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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.06.2004
Aktenzeichen: VIII ZB 2/04
Rechtsgebiete: GVG, EGZPO, ZPO


Vorschriften:

GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 b
EGZPO § 26 Nr. 8
ZPO § 13
ZPO § 253 Abs. 1
ZPO § 261 Abs. 2
ZPO § 261 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4
ZPO § 547 Nr. 6
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 575
ZPO § 576 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VIII ZB 2/04

vom

1. Juni 2004

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Ball, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin, Zivilkammer 64, vom 2. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Beschwerdewert: 21.474,26 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Wohnraummietverhältnis. Die Klägerin, deren Anschrift in der Klageschrift mit "z. Zt. P. , Puerto Plate, Dominikanische Republik" angegeben worden war, war in der ersten Instanz in vollem Umfang unterlegen. In der beim Landgericht eingereichten Berufungsschrift vom 25. August 2003 gab die Klägerin die gleiche Anschrift an, jedoch ohne den Zusatz "z. Zt.". Nachdem die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin die Berufung fristgerecht begründet hatten, hat das Berufungsgericht unter dem 4. November 2003 darauf hingewiesen, daß es Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung habe, "da diese gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG bei dem Kammergericht hätte eingelegt werden müssen." Es hat ferner angefragt, ob die Berufung zurückgenommen werde. Mit Schriftsatz vom 17. November 2003 haben die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin erklärt, sie könnten nicht feststellen, daß die Klägerin im Zeitpunkt der Zustellung der Klage keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland gehabt hätte. Sie haben darauf verwiesen, daß in der Klageschrift die Anschrift mit dem Zusatz "z. Zt." versehen worden sei, und um eine längere Frist zur Stellungnahme gebeten.

Durch den angefochtenen Beschluß vom 2. Dezember 2003 hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin verworfen und zur Begründung auf die Verfügung vom 4. November 2003 verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung für die Klärung der Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG, der durch Art. 1 des ZPO-Reformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) neu gefaßt worden ist, zulässig. Die Rechtsbeschwerde ist im übrigen nach § 575 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Auf die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO kommt es nicht an (vgl. Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - VIII ZB 23/02, NJW 2002, 3783 unter II 1 b).

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet und daher zurückzuweisen.

a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unterliegt der angefochtene Beschluß nicht deshalb der Aufhebung, weil er nicht ausreichend begründet wäre (§§ 576 Abs. 3, 547 Nr. 6 ZPO). Das Berufungsgericht hat in seinem Verwerfungsbeschluß vom 2. Dezember 2003 ausdrücklich auf den Hinweis vom 4. November 2003 Bezug genommen, in dem auf die Vorschrift des § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG verwiesen wird. Daß in dem Hinweis lediglich von Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung gesprochen wird, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht von Bedeutung. Aus dem Verwerfungsbeschluß wird hinreichend deutlich, daß das Berufungsgericht gerade die in dem Hinweis genannten "Bedenken" zur Begründung seiner Verwerfungsentscheidung herangezogen hat.

b) Der Verwerfungsbeschluß des Berufungsgerichts war auch im übrigen rechtmäßig. Für die Berufung im vorliegenden Verfahren war nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG das Kammergericht zuständig.

Nach dieser Vorschrift ist das Oberlandesgericht zuständig in Streitigkeiten über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Partei erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereiches des Gerichtsverfassungsgesetzes hatte. Entscheidend für die Frage des Gerichtsstands ist dabei der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit, also regelmäßig der Zustellung der Klageschrift an diese Partei gemäß §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO (Beschluß vom 28. Januar 2004 - VIII ZB 66/03, BB 2004, 1077). Der allgemeine Gerichtsstand einer natürlichen Person wird nach § 13 ZPO durch ihren Wohnsitz bestimmt. Der Wohnsitz der Klägerin lag zum Zeitpunkt der Klageerhebung in der Dominikanischen Republik. Zutreffend weist zwar die Rechtsbeschwerde darauf hin, daß die Anschrift der Klägerin in der Dominikanischen Republik in der Klageschrift mit dem Zusatz "z. Zt." versehen ist. Vorliegend ist jedoch nicht dargetan und auch nicht ersichtlich, daß die Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung einen Wohnsitz im Inland hatte. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, darzulegen, woraus sich ergäbe, daß sie bei Klageerhebung tatsächlich ihren Wohnsitz noch in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Dies hat sie nicht getan. Neben dem Grundsatz der Rechtssicherheit, die eine klare Zuständigkeitsregelung auch für Rechtsmittelverfahren mit Auslandsberührung erfordert, gebietet ferner das Rechtsstaatsprinzip, den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren. Diesem Gebot kann nur dadurch wirksam Rechnung getragen werden, daß im Rechtsmittelverfahren regelmäßig der im Verfahren vor dem Amtsgericht unangegriffen gebliebene inländische bzw. ausländische Gerichtsstand auch einer Partei zugrunde gelegt wird und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich entzogen ist (BGH, Beschluß vom 28. Januar 2004 aaO unter II 2 c bb).

Ende der Entscheidung

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