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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 01.10.2009
Aktenzeichen: VII ZR 183/08
Rechtsgebiete: UStG, LTierKBG, TierKBG, AGTierNebG NRW, BGB


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1
UStG § 10 Abs. 1
UStG § 13a Abs. 1
LTierKBG § 8
LTierKBG § 8 Abs. 1 S. 2
LTierKBG § 8 Abs. 1 S. 3
LTierKBG § 8 Abs. 3
LTierKBG § 8 Abs. 4 S. 2
LTierKBG § 9 Abs. 2
TierKBG § 16 Abs. 1
AGTierNebG NRW § 6 Abs. 3
AGTierNebG NRW § 6 Abs. 5 S. 1
AGTierNebG NRW § 6 Abs. 6 S. 2
AGTierNebG NRW § 6 Abs. 7 S. 3
BGB § 133 A
BGB § 133 C
BGB § 157 G
Zwischen dem Besitzer von gemäß §§ 8, 9 TierNebG i.V.m. §§ 1, 3 AGTierNebG NRW zu beseitigenden Tierkörpern und einem mit der Tierkörperbeseitigung beliehenen Unternehmer entsteht ein privatrechtliches Benutzungsverhältnis (Anschluss an BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2920).

Ob der Besitzer von zu beseitigenden Tierkörpern dem mit der Tierkörperbeseitigung beliehenen Unternehmer auch dann die insgesamt für die Leistung angefallene Umsatzsteuer zu erstatten hat, wenn er nur einen Teil des in einer Entgeltliste für diese Leistung festgelegten Entgelts tragen muss, ist nach dem privatrechtlichen Nutzungsverhältnis zu beurteilen, dessen Inhalt gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln ist.


Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2009

durch

die Richter Dr. Kuffer und Bauner,

die Richterin Safari Chabestari und

die Richter Halfmeier und Leupertz

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 21. August 2008 insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist. Im Übrigen wird es abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Geldern vom 14. Februar 2008 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.050,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 961,12 EUR seit dem 25. Juli 2007 und aus weiteren 89,47 EUR seit dem 11. September 2007 sowie 599,80 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 23 % und der Beklagte zu 77 %. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt im Revisionsverfahren von dem Beklagten noch restliches Entgelt für die Beseitigung verendeten Geflügels in Höhe von 1.050,59 EUR. Zusätzlich macht sie einen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in einer Gesamthöhe von 599,80 EUR geltend.

Die Klägerin betreibt eine Tierkörperbeseitigungsanstalt. Der Beklagte ist Inhaber einer Geflügelfarm. In der Zeit von Januar 2004 bis Juni 2007 entsorgte die Klägerin die Körper verendeten Geflügels des Beklagten. Der Klägerin war die Tierkörperentsorgung während dieser Zeit durch die für die Tierkörperbeseitigung zuständigen öffentlichrechtlichen Gebietskörperschaften übertragen. Die Klägerin erhebt für ihre Entsorgungsleistungen Entgelte nach Entgeltlisten, die von der zuständigen Bezirksregierung genehmigt sind. Darin ist jeweils aufgeführt, dass sich sämtliche angegebenen Entgelte der Entgeltliste zuzüglich der jeweils gesetzlich gültigen Mehrwertsteuer verstehen.

Für die Entsorgung von Tierkörpern in der Zeit von Januar 2006 bis Juni 2007 stellte die Klägerin dem Beklagten insgesamt einen Betrag in Höhe von 3.464,91 EUR in Rechnung. In den einzelnen Rechnungen zog die Klägerin von den jeweiligen Bruttobeträgen (inklusive Umsatzsteuer) jeweils Zuschüsse des Kreises in Höhe von 75 % der Nettoentgelte (ohne Umsatzsteuer) ab, so dass die Rechnungsbeträge 25 % der Nettoentgelte zuzüglich 16 % Umsatzsteuer (bezogen auf den Gesamtbetrag der Nettoentgelte) umfassten. Der Beklagte zahlte auf diese Rechnungen insgesamt 2.414,32 EUR, wobei er mit Ausnahme der Rechnungen vom 3. April 2007 und 3. Mai 2007 jeweils 25 % des Bruttoentgelts zahlte, also 75 % der abgerechneten Umsatzsteuer nicht beglich.

