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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 29.06.2006
Aktenzeichen: VII ZR 86/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 251 Abs. 2
BGB § 635 a.F.
a) Der Besteller kann unter den Voraussetzungen des § 635 BGB grundsätzlich Schadensersatz in der Weise verlangen, dass er das mangelhaft errichtete Werk zur Verfügung stellt und den ihm aus der Nichterfüllung des Vertrages entstandenen Schaden geltend macht. Dieser so genannte große Schadensersatzanspruch führt jedenfalls vor der Abnahme dazu, dass der Werklohnanspruch untergeht.

b) Verlangt der Besteller wegen des Mangels eines Bauwerks großen Schadensersatz wegen Nichterfüllung in der Weise, dass er unter Anrechnung des nicht bezahlten Werklohns Mehrkosten für die Errichtung eines neuen Bauwerks geltend macht, ist in entsprechender Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB zu prüfen, ob die Aufwendungen dafür unverhältnismäßig sind (im Anschluss an BGH, Urteil vom 26. Oktober 1972 - VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 366).

c) Sind die Aufwendungen nicht unverhältnismäßig, kann der Besteller grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden, dass ihm unter Abgeltung des Minderwerts lediglich die Kosten für eine Ersatzlösung zu gewähren sind, mit der er nicht in die Lage versetzt würde, den vertraglich geschuldeten Erfolg selbst herbeizuführen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 27. März 2003 - VII ZR 443/01, BGHZ 154, 301).


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 86/05

Verkündet am: 29. Juni 2006

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka, Bauner und die Richterin Safari Chabestari

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. März 2005 aufgehoben.

Die Anschlussrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht Werklohn für die Errichtung einer Halle, die zur Einlagerung von Kartoffeln dient.

Der Beklagte beauftragte die Landwirtschaftliche Ein- und Verkaufsgenossenschaft H.-G. eG (LEVG) mit der Errichtung der Halle zum Preis von 275.500 DM. Die LEVG beauftragte ihrerseits die Klägerin.

Die Halle wurde 1998 errichtet. Der Beklagte rügte vor Abschluss der Arbeiten, die lichten Höhen der Haupthalle und der Anschleppung seien zu niedrig. Er verlangte die Errichtung einer Halle mit den vereinbarten Höhen, nachdem die Ernte des Jahres 1998 verkauft worden sei. Nach einem Angebot der LEVG auf Reduzierung des Werklohns forderte der Beklagte diese am 21. Dezember 1998 erneut zur Nachbesserung nach Verkauf der Ernte im Mai 1999 auf und verweigerte die Abnahme. Er bot im Rahmen eines Vergleichs an, auf einen Neubau der Halle zu verzichten und den Schaden unter anderem nach den Kosten eines dann notwendigen Anbaus zu berechnen. Seinen Gesamtschaden bezifferte er mit 271.633,72 DM. Nachdem keine Einigung erzielt wurde, trat die LEVG ihren Vergütungsanspruch an die Klägerin ab. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18. Januar 2000 forderte der Beklagte die LEVG auf, die gelieferte Halle entweder nachzubessern oder eine neue Halle zu erstellen. Er setzte dazu eine Frist bis zum 15. Juli 2000 und kündigte an, die Leistung nach Fristablauf abzulehnen. Die LEVG kam dieser Aufforderung nicht nach. Der Beklagte nutzt die Halle seit ihrer Fertigstellung zur Lagerung von Kartoffeln.

Mit ihrer im November 1999 erhobenen Klage hat die Klägerin den Werklohn in Höhe von 275.500 DM (140.860,91 €) verlangt. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat geltend gemacht, die errichtete Halle sei nicht rentabel, weil nicht die gesamte Ernte eingelagert werden könne. Sein Schaden betrage bei Errichtung einer Ersatzhalle 271.633,72 DM, so dass die gelieferte Halle praktisch wertlos sei. Mit dem Schadensersatzanspruch, der zuzüglich Gutachter- und Rechtsanwaltskosten 277.211,93 DM betrage, werde aufgerechnet. Im Verlauf des Rechtsstreits hat er mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 13. Juni 2002 von der LEVG Beseitigung der Halle verlangt und im Prozess dem Vergütungsanspruch der Klägerin einen Anspruch auf Beseitigung der Halle sowie auf Ersatz von Kosten in Höhe von 106.860 € für die Errichtung einer neuen Halle entgegengehalten.

