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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.07.2009
Aktenzeichen: VIII ZR 217/06
Rechtsgebiete: BGB, KWG


Vorschriften:

BGB a.F. § 275 Abs. 1
BGB a.F. § 324 Abs. 1 S. 2
BGB a.F. § 325 Abs. 1
BGB n.F. § 326 Abs. 2 S. 2
BGB § 433 Abs. 2
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
KWG § 32
KWG § 38 Abs. 1 S. 2
KWG § 46 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juli 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Ball,

die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie

die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 4. Zivilsenat, vom 5. Juli 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 9, vom 9. November 2004 auf die Berufung der Beklagten wegen des durch dieses Urteil dem Kläger zuerkannten Betrages von 124.800 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Januar 2003 abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen worden ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. Bank AG. Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist die Verwaltung eigenen und fremden Vermögens. Mit "Unternehmensteil-Kaufvertrag" vom 14. Dezember 2001 verkaufte die Beklagte der B. Bank AG (im Folgenden: Käuferin) ihren Geschäftsbereich Privatkunden. Zum Stichtag am 27. Dezember 2001 erwarb die Käuferin alle zu dem Geschäftsbereich Privatkunden gehörenden Gegenstände des Anlagevermögens, alle immateriellen Schutzgüter sowie ein unbefristetes und unbeschränktes ausschließliches Nutzungsrecht an der verwendeten Software. Gemäß § 5 des Kaufvertrages gingen die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer zum Stichtag auf die Käuferin über. §§ 3, 4, 8 - 10 des Kaufvertrags lauten:

"§ 3 Übernahme von Verträgen und Vertragsangeboten

1.

Die Käuferin tritt in alle in dem als Anlage 2 diesem Vertrag beigefügten Verzeichnis aufgeführten, zu dem Geschäftsbereich Privatkunden gehörenden Verträge und Vertragsangebote, insbesondere in alle Vermögensverwaltungsverträge, Verträge mit den Depotbanken, in alle Kooperationsvereinbarungen, Akquisitions-, Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen, Wartungs- und Supportverträge, Lizenzverträge sowie (...) am Stichtag ein. Das heißt, die Käuferin übernimmt am Stichtag von der Verkäuferin alle Rechte und Verpflichtungen aus diesen Verträgen und Vertragsangeboten im Wege der Vertragsübernahme mit befreiender Wirkung für die Verkäuferin.

2.

Die Parteien verpflichten sich, einen Untermietvertrag über die derzeit genutzten Geschäftsräume des Geschäftsbereichs Privatkunden gemäß Anlage 3 abzuschließen.

§ 4 Übernahme von Verbindlichkeiten

Die Käuferin übernimmt zum Stichtag von der Verkäuferin im Wege der befreienden Schuldübernahme die in dem als Anlage 4 zu diesem Vertrag beigefügten Verzeichnis aufgeführten, am Stichtag zu dem Geschäftsbereich der Privatkunden gehörenden Verpflichtungen sowie die aufgeführten Verbindlichkeiten und Eventualverbindlichkeiten.

§ 8 Kaufpreis

1.

Der Gesamtkaufpreis für die Übertragung des Geschäftsbereichs Privatkunden und den dazu gehörenden Vermögensgegenständen, Verbindlichkeiten und Vertragsverhältnissen beträgt - vorbehaltlich der Regelung in § 9 dieses Vertrags - für: a) den Geschäftsbereich Privatkunden Euro 1.000.000 b) die Software Euro 300.000 c) die Asset Allocation Beratung Euro 200.000 (...). § 9 Kaufpreisanpassung

1.

Der Kaufpreisanteil von EUR 1.0 Mio. (...) für den Geschäftsbereich Privatkunden gemäß Anlage 2 vermindert sich um EUR 0.25 Mio. (...) sofern nur 40% und um weitere EUR 0.25 Mio. (...) sofern nur 30% des in der Anlage 2.2 aufgeführten verwalteten Vermögens von der Käuferin verwaltet wird. Der Stichtag zur Bemessung der Kaufpreisanpassung ist der 6.12.2002.