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte die gesamte, auf 100 % des Nettoentgelts bezogene Umsatzsteuer oder aber nur die auf einen Anteil von 25 % des Nettoentgelts bezogene Umsatzsteuer zu zahlen hat.

Das Amtsgericht hat den Beklagten nach Abschluss eines Teilvergleichs über einen weiter geltend gemachten Betrag von 3.576,32 EUR zur Zahlung von 1.050,59 EUR nebst Zinsen verurteilt sowie der Klägerin hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 599,80 EUR einen Freistellungsanspruch zugesprochen. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte im Wesentlichen Erfolg; die Anschlussberufung der Klägerin, gerichtet auf einen Zahlungsausspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, blieb weitgehend erfolglos.

Mit der durch das Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag hinsichtlich des restlichen Entgelts sowie bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten weiter. Der Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es die Klage abgewiesen hat, im Übrigen zu dessen Abänderung und Neufassung.

I.

Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe als beliehenes privatrechtliches Unternehmen eine Beseitigungsleistung an den Beklagten als Besitzer der verendeten Tiere erbracht, welche gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterlegen habe. Der steuerpflichtige Umsatz werde nach dem Entgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG bemessen, das gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 UStG auch die Zahlungen des Kreises umfasse. Steuerschuldnerin sei nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG die Klägerin als Unternehmerin gewesen. Eine steuerrechtliche Grundlage dafür, dass der Beklagte als Leistungsempfänger die von der Klägerin abzuführende Umsatzsteuer an die Klägerin zahlen oder erstatten müsse, bestehe nicht. Die Klägerin könne die Zahlung der von ihr abzuführenden Umsatzsteuer vom Beklagten nur verlangen, wenn dafür eine vertragliche oder gesetzliche Grundlage bestehe.

Einen Vergütungsanspruch gegen den Beklagten habe die Klägerin lediglich nach § 16 Abs. 1 Tierkörperbeseitigungsgesetz (TierKBG) i.V.m. § 8 Landestierkörperbeseitigungsgesetz Nordrhein-Westfalen (LTierKBG) bzw. nach § 11 Abs. 3 Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG) i.V.m. § 6 Ausführungsgesetz zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (NRWAGTierNebG). Zwar sei in § 8 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 sowie Abs. 3 i.V.m. § 9 Abs. 2 LTierKBG bzw. in § 6 Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 2 AGTierNebG NRW grundsätzlich die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts vorgesehen, allerdings würden diese Bestimmungen durch § 8 Abs. 4 Satz 1 LTierKBG bzw. § 6 Abs. 7 Satz 1 NRWAGTierNebG eingeschränkt. Danach würden von den Tierbesitzern für die Verarbeitung und Beseitigung von Tierkörpern lediglich Entgelte in Höhe von 25 % der dabei in der Tierkörperbeseitigungsanstalt entstehenden Kosten erhoben. Die verbleibenden Kosten hätten nach § 8 Abs. 4 Satz 2 LTierKBG bzw. § 6 Abs. 7 Satz 3 NRWAGTierNebG die jeweils zuständigen Kreise und kreisfreien Städte zu tragen.

Es komme nicht darauf an, wie der Begriff des Entgelts im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 1 LTierKBG bzw. § 6 Abs. 7 Satz 1 NRWAGTierNebG auszulegen sei, sondern darauf, wie der Begriff der Kosten im Sinne dieser Vorschriften aufzufassen sei.

