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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.10.1998
Aktenzeichen: VII ZB 15/98
Rechtsgebiete: ZPO, BRAO


Vorschriften:

ZPO § 78 Abs. 1
BRAO § 53 Abs. 3
ZPO § 78 Abs. 1; BRAO § 53 Abs. 3

Ein rechtswirksames Handeln eines nicht postulationsfähigen Rechtsanwalts als amtlich bestellter Vertreter für einen postulationsfähigen Rechtsanwalt setzt voraus, daß dieses hinreichend deutlich (hier: in der Rechtsmittelschrift) erkennbar wird.

BGH, Beschluß vom 22. Oktober 1998 - VII ZB 15/98 - KG Berlin LG Berlin


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VII ZB 15/98

vom

22. Oktober 1998

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Hausmann und Dr. Kuffer am 22. Oktober 1998

beschlossen:

Die weitere sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats des Kammergerichts vom 29. Mai 1998 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Der Beschwerdewert wird auf 370.647,80 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beklagte hat, vertreten durch Rechtsanwalt H., P., gegen den durch Niederlegung zugestellten Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Nach Abgabe des Rechtsstreits an das Landgericht Berlin hat dieses unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid als unzulässig verworfen.

Dagegen hat die Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt. Der Beschwerdeschriftsatz enthält den Briefkopf von Rechtsanwalt H., bezeichnet diesen als Prozeßbevollmächtigten der Beklagten und ist auch von Rechtsanwalt H. unterschrieben.

Das Kammergericht hat die sofortige Beschwerde verworfen, da Rechtsanwalt H. weder beim Landgericht Berlin noch beim Kammergericht zugelassen sei.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Sie trägt unter Hinweis auf die Bestallung von Rechtsanwalt H. als ständiger Vertreter für alle Fälle der Verhinderung im Jahre 1998 der beim Kammergericht zugelassenen - und im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde als Verfahrensbevollmächtigte benannten - Rechtsanwältin B. vor, dieser sei befugt gewesen, die Prozeßhandlung vorzunehmen. Frau Rechtsanwältin B. sei am Tag der Abfassung der Beschwerdeschrift verhindert gewesen. Obschon Rechtsanwalt H. seine Sekretärin gebeten habe, den Zusatz hinzuzufügen "amtlich bestellter ständiger Vertreter von Rechtsanwältin A. B., B.", sei es dazu aus ungeklärten Gründen nicht gekommen. Jedenfalls sei die fehlende Kenntlichmachung der Postulationsfähigkeit als "falsa demonstratio" unschädlich für die in Frage stehende Prozeßhandlung.

II.

Die gemäß § 568 a i.V.m. § 700 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, daß die Beschwerde gegen einen den Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid verwerfenden Beschluß des Landgerichts wirksam nur von einem bei diesem Gericht oder dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden kann. Mit der auf den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid folgenden Abgabe des Rechtsstreits und mit dem Eingang der Akten bei dem Gericht, an das abgegeben wird, gilt der Rechtsstreit als dort anhängig (§ 700 Abs. 3 Satz 2, § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Mit der Abgabe vom Amtsgericht an das Landgericht entfällt die Freistellung vom Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO). Dieser besteht für das weitere Verfahren, auch für das Beschwerdeverfahren (§ 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO; BGH, Beschluß vom 9. Mai 1979 - VIII ZB 11/79, JZ 1979, 535). Rechtsanwalt H., der weder beim Landgericht Berlin noch beim Kammergericht zugelassen ist, konnte somit als Prozeßbevollmächtigter der Beklagten nicht wirksam Beschwerde gegen den landgerichtlichen Beschluß einlegen.

Das Vorbringen der Beklagten in ihrer weiteren Beschwerde, nicht Rechtsanwalt H. habe als ihr Prozeßbevollmächtigter gehandelt, sondern die beim Kammergericht zugelassene Rechtsanwältin B., für welche Rechtsanwalt H. als amtlich bestellter Vertreter habe handeln dürfen, erschließt sich nicht aus dem für die Beurteilung der Zulässigkeit der Prozeßhandlung maßgeblichen Beschwerdeschriftsatz. Darin wird wie bereits beim Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid Rechtsanwalt H. aus P. als Prozeßbevollmächtigter der Beklagten angeführt. Es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, daß Rechtsanwalt H. die Beschwerde nicht als Prozeßbevollmächtigter der Beklagten, sondern als Vertreter einer anderen für die Beklagte tätigen, postulationsfähigen Rechtsanwältin eingelegt hat. Der gemäß § 53 Abs. 3 BRAO bestellte Rechtsanwalt muß seine Stellung als allgemein bestellter Vertreter zwar nicht durch ausdrückliche Erklärung kundtun, daß er für einen postulationsfähigen Rechtsanwalt handelt. Es muß aber zumindest aus den die Prozeßhandlung begleitenden Umständen hinreichend deutlich erkennbar sein, daß ein Handeln für einen anderen postulationsfähigen Rechtsanwalt vorliegt (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1974 - III ZR 134/72, NJW 1975, 542, 543; Urteil vom 14. Dezember 1990 - V ZR 329/89, NJW 1991, 1175, 1176; Beschluß vom 9. Februar 1993 - XI ZB 2/93, NJW 1993, 1925). Solche fehlen hier. Unerheblich ist, ob von Rechtsanwalt H. angeordnet worden war, auf dem Beschwerdeschriftsatz einen Hinweis auf seine amtliche Bestellung anzubringen, und weshalb dieser unterblieb. Ein solcher Vorgang ist dem über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidenden Gericht verborgen geblieben. Er kann somit nicht als ein Indiz für das Handeln als bestellter Vertreter der postulationsfähigen Rechtsanwältin B. herangezogen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



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