2.

Der Kaufpreisanteil von EUR 1.0 Mio. (...) erhöht sich um EUR 0.5 Mio. (...) sofern mehr als 60% oder um EUR 0.75 Mio. (...) sofern mehr als 65% oder um EUR 1.0 Mio. (...) sofern mehr als 70% oder um EUR 1.25 Mio. (...) sofern mehr als 80% des in Anlage 2.2 aufgeführten verwalteten Vermögens von der Käuferin verwaltet wird, weil die entsprechenden Privatkunden die an die Käuferin übertragenen Vermögensverwaltungsverträge mit der Käuferin fortsetzen und die Käuferin darüber hinaus auch als Depotbank benutzen. Der Stichtag zur Bemessung der Kaufpreisanpassung ist der 6.12.2002. (...)

4.

Die Käuferin wird sich bemühen, den Wechsel der Privatkunden wirkungsvoll zu unterstützen. (...)

§ 10 Zustimmung Dritter

1.

Soweit für die Übernahme der Verpflichtungen, Verbindlichkeiten und Eventualverbindlichkeiten und den Eintritt in Verträge und Vertragsangebote die Zustimmung Dritter, insbesondere die Zustimmung von Forderungsschuldnern, Gläubigern bestimmter Verbindlichkeiten und Vertragspartnern erforderlich ist, werden sich die Vertragsparteien um diese Zustimmung gemeinsam bemühen. (...)"

Mit Vertrag vom 21. November/27. Dezember 2001 erwarb die Beklagte von der b. AG Aktien der B. Bank AG zum Preis von 1,5 Mio. EUR. Am 28. Dezember 2001 erteilte diese der Beklagten auf einem bei ihr geführten Konto, das zuvor mit dem Kaufpreis für die Aktien belastet worden war, unter Bezugnahme auf den Unternehmensteil-Kaufvertrag eine Gutschrift von 1,5 Mio. EUR.

Zu der vertraglich vereinbarten Einholung der Zustimmung der Privatkunden zu der Übernahme ihrer mit der Beklagten bestehenden Verträge durch die Käuferin kam es in der Folge nicht. Am 26. April 2002 hob die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BAFin) gemäß § 35 Abs. 2 KWG die Bankerlaubnis der Käuferin auf und ordnete gemäß § 38 Abs. 1 KWG deren Abwicklung an. Mit Anordnung vom 7. Mai 2002 untersagte die BAFin der Käuferin gemäß § 46 Abs. 1 KWG, Zahlungen zu leisten, zu ihrem Vermögen gehörende Gegenstände zu veräußern oder anderweitig über sie zu verfügen, sowie ferner, Zahlungen entgegenzunehmen, die nicht zur Tilgung von Schulden ihr gegenüber bestimmt sind. Zugleich ordnete die BAFin an, "das Kreditinstitut für den Verkehr mit der Kundschaft zu schließen, d.h. am 8. Mai 2002 nicht mehr zu öffnen". Am 10. Mai 2002 beantragte die BAFin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Käuferin.

Am 19. Juni 2002 vereinbarte die Beklagte mit der F. Privatbank KG (im Folgenden: F. Privatbank), dass die Beklagte ihren Kunden eine Übernahme der bestehenden Vermögensverwaltungs- und Depotverträge durch die F. Privatbank anbieten werde. Am 12./18. August 2003 schlossen die Beklagte und die F. Privatbank eine Vereinbarung mit folgendem Inhalt:

"(1)

Der Übergang von Kunden im Jahr 2002 ist seitens der F bank mit einer Zahlung in Höhe von EUR 124.800 honoriert worden. Damit ist die Vereinbarung über den Übergang von Kunden in diesem Zeitraum vollständig erfüllt.

(2)

Der Übergang von Kunden im Jahr 2003 wird im Einvernehmen der Parteien seitens der F bank mit einer Zahlung in Höhe von pauschal EUR 8.000 honoriert werden. (...)

