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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.06.2004
Aktenzeichen: VI ZR 60/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Ha
BGB § 840
BGB § 843 F
BGB § 422
BGB § 1664 Abs. 1

Entscheidung wurde am 02.11.2004 korrigiert: nach II. 3. folgte nochmals 3. Dies wurde in 4. abgeändert, ebenso die nachfolgenden Nummerierungen. Im ersten Satz unter 4. wurde nach dem Wort weil das Wort bei eingefügt
Die von der unterhaltspflichtigen Mutter erbrachten Pflegeleistungen für ein durch einen Unfall geschädigtes Kind lassen auch dann dessen Anspruch gegen den Schädiger wegen vermehrter Bedürfnisse gemäß § 843 BGB unberührt, wenn bei dem Unfall eine Verletzung der Obhutspflicht durch die Mutter mitgewirkt hat.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VI ZR 60/03

Verkündet am: 15. Juni 2004

in dem Rechtsstreit

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 31. Januar 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Am 27. Juni 1996 wurde der damals vier Jahre alte Kläger auf dem Rückweg vom Kindergarten beim Überqueren einer Straße vom PKW der Beklagten zu 1, der bei der Beklagten zu 2 versichert war, erfaßt und dadurch schwer verletzt. Zu dem Unfall kam es, weil der Kläger vorweg vor seiner Mutter zur Straße und nach kurzem Anhalten trotz des herannahenden PKW auf die Fahrbahn lief. Die Beklagte zu 1 hatte ihrerseits die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten und ein Hinweisschild auf den Kindergarten mißachtet. Der Kläger ist seit dem Unfall querschnittgelähmt und wird von seiner Mutter gepflegt. Die Haftung der Beklagten für den Unfallschaden des Klägers steht außer Streit.

Der Kläger erhält vom Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverband (im folgenden: GUVV) laufend Pflegegeld nach § 44 SGB VII (vormals § 558 RVO) auf der Grundlage einer Pflegebedürftigkeit von 90 Prozent. Einen Antrag auf Pflegegelderhöhung lehnte der GUVV am 20. April 2000 ab. Darüber hinaus erhielt der Kläger eine vorläufige Verletztenrente nach §§ 580 f., 1585 Abs. 1 RVO und einen Zuschuß für Kleidermehrverschleiß nach § 564 RVO.

Mit seiner Klage begehrt er von den Beklagten Zahlung rückständiger und künftiger Schadensersatzrente, da das Pflegegeld nicht ausreiche, um den tatsächlichen Mehraufwand seiner Mutter für seine Betreuung auszugleichen. Das Landgericht hat dem Kläger eine ab dem 10. Januar 2002 vierteljährlich im voraus zu zahlende Geldrente in Höhe von 2.513,29 € zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben der Kläger und die Beklagten Berufung eingelegt. Der Kläger mit dem Antrag, die Beklagten zur Zahlung von 54.749,85 € rückständiger Schadensersatzrente für die Zeit vom 1. Oktober 1996 bis zum 31. Dezember 2001 zu verurteilen; die Beklagten mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung. Das Oberlandesgericht hat den Berufungen teilweise stattgegeben und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 50.643,16 € sowie ab dem 1. Januar 2003 eine vierteljährlich im voraus fällige Rente von 1.871,79 € zu bezahlen; im übrigen hat es die Klage ab- und die Berufungen der Parteien zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält den Kläger für aktivlegitimiert, seinen unfallbedingten Mehrbedarf, soweit dieser das vom GUVV gezahlte Pflegegeld übersteigt, gerichtlich geltend zu machen. Lediglich in Höhe des tatsächlich gezahlten Pflegegeldes sei der Anspruch des Klägers nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den GUVV übergegangen. Soweit der konkrete Pflegebedarf das Pflegegeld übersteige, stehe der Anspruch aus § 843 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 13 StVG dem Kläger zu. Die Verletztenrente sei mit dem Klageanspruch nicht kongruent. Sie diene dem Ausgleich des Verlustes der Erwerbsfähigkeit und nicht eines konkreten Arbeitseinkommens.