Das Landgericht hat einen Mangel der Halle verneint und der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten ist das Urteil dahin abgeändert worden, dass der Beklagte zur Zahlung von 63.220,25 € verurteilt worden ist. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin hat Anschlussrevision mit dem Antrag eingelegt, den Beklagten zur Zahlung des gesamten Werklohns zu verurteilen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Die Anschlussrevision der Klägerin ist dagegen zurückzuweisen.

Auf das Schuldverhältnis der Parteien sind die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 Abs. 5 Satz 1 EGBGB).

A. Die Revision des Beklagten

I.

Das Berufungsgericht führt aus, der unstreitige Werklohn in Höhe von 140.860,91 € sei fällig. Der Beklagte habe gemäß § 635 BGB einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 77.640,66 €, der mit dem Werklohn zu verrechnen sei. Die Halle sei zu niedrig gebaut worden. Für den Innenbereich der Halle sei ein lichtes Maß unter den Vouten von 5,04 m und für die Anschleppung unter dem Stahldachträger von 4,245 m geschuldet. Tatsächlich betrage das lichte Maß im Innenbereich nur 4,65 m und unter der Abschleppung 3,76 m.

Der Schaden drücke sich in den Aufwendungen aus, die dem Beklagten erwüchsen, um Ersatz für die gegenüber den vertraglichen Hallenmaßen fehlende Lagerkapazität zu schaffen. Ersatz des so genannten großen Schadensersatzes sei nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Die Halle sei uneingeschränkt für ihre Zwecke tauglich. Nachteile für den Beklagten ergäben sich allein daraus, dass die Halle über 8,7 % weniger Lagerkapazität verfüge, so dass der Beklagte nicht seine gesamte betrieblich kalkulierte Erntemenge dort unterbringen könne. Der Nachteil sei zwar nicht nur geringfügig, weshalb nicht schon deshalb der große Schadensersatz ausscheide. Er lasse sich aber dennoch durch die Schaffung von Ersatzlagerflächen und Ersatz der damit verbundenen Mehrkosten vollständig ausgleichen. Dagegen würde die Geltendmachung des großen Schadensersatzanspruchs das Werk der Klägerin wirtschaftlich zerschlagen. Die Teile der Halle seien für die Klägerin weitgehend nicht wieder verwendbar. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte die Halle schon etwa vier Jahre benutzt habe, bevor er erstmals anstelle des kleinen Schadensersatzanspruchs deren Abriss verlangt habe. Zwar hätten dem Beklagten ausreichende eigene andere Lagermöglichkeiten nicht zur Verfügung gestanden, so dass er die Halle zunächst 1998 habe nutzen müssen. Es sei aber treuwidrig, zunächst einen finanziellen Ausgleich für die Kosten einer Ersatzlagerfläche und dann erstmals nach mehreren Jahren vom Vertragspartner zu verlangen, ein Werk zurückzunehmen, mit dem dieser kaum etwas anfangen könne. Das Berufungsgericht hat dem Beklagten die Kosten für den Bau einer weiteren, kleineren Halle, den Wertausgleich für den notwendigen Baugrund und weitere Kosten zugesprochen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Der Beklagte kann nach § 635 BGB Schadensersatz verlangen. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Anspruchs liegen vor. Die Halle ist fehlerhaft errichtet. Die Haupthalle ist um 39 cm, die Anschleppung um 48 cm zu niedrig gebaut. Eine mit einer Ablehnungsandrohung verbundene Frist zur Mängelbeseitigung ist fruchtlos verstrichen.

