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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 18.09.2007
Aktenzeichen: X ZR 167/05
Rechtsgebiete: ArbNErfG, GG


Vorschriften:

ArbNErfG § 42 Nr. 1
GG Art. 5 Abs. 3
GG Art. 73 Abs. 1 Nr. 9
a) Die Regelung in § 42 Nr. 1 ArbNErfG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 18. Januar 2002 (BGBl. 2002 I S. 414) hält sich im Rahmen der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 GG.

b) Die Regelung der "positiven Publikationsfreiheit" des Hochschullehrers in § 42 Nr. 1 ArbNErfG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 18. Januar 2002 (BGBl. 2002 I S. 414) verstößt nicht gegen Art. 5 Abs. 3 GG.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 167/05

Verkündet am: 18. September 2007

selbststabilisierendes Kniegelenk

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2007 durch die Richter Scharen, Keukenschrijver, Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das am 10. November 2005 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist habilitierter beamteter Direktor der Abteilung Kieferorthopädie des Klinikums der beklagten Universität. Der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit liegt auf dem Gebiet der Biomechanik. Er hat bereits mehrere Erfindungen aus diesem Bereich zum Patent angemeldet. Während seiner dienstlichen wissenschaftlichen Tätigkeit entwickelte er ein selbststabilisierendes Kniegelenk. Im April 2002 erklärte er gegenüber der Beklagten, er sei nicht bereit, entsprechend der im Februar 2002 in Kraft getretenen Neuregelung des Hochschulerfinderrechts (§ 42 Nr. 1 ArbNErfG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 18.1.2002, BGBl. I S. 414; nachfolgend: n.F.) der Universität Erfindungen anzuzeigen, weil er durch die Neuregelung im Gesetz in seinen Grundrechten verletzt sei. Die Beklagte kündigte für den Fall des Unterbleibens erforderlicher Anzeigen dienstrechtliche Konsequenzen und die Prüfung von Schadensersatzansprüchen an.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, die Offenbarung seiner Erfindung der Beklagten anzuzeigen oder zu melden. Das nach Verweisung durch das vom Kläger ursprünglich angerufene Verwaltungsgericht mit der Sache befasste Landgericht hat das Verfahren zunächst nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Gültigkeit der Regelung in § 42 Nr. 1 ArbNErfG n.F. herbeizuführen (Vorlagebeschluss abgedruckt in Mitt. 2004, 74 m. Anm. Beyerlein und in NdsVBl. 2004, 110). Das Bundesverfassungsgericht hat die Richtervorlage für unzulässig erklärt (BVerfG, Kammerbeschluss, NVwZ 2004, 974 = BVerfGK 3, 93). Das Landgericht hat daraufhin (in anderer Besetzung) die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben (OLG Braunschweig Mitt. 2006, 41 m. Anm. Beyerlein = GRUR-RR 2006, 178). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.

I. Die Klage ist, wie dies die Vorinstanzen zutreffend angenommen haben, zulässig. Insbesondere ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse schon deshalb gegeben, weil die Beklagte dem Kläger für den Fall der Nichtanzeige seiner Absicht, die Erfindung zu offenbaren, dienstrechtliche und finanzielle Konsequenzen angedroht hat. Aus der Weigerung des Klägers, die Erfindung der Universität anzuzeigen, wie aus der Androhung von Konsequenzen seitens der Beklagten folgt zugleich, dass beide Parteien die Erfindung als Diensterfindung ansehen. Der Kläger beabsichtigt nach den Feststellungen im Berufungsurteil, die Erfindung im Rahmen seiner Lehrtätigkeit den Studierenden vor Ablauf der durch die Anzeige regelmäßig in Lauf gesetzten Zweimonatsfrist zugänglich zu machen. Er hat deshalb ein rechtliches Interesse daran, gerichtlich klären zu lassen, ob ihn gegenüber der Hochschule die Verpflichtung trifft, die Offenbarung der Erfindung zu unterlassen, solange er seine Offenbarungsabsicht nicht angezeigt hat. Mit seiner Klage verfolgt der Kläger auch nicht nur unzulässigerweise ein von der Anwendung der Norm abstrahierendes Feststellungsbegehren, denn seine Klage stellt auf das Bestehen der Anzeigepflicht bezüglich der Offenbarungsabsicht der Erfindung "selbststabilisierendes Kniegelenk" ab (vgl. hierzu OVG Münster WissR 1994, 310).

