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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.11.2003
Aktenzeichen: VII ZR 26/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 195 aF
Prospekthaftungsansprüche beim Bauträgermodell verjähren in der regelmäßigen Frist des § 195 BGB aF.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 26/03

Verkündet am: 13. November 2003

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. Dezember 2002 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz aus Prospekthaftung.

Der Beklagte war Alleingesellschafter der K.-GmbH, einer inzwischen insolvent gewordenen Bauträgergesellschaft. Diese ließ in den Jahren 1991 bis 1993 in B. eine aus mehreren Häusern bestehende Wohnanlage durch einen Generalunternehmer schlüsselfertig errichten. Der bundesweite Vertrieb der Wohnungen lag in den Händen einer Vertriebsgesellschaft. Zur Gewinnung von Erwerbern der noch zu errichtenden Wohnungen dienten für die einzelnen Häuser erstellte, hinsichtlich der allgemeinen Angaben inhaltsgleiche Prospekte. In diesen fehlte ein Hinweis, daß in den mit 85 % des Gesamtaufwands bezeichneten Kosten für Grundstückserwerb und Herstellung eine an die Vertriebsgesellschaft zu zahlende sogenannte Innenprovision von 17,1 % des Kaufpreises enthalten war. Die vertragliche Abwicklung lag in den Händen eines Treuhänders, über den die Klägerin 1991 im Haus 1 A eine Galeriewohnung erwarb. Die Größe dieser Wohnung war in dem Prospekt für das Haus 1 A mit 24,20 m2 angegeben.

Die Klägerin stützt ihre Klage auf den fehlenden Hinweis auf die Innenprovision sowie darauf, daß die Wohnfläche fehlerhaft zu hoch angegeben worden sei. Sie hat zuletzt 92.831,51 € und Zinsen geltend gemacht und die Feststellung begehrt, daß der Beklagte auch den weiter entstehenden Schaden zu ersetzen habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet.

Die Beurteilung richtet sich nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch und den zur Verjährung ergangenen Überleitungsvorschriften (Art. 229 § 5 Satz 1, § 6 EGBGB).

I.

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte ein für den Inhalt des Prospekts verantwortlicher sogenannter Hintermann des Bauträgermodells. Er habe die Entscheidung über den Grundstückskauf getroffen. Zwar habe er die technische Durchführung des Projekts weitgehend delegiert. Er habe sich jedoch laufend informieren lassen, habe jederzeit die Kontrolle behalten und damit maßgeblichen Einfluß ausgeübt. Der Prospekt sei mit seinem Wissen in den Verkehr gebracht worden. Dieser Prospekt enthalte zwei für die Erwerbsentscheidung der Klägerin wesentliche Fehler. Zum einen sei die Innenprovision nicht ausgewiesen. Zum anderen habe die Wohnung eine Fläche von 24,20 m2 aufweisen sollen. Eine Teilfläche von 5,52 m2 sei jedoch bauaufsichtsrechtlich nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen zugelassen.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Durch die Schadensersatzklage des Erwerbers einer anderen Galeriewohnung war der Senat bereits mit dem Bauvorhaben in B. und der Verantwortlichkeit des Beklagten für den Inhalt eines Prospekts befaßt. Er hat in seinem Urteil vom 7. September 2000 - VII ZR 443/99, BGHZ 145, 121, die Verurteilung des Beklagten zu Schadensersatz gebilligt. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen. Die Angriffe der Revision gegen das Berufungsurteil führen zu keiner anderen Beurteilung.

a) Der Beklagte gehört als sogenannter Hintermann zum Kreis der Personen, die für den Inhalt des Prospekts verantwortlich waren. Das Berufungsgericht würdigt das Ergebnis der Beweisaufnahme vertretbar und damit revisionsrechtlich unangreifbar dahin, daß der Beklagte auf die Durchführung des Projekts maßgeblichen Einfluß ausgeübt hat und der Prospekt mit seinem Wissen in den Verkehr gebracht worden ist. Die Revision zeigt keine Rechtsfehler zum Nachteil des Beklagten auf. Sie versucht lediglich, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch ihre eigene zu ersetzen.

b) Gegen die Prospekthaftung des Beklagten bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind nicht wegen eines Wertungswiderspruchs zu § 13 Abs. 2 GmbHG überschritten.

