Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 04.09.2002
Aktenzeichen: VIII ZR 251/01
Rechtsgebiete: AGBG


Vorschriften:

AGBG § 11 Nr. 14 lit. a a.F.
Zum Vorliegen einer gesonderten Erklärung im Sinne des § 11 Nr. 14 a AGBG a.F. (im Anschluß an BGHZ 148, 302).
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 251/01

Verkündet am: 4. September 2002

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. September 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Leimert, Wiechers, Dr. Wolst und Dr. Frellesen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 15. Oktober 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die M. & Partner Sanitär- und Heizungsanlagen GmbH & Co. KG (im folgenden: Leasingnehmerin), deren Geschäftsführer der Beklagte war, trug der Klägerin am 28. März 1995 den Abschluß eines Leasingvertrags über eine neue CAD-Anlage mit einer Grundmietzeit von 48 Monaten und monatlichen Leasingraten von 1.769,29 DM zuzüglich Mehrwertsteuer an. Das von der Klägerin gestellte Antragsformular enthält auf der Vorderseite in der oberen Hälfte neben einem Stempelaufdruck des Händlers maschinenschriftlich eingetragene Angaben zur Leasingnehmerin, zur Leasingsache und zu den Leasingraten. Darunter steht kleingedruckter Vertragstext, der in einer eingerahmten Leerzeile um eine "abweichende Regelung" ergänzt werden kann. Das untere Viertel des Vertragsformulars ist durch eine durchgehende Linie abgetrennt. Unter dieser Linie befinden sich links eine näher beschriebene Einzugsermächtigung und drei unterstrichene Leerzeilen, in denen Angaben zur Bank und zum Konto des Leasingnehmers zu ergänzen sind. Darunter steht wiederum links in der gleichen kleinen Schrift, in der auch der übrige Text des Antragsformulars gedruckt ist:

"Hiermit übernehme(n) ich/wir im Weg der Schuldmitübernahme neben dem Leasingnehmer die Haftung für alle Ansprüche auf Zahlung von Geld, die sich aus diesem Vertrag und seiner Beendigung, einschließlich einer eventuellen Rechtsverfolgung und Zwangsvollstreckung gegen den Leasingnehmer ergeben."

Rechts davon, ebenfalls noch unter der Einzugsermächtigung, heißt es:

"Leasingnehmer: Mehrere LN haften für alle aus diesem Vertrag entstehenden Pflichten gesamtschuldnerisch."

Unter den beiden vorgenannten Passagen, in denen die Worte "Schuldmitübernahme" bzw. "Leasingnehmer" leicht fett gedruckt sind, befindet sich, auf gleicher Höhe, jeweils eine durchgezogene Linie. Unter der linken Linie stehen die Worte "Unterschrift (ohne Stempel)", unter der mit einem Kreuz versehenen rechten Linie "Datum, Firmenstempel und Unterschrift". Ferner ist im unteren Viertel des Antragsformulars rechts neben der Einzugsermächtigung eine eingerahmte Widerrufsbelehrung "nur für private Verbraucher" abgedruckt, die auf den "Leasingantrag/die Schuldmitübernahme" Bezug nimmt. Darunter befindet sich, auf der Höhe der beiden vorgenannten Unterschriftsleisten, eine weitere Linie mit dem Zusatz "Datum, Unterschrift (ohne Stempel)". Der Beklagte unterschrieb auf allen drei Unterschriftsleisten. An den dafür vorgesehenen Stellen fügte er das Datum "28.03.95" und den Firmenstempel der Leasingnehmerin hinzu. Eine weitere Unterschrift setzte der Beklagte in die eingerahmte Leerzeile des Vertragstextes. Damit bietet die untere Hälfte des Antragsformulars folgendes Bild:

Die Klägerin nahm den Leasingantrag durch gesonderte Schreiben vom 2. April 1995 sowohl gegenüber der Leasingnehmerin als auch gegenüber dem Beklagten an. Nachdem die Leasingnehmerin die Leasingraten für das vierte Quartal 1998 trotz Mahnungen nicht gezahlt hatte und über ihr Vermögen die Sequestration angeordnet worden war, erklärte die Klägerin jeweils mit Schreiben vom 23. November 1998 gegenüber dem Sequester und dem Beklagten die fristlose Kündigung des Leasingvertrages. Zugleich verlangte sie - erfolglos - Zahlung der rückständigen Leasingraten und Leistung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