Das Feststellungsinteresse des Klägers ist schließlich nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte aus der Klage Kenntnis von einer Veröffentlichungsabsicht des Klägers hat. Denn die prozessuale Geltendmachung einer Rechtsposition kann einer Anzeige nach § 42 Nr. 1 ArbNErfG n.F. nicht gleichgesetzt werden.

II. Der Klage muss jedoch der Erfolg versagt bleiben. Der Kläger ist verpflichtet, dem Dienstherrn seine Absicht, die Diensterfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit zu offenbaren, rechtzeitig zuvor anzuzeigen (§ 42 Nr. 1 ArbNErfG n.F.).

1. Der Kläger zieht zu Recht nicht in Zweifel, dass die sich aus der geltenden gesetzlichen Regelung ergebenden Voraussetzungen für das Bestehen einer Anzeigepflicht erfüllt sind.

2. Die Bedenken, die der Kläger gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung vorbringt, greifen im Ergebnis nicht durch.

a) Die in § 42 Nr. 1 ArbNErfG n.F. getroffene Regelung ist nicht in formeller Hinsicht verfassungswidrig, denn sie fällt in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Der Senat tritt insoweit der in den Gesetzgebungsverfahren (Gesetzesbegründung BT-Drucks. II/1648, S. 14 f. = BlPMZ 1957, 226; BT-Drucks. 14/5975, S. 8 und Regierungsentwurf BR-Drucks. 583/01, S. 13) geäußerten Auffassung bei (vgl. auch Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 10. Aufl. 2004, Rdn. 119 zu Art. 73).

aa) (1) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den gewerblichen Rechtsschutz folgt (ganz allgemein) aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 GG (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 18.6.1997, 4 C 8/95, NVwZ 1998, 614 - Allround-Gerüst, juris-Tz. 23), die Vorrang vor den Kompetenzzuweisungen mit schwächerer Wirkung hat (Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Rdn. 147 zu Art. 73; vgl. T. M. Spranger in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Aktualisierung Dezember 2006, Rdn. 18 zu Art. 73 Nr. 9). Damit erfasst sie auch die Nebengesetze des gewerblichen Rechtsschutzes wie das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen selbst unter dem Gesichtspunkt, dass bei den in diesem Gesetz getroffenen Regelungen auch arbeits- und dienstrechtliche Belange von Gewicht sind.

Die Kritik, die diese Einschätzung erfahren hat (insbesondere bei Hübner, Erfindungen von Beschäftigten an Hochschulen, 2003, zugl. Diss. Münster 2002, S. 79 - S. 86; vgl. auch Volz, Das Recht der Arbeitnehmererfindung im öffentlichen Dienst, 1985, S. 21 ff.), ist jedenfalls im Ergebnis nicht gerechtfertigt. Sie beachtet schon nicht hinreichend, dass die Ausgestaltung des Arbeitnehmererfinderrechts im Grenzbereich zwischen arbeits- und dienstrechtlichen Grundsätzen und Erfinderrecht noch keine eindeutige und ausschließliche Zuordnung zu den Materien des Arbeits- und des Dienstrechts rechtfertigt.

In der Sache regelt das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen bestimmte Aspekte des Erfinderrechts, nämlich die Zuordnung der Erfindung zu bestimmten Personen, die damit zusammenhängenden verfahrensrechtlichen Fragen und vermögensrechtliche Verhältnisse in Bezug auf von abhängig Beschäftigten gemachte Erfindungen, und damit Materien, die jedenfalls auch erfinderrechtlicher Natur sind. Was die Zuordnung und die vermögensrechtlichen Verhältnisse betrifft, ist die Regelung mit der in den Bestimmungen der §§ 6 und 8 PatG vergleichbar. Dabei handelt es sich um Regelungen, die genuin - und nicht nur kraft Sachzusammenhangs - dem gewerblichen Rechtsschutz zuzurechnen sind (vgl. Reetz, Erfindungen an Hochschulen, Diss. Köln 2006, S. 290). Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass - etwa für das Bestehen von Übertragungsansprüchen - auf allgemeine Grundsätze des bürgerlichen Rechts zurückgegriffen werden muss. Für die arbeits- und dienstrechtlichen Bezüge im Arbeitnehmerfinderrecht gilt im Ergebnis nichts Anderes.

