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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 12.12.2007
Aktenzeichen: VIII ZR 269/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 301
Zur Frage der Zulässigkeit eines Teilurteils im Falle einer Klage des Vermieters auf Zahlung rückständiger Miete und auf Räumung des Mietobjekts.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 269/06

Verkündet am: 12. Dezember 2007

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter Dr. Achilles

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 25. Juli 2006 und das Teilurteil des Amtsgerichts Starnberg vom 11. Januar 2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte zu 1 mietete von den Klägern ab dem 1. August 2004 ein Hausgrundstück in S. , das sie zusammen mit dem Beklagten zu 2 bewohnt. Die Kläger kündigten im Lauf des Jahres 2005 das Mietverhältnis mit Schreiben ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mehrmals fristlos und nehmen die Beklagten auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts sowie auf Zahlung von rückständiger Miete und Nutzungsentschädigung in Anspruch; die Beklagten berufen sich auf ein Recht zur Minderung der Miete wegen Mängeln der Mietsache und auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen unterbliebener Mangelbeseitigung.

Das Amtsgericht hat die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs für gerechtfertigt gehalten und der Räumungs- und Herausgabeklage durch ein Teilurteil stattgegeben; zugleich hat das Amtsgericht sich die Anordnung von Beweiserhebungen zur Feststellung der konkreten Höhe des der Beklagten zu 1 zustehenden Mietminderungsbetrages und des geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts vorbehalten. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der diese ihr Begehren auf Abweisung der Räumungs- und Herausgabeklage weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die Beklagten seien zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts verpflichtet. Zwar habe bei der Beklagten zu 1 ein die fristlose Kündigung rechtfertigender Zahlungsverzug entgegen der Auffassung des Amtsgerichts weder bei der Kündigung vom 6. Juli 2006 noch bei den weiteren fristlosen Kündigungen vorgelegen. Die Kläger hätten jedoch mit ihrer Kündigung vom 6. Juli 2006 das Mietverhältnis aus einem anderen wichtigen Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB wirksam fristlos gekündigt. Die Beklagten hätten die Vertragsgrundlage zerrüttet, indem sie einen Wanddurchbruch zwischen Küche und Wohn-/Esszimmer vorgenommen und das Schwimmbad trotz Abmahnung nicht ordnungsgemäß betrieben und nicht ordnungsgemäß stillgelegt hätten; angesichts dieses Verhaltens sei den Klägern die weitere Durchführung des Vertrages unzumutbar.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in prozessualer Hinsicht nicht stand. Die Revision rügt - ebenso wie schon die Berufung der Beklagten - zu Recht, dass dem Räumungs- und Herausgabeanspruch der Kläger durch ein Teilurteil stattgegeben worden ist.

Ein Teilurteil ist unzulässig, wenn es eine Frage entscheidet, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche noch einmal stellt, weil dann die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht. Ein Teilurteil gemäß § 301 ZPO darf daher nur ergehen, wenn die Beurteilung des durch das Teilurteil entschiedenen Anspruchs, auch unter Berücksichtigung einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht, vom Ausgang des Streits über die weiteren Ansprüche unabhängig ist (st.Rspr.; Senatsurteil vom 22. Juni 2005 - VIII ZR 378/04, MietPrax-AK, § 301 ZPO Nr. 1, unter II; Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 236/05, WM 2007, 1901, Tz. 25). Diese Grundsätze haben das Amtsgericht und das Berufungsgericht nicht beachtet. Das Berufungsgericht hätte das unzulässige Teilurteil des Amtsgerichts nicht bestätigen dürfen, sondern hätte das Teilurteil aufheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverweisen müssen.

1. Das mit einem Zahlungsverzug der Beklagten zu 1 (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BGB) begründete Teilurteil des Amtsgerichts über die Verurteilung der Beklagten zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts ist unzulässig. Es birgt die Gefahr widersprechender Entscheidungen in sich, weil das Amtsgericht bei der späteren Entscheidung über den Zahlungsanspruch an sein Teilurteil über den Räumungsanspruch und die hierzu getroffenen Feststellungen zum Zahlungsverzug der Beklagten nicht gebunden ist (Senatsurteil vom 22. Juni 2005, aaO). Deshalb könnte das weitere Verfahren über den Zahlungsanspruch, wenn das Teilurteil inzwischen rechtskräftig geworden ist, zu dem Ergebnis führen, dass die von der Beklagten zu 1 geltend gemachte Mietminderung und das Zurückbehaltungsrecht in solcher Höhe begründet sind, dass Mietrückstände, die eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB gerechtfertigt hätten, nicht bestanden; das widerspräche dem auf Mietrückstände gestützten Teilurteil über die Räumung.

Ebenso könnte im Rechtsmittelverfahren über das vom Amtsgericht erlassene Teilurteil ein die fristlose Kündigung rechtfertigender Zahlungsverzug der Beklagten zu 1 mit Mietrückständen entgegen der Auffassung des Amtsgerichts verneint und die Räumungsklage dementsprechend abgewiesen werden; auch daran wäre das Amtsgericht bei seiner späteren Entscheidung über das Zahlungsbegehren der Kläger nicht gebunden, so dass es das Vorliegen von Mietrückständen, die eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten, wiederum bejahen könnte; dies widerspräche einer im Rechtsmittelverfahren erfolgten Abweisung der Räumungsklage.

2. An der Unzulässigkeit des vom Amtsgericht erlassenen und vom Berufungsgericht bestätigten Teilurteils ändert sich nichts dadurch, dass das Berufungsgericht das Recht der Kläger zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses nicht auf einen Zahlungsverzug der Beklagten zu 1 mit Mietrückständen, sondern auf einen anderen wichtigen Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB (Zerrüttung der Vertragsgrundlage) gestützt hat. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen ist dadurch nicht beseitigt worden. Hätte nämlich die Begründung des Berufungsgerichts im Rechtsmittelverfahren keinen Bestand, so käme es darauf an, ob die Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs begründet ist; vom Standpunkt des Berufungsgerichts müsste die Räumungsklage dann abgewiesen werden. An diese Entscheidung wären jedoch das Amtsgericht und auch das Berufungsgericht im nachfolgenden Zahlungsprozess - wie ausgeführt (unter 1) - nicht gebunden (Senatsurteil vom 22. Juni 2005, aaO). Es könnte also im Zahlungsprozess über die Mietrückstände zu einem Urteil kommen, nach dem die (abgewiesene) Räumungsklage doch begründet gewesen wäre. Das soll vermieden werden.

III.

Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann über die Unzulässigkeit des Teilurteils selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Er hebt auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des Amtsgerichts auf und verweist die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 3 ZPO an das Amtsgericht zurück (vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2007, aaO, Tz. 27).

Ende der Entscheidung

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