2. Der Besteller kann unter den Voraussetzungen des § 635 BGB grundsätzlich Schadensersatz in der Weise verlangen, dass er das mangelhaft errichtete Werk zur Verfügung stellt und den ihm aus der Nichterfüllung des Vertrages entstandenen Schaden geltend macht. Dieser so genannte große Schadensersatzanspruch führt dazu, dass der Werklohnanspruch untergeht (Staudinger/Peters (2003), BGB, § 634 Rdn. 127, 130). Das gilt jedenfalls vor der Abnahme, vgl. auch § 326 BGB. Der Beklagte fordert diesen, auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch. Er verlangt nicht nur den Abriss der Halle, sondern auch Ersatz der Kosten für die Errichtung einer neuen Halle.

3. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht es dem Beklagten nach Treu und Glauben und unter Hinweis auf § 254 Abs. 2 BGB verwehrt, den großen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sind nicht tragfähig. Sie lassen die vorrangig erforderliche Prüfung des § 251 Abs. 2 BGB vermissen, beruhen auf der Verkennung der vom Senat entwickelten Grundsätze zur Schadensberechnung und gehen teilweise von falschen Voraussetzungen aus.

a) Zutreffend weist die Revisionserwiderung darauf hin, dass auch in dem Fall, dass mit dem großen Schadenersatzanspruch das Erfüllungsinteresse in Höhe der Kosten für die Neuerrichtung des Werkes geltend gemacht wird, die entsprechende Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB zu prüfen ist.

aa) Der Senat hat in den Fällen, in denen der Besteller das Bauwerk behalten und die Mängelbeseitigungskosten als Schadensersatz verlangt hat (kleiner Schadensersatz), entschieden, dass dieser Schadensberechnung in entsprechender Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB der Einwand entgegengehalten werden kann, die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1972 - VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 366; Urteil vom 27. März 2003 - VII ZR 443/01, BGHZ 154, 301, 305; Urteil vom 10. März 2005 - VII ZR 321/03, BauR 2005, 1014 = NZBau 2005, 390 = ZfBR 2005, 461). Nichts anderes gilt in den Fällen, in denen Schadensersatz in der Weise geltend gemacht wird, dass unter Zurückweisung des mangelhaften Werkes und Anrechnung des nicht gezahlten Werklohns der Mehraufwand für die Herstellung eines neuen Werkes gefordert wird. Denn auch in diesen Fällen ist die Prüfung geboten, ob der Aufwand zur Herstellung des vertragsgerechten Zustandes unverhältnismäßig ist. Maßgebend ist der gesamte Aufwand für die Entfernung des mangelhaften Werkes und die Herstellung eines neuen Werkes. Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Aufwendungen für die Beseitigung des Werkmangels dann unverhältnismäßig, wenn der damit in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwandes steht. In einem solchen Fall würde es Treu und Glauben widersprechen, wenn der Besteller diese Aufwendungen dem Unternehmer anlasten könnte (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1972 - VII ZR 181/71, aaO, S. 367).

bb) Das Berufungsgericht hat die Prüfung, inwieweit die Aufwendungen zur Herstellung einer mangelfreien Lagerhalle unverhältnismäßig sind, nicht vorgenommen. Der Hinweis des Berufungsgerichts darauf, dass der große Schadensersatzanspruch nicht deshalb ausscheide, weil der Mangel erheblich sei, ist unergiebig. Dieser Hinweis erfolgte unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 1958 - VII ZR 130/57, BGHZ 27, 215, 220. Danach kann ein Schadensersatzanspruch, mit dem der Besteller so gestellt werden will, als wäre der Vertrag nicht erfüllt, versagt werden, wenn ein Mangel lediglich geringfügig ist. Zutreffend hat das Berufungsgericht dies verneint. Das entbindet es jedoch jedenfalls dann nicht von einer Prüfung des § 251 Abs. 2 BGB, wenn das Erfüllungsinteresse geltend gemacht wird.

b) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung können die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass der Beklagte nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung des § 254 Abs. 2 BGB den großen Schadensersatz nicht geltend machen könne, die gebotene Prüfung der Voraussetzungen des § 251 Abs. 2 BGB nicht ersetzen. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Prüfung orientiert sich tendenziell vorrangig an den Interessen des Unternehmers, ein vollständig erstelltes Werk nicht zurücknehmen zu müssen, wenn er es nicht selbst verwenden kann. Sie lässt die Frage unberücksichtigt, inwieweit die Aufwendungen für die Errichtung einer neuen Halle noch in einem vernünftigen Verhältnis zu dem damit erzielten Erfolg stehen. Der Verstoß gegen Treu und Glauben wird mit darüber hinaus gehenden Erwägungen begründet, die jedoch mit den vom Senat entwickelten Grundsätzen des Schadensersatzrechtes in Widerspruch stehen.