(3)

B [= Beklagte] hat im Rahmen des zwischen der B und der F bank geschlossenen Vertrages vom 19.6.2002 über die Veräußerung und den Erwerb von Kundenbeziehungen nach eigenen Angaben alle Kunden aufgefordert und konnte einen erheblichen Anteil der Kunden veranlassen, ihre Depots an die F bank zu übertragen, die daraufhin auch mit der F bank einen Vermögensverwaltungsvertrag abgeschlossen haben. (...)."

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1,5 Mio. EUR aus dem Kaufvertrag vom 14. Dezember 2001 in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 124.800 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Januar 2003 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Der Senat hat die Revision insoweit zugelassen, als auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage wegen des zuerkannten Betrages von 124.800 EUR nebst Zinsen abgewiesen worden ist. In dieser Höhe verfolgt der Kläger den geltend gemachten Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagte in der Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 81 f.)

I.

Das Berufungsgericht hat - soweit im Revisionsverfahren noch erheblich - zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 324 Abs. 1 Satz 2 aF, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu. Die Beklagte habe ihre aus dem Kaufvertrag geschuldete Gegenleistung nicht vollständig erbracht, wie es § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB aF für die Anrechnung voraussetze. Es sei anerkannt, dass der Gläubiger im Rahmen von § 324 BGB aF nicht nur für eigene schuldhafte Verletzungen von Haupt- und Nebenpflichten einzustehen habe, sondern auch dafür, dass er nach dem Vertrag vorausgesetzte Mitwirkungspflichten unterlasse und dies in analoger Anwendung der §§ 276 ff. BGB aF zu vertreten habe. Daraus ergebe sich, dass der Gläubiger im Sinne von § 324 Abs. 1 BGB aF - hier die Käuferin - die geschuldete Gegenleistung nur dann vollständig erbracht habe, wenn er nicht nur alle Haupt- und Nebenleistungspflichten, die im Gegenseitigkeitsverhältnis stünden, erfüllt habe, sondern auch seinen Mitwirkungs- und Rücksichtnahmeverpflichtungen nachgekommen sei.

Das habe die Käuferin nicht getan. Es sei unstreitig, dass der Kaufvertrag hinsichtlich der Übertragung jedenfalls der Privatkundenverträge nicht oder nicht vollständig erfüllt worden sei, bis die BAFin die Erlaubnis gemäß § 32 KWG am 26. April 2002 widerrufen und der Käuferin am 7. Mai 2002 untersagt habe, Zahlungen entgegenzunehmen, die nicht zur Tilgung von Schulden bestimmt waren. Das habe die Erfüllung dieses Teils des Kaufvertrags rechtlich unmöglich gemacht. Schon insofern habe die Käuferin ihre Leistungspflichten nicht vollständig erfüllt. Mithin komme es nicht darauf an, ob der Erlös aus der späteren Übertragung von Kundenverträgen aus dem Privatkundenbereich auf die F. Bank einen im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB aF anrechenbaren Vorteil darstelle und die Beklagte um den Betrag von 124.800 EUR bereichert und verpflichtet sei, entsprechenden Wertersatz zu leisten.

II.

Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.

Im Ergebnis zutreffend und von der Revision unbeanstandet geht das Berufungsgericht davon aus, dass die von der Beklagten nach dem Kaufvertrag zu erbringende Leistung durch einen von der Käuferin zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist, § 275 Abs. 1, § 324 Abs. 1 BGB aF (vgl. BU 8 f.).

a)

In § 3 Nr. 1 des Kaufvertrags haben die Parteien eine Vertragsübernahme aller zwischen der Beklagten und den Privatkunden bestehenden Verträge durch die Käuferin vereinbart. Die Vertragsübernahme bedurfte der Zustimmung der jeweiligen Kunden (vgl. BGHZ 154, 171, 175; BGH, Urteil vom 20. April 2005 - XII ZR 29/02, WM 2005, 1575, unter II 1; Rodewald/Daubner, BB 1999, 2361 f.). Gemäß § 10 Nr. 1 des Kaufvertrages waren die Käuferin und die Beklagte verpflichtet, sich gemeinsam um die Zustimmung zu bemühen. Zu dem Zeitpunkt, als die BAFin die Bankerlaubnis der Käuferin widerrief und ihr gemäß § 46 Abs. 1 KWG untersagte, Zahlungen zu leisten und Zahlungen entgegen zu nehmen, hatten sich die Käuferin und die Beklagte noch nicht um die Einholung der Zustimmungen bemüht.