Der Kläger könne auch für die Vergangenheit den unfallbedingten Betreuungsaufwand als eigenen Schaden verlangen und brauche sich nicht entgegenhalten zu lassen, daß seine Mutter diese Verbindlichkeiten bereits erfüllt habe. Die Mutter des Klägers hafte nicht neben den Beklagten für die unfallbedingten vermehrten Bedürfnisse als Gesamtschuldnerin. Der Schutzzweck der objektiv zu bestimmenden Aufsichtspflicht der Mutter schließe die Haftungsmilderung gemäß § 1664 BGB nicht aus. Die Obhutspflicht gegenüber Kindern sei keine aus dem Straßenverkehr abgeleitete und gegenüber allen Verkehrsteilnehmern gleichermaßen bestehende Pflicht wie etwa die Aufsichtspflicht nach § 832 BGB. Zweck der Obhutspflicht als Teil der Personensorge sei in erster Linie der Schutz des Kindes vor Schäden, so daß eine Einschränkung der Haftungsmilderung nur geboten sei, wo sich die Schutzpflichten der Eltern gegenüber ihrem Kind nicht von den Pflichten gegenüber dem Verkehr und dem Schutz Dritter trennen ließen. Jedenfalls nach der Unfallschilderung der Beklagten fehlten jegliche Anhaltspunkte für ein grobes Verschulden der Mutter. Mangels einer gemeinsamen Haftung fehle deshalb ein Gesamtschuldverhältnis gemäß § 840 BGB, womit auch kein "gestörtes Gesamtschuldverhältnis" in Frage komme.

II.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Entgegen den von der Revision geäußerten Bedenken ist der Kläger für die geltend gemachten Schadensersatzforderungen wegen vermehrter Bedürfnisse trotz der Zahlung von Pflegegeld nach § 44 SGB VII (vormals § 558 RVO) durch den GUVV aktivlegitimiert.

a) Rechtsfehlerfrei und von der Revision als ihr günstig unbeanstandet nimmt das Berufungsgericht an, daß das Pflegegeld nach § 44 Abs. 2 Satz 3 SGB VII (vormals § 558 RVO) dem Anspruch des Klägers wegen vermehrter Bedürfnisse sachlich kongruent ist. Ebenso wie das insoweit wesensgleiche Pflegegeld nach § 44 SGB XI (vgl. dazu Senatsurteile BGHZ 140, 39, 44; 146, 108, 110 f. und vom 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02 - VersR 2003, 267, 269) dient auch das Pflegegeld nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung dazu, den Schwerverletzten in die Lage zu versetzen, die für die Betreuung und Pflege erforderlichen Kosten begleichen zu können (vgl. Senatsurteil vom 8. November 1977 - VI ZR 117/75 - VersR 1978, 149).

b) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats vollzieht sich der Übergang der Schadensersatzansprüche nach § 116 Abs. 1 SGB X auf den Sozialversicherungsträger zwar zum Zeitpunkt des Unfalls, soweit der Sozialversicherungsträger dem Geschädigten nach den Umständen des Schadensfalls möglicherweise in Zukunft Leistungen zu erbringen hat, welche sachlich und zeitlich mit den Erstattungsansprüchen des Geschädigten kongruent sind (vgl. Senatsurteile, BGHZ 134, 381, 384 f.; vom 13. April 1999 - VI ZR 88/98 - VersR 1999, 1126; vom 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02 - aaO, m.w.N.). Doch bleibt es beim Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X nur, soweit der Sozialversicherungsträger dem Schaden kongruente Sozialleistungen zu erbringen hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 140, 39, 48). Erscheint eine Inanspruchnahme des Sozialversicherungsträgers geradezu ausgeschlossen, wird der Geschädigte wieder Rechtsinhaber, ohne daß es einer besonderen Rückübertragung bedarf (vgl. Senatsurteil vom 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02 - aaO). Der Kläger ist deshalb zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs aktivlegitimiert, soweit das vom GUVV gezahlte Pflegegeld den der Höhe nach unstreitigen Pflegeaufwand des Klägers nicht deckt, nachdem der GUVV einen Antrag auf Pflegegelderhöhung abgelehnt hat.

