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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: VIII ZR 183/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 164 Abs. 1 Satz 2
BGB § 164 Abs. 2
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 433 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 183/05

Verkündet am: 3. Mai 2006

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2006 durch Richter Dr. Beyer als Vorsitzenden und die Richter Ball, Dr. Leimert, Dr. Wolst und Dr. Frellesen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 14. Zivilsenat, vom 15. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung der Betankung eines Küstenmotorschiffes mit Bunkeröl.

Die in E. ansässige Klägerin handelt mit Bunkeröl. Die Beklagte, die ihren Sitz in H. hat, ist tätig auf dem Gebiet der Befrachtung von Schiffen, der Schiffsversorgung und Deklarierung. Zwischen den Parteien bestanden seit 30 Jahren Geschäftsbeziehungen. Die Beklagte bestellte bei der Klägerin jeweils telefonisch Bunkeröl für Schiffe verschiedener Eigentümer. Die Klägerin stellte die Rechnungen hierfür immer auf die Beklagte aus. Die Beklagte beglich die Rechnungen regelmäßig von ihrem Konto. Irgendwelche geschäftlichen Briefbögen der Beklagten erhielt die Klägerin nicht.

Am 17. Dezember 2002 bestellte die Beklagte bei der Klägerin für das seinerzeit in G. liegende Motorschiff "R. " Bunkeröl. Die Klägerin lieferte am 18. Dezember 2002 insgesamt 131.132 Liter Bunkeröl aus einem Bunkerboot in G. in die Tanks des Motorschiffes "R. ". Sie berechnete der Beklagten hierfür 32.520,74 US-Dollar und erteilte ihr für den Kauf eine Gutschrift über 655,66 US-Dollar. Im Januar bat die Beklagte um eine auf die Reederin des Schiffes "R. " ausgestellte Rechnung. Die Klägerin stellte daraufhin eine neue Rechnung auf die Reederei aus. Weder die Reederei noch die Beklagte bezahlten die Rechnung.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die Klägerin habe gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung des der Höhe nach unstreitigen Kaufpreises in Höhe von 32.520,74 US-Dollar nebst zuerkannten Zinsen. Der Anspruch folge aus § 433 Abs. 2 BGB. Die Beklagte habe die Bestellung des Bunkeröls "ausdrücklich im Namen der Reederei" nicht substantiiert behauptet. Entgegen der Ansicht der Berufung sei der Wille der Beklagten, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar hervorgetreten. Demzufolge sei der etwaige Wille der Beklagten, im Namen der Reederei das Bunkeröl zu bestellen, nicht erheblich gewesen. Dass die Beklagte in Ausübung einer schiffsbezogenen Tätigkeit das Bunkeröl für ein nicht der Beklagten gehörendes Schiff bestellt habe, sei zwar auch der Klägerin ersichtlich gewesen. Denn die Beklagte habe keine eigenen Schiffe und agiere nicht als Reederei. Das habe auch die Klägerin gewusst. Allein dieser Umstand rechtfertige aber nicht ohne weiteres den Schluss auf ein erkennbares Handeln der Beklagten im Namen der Reederei des Motorschiffes "R. ". Nach außen hin spreche das Verhalten der Beklagten eher für ein Handeln in mittelbarer Stellvertretung. Unstreitig sei, dass die Beklagte seit vielen Jahren bei der Klägerin telefonisch Bunkeröl für verschiedene Schiffe bestellt habe, die allein auf sie ausgestellten Rechnungen akzeptiert und diese von einem eigenen Konto bezahlt habe. Selbst wenn regelmäßig und letztendlich der Preis des Treibstoffes aus den Frachteinnahmen der Reederei bestritten worden sei, spreche dies nicht entscheidend für ein Handeln im Namen der Reederei. Denn auch dann, wenn die jeweilige Reederei der Beklagten den Kaufpreis für Treibstoff aus den Frachteinnahmen erstattet habe, sei ein Kauf der Beklagten im eigenen Namen nicht ausgeschlossen. Dass die Beklagte von der Reederei des Motorschiffes "R. " Vollmacht gehabt habe, in ihrem Namen Bunkeröl zu ordern, stehe dem nicht entgegen. Es sei nämlich nicht ersichtlich, dass die Beklagte ausschließlich in Vollmacht der Reederei den Treibstoff habe ordern dürfen und so gehandelt habe. Ebenso wenig sei dem Sach- und Streitstand zu entnehmen, dass die Klägerin von der erteilten Vollmacht zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages gewusst habe. Andererseits sei der Beklagten offenbar bewusst gewesen, dass der etwaige Wille, im Namen der Reederei bestellt zu haben, nach außen hin nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen sei. Denn in der langjährigen Geschäftsbeziehung habe sie nachträglich erstmalig nach Erhalt der auf sie ausgestellten Rechnung moniert, dass diese nicht an die Reederei adressiert worden sei. Dies sei nach eigenem Vortrag der Beklagten zu einem Zeitpunkt geschehen, als eine Qualitätsbeanstandung des gelieferten Bunkeröls bereits vorgelegen habe. Auch die Klägerin sei ihrerseits davon ausgegangen, dass die Beklagte im eigenen Namen - wenn auch für fremde Rechnung - bestellt habe. Dies zeige der Umstand, dass die Klägerin die Beklagte kreditversichert habe. Der Beklagten sei zwar im Zeitpunkt der Bestellung nicht bekannt gewesen, durch die Klägerin kreditversichert zu sein. Für deren erkennbare Interessenlage, mit der Beklagten abschließen zu wollen, spreche aber im besonderen Maße, dass die Klägerin sich von der Beklagten bei der Bestellung die Reederei des Motorschiffes "R. " nicht habe mitteilen lassen. Jedenfalls dann, wenn der Besteller - ohne Hinweis auf das Handeln in fremden Namen - lediglich das zu beliefernde Schiff nenne, der Lieferant die Rechnung auf den Besteller ausstelle und dieser nach außen hin erkennbar jene von seinem Konto begleiche, trete der Wille, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor. Dass die Klägerin der Beklagten eine Gutschrift erteilt habe, berühre nicht die Frage, ob die Bestellung im eigenen oder fremden Namen erfolgt sei. Soweit die Beklagte geltend mache, es dürfte mittlerweile einen Handelsbrauch geben, nach dem auch ohne ausdrückliche Erklärung, im fremden Namen handeln zu wollen, ein Schiffsagent jeweils im Namen der Reederei handele, sei dieser Vortrag in der Berufungsinstanz neu und nicht mehr zuzulassen; zudem sei er nicht hinreichend substantiiert.