aa) Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, dass der Abriss der Halle zur Zerstörung der wirtschaftlichen Werte führt, ist darauf hinzuweisen, dass beim Verlangen nach großem Schadensersatz nach der Errichtung eines Bauwerks regelmäßig wirtschaftliche Werte zerstört werden, wenn das Bauwerk nicht mit dem Grundstück zurückgegeben wird. Allein der Umstand, dass das Werk "an sich" brauchbar ist und der Unternehmer keinen oder nur einen geringen Nutzen des zurückgebauten Werkes hat, reicht nicht, um den großen Schadensersatzanspruch ohne Prüfung der Voraussetzungen des § 251 Abs. 2 BGB zu versagen. Denn maßgeblich kommt es auf das Interesse des Bestellers an einem mangelfreien Werk an, das er zweckentsprechend nutzen kann.

bb) Liegen die Voraussetzungen des § 251 Abs. 2 BGB nicht vor, ist der Beklagte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nicht gehalten, die mangelhafte Halle zu behalten und zur Schaffung der fehlenden Lagerflächen eine weitere Halle zu errichten. Das Berufungsgericht lässt bei seinen Erwägungen unberücksichtigt, dass es grundsätzlich Sache des Bestellers ist, wie er seinen Betrieb organisiert und welche Investitionsentscheidungen er trifft. Es zwingt dem Beklagten mit seiner Entscheidung mittelbar eine Investitionsentscheidung auf, die er so nicht hat treffen wollen und die ihm auch nicht zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 221 f.). Denn der Bau einer zweiten Halle neben der mangelhaft errichteten Halle zwingt zur dauerhaften Hinnahme von Behinderungen im Beladungsprozess und insbesondere zur Inanspruchnahme einer weiteren Grundstücksfläche, womit später zu treffende Entscheidungen über eine mögliche weitere Bebauung des Grundstücks beeinträchtigt sind. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Beklagte konkrete Erweiterungspläne dargetan hat. Entscheidend ist, dass er gezwungen wäre, zum Ausgleich des von der LEVG zu vertretenden Mangels einen Teil des Grundstücks zu verplanen, der für eventuelle Betriebserweiterungen benötigt werden könnte. Der Beklagte hat die Halle nach den von ihm prognostizierten Ernteerträgen in einer bestimmten Größe und Höhe geplant und bestellt. Es geht nicht an, ihm unter Berufung auf seine Schadensminderungspflicht Kompensation lediglich in der Weise zu gewähren, dass ihm die Kosten für eine andere, minderwertige Ersatzlösung zugestanden werden.

cc) Eine solche Entscheidung wäre auch mit den sonstigen vom Senat entwickelten Grundsätzen des Schadensersatzrechtes nicht in Übereinstimmung zu bringen.

Der Senat hat entschieden, dass der kleine Schadensersatzanspruch sich nicht auf die geringeren Kosten einer Ersatzlösung beschränkt, die den vertraglich geschuldeten Erfolg nicht herbeiführt. Der Besteller muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass der durch eine nicht vertragsgemäße Nachbesserung verbleibende Minderwert durch einen Minderungsbetrag abgegolten wird (BGH, Urteil vom 27. März 2003 - VII ZR 443/01, BGHZ 154, 301, 304). Der Schadensersatzanspruch, der an die Stelle des Erfüllungsanspruchs tritt, muss gewährleisten, dass dem Besteller die Mittel zur Verfügung gestellt werden, den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeizuführen (BGH, Urteil vom 10. März 2005 - VII ZR 321/03, BauR 2005, 1014 = NZBau 2005, 390 = ZfBR 2005, 461). Diese Grundsätze gelten in vergleichbarer Weise, wenn der Besteller das positive Interesse in der Weise geltend macht, dass er das Werk zur Verfügung stellt und die Mehrkosten für das neu herzustellende Werk verlangt. Auch dieser große Schadensersatzanspruch dient der Kompensation für die fehlerhafte Leistung. Diese Kompensation kann grundsätzlich nicht in der Weise beschränkt werden, dass dem Besteller lediglich die Kosten für eine minderwertige Ersatzlösung gewährt werden.

