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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.06.1999
Aktenzeichen: VII ZR 215/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 631
BGB § 631

a) Ob auf einen Projektsteuerungsvertrag das Recht des Dienst- oder Werkvertrages anwendbar ist, ergibt die Auslegung der vertraglichen Vereinbarung.

b) Hat der Projektsteuerer verschiedene Aufgaben übernommen, ist Werkvertragsrecht anwendbar, wenn die erfolgsorientierten Aufgaben dermaßen überwiegen, daß sie den Vertrag prägen.

c) Werkvertragsrecht ist anwendbar, wenn die zentrale Aufgabe des Projektsteuerers die technische Bauüberwachung eines Generalübernehmers ist.

BGH, Urteil vom 10. Juni 1999 - VII ZR 215/98 - OLG Celle LG Göttingen


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 215/98

Verkündet am: 10. Juni 1999

Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juni 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Quack, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Dr. Kniffka

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 4. Juni 1998 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ließ durch einen Generalübernehmer drei Wohn- und Geschäftshäuser errichten. Mit den Klägern wurden für jedes Bauvorhaben gleichlautende Projektsteuerungsverträge abgeschlossen. Nachdem die Beklagte diese Verträge während der Bauphase gekündigt hatte, haben die Kläger eine Vergütung von 266.335 DM nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, die Parteien hätten keine Werkverträge, sondern Dienstverträge geschlossen. Die Kläger hätten keinen Erfolg geschuldet. Wesentliches Vertragselement seien Koordinierungs-, Steuerungs- sowie Überwachungsleistungen gewesen. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die Verträge nach § 627 Abs. 1 BGB zu kündigen. Nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB könnten die Kläger daher den Teil der Vergütung verlangen, der den vor der Kündigung erbrachten Leistungen entspreche. Eine Kürzung nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB komme nicht in Betracht. Es könne weder festgestellt werden, daß die Kündigung der Dienstverträge durch vertragswidriges Verhalten der Kläger veranlaßt worden sei, noch daß ihre Leistungen infolge der Kündigung kein Interesse mehr für die Beklagte gehabt hätten.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zu Recht rügt die Revision die Anwendung des Rechts für Dienstverträge. Die zwischen den Parteien geschlossenen Projektsteuerungsverträge sind Werkverträge.

1. Die Rechtsnatur eines Projektsteuerungsvertrages hängt von den getroffenen Vereinbarungen ab. Sie bestimmen, ob der Vertrag eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat und ob er als Dienst- oder Werkvertrag einzuordnen ist. Das Recht des Werkvertrages ist anwendbar, wenn der Projektsteuerer durch seine vertragliche Leistung einen Erfolg im Sinne des § 631 Abs. 2 BGB schuldet (BGH, Urteil vom 26. Januar 1995 - VII ZR 49/94 = BauR 1995, 572, 573 = ZfBR 1995, 189). Dabei ist es nicht notwendig, daß der Projektsteuerer ausschließlich erfolgsorientierte Pflichten wahrnimmt. Werkvertragsrecht kann auch dann anwendbar sein, wenn der Unternehmer ein Bündel von verschiedenen Aufgaben übernommen hat und die erfolgsorientierten Aufgaben dermaßen überwiegen, daß sie den Vertrag prägen. Das hat der Bundesgerichtshof bereits für den Baubetreuungsvertrag entschieden (BGH, Urteil vom 11. Juni 1976 - I ZR 55/75 = NJW 1976, 1635; Urteil vom 17. April 1991 - IV ZR 112/90 = BauR 1991, 475, 476 = ZfBR 1991, 161; Urteil vom 30. Juni 1994 - VII ZR 116/93 = BGHZ 126, 326, 330). Für den Projektsteuerungsvertrag gilt nichts anderes.

2. Der Senat hat es in seiner Entscheidung vom 26. Januar 1995 dahinstehen lassen, ob ein Vertrag, der die Leistungspflichten nach dem Katalog des § 31 HOAI bestimmt, als Werkvertrag einzuordnen ist. Diese Frage ist in der Literatur umstritten (vgl. dazu Locher/Koeble/Frik, HOAI, 7. Aufl., § 31 Rdn. 13 ff; Pott/Dahlhoff/Kniffka, HOAI, 8. Aufl., § 31 Rdn. 10; Stapelfeld, BauR 1994, 693, 696 jeweils m.w.N.). Sie muß auch jetzt nicht entschieden werden. Die Parteien haben entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keinen Vertrag geschlossen, der die in § 31 HOAI genannten Leistungen enthält. Vielmehr haben sie Leistungen lediglich "in Anlehnung an § 31 HOAI" vereinbart und diese in einem Katalog von 9 Punkten im einzelnen spezifiziert. Diese Spezifikation enthält im wesentlichen erfolgsbezogene Pflichten. Deshalb ist Werkvertragsrecht anzuwenden.

