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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.03.2004
Aktenzeichen: VIII ZR 213/02
Rechtsgebiete: KWKG


Vorschriften:

KWKG § 1
KWKG § 5 Abs. 1
a) Zur Auslegung des Begriffes der allgemeinen Versorgung im Sinne des § 1 KWKG.

b) Zum Belastungsausgleich nach § 5 Abs. 1 KWKG.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 213/02

Verkündet am: 10. März 2004

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Wiechers und Dr. Wolst

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 20. Juni 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Halle vom 31. Mai 2001 wegen eines Betrages von mehr als 200.609,09 DM = 102.569,79 € nebst 5% Zinsen seit dem 28. September 2000 zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt am Chemiestandort L. neben anderen Infrastruktureinrichtungen ein Stromnetz, durch das überwiegend die ortsansässigen Industrieunternehmen, nach der Behauptung der Klägerin aber auch alle anderen gewerblichen, freiberuflichen und privaten Abnehmer, die dies wünschen, mit Strom versorgt werden. Durch Bescheid vom 11. März 1996 erteilte ihr das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung des Landes Sachsen-Anhalt die Genehmigung zur Aufnahme der Versorgung anderer mit elektrischer Energie und Gas gemäß § 5 des Gesetzes zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I 1935 S. 1451) im Versorgungsgebiet des Chemiestandortes L. . Die Klägerin bezieht den Strom für ihr Netz zum einen gemäß Vertrag vom 15. Mai 1996 von der L. GmbH i. L. (L. ), die den Strom wiederum gemäß Vertrag vom 11. Mai 1992 von der L. -St. mbH (LS ) geliefert bekommt. Zum anderen bezieht die Klägerin den Strom gemäß Vertrag vom 13. März 1997 von der K. Kraftwerk L. GmbH (K. ), einer 100%igen Tochtergesellschaft der Beklagten. Der Vertrag, der ursprünglich mit der inzwischen auf die Beklagte verschmolzenen M. Energieversorgung AG (M. ; im folgenden nur noch: Beklagte) geschlossen worden war, wurde durch Überleitungsvertrag vom 16. /28. Dezember 1998/18. Januar 1999 einvernehmlich auf die K. übertragen. Der unmittelbar in das Netz der Klägerin eingespeiste Strom wird von der LS. und der K. in Gas- und Dampf(GuD)-Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) erzeugt. Ferner bestand zwischen der Klägerin und der Beklagten ein am 26. August/29. September 1996 geschlossener "Vertrag über energiewirtschaftliche Zusammenarbeit", der unter anderem die Ausspeisung von Strom aus dem Netz der Klägerin in das vorgelagerte Netz der Beklagten vorsah. Dieser Vertrag wurde von der Beklagten zum 31. Dezember 1999 gekündigt.

Am 18. Mai 2000 trat das Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz; KWKG) vom 12. Mai 2000 (BGBl. I 2000 S. 703) in Kraft. Mit Schreiben vom 9. Juni 2000 erteilte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung, in der sie unter anderem einen Belastungsausgleich gemäß § 5 KWKG für den Strom begehrte, den sie in der Zeit vom 18. bis zum 31. Mai 2000 aus dem Kraftwerk der LS. (Position 1) und dem Kraftwerk der K. (Position 2) bezogen hatte. Die Position 1 wurde von der Beklagten ausdrücklich unstreitig gestellt und beglichen. Bezüglich der Position 2 erbat die Beklagte eine Neuberechnung, die ihr die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2000 zukommen ließ. Insoweit verlangte sie nunmehr Zahlung von 263.829,39 DM. Unter dem 7. September 2000 erteilte die Klägerin der Beklagten eine weitere Rechnung, in der sie für die Lieferung von Strom im August 2000 eine Vergütung nach § 4 Abs. 1 KWKG in Höhe von insgesamt 200.609,09 DM begehrte. Beiden Forderungen kam die Beklagte nicht nach.