In dem vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin nach Verwertung der Leasingsache von dem Beklagten gemäß näherer Berechnung Zahlung von insgesamt 16.844,85 DM nebst Zinsen. Sie ist der Meinung, der Beklagte sei dem Leasingvertrag auf Seiten der Leasingnehmerin im Wege der Schuldmitübernahme wirksam beigetreten. Demgegenüber macht der Beklagte geltend, die Schuldmitübernahme sei nach § 11 Nr. 14a AGBG mangels gesonderter Erklärung unwirksam. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Die Schuldmitübernahmeerklärung des Beklagten sei unwirksam, weil die betreffende Vertragsklausel den Anforderungen des § 11 Nr. 14a AGBG an eine "gesonderte Erklärung" nicht entspreche. Unklar sei, an welcher Stelle der Vertreter der Leasingnehmerin die maßgebliche Vertragsunterschrift leisten solle. Die mittlere Unterschrift am unteren Rand des Antragsformulars decke vordergründig entweder die Einzugsermächtigung oder die Erklärung, daß mehrere Leasingnehmer als Gesamtschuldner hafteten. Demgemäß liege nicht fern, daß der Beklagte die Vertragsunterschrift in dem für eine "abweichende Regelung" bestimmten umrandeten Feld habe leisten wollen. Die Schuldmitübernahmeerklärung sei nach dem äußeren Bild in das Antragsformular vollkommen eingegliedert. Druckstärke und Schriftgröße entsprächen dem übrigen Vertragstext. Der äußere Anschein eines einheitlichen Vertrages werde dadurch verstärkt, daß sich unmittelbar unter dem Text der Schuldmitübernahme ohne weitere Abgrenzung die Zeile für die Unterschriften des Schuldmitübernehmers, des Leasingnehmers und des über sein Widerrufsrecht Belehrten befänden. Nach dem äußeren Erscheinungsbild bezögen sich damit alle Unterschriften auf den gesamten Text des Antragsformulars. Daß der Beklagte auch eine auf die Schuldmitübernahme bezogene Widerrufsbelehrung unterschrieben habe, habe auf die rechtliche Beurteilung der Verpflichtungserklärung keinen Einfluß. Eine wirksame Widerrufsbelehrung besage wegen des unterschiedlichen Schutzzwecks nichts darüber, ob die gesetzlichen Anforderungen der Verpflichtungserklärung erfüllt seien, und heile daher deren Mängel nicht.

II.

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht den von der Klägerin gegen den Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Zahlung rückständiger Leasingraten aus dem Leasingvertrag vom 28. März/2. April 1995 und auf Leistung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung des vorgenannten Vertrages verneint, weil die Schuldmitübernahme des Beklagten in dem von ihm unterschriebenen Antragsformular gemäß § 11 Nr. 14a AGBG (wie auch alle anderen Bestimmungen des AGBG gemäß Art. 229 § 5 EGBGB in Verbindung mit Art. 12 Satz 3 des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro in der bis zum 29. Juni 2000 geltenden Fassung) unwirksam ist. Nach dieser Vorschrift ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt, ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht auferlegt. Das ist bei der Schuldmitübernahme des Beklagten der Fall.

1. Bei dem formularmäßigen Antrag auf Abschluß eines Leasingvertrages, den der Beklagte, der Geschäftsführer der Leasingnehmerin, gemäß § 35 GmbHG als deren Vertreter unterzeichnet hat, handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG. Das gilt auch für die darin enthaltene Erklärung der Schuldmitübernahme.

2. Entgegen der Ansicht der Revision findet § 11 Nr. 14a AGBG auf die Erklärung der Schuldmitübernahme durch den Beklagten auch in persönlicher Hinsicht Anwendung. Der persönliche Anwendungsbereich des AGBG wird allein durch § 24 AGBG begrenzt. Danach besteht für den Beklagten keine Ausnahme. Insbesondere ist er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer GmbH nicht Kaufmann (vgl. BGHZ 104, 95, 98; 133, 71, 78).