Der Beklagte meint, dies sei deshalb der Fall, weil er als Alleingesellschafter der K.-GmbH lediglich deren wirtschaftliche Interessen im Auge gehabt, sich sein aktives Tun auf die Vorfinanzierung und die Kaufentscheidung reduziert und er lediglich Kenntnis vom Inverkehrbringen des Prospekts gehabt habe. Er übersieht, daß das Berufungsgericht unter Berücksichtigung nicht nur dieser, sondern noch weiterer Gesichtspunkte rechtsfehlerfrei festgestellt hat, daß er auf die Durchführung des Projekts maßgeblichen Einfluß ausgeübt hat. Er haftet nicht, weil er Alleingesellschafter war, sondern weil ihm das Publikum wegen seiner Einflußmöglichkeiten und der von ihm getragenen Verantwortung typischerweise Vertrauen entgegengebracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1978 - II ZR 94/77, BGHZ 72, 382).

c) Die Haftung des Beklagten scheitert nicht daran, daß der Klägerin ein Prospekt für das Haus 3, nicht aber ein solcher für das Haus 1 A übergeben worden ist. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, daß ihr der Prospekt für das Haus 1 A mangels einer ausreichenden Anzahl von Originalen bei den Erwerbsverhandlungen in Fotokopie zur Einsicht vorgelegt worden ist. Auch in diesem Prospekt war die Galerie als Wohnfläche ausgewiesen.

d) Der Prospekt enthielt folglich einen relevanten Fehler. Die Angaben zu der für Wohnzwecke geeigneten Fläche waren unzutreffend.

Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 7. September 2000 - VII ZR 443/99 aaO dargelegt hat, konnte und durfte ein potentieller Erwerber den Prospekt dahin verstehen, daß die in den Grundrissen dargestellten Flächen einschließlich der Galerie und abgesehen von den Funktionsräumen uneingeschränkt zu Wohnzwecken genutzt werden konnten. Das war jedoch nicht der Fall. Der Beklagte hat selbst eingeräumt, daß durch Auflagen der Baugenehmigungsbehörde die Galerie mit einer Fläche von 5,52 m2 nicht zum dauernden Wohnen zugelassen war.

Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Innenprovisionen in einem Prospekt ausgewiesen werden müssen, muß der Senat auch jetzt nicht entscheiden.

II.

1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Für Prospekthaftungsansprüche beim Bauträgermodell gelte wie beim Bauherrenmodell die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB, bis zum 31. Dezember 2001 somit eine Frist von 30 Jahren. § 638 BGB sei nicht entsprechend anwendbar. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB sei die nunmehr 3-jährige Verjährungsfrist gehemmt.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Entgegen der Ansicht der Revision sind die für Kapitalanlagen maßgeblichen Verjährungsregelungen nicht anwendbar. Hierauf hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 7. September 2000 - VII ZR 443/99 aaO hingewiesen. Der Erwerb einer Immobilie im Bauherren- oder Bauträgermodell ist anders zu beurteilen als eine Kapitalanlage oder der gesellschaftsrechtlich geprägte Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfond.

b) Die Verjährung von Prospekthaftungsansprüchen beim Bauträgermodell richtet sich wie beim Bauherrenmodell nach § 195 BGB und nicht nach § 638 BGB. Für das Bauherrenmodell hat das der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs bereits entschieden (Urteil vom 1. Juni 1994 - VIII ZR 36/93, BGHZ 126, 166, 171). Dem schließt sich der Senat, der diese Frage in seinem Urteil vom 7. September 2000 - VII ZR 443/99 aaO noch offen lassen konnte, an. Für das Bauträgermodell kann wegen der vergleichbaren Situation der Erwerber nichts anderes gelten.



Ende der Entscheidung

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