c) Zu Unrecht stützt das Berufungsgericht seine Entscheidung auch auf die Erwägung, dass der Beklagte die Halle schon etwa vier Jahre lang benutzt habe, bevor er erstmals anstelle des kleinen Schadensersatzes deren Abriss verlangt habe. Der Beklagte hatte keine andere Wahl, als die mangelhafte Halle zu benutzen. Eine andere Halle stand ihm nicht zur Verfügung. Unzutreffend ist, dass der Beklagte erst nach vier Jahren den Abriss der Halle verlangt habe. Er hat die Nachbesserung und gegebenenfalls die Herstellung einer neuen Halle von Anfang an gefordert und stets darauf hingewiesen, dass die Gelegenheit dazu nach Verkauf der Ernte bestehe. Die LEVG ist in keiner Weise auf dieses Nachbesserungsverlangen eingegangen. Dem Beklagten kann es nicht zum Nachteil gereichen, dass er zunächst im Wege des Vergleichs eine Schadensberechnung auf der Grundlage angeboten hat, dass er eine Ersatzhalle baut. Gleiches gilt für die Verteidigung gegenüber der Klage. Diese ging in erster Linie dahin, dass der Werklohn nicht bezahlt werden müsse, weil die Halle unter Berücksichtigung der Kompensationsaufwendungen wirtschaftlich wertlos sei. Das Nachbesserungsverlangen unter Hinweis auf die Abnahmeverweigerung ist indessen aufrechterhalten worden. Der Schadensersatzanspruch ist im Übrigen erst im Jahre 2002 entstanden, nachdem die Frist mit Ablehnungsandrohung abgelaufen war.

III.

Der Senat ist nicht in der Lage, selbst zu entscheiden, ob der Anspruch des Beklagten auf großen Schadensersatz deshalb nicht besteht, weil die Aufwendungen zur Errichtung einer neuen Halle unverhältnismäßig sind. Das Berufungsurteil enthält keine Feststellungen dazu, wie hoch diese Aufwendungen sind. Zu Lasten des Unternehmers gehen der Verlust des Werklohns und die Mehrkosten für die Neuerrichtung inklusive der Kosten des Abrisses der alten Halle. Letztere sind nicht beziffert. Für die Neuerrichtung macht der Beklagte nicht mehr Kosten geltend als er Werklohn an die Klägerin zu zahlen hätte.

Danach kann der Senat lediglich beurteilen, ob bereits der Verlust des gesamten Werklohns die LEVG unangemessen benachteiligt. Ebenso wie bei der Prüfung des § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. November 2005 - VII ZR 137/04, BauR 2006, 382, 383 = NZBau 2006, 177; Urteil vom 10. November 2005 - VII ZR 64/04, BauR 2006, 377, 378 = NZBau 2006, 110, jeweils m.w.N.) kann Unverhältnismäßigkeit der Aufwendungen im Sinne der entsprechenden Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB in aller Regel nur dann angenommen werden, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer ordnungsgemäßen Leistung ein ganz erheblicher und deshalb unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Besteller objektiv ein berechtigtes Interesse an dieser Leistung, so kann ihm regelmäßig nicht wegen hoher Kosten die Kompensation für die fehlende Vertragserfüllung verweigert werden. Ein solches Interesse ist vor allem dann anzunehmen, wenn die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar beeinträchtigt ist. Ebenso wie der Nachbesserungsanspruch (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1996 - VII ZR 24/95, BauR 1996, 858 = ZfBR 1996, 313, 314) kann dem Besteller der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in aller Regel nicht mit dem Argument abgeschnitten werden, die Errichtung eines mangelfreien Gebäudes durch einen anderen Unternehmer sei zu teuer oder unwirtschaftlich.

