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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.01.2002
Aktenzeichen: VII ZB 32/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 294
Eine Glaubhaftmachung im Wiedereinsetzungsverfahren kann daran scheitern, daß der Anwalt einer Partei einen die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Sachverhalt eidesstattlich versichert, schriftsätzlich jedoch einen die Wiedereinsetzung nicht rechtfertigenden Sachverhalt vorträgt, ohne daß Anhaltspunkte dafür bestehen, welcher Sachverhalt wahrscheinlicher ist.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VII ZB 32/01

vom

17. Januar 2002

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. Haß, Hausmann, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 91.776,89 €.

Gründe:

1. Die Klägerin hat am 6. Juni 2001 gegen ein die Klage teilweise abweisendes Urteil Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 24. Juli 2001 bei Gericht eingegangen. Die Klägerin hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Bürokraft ihres Anwalts habe versehentlich die Vorfrist vom 30. Juni 2001 und Berufungsbegründungsfrist vom 7. Juli 2001 nicht im Fristenkalender, sondern in einem getrennt geführten Wiedervorlagekalender für nicht fristgebundene Sachen eingetragen. Die Akte habe der Anwalt zum Datum der Wiedervorlage nur als normale Wiedervorlage erhalten und diese wegen temporärer Arbeitsüberlastung nicht bearbeitet.

Diesen, von ihrem Anwalt schriftsätzlich vorgetragenen Sachvortrag hat sie durch eine eidesstattliche Versicherung ihres Anwalts glaubhaft machen wollen. Darin wird versichert, wegen Arbeitsüberlastung der Mitarbeiter, bedingt durch Mitarbeiterwechsel, seien die einfachen Wiedervorlagen im Zeitraum vom 20. Juni bis 15. Juli 2001 nicht herausgesucht worden.

2. Das Berufungsgericht hat die Wiedereinsetzung versagt und die Berufung als unzulässig verworfen.

Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin müsse sich das Verschulden ihres Anwalts zurechnen lassen. Ein Verschulden ihres Anwalts liege sowohl bei dem in dem Wiedereinsetzungsantrag als auch bei dem in der eidesstattlichen Versicherung geschilderten Sachverhalt vor. Für den Fall, daß die Akte in dem Zeitpunkt vorgelegt worden sei, zu dem die Vorfrist als Wiedervorlagefrist notiert worden sei, hätte der Anwalt sie in angemessener Zeit durchsehen müssen und rechtzeitig gemerkt, daß die Begründungsfrist zu wahren ist. Für den Fall, daß ihm die Akte vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht vorgelegt worden sei, treffe ihn ein Organisationsverschulden, weil er hätte bemerken müssen, daß ihm keine Akten vorgelegt werden.

3. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde, mit der die Klägerin vorbringt, daß die Akten ihrem Anwalt vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht vorgelegt worden seien.

4. Die Beschwerde ist unbegründet.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht entschieden, daß der Anwalt die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu vertreten hat, wenn ihm die Akten am 30. Juni 2001 vorgelegt worden sind. Er hätte die Akten in angemessener Zeit durchsehen müssen (BGH, Beschluß vom 3. November 1997 - VI ZB 47/97, NJW 1998, 460, 461). Dabei wäre ihm aufgefallen, daß die Berufungsbegründungsfrist vom 7. Juli 2001 gewahrt werden mußte.

b) Ob den Anwalt der Klägerin ein für die Fristversäumung ursächliches Organisationsverschulden trifft, weil er es hingenommen hat, daß ihm über einen längeren Zeitraum die nicht fristgebundenen Sachen nicht vorgelegt wurden, kann dahin stehen. Diesen Sachverhalt hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht.

Die eidesstattliche Versicherung ihres Anwalts vermittelt keine ausreichende Wahrscheinlichkeit für diesen Sachverhalt. Dem steht entgegen, daß der Anwalt gleichzeitig eine andere Darstellung in dem Wiedereinsetzungsantrag gegeben hat. Es gibt keinerlei objektive Anhaltspunkte dafür, welcher Sachverhalt wahrscheinlicher ist. Es fehlt auch in der Beschwerdeschrift jegliche Erklärung dafür, wie es zu der angeblich fehlerhaften Darstellung in dem Wiedereinsetzungsantrag gekommen ist. Die Beschwerde beschränkt sich vielmehr lediglich auf die Klarstellung, daß die Akte nicht herausgesucht worden ist. Die Klägerin hat keine weiteren Beweismittel zur Glaubhaftmachung des in der eidesstattlichen Versicherung ihres Anwalts vorgetragenen Sachverhalts vorgelegt, wie es angesichts der widersprüchlichen Darstellungen ihres Anwalts nahe gelegen hätte. Eine eidesstattliche Versicherung der Bürokraft liegt ebensowenig vor wie eine Kopie des Fristenkalenders oder Wiedervorlagekalenders.

c) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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