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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.05.1999
Aktenzeichen: VII ZR 396/98
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 554 a
ZPO § 85 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VII ZR 396/98

vom

6. Mai 1999

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Mai 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Dr. Kniffka

beschlossen:

Die Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 28. August 1998 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Streitwert: 200.000 DM

Gründe:

I.

Die Beklagte beabsichtigte, gegen das ihr am 8. September 1998 zugestellte Teilurteil des Berufungsgerichts Revision bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht einzulegen. Am 7. Oktober 1998 ist versehentlich lediglich die erste Seite der Revisionsschrift per Telefax übermittelt worden und bei Gericht eingegangen. Mit Telefax vom 9. Oktober 1998 ist die aus zwei Seiten bestehende Revisionsschrift eingegangen. Nach Abgabe des Rechtsstreits an den Bundesgerichtshof ist der hier zugelassene Rechtsanwalt der Beklagten auf die unvollständig eingelegte Revision vom 7. Oktober 1998 hingewiesen worden. Er hat form- und fristgerecht Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Revisionsfrist beantragt.

II.

1. Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt worden ist (§ 554 a ZPO).

2. Der Antrag der Beklagten, ihr Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Revisionsfrist zu gewähren, ist nicht begründet. Sie hat nicht dargetan, daß sie ohne ein Verschulden ihres zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sie sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß, an der Einhaltung der Frist gehindert war.

a) Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages hat sich die Beklagte auf ein Versehen des Büropersonals ihres Prozeßbevollmächtigten berufen und hierzu ausgeführt:

Ihr Prozeßbevollmächtigter sei in der Zeit vom 7. bis 10. Oktober 1998 ortsabwesend gewesen und habe die ordnungsgemäße Übermittlung der Revisionsschrift durch Telefax nicht selbst überwachen können. Vor seiner Abreise habe er sowohl die Mitarbeiterin F. als auch die Auszubildende H. auf die ablaufende Frist sowie die rechtzeitige und ordnungsgemäße Versendung der Revision per Telefax hingewiesen. Beide Mitarbeiterinnen seien zuverlässig und würden wegen der Fristenkontrolle regelmäßig geschult und überwacht. Über die Bedeutung der Fristen, deren Überwachung, der Übermittlung per Telefax und der Verpflichtung zum sofortigen Ausdruck eines Einzelsendeberichtes und dessen Nachkontrolle würden sie regelmäßig geschult und kontrolliert; sie seien sowohl mit der Fristenkontrolle als auch mit der Bedienung des Telefaxgerätes gut vertraut. Frau H., die am 7. Oktober 1998 die Revision per Telefax übermittelt habe, könne sich ihr Versehen, nur die erste Seite und diese ohne Einzelsendebericht übersandt zu haben, nicht erklären. Frau F. habe das Versehen erst am 9. Oktober 1998 und leider zu spät bemerkt. Das Gericht habe sie erst Ende November 1998 auf das Versehen aufmerksam gemacht.

b) Dieser Geschehensablauf räumt ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten an der Fristversäumung nicht aus. Dabei kann offenbleiben, ob schlüssig dargelegt ist, welche Frist zur Rechtsmitteleinlegung eingetragen und ob diese Frist nach Erledigung gestrichen worden war. Das für das Fristversäumnis ursächliche Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten ist aus anderen Gründen nicht ausgeräumt. Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich nicht, daß nur eine bestimmte qualifizierte Fachkraft für die Fristnotierung im Kalender und die Überwachung der Fristen einschließlich ihrer Löschung verantwortlich ist. Vielmehr liegt es nahe, daß beide Mitarbeiterinnen hierfür zuständig sind. Die dadurch bedingte Überschneidung von Kompetenzen eröffnet Fehlerquellen, weil die Gefahr besteht, daß sich im Einzelfall einer auf den anderen verläßt (vgl. dazu BGH, Beschluß vom 8. Juli 1992 - XII ZB 55/92, FamRZ 1993, 45 m.w.N.).

Es ist nicht auszuschließen, daß die mangelhafte Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche des Personals zu der Fristversäumung geführt hat. Insbesondere läßt sich nach dem Sachvortrag nicht ausschließen, daß auch die Auszubildende H. Fristen zu notieren und zu überwachen hat. Selbst wenn dies auf einer Einzelanweisung im konkreten Fall beruhen sollte, reicht dies nicht aus, um ein Organisationsverschulden zu verneinen. Die Notierung und Überwachung von Fristen darf nur ausgebildetem und zuverlässigem Personal übertragen werden, keinesfalls aber noch auszubildenden Kräften (BGH aaO m.w.N.).

Der Hinweis der Beklagten, die Geschäftsstelle habe die Unvollständigkeit des am 7. Oktober 1998 übermittelten Telefaxes nicht bemerkt, entlastet ihren Prozeßbevollmächtigten nicht. Ein etwa gegebenes gerichtliches Mitverschulden schließt die Wiedereinsetzung aus, wenn das schuldhafte Verhalten der Partei für die Fristversäumung ursächlich geblieben ist; das ist hier der Fall.

Ende der Entscheidung

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