In dem vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Beklagte zunächst auf Zahlung des erstgenannten Betrages von 263.829,39 DM nebst Verzugszinsen in Anspruch genommen. Im Verlauf des Rechtsstreits hat sie ihre Klage um den an zweiter Stelle genannten Betrag von 200.609,09 DM nebst Verzugszinsen erweitert. Die Beklagte hat der V. Energiewerke AG, deren "Teilbetrieb Übertragungsnetz" inzwischen von der V. GmbH übernommen worden ist, den Streit verkündet. Diese hat ihrerseits unter anderem der B. AG den Streit verkündet. Beide sind dem Rechtsstreit auf seiten der Beklagten beigetreten. Die Parteien haben insbesondere darüber gestritten, ob die Klägerin nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz anspruchsberechtigt ist.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (RdE 2001, 195 mit Anmerkung Köster/Scholtka, aaO, 196). Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens erteilte das Ministerium für Wirtschaft und Technologie des Landes Sachsen-Anhalt der Klägerin durch Bescheid vom 9. Oktober 2001 gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) vom 24. April 1998 (BGBl. I 1998 S. 730) für den Chemiestandort L. die Genehmigung zur allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern im Sinne des § 10 Abs. 1 EnWG mit Elektrizität. Durch weiteren Bescheid vom 10. Dezember 2001 wurde der Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 2002 ein Allgemeiner Tarif für die Versorgung mit elektrischer Energie in Niederspannung genehmigt. Am 17. Dezember 2001 trafen die Klägerin, die Beklagte und die K. eine Vereinbarung, in der sie ihre weitere Zusammenarbeit bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits regelten. Unter dem 6. März 2002 erteilte die Klägerin der Beklagten erneut eine Rechnung, in der sie neben anderen Forderungen für Strom, den sie im Februar 2002 über die L. aus dem Kraftwerk der LS. bezogen hatte, einen Belastungsausgleich gemäß § 5 KWKG in Höhe von 175.444,41 € geltend machte. Um diesen Betrag nebst Verzugszinsen hat die Klägerin die Klage im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens ebenfalls erweitert. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen (RdE 2002, 286 mit Anmerkung von La Chevallerie/Kasche, aaO, 289). Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

A.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche auf Belastungsausgleich nach § 5 Abs. 1 KWKG und auf Einspeisungsvergütung nach § 4 KWKG nicht zu, da sie nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes unterfalle. Dieser sei in § 2 KWKG geregelt. Der Grundfall des § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG (1. Förderweg) sei unstreitig nicht erfüllt, da die Klägerin die KWK-Anlagen, aus denen sie den Strom beziehe, nicht selber betreibe. Der 2. Förderweg des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KWKG liege nicht vor, weil die Klägerin an den betreffenden KWK-Anlagen auch nicht mit mindestens 25% beteiligt sei. Der 3. Förderweg nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG gelte entgegen der Ansicht der Klägerin nicht für jedes Energieversorgungsunternehmen, das aufgrund von vor dem 1. Januar 2000 geschlossenen Lieferverträgen Strom aus KWK-Anlagen beziehe, sondern wie in § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG nur für solche Energieversorgungsunternehmen, welche gemäß § 10 EnWG die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern betrieben. Dazu gehöre die Klägerin nicht. Sie habe den Strom an Letztverbraucher nicht auf Grund allgemeiner Bedingungen und Tarife geliefert, sondern auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarungen. Sie sei zudem nicht verpflichtet gewesen, Anschluß und Versorgung der Abnehmer durchzuführen. Unbeachtlich sei, ob das Netz der Klägerin für die Versorgung privater, freiberuflicher oder sonstiger nichtindustrieller Abnehmer offen gewesen sei. Die der Klägerin am 9. Oktober 2001 erteilte Genehmigung zur Aufnahme der allgemeinen Versorgung anderer mit Elektrizität könne allenfalls Wirkung für die Zukunft und damit für die in der Berufungsinstanz klageerweiternd geltend gemachte Forderung haben. Nach dem Zweck des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes könne es jedoch nicht darauf ankommen, ob eine Genehmigung vorliege, sondern allein darauf, ob tatsächlich eine allgemeine Versorgung stattfinde. Davon könne wegen des begrenzten Abnehmerkreises und der räumlichen Eingrenzung des Netzes der Klägerin auf den Chemiestandort L. keine Rede sein.

B.

Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

I.

Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch aus § 5 Abs. 1 KWKG auf Belastungsausgleich in Höhe von 263.829,39 DM für den in der Zeit vom 18. bis zum 31. Mai 2000 von der K. bezogenen Strom (Position 2 der Rechnung vom 9. Juni 2000, berichtigt durch Rechnung vom 12. Juli 2000) zu Unrecht verneint.

