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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 02.03.2005
Aktenzeichen: VIII ZR 174/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 477 a.F.
ZPO § 97 Abs. 2
Ansprüche aus der Verletzung kaufvertraglicher Nebenpflichten verjähren in entsprechender Anwendung des § 477 BGB a.F. innerhalb von sechs Monaten, wenn die positive Vertragsverletzung einen Schaden an der Kaufsache verursacht hat oder sich das Verschulden auf - erteilte oder unterbliebene - Angaben über Eigenschaften der Kaufsache bezieht, von denen ihre Verwendungsfähigkeit für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck abhängt (im Anschluß an BGHZ 88, 130, 136 ff.).

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens können der obsiegenden Partei nach § 97 Abs. 2 ZPO auch dann auferlegt werden, wenn nicht sicher feststeht, daß das Rechtsmittel ohne das neue Vorbringen erfolglos gewesen wäre.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 174/04

Verkündet am: 2. März 2005

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Ball, Wiechers und Dr. Wolst

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 6. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, der einen Fachbetrieb für Heizungsbau und Sanitäranlagen betreibt, kaufte im Mai 2001 bei der Beklagten Bauteile eines von dieser vertriebenen Rohrsystems für Heizungsanlagen. Diese Teile baute der Kläger in die Heizungsanlage eines Kunden ein. Kurze Zeit nach Fertigstellung zeigten sich erste Undichtigkeiten an dem Leitungssystem. Der Kläger besserte deswegen mehrfach nach und beauftragte in diesem Zusammenhang auch einen Sachverständigen mit der Klärung der Schadensursache. Dadurch entstanden ihm Kosten in Höhe von insgesamt 3.788,87 €.

Am 23. August 2002 hat der Kläger gegen die Beklagte den Erlaß eines Mahnbescheides über 2.226,02 € nebst Zinsen beantragt. Die Beklagte hat gegen den Mahnbescheid Widerspruch erhoben. In dem sich anschließenden Rechtsstreit hat der Kläger die Klage zweimal, zuletzt auf Zahlung von 3.788,87 € nebst Zinsen erhöht. Daneben hat der Kläger die Feststellung begehrt, daß ihm die Beklagte zum Ersatz sämtlicher weiterer Schäden aus dem Einbau des von der Beklagten gelieferten Rohrsystems in die Heizungsanlage seines Kunden verpflichtet sei. Die Parteien haben insbesondere über die Ursache der Undichtigkeiten des Rohrsystems gestritten. Der Kläger hat insoweit behauptet, er habe die von der Beklagten gelieferten Bauteile falsch montiert, weil ihm die Beklagte keine Montageanleitung zur Verfügung gestellt habe.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und in der Berufungsbegründung erstmals die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Es könne dahinstehen, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zustehe. Jedenfalls sei ein derartiger Anspruch verjährt. Wenn die Undichtigkeiten der Rohrverbindungen gemäß der Behauptung des Klägers darauf beruhten, daß die Beklagte den verkauften Bauteilen pflichtwidrig keine Montageanleitung beigefügt hätte und deshalb die Bauteile in ungeeigneter Weise montiert worden wären, hätte die Beklagte eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Ein daraus hergeleiteter Schadensersatzanspruch unterliege der kurzen Verjährungsfrist des § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. Da das Rohrsystem nach der Darstellung des Klägers am 23. Mai bzw. am 19. Juni 2001 geliefert worden sei, sei mit Ablauf des 19. Juni (richtig: Dezember) 2001 Verjährung eingetreten.

Die Beklagte sei nicht gehindert, die Einrede der Verjährung erst in der Berufung zu erheben. Die Neuregelung des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO schließe nicht aus, neues, unstreitig gebliebenes Vorbringen im Berufungsverfahren zu berücksichtigen, wenn damit keine Verfahrensverzögerung verbunden sei. Nichts anderes könne auch für Einreden gelten, die dem Berufungsführer nach ihren tatsächlichen Voraussetzungen unstreitig zuständen. Die Berücksichtigung der Einrede der Verjährung entspreche dem mit der Neuregelung des Berufungsverfahrens verfolgten Gesetzeszweck, die zweite Instanz von weiteren Tatsachenfeststellungen zu entlasten. Hier hätte die Kammer ein Sachverständigengutachten zur Ursache der Undichtigkeiten einholen müssen. Dem Kosteninteresse des Berufungsgegners, der sich in der Berufung erstmals mit der Einrede der Verjährung konfrontiert sehe, werde durch die Regelung des § 97 Abs. 2 ZPO Rechnung getragen.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand, so daß die Revision zurückzuweisen ist. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß der von dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung nach § 477 Abs. 1 BGB (gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung; im folgenden: a.F.) verjährt ist.