(2) Dem entspricht die Behandlung des Arbeitnehmererfinderrechts in der bisherigen Rechtsprechung. So hat auch das Bundesverfassungsgericht das Arbeitnehmererfinderrecht dem Erfinderrecht und damit dem gewerblichen Rechtsschutz zugeordnet, wenn es von einem "Eigentumsschutz des allgemeinen Erfinderrechts" gesprochen hat (BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 24.4.1998 - 1 BvR 587/88, NJW 1998, 3704; 24 f. unter Hinweis auf BVerfGE 36, 193, 202 f. = NJW 1974, 356; Reetz, Erfindungen an Hochschulen, Diss. Köln 2006, S. 290).

(3) Die Zuordnung des Arbeitnehmererfinderrechts zum gewerblichen Rechtsschutz entspricht auch der überwiegenden Praxis in den Rechtsordnungen in Europa. Die Mehrzahl der europäischen Staaten (abweichend insbesondere die skandinavischen Länder, Belgien und die Schweiz) hat dies - ohne dass sich bei ihnen wie in Deutschland Probleme der Kompetenzabgrenzung durch ein föderales System ergeben - dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie das Arbeitnehmererfinderrecht im Patentgesetz selbst geregelt hat, so Bulgarien (in Art. 13 Abs. 3, 15 des Patentgesetzes), Estland (in § 12 des Patentgesetzes), Frankreich (in Art. L 611-7 des Code de la Propriété Intellectuelle), Griechenland (in Art. 6 des Gesetzes Nr. 1733/1987), Irland (in Sec. 16 Patents Act 1992), Italien (in Art. 64 des Codice della proprietà industriale), Kroatien (in Art. 11 Abs. 2 des Patentgesetzes 2004), Litauen (in Art. 8 des Patentgesetzes), Luxemburg (in Art. 13 des Patentgesetzes vom 24.5.1998), die Niederlande (in Art. 12 des Reichspatentgesetzes 1995), Österreich (in §§ 6 - 19 PatG), Polen (in Art. 11 Abs. 3, 5, Art. 22, 23 des Rechts des gewerblichen Eigentums), Portugal (in Art. 59 Código da Propriedade Industrial), Rumänien (in Art. 5, 44 des Patentgesetzes), die Slowakei (in § 11 des Patentgesetzes 2001), Serbien (in Art. 100, 108 - 119 des Patentgesetzes 2004), Spanien (in Ley de Patentes, Título IV.), die Tschechische Republik (in §§ 9, 10 des Patentgesetzes), die Türkei (in Art. 16 - 26 der Verordnung (Gesetzesdekret) Nr. 551 über den Patentschutz vom 27.6.1995), Ungarn (in Art. 9 - 16 des Patentgesetzes 1995) und das Vereinigte Königreich (insbesondere in Sec. 39 - 43 Patents Act).

bb) Ob sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auch auf die beamtenrechtliche Begründung von Dienstpflichten bezieht, ist in Zweifel gezogen worden (Pahlow/Gärditz, WissR 2006, 48, 61). Dies lässt jedoch die aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 GG abzuleitende arbeitnehmererfinderrechtliche Begründung der Mitteilungspflicht unberührt (vgl. Pahlow/Gärditz, aaO).

b) Die gesetzliche Regelung verletzt den Kläger nicht in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG.