Der Begriff der Kosten im Sinne der vorgenannten Vorschriften sei dahingehend auszulegen, dass darunter die in Geld bewertete Gesamtheit aller Aufwendungen, Ausgaben und sonstigen Zahlungsverpflichtungen zu verstehen sei, die in der Tierkörperbeseitigungsanstalt für die Verarbeitung und Beseitigung entstünden. Danach umfasse der Begriff der Kosten auch die Umsatzsteuer, die für die Tierkörperbeseitigung zu entrichten sei. Für den Begriff der Kosten komme es nicht darauf an, dass in den genehmigten Entgeltlisten der Klägerin niedergelegt sei, dass sich die angegebenen Entgelte zuzüglich der jeweils gesetzlich gültigen Mehrwertsteuer verstünden.

Die Klägerin könne daher von dem Beklagten lediglich die Zahlung von 25 % der insgesamt abzuführenden Umsatzsteuer verlangen.

II.

Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin ist begründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von noch 1.050,59 EUR für die Beseitigung verendeten Geflügels zu. Darüber hinaus kann sie Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 599,80 EUR verlangen.

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil sie zur Endentscheidung reif ist (§ 563 ZPO).

Auf das Rechtsverhältnis sind das TierNebG, in Kraft getreten am 29. Januar 2004, und das NRWAGTierNebG, in Kraft getreten am 1. Januar 2005, anzuwenden, da die im Streit stehenden Beseitigungsleistungen von Januar 2006 bis Juni 2007 erbracht wurden.

1. Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 6 Abs. 3, 7 NRWAGTierNebG, § 3 Abs. 2 TierNebG i.V.m. der Entgeltliste der Klägerin ein Entgelt in Höhe von 25 % der Kosten verlangen, die bei ihr für die Verarbeitung und Beseitigung der im Betrieb des Beklagten verendeten Tiere angefallen sind. Der sich hieraus ergebende Zahlungsanspruch der Klägerin umfasst entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch die auf den Zuzahlungsanteil des Kreises in Höhe von 75 % der Kosten entfallende Umsatzsteuer.

a) Die Klägerin hat dem Beklagten gegenüber Leistungen erbracht, die insgesamt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterliegen.

Steuerbare Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG führt ein Unternehmer aus, wenn sich seine Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung richtet (vgl. BFH, BFHE 133, 133). Diese Voraussetzungen liegen vor.

aa) Die Klägerin ist Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG (vgl. BFH/NV 1993, 331).

Unternehmer nach dieser Vorschrift ist, wer eine gewerbliche Tätigkeit selbständig ausübt. § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG bestimmt, dass gewerblich jede dauerhaft ("nachhaltig") auf die Erzielung von Einnahmen ausgerichtete Tätigkeit ist (Stadie, UStG, § 2 Rdn. 38). Die Tätigkeit der Klägerin, einer juristischen Person des Privatrechts, ist auf die nicht nur vorübergehende Erbringung von Leistungen der Tierkörperbeseitigung gegen Entgelt gerichtet.

Die Einschränkungen des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG greifen nicht. Sie sind an die Tätigkeit einer justischen Person des öffentlichen Rechts geknüpft (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Anm. 794 f.). Daran fehlt es hier. Die Klägerin ist nicht dadurch zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts geworden, dass sie als Beliehene öffentlichrechtliche Aufgaben der Tierkörperbeseitigung wahrnimmt (Stadie in Rau/Dürrwächter, aaO).

bb) Die Klägerin hat ihre Leistungen gegen Entgelt erbracht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG).

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines privatrechtlichen Entgelts gemäß der von ihr aufgestellten und von der Bezirksregierung genehmigten und öffentlich bekannt gemachten Entgeltliste. Der Entgeltanspruch ergibt sich aus dem zwischen den Parteien bestehenden privatrechtlichen Benutzungsverhältnis (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2920). Dieses beruht auf §§ 8 und 9 TierNebG i.V.m. den §§ 1 und 3 NRWAGTierNebG, wonach der Beklagte als Besitzer von tierischen Nebenprodukten verpflichtet ist, diese von der insoweit beliehenen Klägerin verarbeiten und entsorgen zu lassen. Nach § 6 Abs. 3 NRWAGTierNebG kann von der Klägerin ein privatrechtliches Entgelt für die Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Erzeugnissen tierischen Ursprungs verlangt werden. Damit knüpft die Vorschrift den Anspruch der Klägerin auf das privatrechtliche Entgelt an die Beseitigung der tierischen Nebenprodukte des Beklagten und damit an eine Leistung der Tierkörperbeseitigungsanstalt.

cc) Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin mit ihren Leistungen als privater Unternehmer Aufgaben kommunaler Gebietskörperschaften wahrgenommen hat (BFH/NV 1993, 200, 201; BFH/NV 1993, 276).