1. Der vorgenannte Anspruch ist noch nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom 12. Mai 2000 (aaO) zu beurteilen. Dieses Gesetz ist zwar inzwischen außer Kraft getreten. Das ist jedoch nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom 19. März 2002 (BGBl. I 2002 S. 1092) erst am 1. April 2002 und damit nach dem hier in Rede stehenden Zeitraum geschehen.

2. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KWKG kann ein Netzbetreiber, soweit er Zahlungen nach § 3 zu leisten hat, von dem vorgelagerten Netzbetreiber einen Ausgleich für seine Zahlungen verlangen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin betreibt in L. ein Stromnetz, dem das Netz der Beklagten vorgelagert ist. Sie ist nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG in Verbindung mit dem Vertrag vom 13. März 1997 verpflichtet, der K. den Strom, den sie von dieser in der Zeit vom 18. bis zum 31. Mai 2000 bezogen hat, nach § 4 KWKG zu vergüten.

a) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KWKG sind Netzbetreiber verpflichtet, KWK-Anlagen nach § 2 Abs. 1 an ihr Netz anzuschließen, den Strom aus Anlagen nach § 2 abzunehmen und den eingespeisten Strom nach § 4 zu vergüten. Diese Verpflichtung wird durch § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG dahin eingeschränkt, daß bereits bestehende vertragliche Abnahmeverpflichtungen auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG unberührt bleiben. Hier hat die Klägerin den in Rede stehenden Strom aufgrund eines Liefervertrages nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG bezogen. Nach dieser Bestimmung gilt das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz auch für Strom aus KWK-Anlagen auf der Basis von Steinkohle, Braunkohle, Erdgas, Öl oder Abfall, der auf der Grundlage von Lieferverträgen, die vor dem 1. Januar 2000 abgeschlossen wurden, von einem Energieversorgungsunternehmen bezogen wird. Das trifft hier zu.

aa) Der Strom, den die Klägerin in der Zeit vom 18. bis zum 31. Mai 2000 von der K. geliefert bekommen hat, stammt aus einer der genannten KWK-Anlagen. Die Klägerin hat ihn aufgrund eines Liefervertrages bezogen, der am 13. März 1997 und damit vor dem 1. Januar 2000 geschlossen worden ist.

bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klägerin ein Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG.

Energieversorgungsunternehmen sind nach der auch für das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz als Teil des Energiewirtschaftsrechts einschlägigen Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 3 EnWG (in der seinerzeit geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998, BGBl. I 1998 S. 730, nachfolgend: a. F.; jetzt gemäß Art. 1 Nr. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 20. Mai 2003, BGBl. I 2003 S. 686, wortgleich § 2 Abs. 4) alle Unternehmen und Betriebe, die andere mit Energie versorgen oder ein Netz für die allgemeine Versorgung betreiben. Zwar erfaßt davon § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG nach seinem Wortlaut nur diejenigen, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen und als Energieversorger bereits am 31. Dezember 1999 tätig waren. Das gilt jedoch nicht für § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG, so daß sich die vom Berufungsgericht bejahte weitere Frage, ob Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG nur solche im Sinne des § 10 EnWG sind, erst gar nicht stellt. Insoweit besteht ein Unterschied zu § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KWKG, in dem das Wort "das" in der Formulierung "das Energieversorgungsunternehmen" klarstellt, daß es sich bei dem Energieversorgungsunternehmen um ein solches im Sinne des Satzes 1 handeln muß. In dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (BT-Drucks. 14/2765) war zwar auch in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG noch von Strom die Rede, der von "dem" Energieversorgungsunternehmen bezogen wird. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahren ist das Wort "dem" jedoch gemäß der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (BT-Drucks. 14/3007) durch das Wort "einem" ersetzt worden. Daraus folgt, daß insoweit - anders als im Fall des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KWKG - jedes Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 3 EnWG a. F. in Betracht kommt (Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 236/02, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II 2 c). Ein solches Energieversorgungsunternehmen ist die Klägerin. Diese versorgt - gemäß der ihr bereits durch Bescheid vom 11. März 1996 erteilten Genehmigung - andere mit Strom, wobei es nicht darauf ankommt, ob es sich um gewerbliche oder private Abnehmer handelt.

cc) Nach dem Zweck des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes muß eine weitere Voraussetzung für die Anwendung des Gesetzes erfüllt sein. Der Zweck des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ist gemäß § 1 der befristete Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung im Interesse von Energieeinsparung und Klimaschutz. Danach ist auch im Fall des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG erforderlich, daß der Strom für die allgemeine Versorgung bestimmt ist (Senatsurteil aaO). Diese Voraussetzung ist hier nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt zu bejahen.

