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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.09.2009
Aktenzeichen: VIII ZR 242/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 157
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 29. September 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Ball,

den Richter Dr. Frellesen,

die Richterin Dr. Milger,

den Richter Dr. Achilles und

die Richterin Dr. Fetzer

beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die bei der (mietvertraglichen) Auslegung des Begriffs der Wohnfläche zu beachtenden Grundsätze sind zwischenzeitlich höchstrichterlich geklärt. Der Begriff der Wohnfläche ist nach der Rechtsprechung des Senats auch bei freifinanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der für preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen auszulegen, sofern die Parteien ihm im Einzelfall keine abweichende Bedeutung beigemessen haben oder ein anderer Berechnungsmodus ortsüblich oder nach Art der Wohnung nahe liegender ist (Senatsurteile vom 24. März 2004 - VIII ZR 44/03, NJW 2004, 2230, unter II 1 b aa, cc, und vom 23. Mai 2007 - VIII ZR 231/06, NJW 2007, 2624, Tz. 13). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt somit einer Vereinbarung darüber, welche Flächen in die Berechnung der Wohnfläche einzubeziehen sind, Vorrang zu (Senatsurteile vom 22. Februar 2006 - VIII ZR 219/04, NJW-RR 2006, 801, Tz. 11 und vom 16. September 2009 - VIII ZR 275/08, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II 3 b). Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, sind folglich die Flächen von Räumen, die nach den vertraglichen Bestimmungen zu Wohnzwecken vermietet sind (bspw. ausgebautes Dachgeschoss), bei der Wohnflächenermittlung unabhängig davon mit einzurechnen, ob sie bei einer Flächenberechnung nach den Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung als Wohnraum anzusehen sind (Senatsurteil vom 16. September 2009, aaO, unter II 3).

Eine solche anderweitige vertragliche Abrede der Parteien hat das Berufungsgericht trotz zahlreicher gegenteiliger Anhaltspunkte rechtsfehlerhaft verneint. Revision und Revisionserwiderung rügen insoweit übereinstimmend, wenn auch mit unterschiedlicher rechtlicher Bewertung, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen die Auslegungsgrundsätze des § 157 BGB Vortrag der Parteien unberücksichtigt gelassen, wonach sich diese bei Vertragsschluss darüber einig gewesen seien, dass die Beklagten die Räume im Souterrain zu Wohnzwecken nutzen mussten und wollten. Der Revisionserwiderung ist darin beizupflichten, dass das Berufungsgericht bei Würdigung sämtlicher Umstände nicht zu der Überzeugung hätte gelangen dürfen, eine vorrangige - die Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung ausschließende - Vereinbarung der Parteien über die Wohnfläche sei nicht ersichtlich. Daher stellt sich die von ihm in den Mittelpunkt gerückte Frage nicht, ob bei einer Flächenabweichung um mehr als 10 %, die sich ausschließlich aus den Wertungen der Zweiten Berechnungsverordnung ergibt, ein Minderungsrecht dann ausgeschlossen ist, wenn die Fläche tatsächlich zur Verfügung steht und ohne Gebrauchseinschränkung genutzt werden kann.

2.

Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Dass das Berufungsgericht wesentlichen Vortrag der Parteien zu ihren jeweiligen Vorstellungen bei Vertragsschluss übergangen hat, führt nicht zur Zurückverweisung des Rechtsstreits. Der Senat kann die Auslegung der beiderseitigen Parteierklärungen selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (BGH, Urteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96, NJW 1998, 1219, unter II 3; Urteil vom 2. Februar 2006 - III ZR 61/05, WM 2006, 871, Tz. 11; jeweils m.w.N.). Die gebotene Auslegung aller Begleitumstände ergibt, dass sich die Parteien bei Vertragsschluss unter Einbeziehung der beiden Räume im Souterrain über eine Wohnfläche von 102 qm geeinigt haben. Die Beklagten haben selbst vorgetragen, ihnen sei vor Vertragsschluss ein Maklerangebot vorgelegt worden, in dem die Räume im Kellergeschoss als Wohnfläche ausgewiesen gewesen seien. Dieses Maklerangebot führt eine Gesamtwohnfläche von circa 102 qm an und schlüsselt diese Fläche auf die einzelnen Räume auf. Von den rechnerisch 102,5 qm entfallen ausdrücklich 16 qm und 11 qm auf 2 Räume im Untergeschoss. Für die Beklagten war damit ohne weiteres erkennbar, dass die angegebene Gesamtwohnfläche nur unter Einbeziehung der Räume im Untergeschoss erzielt werden konnte (vgl. auch Senatsurteil vom 22. Februar 2006, aaO, Tz. 10). Dies räumen die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung auch ein. Weiter haben die Beklagten ausdrücklich vorgebracht, bei den Vertragsverhandlungen und bei Abschluss des Mietvertrages sei auch dem Kläger bekannt gewesen, dass sie unbedingt vier einzelne uneingeschränkt nutzbare Wohnräume benötigten, nämlich ein Arbeitszimmer für die selbständige Tätigkeit des Beklagten Ziffer 2, ein Zimmer für den Sohn der Beklagten, ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer. Diese Anzahl von Räumen sei im Haus ohne Einbeziehung des Souterrains nicht vorhanden; deshalb sei im Souterrain ein beheizbarer Raum zur Nutzung als Schlafzimmer vermietet worden. Diese - auch in der Beschreibung der Souterrainräume im schriftlichen Mietvertrag zum Ausdruck kommenden - Vorstellungen der Parteien stellt der Kläger - worauf die Revision zutreffend hinweist - nicht in Abrede. Der beiderseitige Parteivortrag lässt damit nur den - von der Revision geteilten - Schluss zu, dass sich die Parteien darüber einig waren, auch die Räume im Untergeschoss zu Wohnzwecken zur Verfügung zu stellen und zu nutzen. Dann haben die Parteien aber auch zwangsläufig Einigkeit darüber erzielt, dass die zu Wohnzwecken vermietete und in dieser Weise genutzte Fläche, also die "Wohnfläche", unter Einbeziehung des Kellergeschosses zu ermitteln ist und damit circa 102 qm beträgt. Entscheidend für eine Beschaffenheitsvereinbarung über den Umfang der Wohnfläche ist eine Einigung darüber, auf welche Flächen sich der beabsichtigte Nutzungszweck erstrecken soll, und nicht die Frage, ob der geplanten (und verwirklichten) Nutzung (öffentlich)-rechtliche Gründe entgegenstehen.

Die von der Revision angeführte Baurechtswidrigkeit bleibt damit ohne Bedeutung für einen auf eine Flächenabweichung gestützte Mangelhaftigkeit des Mietobjekts. Anders verhielte es sich, wenn das Minderungsverlangen unmittelbar mit einer Ungeeignetheit für Wohnzwecke begründet würde. Hierbei spielten öffentlichrechtliche Bestimmungen, die einer Nutzung als Wohnraum entgegenstehen, durchaus eine Rolle. Ein gewährleistungspflichtiger Mangel ist bei Verstößen gegen das öffentliche Baurecht aber - was die Revision nicht verkennt - regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn die Baurechtsbehörde die Nutzung untersagt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 24/06, GE 2008, 120, Tz. 11; Senatsurteil vom 16. September 2009, aaO, unter II 1; jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Beklagten haben nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Souterrainräume während der gesamten Dauer der Mietzeit zu Wohnzwecken genutzt. Der Minderungseinwand der Beklagten ist damit in jeder Hinsicht unbegründet.

3.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Ende der Entscheidung

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