Die Klägerin, eine juristische Person des Privatrechts, der als Inhaberin der Tierkörperbeseitigungsanstalt die öffentlichrechtliche Beseitigungspflicht von Tierkörpern übertragen worden ist, wird durch diese Übertragung (Beleihung) nicht zu einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie (77/388/EWG) vom 17. Mai 1977 (ABl. EG Nr. L 145, 1) (so auch Tehler, UR 2006, 193, 195). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ergibt sich aus Art. 4 Abs. 5 Satz 1 der 6. EG-Richtlinie, dass ein Beliehener dann als Nichtsteuerpflichtiger zu behandeln ist, wenn zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Die Tätigkeit muss durch eine öffentliche Einrichtung ausgeübt werden und die Vornahme der Tätigkeit muss im Rahmen öffentlicher Gewalt erfolgen (EuGH, EuGHE 1991, I-4247; EuGHE 2000, I-6355). Beides ist nicht der Fall.

Eine öffentliche Einrichtung im Sinne der 6. EG-Richtlinie liegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dann vor, wenn diese organisatorisch in die öffentliche Verwaltung eingegliedert ist (EuGH, EuGHE 1991, I-4247; EuGHE 2000, I-6355). Eine juristische Person des Privatrechts, die wie die Klägerin nicht in die öffentliche Verwaltung eingegliedert ist, ist auch als Beliehene keine öffentliche Einrichtung im Sinne von Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie (EuGH, EuGHE 1991, I-4247; EuGHE 1989, 3233). Die Vornahme von Tätigkeiten im Rahmen öffentlicher Gewalt beurteilt sich danach, ob diese im Rahmen eigens für sie geltender rechtlicher Regelungen ausgeübt werden (EuGH, EuGHE 1989, 3233). Dies ist nicht der Fall, wenn die übertragenen Aufgaben von dem Beliehenen - wie hier - nach privatrechtlichen Regelungen abgewickelt werden (vgl. Tehler, aaO).

Der in der Literatur vereinzelt vertretenen Auffassung, wonach der insgesamt mit den öffentlichrechtlichen Aufgaben der Tierkörperbeseitigung betraute private Unternehmer insoweit als eine "öffentliche Einrichtung" anzusehen sei (Lange/Stils ad Wilken, UR 2006, 7, 10), folgt der Senat aus den soeben dargelegten Gründen nicht.

b) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass Bemessungsgrundlage für den steuerpflichtigen Umsatz gemäß § 10 Abs. 1 UStG bei entgeltlichen Umsätzen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG grundsätzlich das für die Leistung erhaltene Entgelt ist.

aa) In § 6 Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 2 NRWAGTierNebG ist grundsätzlich die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts durch die beliehene Tierkörperbeseitigungsanstalt von dem Tierbesitzer nach behördlich genehmigten Geschäftsbedingungen oder Tarifen vorgesehen. Gemäß § 6 Abs. 7 NRWAGTierNebG haben die Besitzer von tierischen Nebenprodukten allerdings nur 25 % der Kosten der Verarbeitung und Beseitigung zu tragen; die verbleibenden Kosten tragen nach dieser Vorschrift die Kreise und kreisfreien Städte, soweit nicht ein anderer Kostenträger eintritt.