a) Die Kläger haben die Prüfung aller Ausführungszeichnungen, Leistungsverzeichnisse, Montagepläne, Berechnungen und andere Ausführungsunterlagen auf Übereinstimmung mit den vertraglichen Leistungen zugesagt (Ziff. 6). Ebenso haben sie sich zur Baustellenkontrolle vor Ort mit der Maßgabe verpflichtet, daß die festgestellten Mängel gegenüber dem Generalübernehmer gerügt werden. Die technischen Kontrollen von Leistungen, die bei der Schlußabnahme nicht kontrolliert werden können, sollten sie durchführen. Die Kläger haben es auch übernommen, die Planungsleistungen und verwendeten Materialien auf Vertragskonformität zu kontrollieren (Ziff. 7). Im Leistungspaket war die Teilnahme an der Abnahme mit der Verpflichtung der Kläger enthalten, die bei der Abnahme festgestellten Mängel zu kontrollieren und die Mängelbeseitigungsmaßnahmen voran zu treiben (Ziff. 5). Schließlich haben die Kläger es übernommen, den Bautenstand festzustellen, dem Bauherrn vorzulegen und die Abschlagsrechnungen des Generalübernehmers zu prüfen (Ziff. 4).

b) Zu Unrecht ist das Berufungsgericht der Auffassung, die dermaßen vereinbarten Aufgaben begründeten keine werkvertraglichen Erfolgspflichten. Die Leistungen haben den zentralen Zweck, die vertragsgerechte Ausführung des Bauvorhabens zu gewährleisten. Sie entsprechen den Aufgaben eines mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten. Dieser hat dafür zu sorgen, daß das Bauvorhaben plangerecht und frei von Mängeln ensteht. Der auf die Bauüberwachung gerichtete Vertrag ist wegen dieser Erfolgspflichten Werkvertrag (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1981 - VII ZR 310/79 = BGHZ 82, 100, 105). Daran ändert sich nichts, wenn der Vertrag als Projektsteuerungsvertrag bezeichnet wird. Daß die Kläger darüber hinaus die Verpflichtung übernommen haben, Baustellenbesprechungen mit den Baubeteiligten abzuhalten (Ziff. 2 und 3), führt zu keiner anderen Beurteilung. Diese Koordinierungsaufgaben dienten ebenfalls dem Ziel, eine vertragsgerechte Durchführung des Bauvorhabens zu sichern. Ob und inwieweit die Kläger noch andere Aufgaben aus dem Katalog des § 31 HOAI schuldeten, kann dahin stehen. Denn diese Aufgaben könnten wegen ihrer im Vergleich zur bauüberwachenden Tätigkeit untergeordneten Bedeutung die Einordnung der Verträge in das Werkvertragsrecht selbst dann nicht verhindern, wenn sie dienstvertraglichen Charakter hätten.

3. Auf der Grundlage des demnach anwendbaren Werkvertragsrechts kann das Urteil keinen Bestand haben.

a) Die Kläger haben die Klageforderung in erster Linie mit der Verpflichtung zur Zahlung verschiedener Raten nach Maßgabe des vereinbarten Zahlungsplanes begründet. Auf diese Zahlungsvereinbarung können sie sich nicht stützen, weil es sich um die Vereinbarung von Abschlagszahlungen handelt, die nach der Kündigung der Verträge nicht mehr geltend gemacht werden können (BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - VII ZR 217/85 = BauR 1987, 453 = ZfBR 1987, 200). Die Parteien haben keine Teilzahlungsvereinbarung getroffen. Die Kläger haben dazu nichts vorgetragen. Vielmehr orientieren sich die Raten allein an Zeitabschnitten. Die Kläger haben dementsprechend selbst ihre Rechnungen als Abschlagsrechnungen bezeichnet. Daß die Raten lediglich einen Abschlag auf die endgültig abzurechnende Vergütung darstellen, ergibt sich zudem daraus, daß diese im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht feststand. Die Parteien haben unter Zugrundelegung eines pauschalen Mindesthonorars die Vergütung in Prozenten der Nettobausumme vereinbart.

b) Die Kläger haben die Klage hilfsweise auch auf die Abrechnung der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen gestützt. Insoweit ist dem Senat eine eigene Entscheidung nicht möglich, so daß die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsgericht muß sich damit auseinandersetzen, ob die Klage mit dieser Abrechnung begründet ist. Es wird auch zu prüfen haben, ob die behaupteten Leistungen erbracht worden sind. Die Beklagte hat das bestritten.h

Ende der Entscheidung

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