Der Senat tritt der Auffassung des Berufungsgerichts im Ergebnis bei, dass § 42 Nr. 1 ArbNErfG n.F. keinen Eingriff in die in Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Wissenschaftsfreiheit darstellt, die auch die positive Publikationsfreiheit des Hochschullehrers erfasst. Die negative Publikationsfreiheit des Wissenschaftlers, die schon auf Grund der Regelung in § 42 Nr. 2 ArbNErfG n.F. durch das Gesetz nicht berührt wird, ist, wie sich aus den klarstellenden Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat ergibt, nicht Gegenstand des Feststellungsbegehrens.

aa) (1) Dabei kann es zunächst keinem Zweifel begegnen, dass die für den Hochschullehrer im Jahr 2002 neu eingeführte Verpflichtung, vor der lehr- oder forschungsbezogenen Publikation (vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschluss in dieser Sache, NVwZ 2004, 974 = BVerfGK 3, 93) von Erkenntnissen, die einer Erfindung zugrunde liegen, eine gewisse Zeit zuzuwarten, diesen in seiner Wissenschaftsfreiheit berührt. Die Erfindung des Hochschullehrers war nach der zuvor geltenden Rechtslage eine freie Erfindung, die grundsätzlich keiner Mitteilungspflicht gegenüber der Hochschule unterlag. Die Beeinträchtigung, die der Hochschullehrer durch die neu eingeführte Verpflichtung erleidet, mag zwar im Allgemeinen eher gering und in vielen Fällen nicht oder kaum spürbar sein, es kommen jedoch auch Sachverhalte in Betracht, in denen für den Hochschullehrer eine schnelle, wenn nicht sogar umgehende Publikation bedeutsam ist, an der ihn die Verpflichtung zur rechtzeitigen Anzeige hindern kann. Beachtet dieser die gesetzliche Vorgabe nicht, läuft er Gefahr, gegen gesetzlich geregelte Verpflichtungen zu verstoßen. Dadurch wird der Hochschullehrer in seinem Grundrecht betroffen (BVerfGE 35, 79, 112 ff. = NJW 1973, 1176 ("Hochschulurteil"); BVerfGE 47, 327, 367 f. = NJW 1978, 1621; vgl. Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 3 Rdn. 83, 101 f., 108 f.; Fehling in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 2004, Art. 5 Abs. 3 Rdn. 7; Bartenbach/Volz, Arbeitnehmererfindergesetz, 4. Aufl. 2002, Rdn. 58; Hübner, WissR 2005, 34; Reetz, aaO, S. 212 ff., 222). Dies zeigen auch die vom Berufungsgericht angesprochenen Fälle, soweit sie die "wissenschaftliche" und nicht eine "kommerzielle", nicht von Art. 5 Abs. 3 GG erfasste, Konkurrenz betreffen (vgl. hierzu Haase/Lautenschläger, WissR 2006, 137, 139 f.).

(2) Die Freiheit von Forschung und Lehre gebietet es allerdings nicht, dass der Hochschullehrer auch Inhaber der Verwertungsrechte an seinen Forschungsergebnissen zu sein oder zu bleiben hat (so zutreffend die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/5975, S. 5; vgl. Leuze in Reimer/Schade/Schippel, Das Recht der Arbeitnehmererfindung, 7. Aufl. 2000, Rdn. 16 zu § 42). Die wirtschaftliche Zuordnung von geistigen Leistungen des Hochschullehrers fällt in den Normbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, nicht des Art. 5 Abs. 3 GG (vgl. nur BVerfGE 36, 280, 291 = GRUR 1974, 142).

(3) Weiter berührt die Anzeigepflicht als solche den Kläger noch nicht in seiner Wissenschaftsfreiheit (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss in dieser Sache, NVwZ 2004, 974 = BVerfGK 3, 93). Ist dieser gehalten, bestimmte Erkenntnisse anzuzeigen, so besagt dies nichts darüber, ob und wie er diese gewinnen und wie er später mit ihnen verfahren kann. Der Kläger ist auch nicht gehindert, frei über die Publikation dieser Erkenntnisse zu entscheiden, wenn er nur die selbst im Regelfall relativ kurze Wartefrist einhält. Der Hochschullehrer kann zudem nicht angewiesen werden, auf Erfindungen Bedacht zu nehmen (vgl. Bartenbach/Hellebrand, Mitt. 2002, 165, 167). Auch ein durch die Grundrechtsnorm geschütztes Interesse des Hochschullehrers, sich nicht durch Patente, sondern ausschließlich durch von ihm publizierte Erfindungen in der Fachwelt einen Namen zu machen, wird schon deshalb nicht berührt, weil er, wenn er nicht mit der Patentanmeldung in Verbindung gebracht werden will, seine Nichtnennung in den Patentveröffentlichungen herbeiführen kann (§ 63 Abs. 1 Satz 3 PatG; Regel 18 der Ausführungsordnung zum EPÜ).