bb) Die Höhe der Vergütung für die Entsorgung verendeten Geflügels des Beklagten ergibt sich im Einzelnen aus der jeweiligen durch die Bezirksregierung genehmigten Entgeltliste der Klägerin. Diese Entgeltliste weist entsprechend der Regelung des § 6 Abs. 7 NRWAGTierNebG ein Entgelt in Höhe von 25 % der Kosten für die Verarbeitung und Beseitigung von Tierkörpern aus, das von dem Besitzer der Tierkörper zu leisten ist.

c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die (Zu-)Zahlungen des Kreises bei der Bemessung des steuerpflichtigen Umsatzes zu berücksichtigen, denn das Entgelt umfasst gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 UStG sowohl dasjenige, was der Leistungsempfänger selbst aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer, als auch dasjenige, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegt eine Zahlung bzw. Zuzahlung ("Zuschuss") im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG dann vor, wenn diese für eine bestimmte Leistung erfolgt, dem Leistungsempfänger zugute kommt und der leistende Unternehmer einen Anspruch auf die (Zu-)Zahlung hat (BFH, BStBl. II 2004, 322). Dem Beklagten als Besitzer der Tierkörper wird für die Leistungen der Klägerin mit einem nach den genehmigten Entgeltlisten bestimmten Preis ein Zuschuss im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG in Höhe von 75 % der Kosten gewährt (so auch Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 Anm. 3591, Tierkörperbeseitigung), die die Kreise und kreisfreien Städte zu übernehmen haben, soweit nicht ein anderer Kostenträger eintritt.

Nichts anderes folgt aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, der insoweit ausgeführt hat, dass die (Zu-)Zahlung zu einer bestimmten Minderung des Abgabepreises an den Leistungsempfänger führen muss. Diese Zahlung muss daher gerade für die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung geleistet werden, wobei der Preis der Leistung in den Grundzügen festliegen muss (EuGH, EuGHE 2001, I-9115; EuGHE 2004, I-6985).

Entgegen den Ausführungen des Beklagten ist der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 16. Januar 2003 (BFH, DStRE 2003, 681, 682) nichts anderes zu entnehmen.

Dementsprechend ist in den durch die Klägerin dem Beklagten gestellten Rechnungen der Entgeltanteil von 25 % um den durch die Kreise und kreisfreien Städte zu tragenden Anteil von 75 % erhöht worden, denn beide Anteile zusammen bilden das Entgelt für die Beseitigungsleistung der Klägerin.

3. Der Beklagte hat der Klägerin die für ihre Leistungen angefallene Umsatzsteuer in voller Höhe zu erstatten.

a) Ein dahingehender Erstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus den steuerrechtlichen Bestimmungen des UStG. Zwar ist die Klägerin als Unternehmerin gemäß § 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldnerin. Daraus folgt allerdings nicht, dass sie die von ihr abzuführende Umsatzsteuer von dem Empfänger der umsatzsteuerpflichtigen Leistung erstattet erhält. § 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG verhält sich nicht dazu, wer die Umsatzsteuer wirtschaftlich zu tragen hat. Das hat bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannt. Dementsprechend kann die Klägerin die von ihr abzuführende Umsatzsteuer vom Beklagten nur insoweit erstattet verlangen, als hierfür eine sonstige gesetzliche oder vertragliche Grundlage besteht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2000 - V ZR 416/97, DStRE 2000, 559).

b) Eine gesetzliche Grundlage für die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin die für die empfangenen Leistungen angefallene Umsatzsteuer zu erstatten, besteht nicht.

aa) Sie ergibt sich nicht aus § 6 Abs. 7 Satz 1 NRWAGTierNebG. Nach dieser Vorschrift kann die Klägerin von dem Beklagten ein Entgelt in Höhe der Kosten für das Verarbeiten und die Beseitigung von Tierkörpern beanspruchen. Das Berufungsgericht legt diese Norm dahingehend aus, dass der Begriff der Kosten die Umsatzsteuer nicht beinhaltet. Diese Auslegung ist zutreffend. Dies zu beurteilen ist der Senat nach § 545 ZPO nicht gehindert, weil der räumliche Geltungsbereich der Norm ganz Nordrhein-Westfalen erfasst und sich somit über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 545 Rdn. 5).

