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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.04.2004
Aktenzeichen: X ARZ 384/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 278
ZPO § 29 Abs. 1
ZPO § 29c Abs. 1
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 36 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

X ARZ 384/03

vom 6. April 2004

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Gründe:

I. Der Antragsteller beabsichtigt, die Antragsgegner als Gesamtschuldner auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch zu nehmen. Er trägt vor: Die Antragsgegnerin zu 1 sei ein Wirtschaftsberatungs- und ... mit Sitz in H. . Sie vermittele unter anderem Kapitalanlagen und bediene sich dazu selbständiger Handelsvertreter. Der Antragsgegner zu 2, der seinen Wohnsitz in O. habe, sei ein solcher selbständiger Handelsvertreter. An diesen sei er aufgrund länger bestehender Bekanntschaft herangetreten und habe mit ihm ein Beratungsgespräch vereinbart. Dieses Gespräch habe in seiner, des Antragstellers, Wohnung in D. stattgefunden. Der Antragsgegner zu 2 habe ihm bei dem Gespräch eine Beteiligung an der "S. -... Dreiländerbeteiligung - ... ... " (nachfolgend: Dreiländerfonds) angeboten. Auf dieses Angebot sei er, der Antragsteller, eingegangen und habe sich mit 95.000,-- DM zuzüglich Agio an dem Dreiländerfonds beteiligt. Er habe zu diesem Zweck der A. den Auftrag erteilt und diese bevollmächtigt, dem Dreiländerfonds beizutreten. Die erworbenen Anteile hätten in der Folgezeit den Großteil ihres Wertes verloren.

Der Antragsteller hat Klage beim Landgericht Hannover eingereicht und vorab beantragt, die Sache dem Oberlandesgericht Celle mit dem Antrag vorzulegen, das Landgericht Hannover als für die Klage gegen beide Antragsgegner zuständiges Gericht zu bestimmen. Das Oberlandesgericht Celle möchte die beantragte Gerichtsstandsbestimmung treffen, sieht sich an einer solchen Entscheidung aber durch den Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 10. Juni 2002 (NJW 2002, 2888) gehindert.

II. Die Vorlage ist gemäß § 36 Abs. 3 ZPO zulässig.

Nach Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts ist ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand für den Rechtsstreit nicht begründet. Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes bestehe für die nach dem Klagevorbringen verletzten Beratungspflichten jedenfalls für die Antragsgegnerin zu 1 nicht an dem Ort, an dem die Beratung stattgefunden habe, sondern am Geschäftssitz der Antragsgegnerin zu 1.

Demgegenüber hat das Bayerische Oberste Landesgericht die Gerichtsstandsbestimmung für eine gleichfalls gegen die Antragsgegnerin zu 1 und einen in M. ansässigen Handelsvertreter zu richtende Klage mit der Begründung abgelehnt, nach dem Klagevorbringen sei schadensursächlich die mangelhafte Aufklärung und Beratung durch den Handelsvertreter bei Gesprächen in dessen Büroräumen in München, die unmittelbar zum Vertragsabschluß geführt hätten. Nach dieser Auffassung ist nicht der Geschäftssitz des Anlagevermittlers maßgebend. Das vorlegende Oberlandesgericht Celle würde daher bei der von ihm beabsichtigten Gerichtsstandsbestimmung in einer Rechtsfrage von der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts abweichen, wenn es die von ihm beabsichtigte Gerichtsstandsbestimmung träfe.

III. Über die Vorlagefrage ist jedoch nicht zu entscheiden. Für eine Gerichtstandsbestimmung ist kein Raum, da ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand bei dem für den Wohnsitz des Antragstellers zuständigen Landgericht Duisburg begründet ist. Damit ist der Antrag auf Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unbegründet.

Der Senat hat in seinem in der Vorlageentscheidung erwähnten Beschluß vom 7. Januar 2003 (X ARZ 362/02, BGH-Rep 2003, 566 f.) die Frage offengelassen, ob an dem Wohnsitz des Antragstellers, an dem nach seinem Vorbringen zugleich das Beratungsgespräch geführt worden war, für beide Antragsgegner der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 Abs. 1 ZPO begründet war, weil in dem dort entschiedenen Fall jedenfalls der Gerichtsstand des § 29c Abs. 1 ZPO bestand.

Selbst wenn dies vorliegend deshalb nicht der Fall sein sollte, weil nach dem Vortrag des Antragstellers die Initiative zu dem im Oktober 1999 geführten Beratungsgespräch von ihm selbst ausgegangen ist, so ergibt sich hier aus dem Vortrag des Antragstellers jedoch, daß der gemeinsame besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts besteht. Der Antragsteller leitet seine Ansprüche gegen die Antragsgegner aus dem Beratungsgespräch ab, das der Antragsgegner zu 2 am Wohnsitz des Antragstellers mit ihm geführt hat; die Haftung der Antragsgegnerin zu 1 soll sich daraus ergeben, daß die die Antragsgegner treffenden Beratungspflichten bei diesem Gespräch nicht erfüllt worden seien und die Antragsgegnerin zu 1 jedenfalls nach § 278 BGB für die Pflichtwidrigkeiten des Antragsgegners zu 2 einzustehen habe. Aus seinem Vortrag ergibt sich hingegen nicht, daß er die Antragsgegnerin zu 1 wegen der Verletzung weiterer Pflichten in Anspruch nehmen will, die diese an anderer Stelle als an dem Wohnort des Antragstellers zu erfüllen gehabt hätte. Unbeschadet der Frage, ob eine Haftung der Antragsgegnerin zu 1 in Betracht kommt, die in den im Vorlagebeschluß angeführten Musterprozessen 11 U 291/01 und 11 U 341/01 des Oberlandesgerichts Celle (= Bundesgerichtshof III ZR 306/02 und III ZR 305/02) bisher nicht entschieden worden ist, weil sich die Parteien dort in einem Fall verglichen haben und im anderen Fall das Ruhen des Verfahrens wegen schwebender Vergleichsverhandlungen angeordnet worden ist, stützt der Antragsteller seine Schadensersatzforderung ausschließlich darauf, daß der Antragsgegner zu 2 ihn anläßlich des Beratungsgesprächs fehlerhaft und unvollständig aufgeklärt habe (Klageschrift S. 6 unter II.). Daß außerdem die Antragsgegnerin zu 1 weitere eigene Beratungsleistungen habe erbringen müssen, hat er hingegen nicht dargelegt. Auch soweit er geltend macht, die Antragsgegner zu 1 und 2 hätten das Anlagekonzept nicht auf seine wirtschaftliche Plausibilität geprüft, leitet er die schuldhafte Vertragsverletzung aus dem Verhalten des Antragsgegners zu 2 her, der dies bei dem Beratungsgespräch nicht offengelegt habe, was sich die Antragsgegnerin zu 1 über § 278 BGB zurechnen lassen müsse. Soweit er sich auf das von der Antragsgegnerin zu 1 stammende Prospektmaterial beruft, macht er gleichfalls geltend, daß die Überlassung dieses Materials nicht ausgereicht habe, sondern der Antragsgegner zu 2 verpflichtet gewesen sei, ihm den Emissionsprospekt inhaltlich eingehend und erschöpfend zu erläutern, was er jedoch nicht getan habe. Waren mithin nach dem Vortrag des Antragstellers die Vertragspflichten, aus deren Verletzung er Schadensersatzansprüche herleiten will, bei dem Beratungsgespräch zu erfüllen, das vereinbarungsgemäß an seinem Wohnort stattgefunden hat, so besteht dort für beide Antragsgegner der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind hiernach nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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