3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht in Bezug auf die Schuldmitübernahme eine "gesonderte Erklärung" im Sinne des § 11 Nr. 14a AGBG verneint hat.

a) Durch das Erfordernis einer gesonderten Erklärung sollen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine erhöhte Aufmerksamkeit des Vertreters für den Inhalt des Formulars bewirkt und ihm auf diese Weise Inhalt und Bedeutung des Rechtsgeschäfts klar vor Augen geführt werden. Die damit bezweckte Warnung des Vertreters vor der Auferlegung einer eigenen Haftung oder Einstandspflicht erfordert es zwar nicht, daß die betreffende Erklärung in einer vom Hauptvertrag getrennten Urkunde abgegeben wird. Der Text der Erklärung sowie die sich darauf beziehende Unterschrift müssen jedoch deutlich von dem Wortlaut des Vertrages abgesetzt sein, um dem Vertreter Inhalt und Wirkung seiner eigenen Erklärung deutlich zu machen. Die Urkunde ist demnach äußerlich so zu gestalten, daß sie dem Vertreter die Rechtsfolge unübersehbar vor Augen führt. Schon aus dem äußeren Aufbau der Urkunde muß deren Doppelcharakter klar hervortreten (BGHZ 148, 302, 304 m.w.Nachw.).

b) Dem wird das Antragsformular der Klägerin nicht gerecht. Die Erklärung der Schuldmitübernahme ist nicht deutlich vom Vertragstext abgesetzt. Vielmehr ist sie in diesen eingegliedert. Sie steht nicht für sich allein, sondern zusammen mit der Regelung, daß mehrere Leasingnehmer gesamtschuldnerisch haften, unmittelbar unterhalb der Einzugsermächtigung. Diese zieht schon wegen der drei großen unterstrichenen Leerzeilen, in denen Angaben zur Bank und zum Konto des Leasingnehmers zu ergänzen sind, die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Demgegenüber ist die Erklärung der Schuldmitübernahme unauffällig. Sie ist - anders als die dadurch besonders herausgestellte Widerrufsbelehrung - nicht eingerahmt. Die Schriftart und die Druckstärke entsprechen denen des übrigen Vertragstextes. Das Wort "Schuldmitübernahme" ist zwar leicht fett gedruckt. Angesichts der winzigen Schrift - auf einen Zentimeter kommen fast fünf Zeilen - fällt das jedoch nicht besonders auf.

Eine erhöhte Aufmerksamkeit des Vertreters des Leasingnehmers wird auch nicht dadurch bewirkt, daß die Erklärung der Schuldmitübernahme gesondert zu unterschreiben ist. Die Unterschrift ist direkt neben der Vertragsunterschrift des Leasingnehmers zu leisten. Wegen der unmittelbaren Nähe zu der im Vordergrund der Aufmerksamkeit stehenden Einzugsermächtigung wird bei flüchtiger Betrachtung der Eindruck hervorgerufen, daß es sich lediglich um eine weitere Unterschrift des Leasingnehmers handelt, die sich auf die Einzugsermächtigung bezieht. Angesichts dessen kommt auch dem Umstand, daß die Vertragsunterschrift des Leasingnehmers mit einem Firmenstempel zu ergänzen ist, keine Bedeutung zu.

Dadurch, daß die Erklärung der Schuldmitübernahme in den Vertragstext eingegliedert ist und die darunter vorgesehene Unterschrift sich auf gleicher Höhe mit der Vertragsunterschrift des Leasingnehmers befindet, unterscheidet sich das von der Klägerin verwandte Formular von denjenigen, die den Urteilen BGHZ 104, 232 und 133, 71 zugrunde lagen. Dort folgte die Mithaftungserklärung jeweils erst im Anschluß an die Unterschriftszeile für den Leasingnehmer und war außerdem räumlich deutlich von dem Text des Hauptvertrages getrennt (vgl. auch BGHZ 148, 302, 305).

Nach alledem ist die Gestaltung des von der Klägerin verwandten Formulars geeignet, die Tatsache zu verschleiern, daß das Formular neben dem Antrag auf Abschluß eines Leasingvertrages auch noch die Erklärung der Schuldmitübernahme enthält.

4. Das Berufungsgericht hat dem Umstand, daß der Beklagte auch die unter anderem auf die Schuldmitübernahme bezogene Widerrufsbelehrung unterschrieben hat, keinen Einfluß auf die rechtliche Beurteilung beigemessen. Dagegen erhebt die Revision keine Einwendungen und bestehen auch sonst keine Bedenken (vgl. BGHZ 148, 302, 306 f.).

Ende der Entscheidung

Zurück