Der Vergütungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten ergibt sich aus § 11 Abs. 3 TierNebG i.V.m. § 6 NRWAGTierNebG. Zwar ist in § 6 Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 2 NRWAGTierNebG grundsätzlich die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts vorgesehen, allerdings werden diese Bestimmungen durch § 6 Abs. 7 Satz 1 AGTierNebG NRW eingeschränkt. Danach werden von den Tierbesitzern für die Verarbeitung und Beseitigung von Tierkörpern lediglich Entgelte in Höhe von 25 % der dabei in der Tierkörperbeseitigungsanstalt entstehenden Kosten erhoben. Die verbleibenden Kosten haben nach § 6 Abs. 7 Satz 3 AGTierNebG NRW die jeweils zuständigen Kreise und kreisfreien Städte zu tragen.

bb) Der Begriff der Kosten im Sinne dieser Vorschriften muss innerhalb des Ausführungsgesetzes zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (NRWAGTierNebG) einheitlich ausgelegt werden. In Betracht kommt nur eine Auslegung, nach der der Unternehmer insgesamt nicht mehr als 100 % der bei ihm angefallenen Umsatzsteuer erstattet verlangen kann. Eine dem entsprechende Auslegung des Begriffes der Kosten in § 6 Abs. 7 AGTierNebG NRW in der Weise, dass der auf die jeweiligen Kostenquote entfallende Anteil der Umsatzsteuer durch den Beklagten bzw. den Kreis zu tragen ist, ist nicht gerechtfertigt, denn dies würde der Intention des Gesetzgebers, dem Beklagten als Besitzer von Tierkörpern einen Zuschuss in Höhe von 75 % der entstehenden Kosten der Tierkörperbeseitigung zu gewähren, zuwiderlaufen.

Leistet der Tierkörperbesitzer lediglich den auf seinen Entgeltanteil von 25 % entfallenden Umsatzsteueranteil, ergibt sich im Falle eines Vorsteuerabzugs, der den Besitzer zu einem Abzug der gesamten für die Leistung angefallenen Vorsteuer berechtigen würde (vgl. Umsatzsteuerrichtlinie 2005 Abschnitt 188 bzw. Abschnitt 192), im Ergebnis ein geringerer Entgeltanteil als 25 % der Kosten bezogen auf den insgesamt anfallenden Bruttobetrag. Ausgehend von einer Umsatzsteuer von 16 % verbliebe nach dem Vorsteuerabzug ein Anteil von 13 % der Nettokosten bzw. 9 % der Bruttokosten.

Darüber hinaus würde der gesetzgeberische Zweck, "die durch europäisches Recht vorgeschriebene Beteiligung der Landwirtschaft in Höhe von 25 % an den Beseitigungskosten" umzusetzen, verfehlt (vgl. LT-Drucks. 13/5930, Begründung des Gesetzentwurfs, F-Auswirkungen auf die Gemeinden und Gemeindeverbände). Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung eine Beihilfe zur Tierkörperbeseitigung an die Landwirtschaft leisten, die dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Rahmen von TSE-Tests, Falltieren und Schlachtabfällen (2002/C 324/2, ABl. C vom 24. Dezember 2002) entspricht (vgl. LT-Drucks. 13/5930, Begründung des Gesetzentwurfs, A Allgemeiner Teil). Danach dürfen die Mitgliedstaaten staatliche Beihilfen von bis zu 75 % der Kosten für die Tierkörperbeseitigung leisten (Ziff. 29 Gemeinschaftsrahmen). Eine Beihilfe, die den durch den Gemeinschaftsrahmen vorgegebenen Umfang verlässt, müsste ein förmliches Prüfverfahren der Europäischen Kommission zur Folge haben (Ziff. 53 Gemeinschaftsrahmen [2002/C 324/2] i.V.m. Art. 19 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 659/1999, 1999/L 83/1, ABl. L vom 27. März 1999). Eine solche, den Gemeinschaftsrahmen verlassende Beihilfe würde sich aber durch den Vorsteuerabzug für einen insoweit berechtigten Tierkörperbesitzer ergeben, denn er hätte nur ein Viertel der anfallenden Umsatzsteuer zu zahlen, könnte aber die gesamte Umsatzsteuer abziehen und würde so einen geringeren Anteil als 25 % der Kosten zu tragen haben.

c) Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der gesamten Umsatzsteuer ergibt sich indes aus privatrechtlichen Entgeltvereinbarungen mit dem Beklagten.

Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 11 Abs. 3 TierNebG, § 6 NRWAGTierNebG eine Vergütung in Höhe von 25 % der Kosten der Verarbeitung und Beseitigung verlangen. Maßgeblich für die Höhe der Vergütung ist ihre genehmigte und öffentlich bekannt gemachte Entgeltliste. Deren Inhalt ist in dem hier interessierenden Punkt nicht eindeutig und bedarf der Auslegung.

Der Senat ist nicht auf die Auslegung der gesetzlichen Grundlagen der Entgeltlisten beschränkt, vielmehr kann er auch diese selbst auslegen. Es liegen damit nämlich Allgemeine Geschäftsbedingungen vor, die nach ihrem Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2006 - VIII ZR 166/06, MDR 2007, 518; Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 330/07, MDR 2008, 964, jeweils m.w.N.).

Diese objektive Auslegung, die der Senat wegen der offensichtlichen Verwendung der Entgeltlisten über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus selbst vornehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - VII ZR 221/91, BGHZ 121, 173, 178; Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, BGHZ 163, 321, 323 ff.), führt hinsichtlich der Frage der Kostentragung der Umsatzsteuer auf den durch den Kreis zu leistenden Entgeltanteil zu dem Ergebnis, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Umsatzsteuer insgesamt zu zahlen.

Unter E) der maßgeblichen Entgeltliste sind die 25 %-Anteile des Entgelts für die Verarbeitung und Beseitigung von Tierkörpern gesondert aufgeführt. Nach F) der Entgeltliste sind sämtliche angegebenen Entgelte dieser Entgeltliste zuzüglich der jeweils gesetzlich gültigen Umsatzsteuer zu zahlen.

Dem könnte entnommen werden, dass nur der gesondert ausgewiesene Entgeltanteil um eine darauf entfallende Umsatzsteuer erhöht werden soll. Das wäre allerdings nicht mit dem Grundsatz in Einklang zu bringen, dass Anknüpfungspunkt für die Umsatzsteuer gemäß § 10 Abs. 1 UStG die gesamte Leistung ist. Die Umsatzsteuer bemisst sich nach dem Entgelt für diese Leistung, unabhängig davon, von wem das Entgelt gezahlt wird. Sie fällt insgesamt nur einmal in voller Höhe an. Daran knüpft die unter F) der Entgeltliste enthaltene Regelung an, wonach dem Beklagten als Leistungsempfänger zusätzlich zu dem von ihm zu zahlenden Entgeltanteil die gesetzlich gültige Umsatzsteuer auferlegt wird. Danach kann die Klägerin die Umsatzsteuer von dem Beklagten in voller Höhe erstattet verlangen.

Allein diese Auslegung entspricht der Intention des Gesetzgebers bei der Schaffung des § 6 NRWAGTierNebG, der Rechtsgrundlage der Entgeltliste. Nur sie führt aus den dargelegten Gründen zu einer mit den europarechtlichen Vorgaben für Beihilfen konformen Anwendung dieser Regelung und steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

III.

Die zuerkannten Zinsen sowie die zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgen dem Grunde und der Höhe nach aus dem Verzug des Beklagten.

Nachdem das Berufungsgericht festgestellt hat, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 599,80 EUR in Rechnung gestellt haben und diese durch die Klägerin beglichen worden sind, war der Beklagte insoweit zur Zahlung des Betrages und nicht nur zur Freistellung von diesen Kosten zu verurteilen. Dementsprechend war das Urteil des Amtsgerichts abzuändern.

IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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