Der Begriff der allgemeinen Versorgung ist in dem auch insoweit maßgeblichen Energiewirtschaftsgesetz nicht definiert. In § 2 Abs. 3 EnWG a. F. ist die allgemeine Versorgung der Versorgung anderer gegenübergestellt. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung des Sprachgebrauchs, daß die allgemeine Versorgung nicht von vorneherein auf bestimmte Abnehmer begrenzt sein darf, sondern grundsätzlich für jeden Abnehmer offen sein muß (vgl. Büdenbender, EnWG, § 2 Rdnr. 36 und § 10 Rdnr. 35; Danner in Obernolte/Danner, Energiewirtschaftsrecht, § 10 EnWG Rdnr. 7). Teilweise ist im Energiewirtschaftsgesetz auch von der allgemeinen Versorgung "im Sinne des § 10 Abs. 1" (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2) oder "nach § 10 Abs. 1 Satz 1" (§ 13 Abs. 2 Satz 1) die Rede. Nach dieser Vorschrift haben Energieversorgungsunternehmen für Gemeindegebiete, in denen sie die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Tarife öffentlich bekanntzugeben und zu diesen Bedingungen und Tarifen jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen. Demgemäß ist die allgemeine Versorgung nach oder im Sinne des § 10 EnWG durch zusätzliche Elemente, namentlich die räumliche Beziehung zu einem bestimmten Gemeindegebiet, die Versorgung von Letztverbrauchern sowie die Anschluß- und Versorgungspflicht nach Allgemeinen Bedingungen und Tarifen, gekennzeichnet (vgl. Büdenbender aaO; Danner aaO).

Dafür, daß mit der allgemeinen Versorgung in § 1 KWKG der engere Begriff der allgemeinen Versorgung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 EnWG gemeint sein soll, ist nichts ersichtlich. Vielmehr spricht dagegen, daß das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz selbst zwischen der allgemeinen Versorgung in § 1 und der allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern in § 2 Abs. 1 Satz 1 unterscheidet. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen (BT-Drucks. 14/2765) ergibt sich nichts anderes. Darin wird zu dem Gesetzeszweck in § 1 KWKG ergänzend ausgeführt, der Fortbestand der KWK-Anlagen der allgemeinen Versorgung sei im liberalisierten Strommarkt wegen der wesentlich gefallenen Strombezugskosten bedroht. Dagegen sei die Wirtschaftlichkeitslücke für KWK-Anlagen in der Industrie aufgrund deren Auslegung auf den betrieblichen Eigenbedarf an Energie weniger eindeutig. Diese Anlagen sollten daher erst in dem - seinerzeit bereits geplanten - KWK-Ausbaugesetz berücksichtigt werden (aaO S. 4 unter "Allgemein" und zu § 1). Daraus ergibt sich lediglich, daß die Beschränkung des Schutzzweckes in § 1 KWKG auf die Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung der Abgrenzung von der Kraft-Wärme-Kopplung in der Industrie dient. Dafür ist es nicht erforderlich, den Begriff der allgemeinen Versorgung in dem engeren Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 EnWG zu verstehen. Denn bei einer auf die Industrie beschränkten Versorgung liegt schon keine allgemeine Versorgung im weiteren Sinne vor, weil sie nicht für private Abnehmer offen ist.

Hier hat die Klägerin in den Vorinstanzen unter Beweisantritt vorgetragen, daß sie am Chemiestandort L. über die ortsansässigen Industrieunternehmen hinaus auch alle anderen gewerblichen, freiberuflichen und privaten Abnehmer, die dies wünschen, mit Strom beliefert und solche Abnehmer auch tatsächlich beliefert hat. Hiervon ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz auszugehen. Danach dient der von der Klägerin bezogene Strom im Bereich des Chemiestandortes L. der allgemeinen Versorgung im vorbezeichneten Sinne. Unerheblich ist insoweit, daß es sich bei den Abnehmern der Klägerin überwiegend um Industrieunternehmen handelt. Entscheidend ist vielmehr, daß die von der Klägerin vorgenommene Stromversorgung grundsätzlich für jeden Abnehmer offen ist.