Ohne Erfolg macht die Revision in diesem Zusammenhang geltend, der Kläger sei aus dem Gesichtspunkt der allgemein geltenden Schadensminderungspflicht gehalten gewesen, den Bescheid des GUVV anzufechten oder nach Vorlage eines sozial-medizinischen Gutachtens einen neuen Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldes zu stellen. Höhere Pflegegeldzahlungen hätten den Schaden des Klägers nicht gemindert, sondern allenfalls auf den GUVV verlagert. Selbst wenn den Beklagten - etwa infolge eines Teilungsabkommens - daraus wirtschaftlich ein Vorteil hätte erwachsen können, oblag es dem Kläger nicht, als Sachwalter etwaiger Interessen seines Schädigers und dessen Haftpflichtversicherers tätig zu werden und ein Rechtsbehelfs- oder gar ein Klageverfahren auf sich zu nehmen oder auch nur einen weiteren Antrag beim So-zialversicherungsträger einzureichen.

2. Im Ergebnis zutreffend lehnt das Berufungsgericht die von den Beklagten vertretene Rechtsansicht ab, der Anspruch des Klägers aus § 843 Abs. 1 BGB, § 13 StVG - gegenüber der Beklagten zu 2 in Verbindung mit § 3 Nr. 1 PflVG - auf Zahlung rückständiger Schadensrente sei nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Die Beklagten meinen, die Mutter des Klägers hafte deliktisch wegen Verletzung der Obhutspflicht gegenüber dem Kind, weil ihr die Haftungsfreistellung nach § 1664 BGB nicht zugute komme. Diesen Anspruch habe sie durch die Pflegeleistungen erfüllt. Da die Mutter und die Beklagten Gesamtschuldner seien, wirke diese Erfüllung auch zugunsten der Beklagten. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht beizutreten. Entgegen der Auffassung der Revision hat die Mutter des Klägers durch ihre Pflegeleistungen auch bei einer Verletzung der Obhutspflicht (etwaigen eigenen deliktischen Mithaftung) nicht eine hieraus etwa erwachsene deliktische Verpflichtung (ihre Schuld) gegenüber dem Kläger erfüllt. Vielmehr erbringt sie die Leistungen zur Pflege ihres Kindes allein aufgrund ihrer unterhaltsrechtlichen Verpflichtung. Die Erfüllungswirkung bei Leistung auf eine Gesamtschuld nach § 422 Abs.1 BGB kommt deshalb nicht in Betracht.

a) Im Verhältnis zwischen dem Schadensersatzanspruch wegen vermehrter Bedürfnisse und dem Unterhaltsanspruch fehlt schon die für ein Gesamtschuldverhältnis erforderliche inhaltliche Gleichheit der geschuldeten Leistungen (vgl. Großer Senat in Zivilsachen BGHZ 43, 227, 232 ff.). Der Anspruch des Geschädigten aus § 843 Abs. 1 BGB wegen vermehrter Bedürfnisse geht auf Zahlung einer Geldrente und nicht auf Naturalleistung. Demgegenüber kann der Unterhaltsanspruch statt auf eine Geldrente auch auf die Gewährung von Betreuung oder Naturalunterhalt (vgl. §§ 1612 f., 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) gerichtet sein.

b) Zwischen den Ansprüchen besteht auch keine Gleichstufigkeit (vgl. zu diesem Erfordernis BGHZ 106, 313, 319; 137, 76, 82 m.w.N.). Gegenüber dem Anspruch auf Ausgleich vermehrter Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch aus den §§ 1601 ff. BGB subsidiär (vgl. Senatsurteil BGHZ 54, 269, 273 f.; BGHZ 22, 72, 77 ff. jeweils m.w.N.). Die Regelung in § 843 Abs. 4 BGB, wonach der Ersatzanspruch des Geschädigten erhalten bleibt, auch soweit durch Leistungen des Unterhaltspflichtigen oder einer anderen Person bereits Abhilfe geschaffen worden ist, soll verhindern, daß Unterhaltsleistungen dem Schädiger zugute kommen (vgl. Senatsurteile BGHZ 54, 269, 274 und 146, 108, 113 f.; s.a. BGHZ 22, 72, 77 f.; Staudinger/Vieweg, BGB, 13. Bearb. 2002, § 843 Rdn. 43 f. m.w.N.). Auch besteht ein Unterhaltsanspruch nur bei Bedürftigkeit (§ 1602 Abs. 1 BGB).

