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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.07.2008
Aktenzeichen: VII ZB 7/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO §§ 80 ff.
ZPO § 575 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 574 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 732
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5
BGB § 181
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VII ZB 7/08

vom 24. Juli 2008

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka, die Richterin Safari Chabestari und den Richter Dr. Eick

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Schuldnerin werden der Beschluss der 51. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 20. Dezember 2007 und der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 17. Juli 2007 aufgehoben.

Die Zwangsvollstreckung aus der zugunsten der Gläubigerin erteilten Vollstreckungsklausel vom 20. August 2002 für die am 19. August 2002 zu UR-Nr. 78/02 des Notars M. , Berlin, errichtete Urkunde wird für unzulässig erklärt.

Die Gläubigerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Die Schuldnerin, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, macht gemäß § 732 ZPO Einwendungen gegen die zugunsten der Gläubigerin am 20. August 2002 erteilte Vollstreckungsklausel für eine am 19. August 2002 errichtete notarielle Urkunde (UR-Nr. 78/02 des Notars M.) geltend.

Die Schuldnerin hat in dieser notariellen Urkunde anerkannt, der Gläubigerin 586.574,49 € nebst Zinsen zu schulden, und sich wegen dieser Forderung der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen. Die entsprechenden Erklärungen hat die Gläubigerin als Vertreterin der Schuldnerin aufgrund einer von deren alleinvertretungsberechtigtem Verwaltungsrat am 19. April 2000 privatschriftlich erteilten unwiderruflichen Handlungsvollmacht abgegeben, die eine Befreiung der Gläubigerin von den Vorgaben des § 181 BGB enthält. Darin wurde die Gläubigerin ermächtigt, jede Rechtshandlung, die der alleinvertretungsberechtigte Verwaltungsrat der Schuldnerin selbst vornehmen könnte und bei welcher Stellvertretung gesetzlich zugelassen ist, für ihn und in seinem Namen mit rechtsverbindlicher Kraft vorzunehmen.

Die Gläubigerin hat mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 5. Mai 2003 eine zugunsten der Schuldnerin an drei Eigentumswohnungen der B.-GmbH bestehende, am 12. November 1997 eingetragene Gesamtgrundschuld über 306.775,13 € gepfändet. Diese Pfändung ist am 15. Mai 2003 im Grundbuch eingetragen worden. Die drei Eigentumswohnungen sollen auf Antrag von Gläubigern der B.-GmbH zwangsversteigert werden.

Die Schuldnerin ist der Auffassung, sie sei von der Gläubigerin bei Abgabe der Erklärungen zur notariellen Urkunde vom 19. August 2002 nicht wirksam vertreten worden. Die der Gläubigerin erteilte Vollmacht sei mangels notarieller Beurkundung formnichtig; eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde vom 19. August 2002 habe der Gläubigerin daher nicht erteilt werden dürfen.

Das Amtsgericht hat die Erinnerung der Schuldnerin gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Mit der vom Landgericht zur Klärung der Rechtsfrage, ob eine unwiderrufliche und unter Befreiung von den Vorgaben des § 181 BGB erteilte Vollmacht der notariellen Beurkundung bedarf, zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Begehren weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft. Sie ist nicht verfristet, da die Notfrist des § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO mangels förmlicher Zustellung des angefochtenen Beschlusses jedenfalls nicht vor dessen tatsächlichem Zugang, den die Schuldnerin unwiderlegt mit 28. Dezember 2007 angegeben hat, in Gang gesetzt wurde.

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

a) Bei dem Vorbringen der Schuldnerin, die gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO abgegebene Unterwerfungserklärung beruhe auf einer unwirksamen Vollmacht, handelt es sich um eine Einwendung, die gemäß § 732 ZPO mit der Klauselerinnerung geltend gemacht werden kann (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2004 - IXa ZB 326/03, NJW-RR 2004, 1718 = Rpfleger 2005, 33).

b) Der Klauselerinnerung fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel sind ab deren Erteilung bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung zulässig. Es ist daher ohne Bedeutung, dass das Zwangsvollstreckungsverfahren in das Wohnungseigentum nicht von der Gläubigerin betrieben wird.

c) Die Rechtsbeschwerde beruft sich zu Recht darauf, dass der Notar die notarielle Urkunde vom 19. August 2002 nicht mit einer Vollstreckungsklausel habe versehen dürfen. Denn die Gläubigerin hat nicht nachgewiesen, die Schuldnerin wirksam der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen zu haben.

Das Beschwerdegericht ist unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. November 2003 (XI ZR 332/02, NJW 2004, 844 = MDR 2004, 591) zu Recht davon ausgegangen, dass eine widerrufliche Vollmacht zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung als allein den Vorschriften der §§ 80 ff. ZPO unterfallende Vollmacht formlos erteilt werden kann. Die dort offengelassene Frage, ob etwas anderes zu gelten hat, wenn die Vollmacht unwiderruflich erteilt wurde, bedarf auch hier keiner Entscheidung.

aa) War die unwiderrufliche Handlungsvollmacht vom 19. April 2000 notariell zu beurkunden, hat die Gläubigerin die Unterwerfungserklärung als vollmachtlose Vertreterin abgegeben. Die Unterwerfungserklärung wäre in diesem Fall unwirksam, ein wirksamer Titel nicht geschaffen worden.

bb) Konnte hingegen die Gläubigerin die Schuldnerin aufgrund einer privatschriftlich erteilten Vollmacht wirksam der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen, war zwar der Vollstreckungstitel wirksam errichtet. Es fehlte jedoch der vor Erteilung der Vollstreckungsklausel mindestens in öffentlich beglaubigter Form zu führende Nachweis der Vollmachtserteilung (BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - V ZB 146/07, ZfIR 2008, 512).

Der Notar hat im Rahmen des Klauselerteilungsverfahrens zu einer Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, die durch einen Vertreter erklärt wurde, nach allgemeiner Meinung nicht nur die formell ordnungsgemäße Abgabe der Unterwerfungserklärung des Vertreters, sondern in entsprechender Anwendung von § 726 ZPO auch dessen Vollmacht zu prüfen (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2004 - IXa ZB 326/03, aaO; Beschluss vom 5. Juli 2005 - VII ZB 27/05, MDR 2005, 1432 = Rpfleger 2005, 612; Beschluss vom 21. September 2006 - V ZB 76/06, NJW-RR 2007, 358; MünchKommZPO/Wolfsteiner, 3. Aufl., § 797 Rdn. 13; Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl., § 797 Rdn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., § 797 Rdn. 1). Die Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckungsklausel müssen im formalisierten Klauselerteilungsverfahren einfach, aber dennoch hinreichend verlässlich nachgewiesen und geprüft werden können (BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - V ZB 146/07, aaO, S. 514). Da im Interesse einer effizienten Vollstreckung weitgehend auf eine vorherige Anhörung des Schuldners verzichtet wird, kann der Nachweis, dass die die Vollmacht zur Abgabe der Unterwerfungserklärung enthaltende Urkunde tatsächlich von dem dort aufgeführten Vollmachtgeber erteilt wurde, nur dadurch geführt werden, dass die Unterwerfungsvollmacht notariell beurkundet oder öffentlich beglaubigt vorgelegt wird.

d) Nachdem die Gläubigerin ihre Bevollmächtigung nicht in dieser Form nachgewiesen hat, war ihr die Erteilung der Klausel zu versagen.

Ende der Entscheidung

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