Darüber hinaus hat die Klägerin in den Vorinstanzen vorgetragen, daß sie auch nach der Kündigung des Vertrages über energiewirtschaftliche Zusammenarbeit zum 31. Dezember 1999 weiter Strom in das vorgelagerte Netz der Beklagten eingespeist habe. Insbesondere hat sie unter Beweisantritt behauptet, der Beklagten im August 2000 den unter dem 7. September 2000 in Rechnung gestellten Strom geliefert zu haben. Für den Vortrag der Klägerin spricht auch, daß die Klägerin, die Beklagte und die K. am 17. Dezember 2001 eine Vereinbarung getroffen haben, in der sie ihre weitere Zusammenarbeit bis zum rechtskräftigen Abschluß des vorliegenden Rechtsstreits geregelt haben. Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist daher auch dieser Vortrag der Klägerin in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen. Danach dient der von der Klägerin bezogene Strom selbst dann der allgemeinen Versorgung, wenn die Klägerin entgegen ihrer vorgenannten Darstellung am Chemiestandort L. nicht alle Abnehmer, die dies wünschen, mit Strom versorgen würde. Denn die Beklagte betreibt jedenfalls ihrerseits ein Netz für die allgemeine Versorgung.

b) Fällt danach der in Rede stehende Strom gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG in den Anwendungsbereich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes, steht die dafür nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2, § 4 KWKG geschuldete Vergütung der K. als der Betreiberin der KWK-Anlage zu, aus der der Strom kommt; zur Zahlung der Vergütung verpflichtet ist die Klägerin als das Energieversorgungsunternehmen, das den Strom aufgrund des mit der K. geschlossenen Liefervertrages bezogen hat (vgl. Senatsurteil aaO unter II 3 und 4 sowie im folgenden unter B II).

3. Der Höhe nach kann die Klägerin als Belastungsausgleich nach den bisher getroffenen Feststellungen von der Beklagten den geltend gemachten Betrag in Höhe von 263.829,39 DM = 134.893,83 € verlangen. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KWKG beträgt der Belastungsausgleich in der hier maßgeblichen Zeit 3 Pfennig pro Kilowattstunde. Die Klägerin hat die von ihr in Rechnung gestellte Strommenge von 8.794.313 kWh unter Beweis gestellt. Hiervon ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz auszugehen.

II.

Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht dagegen den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 KWKG auf Vergütung des im August gelieferten Stroms in Höhe von 200.609,09 DM = 102.569,79 € (Rechnung vom 7. September 2000) verneint.

Hinsichtlich dieses Anspruchs, der ebenfalls noch nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom 12. Mai 2000 (aaO) zu beurteilen ist (vgl. oben unter B I 1), kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, daß der von dieser im August 2000 aus den KWK-Anlagen der LS. und der K. bezogene und an die Beklagte weitergelieferte Strom entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nach der - insoweit allein in Betracht kommenden - Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG in den Anwendungsbereich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes fällt. In diesem Fall steht der Vergütungsanspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 KWKG indessen nicht dem Energieversorgungsunternehmen, das den Strom aus den KWK-Anlagen bezieht (hier Klägerin), sondern dem Anlagenbetreiber (hier LS. und K. ) zu. Das ist in den genannten Vorschriften zwar nicht ausdrücklich geregelt. Dafür sprechen jedoch der nach § 1 KWKG bezweckte Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung vor sinkenden Strompreisen im liberalisierten Strommarkt (vgl. dazu bereits oben unter B I 2 a cc), der nur zu verwirklichen ist, wenn der Vergütungsanspruch dem Anlagenbetreiber zugute kommt, ferner auch die Regelungen in § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 und § 4 Abs. 2 KWKG, die sinnlos wären, wenn das Energieversorgungsunternehmen anspruchsberechtigt wäre (Senatsurteil vom 11. Februar 2004, aaO, unter II 3 m. weit. Nachw.).

Da die Klägerin für den im August 2000 gelieferten Strom ausdrücklich eine Vergütung nach § 4 Abs. 1 KWKG begehrt, bedarf keiner Entscheidung, ob ihr insoweit aus anderen Rechtsgründen ein Vergütungsanspruch zustehen könnte. Dazu fehlt es auch an Vortrag der Klägerin.

III.