bb) (1) Die Wissenschaftsfreiheit steht zwar - von der hier nicht einschlägigen Treueklausel abgesehen - nicht unter einem Gesetzesvorbehalt. Aber auch ohne Vorbehalt gewährte Freiheitsrechte müssen im Rahmen gemeinschaftsgebundener Verantwortung gesehen werden (BVerfGE 47, 327, 368 ff. = NJW 1978, 1621). Art. 5 Abs. 3 GG normiert nicht nur ein Individualgrundrecht, die Bestimmung ist vielmehr darüber hinaus eine das Verhältnis der Wissenschaft zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm. Danach hat der Staat im Bereich des mit öffentlichen Mitteln eingerichteten und unterhaltenen Wissenschaftsbetriebs durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung soweit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist (BVerfGE 35, 79, 112, 115 = NJW 1973, 1176; BVerfGE 54, 363, 389 ff. = NJW 1981, 163; BVerfGE 93, 85, 95 = NVwZ 1996, 709; BVerfGE 111, 333, 353 = NVwZ 2005, 315). Die verfassungsrechtliche Garantie der Institution der Hochschule und ihrer Funktionsfähigkeit erlaubt jedoch die in der Regelung in § 42 ArbNErfG n.F. liegende Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Rechte des Hochschullehrers, wenn diese Beeinträchtigung jeweils so gering wie möglich gehalten und auf dasjenige beschränkt wird, was notwendig ist, um der Hochschule die Möglichkeit zu erhalten, ein Schutzrecht zu erlangen. Dies folgt daraus, dass der Staat funktionsfähige Institutionen eines freien Wissenschaftsbetriebs zur Verfügung stellen muss (BVerfGE 35, 79, 115 = NJW 1973, 1176; BVerfGE 93, 85, 95 = NVwZ 1996, 709). Die Wissenschaftsfreiheit schützt nämlich den einzelnen Grundrechtsträger aufgrund des Zusammenwirkens mit anderen Grundrechtsträgern nicht vor Beschränkungen, die im Wissenschaftsbetrieb unvermeidbar sind (BVerfGE 111, 333, 354 = NVwZ 2005, 315; vgl. BVerfGE 55, 37, 68 f. = NJW 1981, 741). Bereits daraus ergibt sich, dass die Grundrechtsgewährleistung in dieser Bestimmung immanenten Schranken unterliegt (vgl. nur BVerfGE 83, 130, 142 = NJW 1991, 1471 - Josefine Mutzenbacher, zur Kunstfreiheit). Der Staat kann daher unter Beachtung der besonderen Wertentscheidungen des Grundgesetzes andere legitime Aufgaben der Hochschulen berücksichtigen (vgl. BVerfGE 35, 79, 115 = NJW 1973, 1176; weitere Nachweise bei Hübner WissR 2005, 34, 45 Fn. 58). Diese Aufgaben müssen allerdings, um berücksichtigt werden zu können, mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte darstellen (Hübner, WissR 2005, 34, 44 f., vgl. Fehling in Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Rdn. 159 zu Art. 5 Abs. 3). Dies ist hier indessen der Fall, denn die Mittelaufbringung der Hochschule auch aus dem Fundus der an ihr getätigten schutzfähigen Erfindungen betrifft deren mit Verfassungsrang ausgestattete Funktionsfähigkeit. Kriterium für eine verfassungsgemäße Hochschulorganisation ist, ob mit ihr "freie" Wissenschaft möglich ist und ungefährdet betrieben werden kann (BVerfGE 93, 85, 95 = NVwZ 1996, 709). Dies gilt nicht nur für die organisatorische Ausgestaltung der Institution Hochschule, sondern auch für die Regelung des Finanzaufkommens der Hochschule. Auch insoweit kommt der Funktionsfähigkeit der Institutionen des Wissenschaftsbetriebs Verfassungsrang zu. Die im Jahr 2002 neu eingeführte Regelung trägt dem fiskalischen Interesse der öffentlichen Hand Rechnung, den Hochschulen aus der Verwertung der bei diesen anfallenden Erfindungen Mittel zu erschließen (vgl. Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, BT-Drucks. 14/7573, S. 2). Insoweit gilt im Ergebnis nichts Anderes als bei der Mittelverteilung, bei der die Anknüpfung an die Bewertung wissenschaftlicher Qualität legitim ist (vgl. BVerfGE 111, 333, 359 = NVwZ 2005, 315). Entgegen der Auffassung von Hübner, der (aaO, S. 53) von einem zweifelhaften Mittel der Selbstdarstellung (der Hochschule) spricht, haftet dieser Art der Mittelerschließung nichts Illegitimes an, vielmehr ist die Mittelerschließung aus Erfindungen der Hochschulangehörigen grundsätzlich geeignet, die Autonomie der Hochschulen zu stärken.