Der Widerruf der Bankerlaubnis am 26. April 2002 und die Anordnung der BAFin vom 7. Mai 2002 hatte die Unmöglichkeit der gemäß § 10 Nr. 1 des Kaufvertrags von der Beklagten geschuldeten Leistung zur Folge. Dabei kann offen bleiben, ob - wie das Berufungsgericht meint - eine entgegen der Anordnung gemäß § 46 Abs. 1 KWG erfolgte Entgegennahme von Einlagen in entsprechender Anwendung von § 134 BGB nichtig gewesen wäre (vgl. Lindemann in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 3. Aufl., § 46 Rdnr. 23 ff.; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, 2. Aufl., S. 28 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Oktober 1989 - III ZR 34/88, WM 1990, 54, unter II 2 b). Denn mit der Aufhebung der Bankerlaubnis endete die Befugnis der Käuferin, Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen zu betreiben (vgl. Fischer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, aaO, § 35 Rdnr. 49). Die gleichzeitig ausgesprochene Abwicklungsanordnung wirkte wie ein Auflösungsbeschluss (§ 38 Abs. 1 Satz 2 KWG) und führte zur Liquidation des gesamten Unternehmens. Durch die angeordnete Schließung für den Verkehr mit der Kundschaft wurde jeder Kundenkontakt tatsächlich unterbunden (vgl. Lindemann, aaO, § 46a Rdnr. 42). Unter diesen Umständen war ein gemeinsames Bemühen der Kaufvertragsparteien um die Zustimmung der Kunden zur Übernahme der mit der Beklagten abgeschlossenen Vermögensverwaltungsverträge durch die Käuferin nicht mehr möglich. Der Käuferin war sie rechtlich, der Beklagten tatsächlich verwehrt. Denn legte die Beklagte die Lage der Käuferin nicht offen, hätte sie sich ihren Kunden gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht; legte sie sie offen, musste eine Zustimmung der Kunden als von vorneherein ausgeschlossen erscheinen.

b)

Die Beklagte wurde wegen der Unmöglichkeit von der Verpflichtung zur Leistung frei (§ 275 Abs. 1 BGB aF). Gemäß § 324 Abs. 1 BGB aF behält sie den Anspruch auf die Gegenleistung, muss sich aber dasjenige anrechnen lassen, was sie infolge der Befreiung von ihrer Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung ihrer Arbeitskraft erworben hat. Die Anrechungspflicht umfasst auch den Erlös aus einer anderweitigen Verwertung des Leistungsgegenstandes (Senatsurteil vom 14. Februar 1958 - VIII ZR 18/57, DB 1958, 456; MünchKommBGB/Emmerich, 4. Aufl., § 324 Rdnr. 52; RGRK/Ballhaus, BGB, 12. Aufl., § 324 Rdnr. 12; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 324 Rdnr. 31; Staudinger/Otto, BGB (2001), § 324 Rdnr. 51).

2.

Zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass der Gläubiger im Sinne von § 324 Abs. 1 BGB aF, der in Unkenntnis der Anrechnungsmöglichkeit gemäß Satz 2 dieser Vorschrift (insoweit gleich lautend die Vorschrift § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB nF) die Gegenleistung bewirkt hat, zur Rückforderung des Zuviel Geleisteten berechtigt ist (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB; Mot. II 209; RGZ 58, 402, 405; Staudinger/Otto, aaO, § 324 Rdnr. 53 m.w.N.).

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Rückzahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen der von der F. Privatbank erhaltenen Vergütung in Höhe von 124.800 EUR aber nicht verneint werden.

a)

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setzt - wie die Revision zutreffend rügt - eine Anrechnung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB aF nicht voraus, dass der Gläubiger - hier die Käuferin - alle ihm obliegenden vertraglichen Leistungen einschließlich derjenigen, die nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, vollständig erfüllt hat.