c) Schadensersatz- und Unterhaltsanspruch dienen zudem nicht demselben Zweck. Während der Unterhalt den laufenden Lebensbedarf des Unterhaltsgläubigers decken soll, deckt die Schadensrente schadensbedingte Mehraufwendungen.

d) Auch die Bemessung der Höhe der Ansprüche erfolgt nach unterschiedlichen Kriterien. So ist der Unterhalt nach dem Bedarf des Unterhaltsgläubigers nach dessen Lebensstellung zu bestimmen (§ 1610 Abs. 1 BGB). Der Anspruch kann mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners entfallen (§ 1603 Abs. 1 BGB). Hingegen richtet sich die Schadensrente nach § 843 Abs. 1 BGB nach der Höhe der erforderlichen Mehraufwendungen und ist von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schädigers unabhängig.

e) Darüber hinaus zeigt der Inhalt beider Pflichten deren unterschiedliche Zweckbestimmung. Das Unterhaltsrecht gibt dem Unterhaltspflichtigen in Grenzen namentlich gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern die Befugnis, den Unterhalt auch gegen den Willen des Berechtigten in Natur zu erbringen (vgl. §§ 1612 f. BGB). Dieses Unterhaltsbestimmungsrecht entfällt nicht schon dann, wenn der Unterhaltsverpflichtete dem Kind deliktisch haftet. Andererseits kann das geschädigte Kind für seinen Anspruch auf vermehrte Bedürfnisse nicht wegen der deliktischen Haftung des Unterhaltsschuldners in die Naturalrestitution gezwungen werden. Der Anspruch auf Geldrente nach § 843 BGB, der dem in § 249 BGB enthaltenen schadensrechtlichen Grundsatz entspricht, daß sich der Geschädigte nicht auf Naturalleistungen des Schädigers verweisen lassen muß, schützt auch das Kind davor, sich mit einer Naturalleistung des Haftpflichtigen abfinden zu müssen. Außerdem ließe sich praktisch nicht ermitteln, in welchem Umfang der Unterhaltsverpflichtete dem Geschädigten im Falle einer Rentenzahlung weitere Zuwendungen hätte zugute kommen lassen, ohne dafür Ersatz zu verlangen, und ob nicht solche Zuwendungen unterblieben sind, weil seine Mittel durch den zu leistenden Unterhalt geschmälert wurden. Es entspricht Sinn und Zweck des § 843 Abs. 4 BGB, derartige Zweifelsfragen von vorneherein abzuschneiden (Senatsurteile BGHZ 22, 72, 77 f.; 54, 269, 274; jeweils m.w.N.). Dem Anspruch des klagenden Kindes kann deshalb auch dann nicht entgegengehalten werden, der Schaden sei bereits durch die Gewährung von Unterhalt ausgeglichen worden, wenn der Unterhaltsschuldner zugleich deliktisch haftet.

3. Der Fall zwingt nicht zur Beantwortung der Frage, ob trotz der Pflegeleistungen der Mutter ein Schadensersatzanspruch auf Zahlung einer Geldrente nach § 843 BGB, gegen sie bestünde. Jedenfalls wäre unter den Umständen des Streitfalls ein solcher Anspruch gegen die Mutter nicht durchsetzbar. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann es wegen der familienrechtlichen Verbundenheit treuwidrig sein, gegen den familienangehörigen Schädiger den deliktischen Anspruch durchzusetzen (Senatsurteile BGHZ 103, 338, 349 und vom 2. November 1982 - VI ZR 32/81 - VersR 1983, 134, 136; BGHZ 53, 352, 357; BGH, Urteil vom 13. Januar 1988 - IVb ZR 110/86 - VersR 1988, 628, 629). Auch der Gesetzgeber hat dem Schutz der Familie vor schadensrechtlicher Inanspruchnahme mit dem Angehörigenprivileg in § 67 Abs. 2 VVG und in § 116 Abs. 6 SGB X Rechnung getragen. Leben Familienangehörige in häuslicher Gemeinschaft zusammen, so entspricht es deren ideeller und wirtschaftlicher Verbundenheit, daß der für eine fahrlässige Körperverletzung verantwortliche Familienangehörige in dem Umfang nicht in Anspruch genommen wird, in dem öffentliche Versicherungs- und Versorgungsleistungen den Schaden auffangen (vgl. Senatsurteil BGHZ 146, 108, 111 ff.; Rischar, VersR 1998, 27 ff.). Im vorliegenden Fall widerspräche es dem allgemeinen Rechtsempfinden, sähe sich die Mutter trotz ihrer Pflegeleistungen gleichwohl einem Klageanspruch auf Zahlung einer Geldrente ausgesetzt.