(2) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass es dem Ermessen des Gesetzgebers überlassen ist, wie er die Organisation der Hochschulen regelt (BVerfGE 93, 85, 95 ff. = NVwZ 1996, 709; vgl. BVerfGE 111, 333, 353 ff. = NVwZ 2005, 315). Wenn er den Hochschulen die wirtschaftliche Ausnutzung der Hochschulerfindungen auch in einem Bereich zuweist, der zuvor als freie Erfindung nicht der Verwertung durch die Hochschule unterlag, ist dies unter dem Gesichtspunkt des Art. 5 Abs. 3 GG grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss der Kammer, NJW 1998, 3704 = Mitt. 1999, 61, 63). Denn auch die wirtschaftliche Zuweisung der Erfindung an den Arbeitgeber/Dienstherrn nach Art. 9 ArbNErfG stellt unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 Abs. 1 GG eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums dar (BVerfG NJW 1998, 3704 = Mitt. 1999, 61, 63). Für die Regelung in § 42 Abs. 1 ArbNErfG n.F. kann im Ergebnis nichts Anderes gelten.

(3) Dem Gesetzgeber war es demnach grundsätzlich nicht verwehrt, Regelungen zu treffen, ohne die es der Hochschule unmöglich wäre, ein Schutzrecht zu erlangen. Da Material, das bei der Anmeldung eines Patents oder Gebrauchsmusters bereits öffentlich zugänglich ist, grundsätzlich der Erteilung eines Schutzrechts entgegensteht (§ 3 Abs. 1 PatG; Art. 54 Abs. 1, 2 EPÜ; § 3 Abs. 1 GebrMG, dort allerdings anders als im Patentrecht durch die weiterhin vorgesehene Neuheitsschonfrist gemildert; vgl. Beyerlein (Entscheidungsanmerkung), Mitt. 2004, 75; A. von Falck/Schmaltz, GRUR 2004, 469, 470), lag es somit ohne Weiteres im Bereich zulässiger Gestaltung durch den Gesetzgeber, eine Regelung vorzusehen, durch die ein vorzeitiges Bekanntwerden einer Erfindung verhindert werden konnte. Eine derartige Regelung hat der Gesetzgeber in § 42 Nr. 1 ArbNErfG n.F. getroffen. Zur Sicherung der Position der Hochschule war die getroffene Regelung auch erforderlich, denn ohne sie wäre die Möglichkeit, ein Patent zu erlangen, mit dem allein (gegenüber dem höchstens 10 Jahre laufenden Gebrauchsmuster, das zudem nicht alle Bereiche der Technik abdeckt) eine wirtschaftliche Ausnutzung der Erfindung über einen langen Zeitraum möglich ist, jedenfalls im Regelfall vereitelt worden.

cc) (1) Damit könnte sich ein unzulässiger Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit des Klägers zunächst allenfalls daraus ergeben, dass der Staat einem Grundrechtsträger bestimmte Verhaltensweisen, die von der Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit erfasst sind, verwehrt oder in erheblicher Weise erschwert. Das hat er jedoch nicht getan. In einer "Verschiebung" oder "Verlagerung" des Forschungsauftrags der Universitäten von der zweckfreien Grundlagenforschung zur mit aktuellem wirtschaftlichem Nutzen verbundenen Forschung liegt jedenfalls solange noch kein Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen des Klägers (so aber Leuze, WissR 2002, 348, 351 f.), solange diesem nicht angesonnen wird, Grundlagenforschung nicht mehr oder lediglich eingeschränkt zu betreiben und sich bestimmten anderen, einer wirtschaftlichen Verwertung (besser) zugänglichen Vorhaben zuzuwenden. Ein derartiges Ansinnen ist der Regelung in § 42 ArbNErfG n.F. indessen nicht zu entnehmen.