Dem Wortlaut von § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB aF lässt sich eine solche Auslegung nicht entnehmen. Bei gegenseitigen Verträgen im Sinn der §§ 320 ff. BGB aF handelt es sich um solche, bei denen jede Leistung deshalb geschuldet ist, weil die andere geschuldet wird. Es muss die Leistung des einen Teils nach dem Willen der Parteien die Gegenleistung, das Entgelt, für die des anderen darstellen. Es sollen Leistung und Gegenleistung derart gegeneinander ausgetauscht werden, dass jede Partei für ihre Leistung einen Ersatz in der Gegenleistung findet (BGHZ 15, 102, 105; 77, 359, 363; BGH, Urteil vom 19. Mai 2006 - V ZR 40/05, NJW 2006, 2773, unter II 3). Die Gegenleistung im Sinn von § 324 Abs. 1 Satz 1 BGB aF, auf die die ersparten Aufwendungen oder zusätzlichen Vorteile gemäß Satz 2 dieser Vorschrift anzurechnen sind, ist mithin schon nach dem Wortlaut und dem gesetzlichen Sinnzusammenhang nur die vertragliche Leistung des Gläubigers, die nach dem Willen der Parteien das Entgelt für die unmöglich gewordene Leistung des Schuldners darstellt.

Die Auslegung des Berufungsgerichts widerspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB aF soll verhindern, dass der Schuldner der unmöglich gewordenen Leistung besser steht, als er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrags gestanden hätte. Er soll keinen zusätzlichen Gewinn in Form ersparter Aufwendungen oder dadurch erzielen, dass er - wie hier - die Leistung anderweitig verwertet (Mot. II, 209; RGRK/Ballhaus, aaO; MünchKommBGB/Emmerich, aaO, § 324 Rdnr. 44, 48). Würde eine Anrechungsmöglichkeit aber bereits entfallen, wenn der Gläubiger eine - wie auch immer geartete - Pflichtverletzung begangenen hat, obwohl dem Schuldner sämtliche Vorteile aus dem Geschäft ungemindert zugeflossen sind, so würde er besser stehen, als er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte.

Die gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB aF ipso iure erfolgende Minderung der Gegenleistung (vgl. Staudinger/Otto, aaO, Rdnr. 53) ist schließlich nur dann gerechtfertigt, wenn es sich dabei um die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Leistung des Gläubigers handelt. Nur die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Leistungen sind um der - unmöglich gewordenen - Leistung des Schuldners willen versprochen worden und dauerhaft von ihr abhängig (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2006 - V ZR 40/05, aaO).

b)

Es kommt also für die Frage, ob die Beklagte durch die von der F. Privatbank erhaltene Zahlung ungerechtfertigt bereichert ist, darauf an, welche von der Käuferin nach dem Kaufvertrag zu erbringenden Leistungen im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen und ob und in welcher Höhe sie erbracht worden sind. Das Gegenseitigkeitsverhältnis erstreckt sich auf alle Hauptleistungspflichten und auf alle sonstigen vertraglichen Pflichten, die nach dem Vertragszweck von wesentlicher Bedeutung sind. Maßgebend für die Abgrenzung ist der durch Auslegung zu ermittelnde Wille der Parteien. Handelt es sich nach den Umständen des Falles um eine wesentliche Vertragsleistung, sind die §§ 320 ff. BGB anzuwenden (RGZ 101, 429, 431; BGH, Urteil vom 25. Juni 1953 - IV ZR 20/53, NJW 1953, 1347; MünchKommBGB/Emmerich, aaO, Vor § 320 Rdnr. 18). Die vom Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - unterlassene Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, weil die dafür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (BGH, Urteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96, NJW 1998, 1219, unter II 3 m.w.N.)

aa)

Neben der - wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat -vollständig erfolgten Zahlung des Kaufpreises gemäß § 8 des Kaufvertrags stand entgegen der Auffassung der Revision auch die von der Käuferin geschuldete Übernahme der Verbindlichkeiten gemäß § 4 des Kaufvertrags im Gegenseitigkeitsverhältnis (vgl. Senatsurteil vom 17. April 2002 - VIII ZR 297/01, WM 2002, 1229, unter II 2 und II 2 c; Lips/Stratz/Rudo in: Beck'sches Mandatshandbuch Unternehmenskauf, 2004, § 4 Rdnr. 565). Sie war Teil der von der Käuferin zu erbringenden vertraglichen Leistung, die um der anderen Leistung willen erbracht wurde.