Zu Unrecht hat das Berufungsgericht nach den bisher getroffenen Feststellungen wiederum den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch aus § 5 Abs. 1 KWKG auf Belastungsausgleich in Höhe von 175.444,41 € für den im Februar 2002 von der L. aus der KWK-Anlage der LS. bezogenen Strom (Rechnung vom 6. März 2002) verneint.

1. Dieser Anspruch, der ebenfalls noch nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom 12. Mai 2000 (aaO) zu beurteilen ist (vgl. oben unter B I 1), ergibt sich allerdings - anders als der Anspruch der Klägerin auf Belastungsausgleich für den Strom, den sie in der Zeit vom 18. bis zum 31. Mai 2000 von der K. aus deren KWK-Anlage bezogen hat (vgl. dazu oben unter B I 2) - nicht aus der ersten, sondern aus der zweiten Alternative des § 5 Abs. 1 Satz 1 KWKG. Danach kann ein Netzbetreiber, soweit er Zahlungen nach den Absätzen 1 bis 3 (des § 5 KWKG) zu leisten hat, von dem vorgelagerten Netzbetreiber einen Ausgleich für seine Zahlungen verlangen. Der Anspruch auf Belastungsausgleich steht mithin auch einem Netzbetreiber zu, der seinerseits nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KWKG zum Belastungsausgleich verpflichtet ist (vgl. Salje, KWKG, § 5 Rdnr. 8 f.). So ist es hier.

Die Klägerin ist ihrerseits der L. gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KWKG zum Belastungsausgleich verpflichtet. Denn die L. muß der LS. den von dieser bezogenen und an die Klägerin gelieferten Strom gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG in Verbindung mit dem Vertrag vom 11. Mai 1992 nach § 4 KWKG vergüten. Der Strom fällt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG in den Anwendungsbereich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes. Die L. bezieht den Strom von der LS. aufgrund des am 11. Mai 1992 und damit vor dem 1. Januar 2000 abgeschlossenen Liefervertrages. Sie ist selbst ein Energieversorgungsunternehmen, da sie einen anderen, die Klägerin, mit Strom beliefert (vgl. oben unter B I 2 a bb). Der Strom ist schließlich für die allgemeine Versorgung bestimmt. Das ist allerdings nicht allein schon deswegen zu bejahen, weil der Klägerin vor dem hier in Rede stehenden Zeitraum, dem Februar 2002, für den Chemiestandort L. die Genehmigung zur allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern im Sinne des § 10 Abs. 1 EnWG mit Elektrizität nach einem Allgemeinen Tarif erteilt worden ist. In allen drei Fällen, in denen das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz nach § 2 Abs. 1 Anwendung findet (Satz 1 mit Satz 2, Satz 3 Nr. 1 und Satz 3 Nr. 2; vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2004, aaO, unter II 2 a), bestehen Stichtagsregelungen, die einheitlich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2000 abstellen. Daraus ergibt sich der Wille des Gesetzgebers, den nach § 1 KWKG bezweckten Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung auf den Bestand vor dem genannten Zeitpunkt zu begrenzen. Daher ist erforderlich, daß die allgemeine Versorgung bereits vor dem 1. Januar 2000 erfolgte. Davon ist hier gemäß den Ausführungen oben unter B I 2 a cc in der Revisionsinstanz auszugehen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß die Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten Belastungsausgleich für den in der Zeit vom 18. bis zum 31. Mai 2000 von der L. aus der KWK-Anlage der LS. bezogenen Strom (Position 1 der Rechnung vom 9. Juni 2000) mit Schreiben vom 19. Juni 2000 ausdrücklich unstreitig gestellt und später auch bezahlt hat.

2. Der Höhe nach kann die Klägerin nach den bisher getroffenen Feststellungen von der Beklagten den geltend gemachten Betrag in Höhe von 175.444,41 € verlangen. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 KWKG beträgt der Ausgleich in der hier in Rede stehenden Zeit, dem Februar 2002, 2 Pfennig = 1,0226 Cent pro Kilowattstunde. Daß die von der Klägerin in Rechnung gestellte Strommenge von 17.156.700 kWh bestritten worden wäre, ist nicht ersichtlich.

IV.

Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die oben unter B I und III behandelten Ansprüche der Klägerin verneint hat. Insoweit ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, da es noch weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Daher ist das Berufungsurteil in dem genannten Umfang aufzuheben, und die Sache ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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