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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.06.2006
Aktenzeichen: X ARZ 85/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 724 Abs. 2
Ist der Rechtsstreit aufgrund Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid an das Prozessgericht abgegeben worden, ist für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids das Prozessgericht als Gericht des ersten Rechtszuges zuständig.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

X ARZ 85/06

vom 13. Juni 2006

in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff

beschlossen:

Tenor:

Für die Erteilung der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung ist das Amtsgericht Duisburg zuständig.

Gründe:

I. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung von 655,47 € erwirkt. Nachdem der Antragsgegner Einspruch eingelegt hatte, hat das für das Mahnverfahren zuständige Amtsgericht Hagen das Verfahren an das Amtsgericht Duisburg abgegeben, das am 4. Februar 2004 ein zweites Versäumnisurteil erließ.

II. Mit Schreiben vom 30. November 2004 hat die Antragstellerin die Ausfertigung einer Zweitschrift des Vollstreckungsbescheids bei dem Amtsgericht Hagen beantragt, da die erste Ausfertigung nicht mehr auffindbar sei. Mit Beschluss vom 14. November 2005 hat sich das Amtsgericht Hagen für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids für unzuständig erklärt und das Verfahren auf Antrag der Antragstellerin an das Amtsgericht Duisburg verwiesen. Das Amtsgericht Duisburg, das sich ebenfalls für unzuständig hält, hat die Sache dem Oberlandesgericht Hamm zur gerichtlichen Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.

III. Dessen Vorlage an den Bundesgerichtshof ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zulässig. Das vorlegende Oberlandesgericht Hamm will seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde legen, dass das Prozessgericht für die Erteilung einer weiteren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids zuständig ist, sobald dieses infolge einer nach Widerspruch oder Einspruch erfolgten Abgabe des Mahnverfahrens mit dem streitigen Verfahren befasst worden ist. Damit würde es von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 (OLGR Stuttgart 2005, 23 f.) abweichen, wonach für die Erteilung der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids nicht das Prozessgericht, sondern das Mahngericht zuständig ist, welches den Vollstreckungsbescheid erlassen hat.

IV. Für die Erteilung der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung ist das Amtsgericht Duisburg zuständig.

Gemäß § 724 Abs. 2 ZPO wird die vollstreckbare Ausfertigung von dem Gericht des ersten Rechtszugs erteilt. Für die Erteilung der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung sieht das Gesetz eine Sonderregelung nicht vor.

Gericht des ersten Rechtszugs ist das Mahngericht, wenn ein Widerspruch nicht eingelegt wird (Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 796 Rdn. 5; § 36 Rdn. 4; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 796 Rdn. 1; OLG Stuttgart aaO). Das Mahnverfahren ist ein dem Streitverfahren vorgelagertes Verfahren zur vereinfachten Erlangung eines Titels; es ist kein gesonderter Rechtszug (BGHZ 103, 20, 26; BGH, Beschl. v. 11.04.1991 - I ARZ 136/91, NJW 1991, 2084). Wird Widerspruch eingelegt und der Rechtsstreit an das Prozessgericht abgegeben, so ist dieses grundsätzlich für das weitere Verfahren, etwa auch für den Erlass eines Vollstreckungsbescheides zuständig (Sen.Beschl. v. 08.10.1997 - X ARZ 1104/97, MDR 1998, 304). Nichts anderes gilt für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids. Gericht des ersten Rechtszugs ist vielmehr auch insoweit das Prozessgericht, bei dem sich ab dem Zeitpunkt, in dem der Rechtsstreit nach erfolgtem Widerspruch oder Einspruch abgegeben worden ist, die Akten befinden und aufzubewahren sind. Das vorlegende Oberlandesgericht weist zu Recht darauf hin, dass hierfür auch Zweckmäßigkeitsgründe sprechen, da nur bei dem Gericht, bei dem sich die Akten befinden, ohne großen Aufwand geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung vorliegen, insbesondere ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Vollstreckungsbescheid noch Bestand hat.

Ende der Entscheidung

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