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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.11.1999
Aktenzeichen: VIII ZR 232/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 85 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VIII ZR 232/99

vom

17. November 1999

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst am 17. November 1999

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 22. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 22. Juni 1999 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.

Der Streitwert beträgt 60.468,41 DM.

Gründe:

I. Der Klägerin wurde das Urteil des Oberlandesgerichts am 9. Juli 1999 zugestellt. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil ist am 30. September 1999 eingegangen. Mit der Einlegung hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beantragt und hierzu unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen vorgetragen:

Die Klägerin habe das Anwaltskontor N. in B. beauftragt, gegen das Berufungsurteil Revision einzulegen. Rechtsanwalt N. habe die bei ihm angestellte Rechtsanwaltsfachkraft H. V. angewiesen, die Revisionsfrist zu notieren. Diese ansonsten zuverlässig arbeitende Mitarbeiterin habe versehentlich die Frist nicht notiert und die Akte weggelegt. Erst am 16. September 1999 sei das Versehen entdeckt worden.

II. Der Klägerin mußte die beantragte Wiedereinsetzung versagt werden. Da eine Prozeßpartei gemäß § 85 Abs. 2 ZPO für das Verhalten ihres Prozeßbevollmächtigten einzustehen hat, kommt nach § 233 eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in Betracht, wenn ausgeschlossen werden kann (BGH, Beschl. v. 27. Oktober 1998 - X ZB 20/98 = NJW 1999, 429 unter II vor 1 m.w.Nachw.), daß Rechtsanwalt N. die Versäumung der am 9. August 1999 ablaufenden Frist zur Einlegung der Revision durch ein vorwerfbares Fehlverhalten verursacht hat. Diese Feststellung ist jedoch nicht möglich.

1. Es ist nicht vorgetragen, ob Rechtsanwalt N. in seiner Kanzlei büroorganisatorische Maßnahmen getroffen hat, um Fehlerquellen bei der Behandlung von fristgebundenen Rechtsmittelaufträgen, die er wegen fehlender Postulationsfähigkeit beim Rechtsmittelgericht nicht selbst ausführen kann, in größtmöglichem Umfang auszuschließen. Zwar hat die Klägerin vorgetragen und glaubhaft gemacht, daß in der Kanzlei des Rechtsanwalts N. die Überwachung von Notfristen so organisiert sei, daß der Rechtsanwalt vor Ausstellung des Empfangsbekenntnisses auf der Urteilsausfertigung die Rechtsmittelfrist vermerke und dann den Vorgang an die Mitarbeiterin V. leite. Diese notiere die Frist in einem besonderen Fristenkalender und trage zusätzlich drei Tage vor Fristablauf eine Vorfrist ein, jeweils mit einem auffälligen Hinweis auf die Revisionsfrist.

Dieser Vortrag ist jedoch für den Streitfall ohne Bedeutung. Vorliegend hatte Rechtsanwalt N. weder ein Empfangsbekenntnis auszustellen noch die Rechtsmittelfrist auf der Urteilsausfertigung zu vermerken. Er ist beim Oberlandesgericht in Jena nicht zugelassen. Er war deshalb auch nicht der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin im zweiten Rechtszug. Mithin ist das Berufungsurteil ihm auch nicht für die Klägerin zugestellt worden. Welche Vorkehrungen Rechtsanwalt N. getroffen hat, um zu gewährleisten, daß in Fällen wie dem vorliegenden die ihm von der Partei erteilten und an postulationsfähige Rechtsanwälte des Rechtsmittelgerichts abzugebenden Rechtsmittelaufträge fristgerecht weitergeleitet werden, ist weder dargetan noch glaubhaft gemacht.

2. Da im Antrag auf Wiedereinsetzung somit weder die konkrete Sachbehandlung des Rechtsmittelauftrags der Klägerin hinreichend nachvollziehbar geschildert wird noch entsprechende organisatorische Maßnahmen in der Kanzlei N. angeführt werden, ist nicht auszuschließen, daß Rechtsanwalt N. selbst ein Verschulden an der Fristversäumung trifft. Dies ist der Klägerin zuzurechnen, weil auch der Verkehrsanwalt Bevollmächtigter im Sinne des § 85 Abs. 2 ZPO ist (vgl. Senat, Beschl. v. 28. März 1990 - VIII ZB 7/90 = VersR 1990, 801 unter II 2 a).

4. Da der Klägerin Wiedereinsetzung versagt werden mußte, erweist sich ihre Revision als verspätet und damit als unzulässig.

Ende der Entscheidung

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