Solange eine Genehmigung der Gläubiger zur Schuldübernahme nicht vorlag, war die Käuferin der Beklagten gegenüber verpflichtet, die Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen (§ 415 Abs. 3 BGB). Diese Verpflichtung wurde der Käuferin am 26. April 2002 dadurch unmöglich, dass die BAFin ihr sämtliche Zahlungen untersagte. Von der Verpflichtung zur Befriedigung der Gläubiger der Beklagten wurde die Käuferin deshalb frei (§ 275 Abs. 1 BGB aF). Die Unmöglichkeit war von der Käuferin zu vertreten. An die Stelle des bestehenden Befreiungsanspruchs der Beklagten ist ein Schadensersatzanspruch gemäß § 325 Abs. 1 BGB aF getreten (vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 329/87, NJW-RR 1990, 651, unter 2).

bb)

Im Gegenseitigkeitsverhältnis stand entgegen der Auffassung der Revision ferner die Pflicht der Käuferin gemäß § 10 Abs. 1 des Kaufvertrags, sich zusammen mit der Beklagten um die Zustimmung der Kunden zur Vertragsübernahme zu bemühen. Zwar stellt die Entgegennahme der von der anderen Vertragspartei zu erbringenden vertraglichen Hauptleistung - hier die Mitwirkung bei der Vertragsübernahme der verkauften Kundenbeziehungen - in der Regel keine wesentliche Vertragsleistung dar. Ebenso wie bei der Abnahme der Kaufsache gemäß § 433 Abs. 2 BGB kann dies aber anders sein, wenn der Verkäufer an der Mitwirkung ein ganz erhebliches Interesse hat und dieses Interesse dem Käufer bei Kaufvertragsabschluss bekannt ist (vgl. RGZ 57, 105, 112; 92, 268, 271; 101, 429, 431; MünchKommBGB/Westermann, 5. Aufl., § 433 Rdnr. 78).

So liegt es auch hier. Gemäß § 9 Nr. 1 und 2 des Kaufvertrags hatte es erhebliche Auswirkungen auf den Kaufpreis, wie viele Kunden einer Vertragsübernahme durch die Käuferin zustimmten. Die Beklagte hatte daher ein großes Interesse daran, dass die Käuferin alle oder möglichst viele der bestehenden Vermögensverwaltungsverträge übernahm. In § 9 Nr. 4 des Kaufvertrags hatte sich die Käuferin deshalb verpflichtet, den Wechsel der Privatkunden wirkungsvoll zu unterstützen. Daraus wird deutlich, dass die Mitwirkung nach dem Vertragszweck von wesentlicher Bedeutung war. Sie stellte eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Pflicht der Käuferin dar. Diese Pflicht wurde der Käuferin durch die Aufhebung der Bankerlaubnis vom 26. April 2002 und die Untersagungsverfügung der BAFin vom 7. Mai 2002 aus einem von ihr zu vertretenden Umstand unmöglich. An ihre Stelle trat ein Schadensersatzanspruch (§ 325 Abs. 1 BGB aF) der Beklagten.

cc)

Nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis standen dagegen - worauf die Revision zutreffend hinweist - etwaige Ansprüche der Beklagten aus einem Untermietvertrag über die Mieträume des verkauften Geschäftsbereichs. Dabei kann hier offen bleiben, ob ein solcher Untermietvertrag zustande gekommen ist. In jedem Fall handelt es sich um ein zwischen den Kaufvertragsparteien bestehendes weiteres und von dem Kaufvertrag getrennt zu betrachtendes Vertragsverhältnis. Unerheblich ist, dass die Parteien gemäß § 3 Nr. 2 des Kaufvertrags zum Abschluss eines Untermietvertrags verpflichtet waren, da allenfalls diese Verpflichtung, nicht aber Verpflichtungen aus dem auf dieser Grundlage abgeschlossenen Vertrag Teil der synallagmatischen Pflichten aus dem Kaufvertrag sein könnte.