4. Der Streitfall zwingt auch nicht zur Beantwortung der Frage, ob die Mutter des Klägers deshalb nicht deliktisch neben den Beklagten für den Klageanspruch gesamtschuldnerisch haftet, weil bei Verletzung der vom Berufungsgericht zutreffend angenommenen Obhutspflicht außerdem die Haftungsfreistellung nach § 1664 Abs. 1 BGB in Betracht käme (vgl. Senatsurteile BGHZ 73, 190, 194; 103, 338, 345 f. und vom 17. Oktober 1995 - VI ZR 358/94 - VersR 1996, 81 m.w.N.). Lägen die Voraussetzungen für das Eingreifen dieser Vorschrift vor, fehlte schon die Mithaftung im Sinne des § 840 Abs. 1 BGB und damit die erforderliche Grundlage für ein Gesamtschuldverhältnis, das "gestört" werden könnte (Senatsurteil BGHZ 103, 338, 346 f. m.w.N.; s.a. Christensen, MDR 1989, 948; Hager, NJW 1989, 1640; Muscheler, JR 1994, 441; Kirchhoff, NZV 2001, 361, 365). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht der erkennende Senat auch unter Berücksichtigung der hiergegen in der Literatur erhobenen Bedenken (vgl. Sundermann, JZ 1989, 927; Jahnke, NZV 1995, 377, 381; Luckey, VersR 2002, 1213, 1216 f.; s.a. Fuchs, NZV 1998, 7, 11) aus den bereits in dem genannten Senatsurteil (BGHZ 103, 338 ff.) ausgeführten Gründen keinen Anlaß.

5. Gleichfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Schadensschätzung des Berufungsgerichts, welche in der Berechnung der rückständigen Schadensrente ihren Niederschlag findet. Die nach § 287 ZPO dem Tatrichter obliegende Schätzung des unfallbedingten Mehrbedarfs des Klägers durch das Berufungsgericht nimmt die Revision hin. Die Schadensermittlung beruht ersichtlich weder auf grundsätzlich falschen oder unsachlichen Erwägungen, noch sind vom Berufungsgericht wesentliche die Entscheidung tragende Gesichtspunkte außer acht gelassen worden (vgl. Senatsurteil vom 4. November 2003 - VI ZR 346/02 - VersR 2004, 75, 77 m.w.N.).

Nicht durchzudringen vermag die Revision mit der Ansicht, auf die Schadensersatzrente aus § 843 Abs. 1 BGB wegen vermehrter Bedürfnisse sei die vom GUVV erbrachte Verletztenrente (§§ 580, 581 RVO, 56 SGB VII) anzurechnen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, von der abzuweichen der Streitfall keinen Anlaß gibt, erschöpft sich die Zweckbestimmung der Verletztenrente im Ausgleich des (abstrakt berechneten) Erwerbsschadens, wohingegen die Aufwendungen, die dem Verletzten wegen gesteigerter Bedürfnisse infolge des Unfalls erwachsen, durch diese Rente nicht abgedeckt werden sollen. Für diese Zweckbestimmung spielt es keine Rolle, daß der Kläger angesichts seines Alters im fraglichen Zeitraum ohne den Unfall voraussichtlich kein Arbeitseinkommen erzielt hätte (vgl. ausführlich Senatsurteile BGHZ 153, 113, 119 ff. und vom 9. März 1982 - VI ZR 317/80 - VersR 1982, 552 f. jeweils m.w.N.).

6. Gegen die Schätzung des Berufungsgerichts zur Höhe der zukünftigen Schadensersatzrente des Klägers äußert die Revision keine Bedenken. Das Berufungsgericht hat auch insoweit ohne ersichtlichen Rechtsfehler zunächst die zukünftigen Kosten des unfallbedingten Pflegebedarfs des Klägers geschätzt und sodann von diesem Betrag die dem künftigen Pflegebedarf sachlich und zeitlich kongruenten Sozialleistungen des GUVV in der derzeitigen Höhe abgezogen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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