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht die vom Kläger erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Verjährungseinrede zu Recht berücksichtigt hat (vgl. insofern BGH, Urteil vom 18. November 2004 - IX ZR 229/03, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, WM 2005, 99 = NJW 2005, 291 unter II 2 m.w.Nachw.). Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, könnte es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von der Revision nicht mit Erfolg gerügt werden (Beschluß vom 22. Januar 2004 - V ZR 187/03, WM 2004, 1499 = NJW 2004, 1458 unter II 4; Urteil vom 2. April 2004 - V ZR 107/03, WM 2005, 141 = NJW 2004, 2382 unter II 1 a bb).

2. Vergeblich wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers sei nach § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. verjährt.

Der Kläger macht einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung geltend. Er beruft sich darauf, die Beklagte habe eine vertragliche Nebenpflicht verletzt, weil sie ihm keine Anleitung für die Montage des verkauften Rohrsystems zur Verfügung gestellt habe. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung verjähren Ansprüche aus der Verletzung kaufvertraglicher Nebenpflichten in entsprechender Anwendung des § 477 BGB a.F. innerhalb von sechs Monaten, wenn die positive Vertragsverletzung einen Schaden an der Kaufsache verursacht hat oder sich das Verschulden auf - erteilte oder unterbliebene - Angaben über Eigenschaften der Kaufsache bezieht, von denen ihre Verwendungsfähigkeit für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck abhängt (BGHZ 88, 130, 136 ff.; Urteil vom 12. Februar 1992 - VIII ZR 276/90, WM 1992, 819 unter II 1 d, insoweit in BGHZ 117, 183, 187 nicht abgedruckt, jew. m.w.Nachw.). So ist es hier. Das Fehlen einer Montageanleitung hatte nach der Behauptung des Klägers zur Folge, daß er die Bauteile des Rohrsystems falsch verbunden hat und dieses deshalb undicht und damit für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck unbrauchbar geworden ist. Die kurze Verjährungsfrist des § 477 BGB a.F. gilt für alle von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen, sowohl für die Kosten der Schadensbeseitigung als auch für die des zur Klärung der Schadensursache eingeholten Privatgutachtens (vgl. BGHZ 87, 88, 94).

Unterliegt der von dem Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch mithin der sechsmonatigen Verjährung des § 477 Abs. 1 BGB a.F., war der Anspruch bereits verjährt, als ihn der Kläger erstmalig mit der Einreichung des Antrags auf Erlaß eines Mahnbescheids am 23. August 2002 gerichtlich geltend gemacht hat. Das trifft selbst dann zu, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, daß die Verjährungsfrist erst mit der Restlieferung am 19. Juni 2001 zu laufen begonnen hat.

3. Ohne Erfolg wendet sich die Revisionserwiderung dagegen, daß das Berufungsgericht der Beklagten gemäß § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt hat. Die von ihr angeführte Auffassung, eine Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO komme nur in Betracht, wenn sicher feststehe, daß das Rechtsmittel ohne das neue Vorbringen erfolglos gewesen wäre (MünchKommZPO/Belz, 2. Aufl., § 97 Rdnr. 21; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 26. Aufl., § 97 Rdnr. 10), ist mit dem Zweck der Vorschrift, im Interesse der Prozeßbeschleunigung demjenigen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen, der den Prozeß nachlässig führt (Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 97 Rdnr. 1; MünchKommZPO/Belz aaO, Rdnr. 1), nicht zu vereinbaren. Vielmehr scheidet danach eine Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO allenfalls dann aus, wenn sicher feststeht, daß das Rechtsmittel auch ohne das neue Vorbringen erfolgreich gewesen wäre. Das ist hier nicht der Fall.

Ende der Entscheidung

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