundlage dafür, den Geschädigten auf eine nur anteilige Rentenzahlung zu verweisen.

Das Verteilungsverfahren nach §§ 155, 156 VVG soll einer "Erschöpfung" der Versicherungssumme vorbeugen, indem es auf den Kapitalwert der Renten abstellt und dem Versicherer aufbürdet, über das Verteilungsverfahren eine anteilige, aber andauernde und unerschöpfliche Befriedigung der Ansprüche der Dritten sicherzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1980 - IVa ZR 9/80 - aaO; vom 28. November 1990 - IV ZR 233/89 - VersR 1991, 172 f.; vgl. auch Hessert, VersR 1997, 39, 42). Kehrseite dieser Verpflichtung ist die fehlende Berechtigung eines Dritten, vom Kfz-Haftpflichtversicherer die Begleichung von Rentenansprüchen in voller Höhe bis zur Erschöpfung der Versicherungssumme zu verlangen. Vielmehr hat der Versicherer von jeder Rentenrate nur den Teil zu decken, der zur vollen Rate im gleichen Verhältnis steht wie die Versicherungssumme zum Kapitalwert der Rente (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1980 - IVa ZR 9/80 - aaO). Dabei ist es entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung rechtlich ohne Belang, ob die Rente wegen vermehrter Bedürfnisse oder wegen Verdienstausfalls zu zahlen ist, ebenso wie die Kürzungsberechtigung des Haftpflichtversicherers unabhängig davon besteht, ob es sich um eine Rate für einen zeitlich zurückliegenden oder für einen zukünftigen Zeitraum handelt.

e) Zwar kann die Verbindung mit dem Verteilungsverfahren nach § 156 Abs. 3 VVG die gerichtliche Durchsetzung eines Direktanspruchs vor allem dann erheblich erschweren, wenn - wie im Streitfall - bei Klageerhebung und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung die Schadensentwicklung aus dem Unfall nicht abgeschlossen ist, deshalb die in die Verteilung einbezogenen Ersatzansprüche der Höhe nach noch nicht feststehen und der auf die Forderung entfallende Anteil allenfalls annähernd geschätzt werden kann. In diesen Fällen muss die Feststellung nach dem derzeitigen Erkenntnisstand, kann aber andererseits nur unter dem Vorbehalt möglicher Korrekturen nach oben oder unten aufgrund einer späteren genaueren Berechnung getroffen werden. Ändern sich die dem ursprünglichen Verteilungsverfahren zugrunde liegenden Summen nachträglich erheblich, muss der Haftpflichtversicherer seine Leistungen im Rahmen eines neu berechneten Verteilungsverfahrens angleichen (vgl. Prölss/Martin/Voit/Knappmann, aaO, § 156 Rn. 22, 25; Sprung, VersR 1992, 662).

Über den Einwand einer Erschöpfung der Versicherungssumme und die sich hieraus gemäß § 3 Nr. 1 PflVG für die Höhe des geltend gemachten Direktanspruchs ergebenden Beschränkungen ist grundsätzlich bereits im Erkenntnisverfahren zu befinden (vgl. Senatsurteil BGHZ 84, 151, 154; BGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - IVa ZR 54/81 - VersR 1983, 26, 27; Stiefel/Hofmann, aaO, § 10 AKB Rn. 139). Insoweit gilt nichts anderes als für die Haftungshöchstgrenzen aus § 12 StVG.

2. Nach allem muss sich das Berufungsgericht mit dem Vorbringen der Beklagten zu 2 zur Erschöpfung der Versicherungssumme und den sich hieraus für die Höhe der Klageansprüche ergebenden Beschränkungen noch im Einzelnen auseinandersetzen (zur Erstellung eines Verteilungsplans vgl. Sprung aaO 659 ff.; Deichl/Küppersbusch/Schneider, Kürzungs- und Verteilungsverfahren nach §§ 155 Abs. 1 und 156 Abs. 3 VVG in der Kfz-Haftpflichtversicherung, S. 7 ff.). Dazu wird die Beklagte zu 2 das nach ihrem Vortrag durchgeführte Verteilungsverfahren im Einzelnen darzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1980 - IVa ZR 9/80 - aaO, 819) oder einen neuen Verteilungsplan zu erstellen haben; der Kläger wird seine Einwendungen ebenfalls im Einzelnen unter Beachtung der Rechtsprechung vorzutragen haben. Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls die in den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 28. November 1979 (- IV ZR 83/78 - aaO) und vom 12. Juni 1980 (- IVa ZR 9/80 - aaO) näher dargelegten Grundsätze berücksichtigen müssen.

Wie der Kapitalwert von Renten zu berechnen ist, schreibt § 155 VVG nicht vor (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1979 - IV ZR 83/78 - aaO; vgl. auch Urteil vom 22. Januar 1986 - IVa ZR 65/84 - aaO, 394). Vor Inkrafttreten der Verordnung über den Versicherungsschutz in der Kfz-Haftpflichtversicherung (KfzPflVV vom 29. Juli 1994) am 3. August 1994 bestimmte insoweit § 10 Abs. 7 S. 2 AKB in der seit 1. Januar 1971 geltenden Neufassung (zum Wortlaut vgl. Stiefel/Hofmann, aaO, § 10 AKB), dass der Verhältniswert des Rentenkapitalwerts nach der hierzu gegenüber der Aufsichtsbehörde abgegebenen geschäftsplanmäßigen Erklärung der Versicherer berechnet wird. Ob im Streitfall der Kapitalwert nach § 8 KfzPflVV oder nach § 10 Abs. 7 AKB zu berechnen ist, wird davon abhängen, ob der dem Direktanspruch zugrunde liegende Haftpflichtversicherungsvertrag vor dem 1. Juli 1994 geschlossen und seine Bedingungen nicht an die geänderte Gesetzeslage angepasst worden sind; dann muss er nur den AKB entsprechen und unterliegt nicht den Beschränkungen der Verordnung (vgl. Prölss/Martin/Knappmann, aaO, KfzPflVV Vorbem. Rn. 2).

Ebenso wird sich das Berufungsgericht entsprechend den rechtlichen Berechnungsgrundlagen mit dem Ansatz der Forderungen von Sozialversicherungsträgern und des Klägers durch die insoweit für ihren Einwand darlegungsbelastete Beklagte zu 2 auseinanderzusetzen und diese - gegebenenfalls sachverständig beraten - auf ihre rechnerische Richtigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen haben. Das Verteilungsverfahren nach §§ 155, 156 VVG ist eine Berechnungsmethode zur Verteilung eines durch die Beschränkung auf die Mindestversicherungssumme vorhersehbaren Deckungsmangels, das insoweit vollständiger gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Auf etwaige Bedenken hinsichtlich der Substantiiertheit des dazu erfolgten Vortrages hat nach § 139 ZPO ein gerichtlicher Hinweis zu erfolgen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - NJW 2002, 3317, 3320 und vom 24. Februar 2003 - II ZR 322/00 - NJW-RR 2003, 742, 743).

Ende der Entscheidung

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