c)

Die der Beklagten wegen der eingetretenen Unmöglichkeit zustehenden Schadensersatzansprüche gemäß § 325 Abs. 1 BGB aF stehen als an die Stelle der Leistungspflicht tretende sekundäre Ansprüche weiterhin im Gegenseitigkeitsverhältnis (vgl. RGZ 149, 321, 328; MünchKommBGB/Emmerich, aaO, Vor § 320 Rdnr. 26; § 320 Rdnr. 31). Sie sind Teil der der Beklagten geschuldeten Gegenleistung im Sinn von § 324 Abs. 1 Satz 1 BGB aF. Ein Rückzahlungsanspruch der Käuferin aus ungerechtfertigter Bereicherung kann folglich nur dann bestehen, wenn der Beklagten durch die Unmöglichkeit kein oder ein hinter dem Wert des anrechungspflichtigen Vorteils zurückbleibender Schaden entstanden ist. Zu einem etwaigen Schaden der Beklagten, der darin liegen könnte, dass die Beklagte die von der Käuferin gemäß § 4 des Kaufvertrags übernommenen Verbindlichkeiten selbst begleichen musste und dass ihr ein gemäß § 9 Nr. 2 des Kaufvertrags geschuldeter erhöhter Kaufpreis entgangen ist, hat das Berufungsgericht indes - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - keine Feststellungen getroffen.

III.

Nach dem Ausgeführten kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da noch weitere Feststellungen zu treffen sind. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Für die erneute Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:

1.

Zur Ermittlung eines etwaigen anrechnungspflichtigen Vorteils gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB aF sind zunächst - wie die Beklagte zu Recht geltend macht und wohl auch die Revision einräumt - von dem von der F. Privatbank gezahlten Betrag die der Beklagten für die anderweitige Verwertung der Kundenbeziehungen entstandenen Aufwendungen abzuziehen. Dabei trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des erhaltenen Vorteils als Voraussetzung der Anrechungspflicht gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB aF grundsätzlich den Gläubiger, d.h. im Sinn der Formulierung des Gesetzes den "anderen Teil", hier mithin die Käuferin (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2004 - X ZR 108/02, WM 2005, 571, unter II 2 b bb m.w.N.) und damit den Kläger. Allerdings ist der Schuldner - hier die Beklagte - nach den Grundsätzen der so genannten sekundären Darlegungslast gehalten, Angaben über innerbetriebliche und deshalb dem Gegner unzugängliche Vorgänge zu machen, wenn er unschwer hierzu in der Lage ist und die Fallumstände eine entsprechende Beweisführungserleichterung nahe legen (BGH, Urteil vom 17. Februar 2004, aaO).

2.

Soweit die Beklagte einen im Sinn des § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB aF anrechnungspflichtigen Vorteil erlangt hat, muss der Kläger im Rahmen des geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) weiter darlegen und beweisen, dass die Beklagte bereichert ist, weil sie entweder die von der Käuferin zu erbringende Gegenleistung vollständig erhalten hat oder der Wert des bisher nicht erbrachten Teils der Gegenleistung hinter dem Wert des anrechnungspflichtigen Vorteils zurückbleibt. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Beklagten durch die eingetretene Unmöglichkeit der von der Käuferin gemäß § 4 und § 10 Nr. 1, § 9 Nr. 4 des Kaufvertrags zu erbringenden Leistungen nach dem oben Ausgeführten kein oder ein hinter dem Wert des anrechungspflichtigen Vorteils zurückbleibender Schaden entstanden ist, trifft folglich den Kläger. Das entspricht den allgemeinen Grundsätzen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, nach denen jede Partei die ihr günstigen Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat.

Ende der Entscheidung

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