Nach diesem Maßstab rechtfertigt der Verlust des Werklohns nicht den Einwand, die Kosten für die Errichtung einer neuen Halle seien unverhältnismäßig hoch. Die Funktion der Halle ist nachhaltig beeinträchtigt. Die fehlende Lagerkapazität führt dazu, dass der Beklagte nicht die gesamte Ernte in der Halle lagern kann. Er muss Ersatzflächen in Anspruch nehmen. Sofern er diese nicht anderweitig anmietet, muss er mit einem Aufwand von über 50.000 € eine weitere Halle bauen und dabei gewisse Störungen des Anlieferungsvorgangs in Kauf und einen Teil seines Grundstücks in Anspruch nehmen.

Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, weil nicht auszuschließen ist, dass unter Berücksichtigung der Abrisskosten die Aufwendungen für die Errichtung einer neuen Halle unverhältnismäßig sind. Dann verbietet es sich, den Anspruch des Beklagten in der Weise zu berechnen, wie er es getan hat.

B. Die Anschlussrevision der Klägerin

Die Anschlussrevision ist unbegründet.

1. Die Klägerin macht geltend, der Anspruch auf großen Schadensersatz sei schon deshalb nicht schlüssig dargelegt, weil der Beklagte kein Angebot auf Rückgabe der Halle unterbreitet habe. Dem ist schon deshalb nicht nachzugehen, weil der Beklagte die LEVG mit Schreiben vom 13. Juni 2002 aufgefordert hat, die mangelhafte Halle zu beseitigen. Darin liegt auch ein Angebot auf Rückgabe der Halle und auch die Erklärung, dass der Beklagte bereit ist, den Rückbau zuzulassen.

2. Ohne Erfolg bringt die Klägerin vor, der Beklagte habe Wertersatz zu leisten, weil regelmäßig die Rückgabe eines bereits errichteten Bauwerks ausgeschlossen sei. Die Klägerin hat keinen Wertersatz verlangt. Im Übrigen liegt kein Fall vor, in dem das Bauwerk nicht zurückgebaut werden kann. Die Halle kann entfernt werden. Der Beklagte hat die Zustimmung dazu konkludent erteilt.

3. Zu Unrecht ist die Klägerin der Auffassung, der Anspruch auf großen Schadensersatz sei nicht schlüssig dargelegt, weil der Beklagte kein Angebot auf Ersatz etwaiger Nutzungsvorteile unterbreitet habe. Der Beklagte habe, wie vom Berufungsgericht festgestellt worden sei, die Halle über mehrere Jahre genutzt. Er habe der Klägerin die Zahlung des Nutzungsvorteils im Rahmen eines Saldos, der sich aus der Differenz zwischen Werklohn und Nutzungsvorteilen errechne, anzubieten.

Das ist nicht richtig. Ob ein Anspruch des Unternehmers auf Ersatz von Nutzungsvorteilen in Betracht kommt und in welcher Weise gegebenenfalls eine Vorteilsausgleichung durchzuführen wäre, kann offenbleiben. Die Klägerin hat mit der Klage den ihr abgetretenen Anspruch auf Zahlung des mit der LEVG vereinbarten Werklohns geltend gemacht. Der Beklagte konnte sich damit verteidigen, dieser Anspruch sei infolge der Wahl des großen Schadensersatzes untergegangen. Die von der Anschlussrevision vertretene Auffassung, ein Anspruch auf Ersatz von Nutzungsvorteilen könne mit dem Schadensersatzanspruch mit der Folge verrechnet werden, dass dem Werklohnanspruch ein nur reduzierter Schadensersatzanspruch gegenüberstehe, ist auf dieser Grundlage ersichtlich unzutreffend.

Der Untergang des Werklohnanspruchs hängt im Übrigen nicht davon ab, dass der Besteller Ersatz eventueller Nutzungsvorteile anbietet.

Ist der Werklohnanspruch untergegangen, könnte eine Prüfung eines möglichen Anspruchs auf Ersatz von Nutzungsvorteilen nur erreicht werden, wenn dieser Anspruch gegebenenfalls hilfsweise als weiterer Klagegrund geltend gemacht worden ist.

Ende der Entscheidung

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