II.

Dies hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand. Die Revision der Beklagten ist daher zurückzuweisen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Kaufpreisanspruch gemäß § 433 Abs. 2 BGB in Höhe von 32.520,74 US-Dollar aufgrund eines Kaufvertrages der Parteien vom 17. Dezember 2002 über die Lieferung von 131.132 Liter Bunkeröl.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte Schuldnerin des Kaufpreisanspruches der Klägerin ist, weil sie und nicht die Reederei des Motorschiffes "R. " Partner des Kaufvertrages für das Bunkeröl geworden ist. Entgegen der Ansicht der Revision stellt das Berufungsgericht zutreffend auf die Auslegungsregel des § 164 Abs. 2 BGB ab, wonach derjenige selbst verpflichtet wird, dessen Wille, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar hervortritt.

a) Die Beklagte hat die Bestellung des Bunkeröls nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen nicht ausdrücklich im Namen der Reederei abgegeben. Gemäß § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB wirkt eine von einem Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht abgegebene Willenserklärung allerdings auch dann für und gegen den Vertretenen, wenn sie der Vertreter zwar nicht ausdrücklich in dessen Namen abgibt, die Umstände jedoch ergeben, dass sie im Namen des Vertretenen erfolgen soll. Als Auslegungsregel beantwortet die Vorschrift nicht nur die Frage, ob der Vertreter im Namen eines anderen gehandelt hat. Sie ist vielmehr auch dann maßgebend, wenn ungewiss ist, in welchem Namen der Vertreter einen Vertrag abschließt. In einem solchen Fall ist die Willenserklärung des Vertreters ebenfalls gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände auszulegen. Von Bedeutung ist also, wie sich die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsgegners darstellt. Dabei sind die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgegenstand zugehört, und die typischen Verhaltensweisen (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1987 - VII ZR 299/86, WM 1988, 466 unter 1 a).

b) Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung ist die Auslegung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Bunkeröl im eigenen Namen und nicht im Namen der Reederei bestellt hat. Denn die Beklagte bestellte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts seit Jahrzehnten bei der Klägerin telefonisch Bunkeröl für verschiedene Schiffe, ohne einen Hinweis auf ein Handeln im fremden Namen zu geben. Die Klägerin stellte danach die Rechnungen stets auf den Namen der Beklagten aus. Die Beklagte beglich dann die Rechnungen immer von ihrem eigenen Konto.

Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob es einen Handelsbrauch des Inhalts gibt, dass ein Schiffsagent bei schiffsbezogener Tätigkeit für ein fremdes Schiff grundsätzlich als Vertreter der Reederei handelt. Das Berufungsgericht berücksichtigt bei seiner Auslegung der von den Parteien abgegebenen Erklärungen ohne Rechtsfehler die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles gemäß §§ 133, 157 BGB. Die Auslegung des Berufungsgerichts wird auch - worauf in der Revisionserwiderung zu Recht hingewiesen wird - bestätigt durch die Schreiben der Beklagten vom 6. Januar 2003 und der Klägerin vom 6. Juni 2003. In dem Schreiben der Beklagten heißt es:

"Im Auftrag der Reederei müssen wir Sie, als unseren Vertragspartner, vorsorglich für alle Kosten und Konsequenzen verantwortlich halten, die durch eine etwaige Minderqualität der angelieferten Bunkerung in G. entstehen können bzw. entstanden sind."

In dem Schreiben der Klägerin heißt es:

"Meine Mandantin macht mit der Firma T. seit mehr als 30 Jahren regelmäßig Geschäfte. Bei diesen Geschäften ist diese Firma T. immer als Vertragspartner aufgetreten und niemals als Agent oder Vertreter. Die Firma T. war also ausschließlich Vertragspartei. Meine Mandantin würde niemals einem ihr unbekannten Reeder, wenn er möglicherweise auch von der Firma W. T. betreut wird, Bunkeröl auf Kredit liefern. Die Bestellung am 17. Dezember durch Herrn B. bei Herrn C. erfolgte telefonisch und im eigenen Namen der Firma T. ."

Daraus ergibt sich, dass auch beide Parteien in der vorprozessualen Korrespondenz übereinstimmend davon ausgingen, dass die Beklagte Vertragspartei der Klägerin ist.

Ende der Entscheidung

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