(2) Zudem verstößt die Regelung in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht gegen das Übermaßverbot. Zunächst lässt sich schon aus der gesetzlichen Regelung eine längere Wartezeit als eine solche von zwei Monaten nicht herleiten. Deren Wortlaut schlösse es allerdings nicht aus, im Einzelfall auch eine längere Wartezeit unter den Rechtsbegriff "rechtzeitig" zu subsumieren. Dem steht aber entgegen, dass eine altersrangsichernde Behandlung der Erfindung innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Mitteilung immer möglich sein wird, denn hierfür reicht es aus, die Erfindung, so wie sie bisher formuliert worden ist und veröffentlicht werden soll, beim Deutschen Patent- und Markenamt oder bei einem Patentinformationszentrum mit Angaben einzureichen, die dem Anschein nach als Beschreibung anzusehen sind (§ 35 Abs. 2 PatG). Die Prüfung der Hochschule, ob eine Anmeldung erfolgen soll, wird sich jedenfalls in der Regel zunächst darauf beschränken können, ob Maßnahmen zur Zeitrangsicherung als geboten angesehen werden (vgl. Fleuchaus/Braitmayer; GRUR 2002, 653, 655 sowie Körting/Kummer, RdA 2003, 279, 284; a.A. Beyerlein, NZA 2002, 1020, 1022 und in seiner Anm. zum Berufungsurteil Mitt. 2006, 44 sowie Bartenbach/Volz, GRUR 2002, 743, 751 und Hoeren, WissR 2003, 131, 137). Dadurch wird allerdings im Grundsatz auch der Rahmen dessen abgesteckt, was der Hochschulwissenschaftler im Rahmen seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit offenbaren darf, ohne gegen Verpflichtungen aus § 42 Nr. 1 ArbNErfG n.F. zu verstoßen: Die Publikation muss sich im Rahmen dessen halten, was der Hochschule mitgeteilt worden ist und von dieser somit zum Gegenstand der Zeitrangsicherung gemacht werden kann.

(3) Weiter steht einer Grundrechtsbeeinträchtigung entgegen, dass sich die Regelfrist schon nach den Vorgaben des Gesetzes verkürzen kann, und zwar auch auf wenige Tage oder gar auf Stunden. Darauf hat im Grundsatz auch das Bundesverfassungsgericht bereits hingewiesen (BVerfG, Kammerbeschluss in dieser Sache, NVwZ 2004, 974 = BVerfGK 3, 93). Die Verkürzung der Regelfrist tritt dabei bei Vorliegen entsprechender Umstände, die sie erforderlich machen, ohne weiteres ein, so dass es einer Erklärung des Dienstherrn hierfür nicht bedarf (vgl. Leuze, GRUR 2005, 27, 28). Dies bürdet dem Erfinder zwar im Einzelfall das Risiko auf zu bestimmen, ob die Wartefrist zwei Monate oder weniger beträgt (vgl. hierzu Hübner, WissR 2005, 34, 42), gibt ihm aber gleichzeitig die Möglichkeit, auf besondere Situationen flexibel zu reagieren (vgl. Beyerlein, NZA 2002, 1020, 1022), etwa dann, wenn sich im Verlauf einer wissenschaftlichen Tagung die Notwendigkeit ergibt, bisher nicht veröffentlichte Forschungsergebnisse schnell publik zu machen. Der Gefahr, dass hierdurch eine erfolgreiche Schutzrechtsanmeldung unmöglich wird, wird gerade unter den Möglichkeiten, die der elektronische Verkehr heute eröffnet, durch geeignete Maßnahmen, auch des Hochschulerfinders, Rechnung getragen werden können.

c) Gesichtspunkte, die im vorliegenden Fall ausnahmsweise zu einer Verkürzung der Wartefrist oder gar zu deren Wegfall führen könnten, hat der Kläger nicht vorgebracht. Sie ergeben sich auch nicht aus dem festgestellten oder revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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