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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.09.2004
Aktenzeichen: X ZR 186/00
Rechtsgebiete: EPÜ, IntPatÜG


Vorschriften:

EPÜ Art. 56
EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. a
IntPatÜG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 186/00

Verkündet am: 7. September 2004

in der Patentnichtigkeitssache

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Juli 2000 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.

Das europäische Patent 0 406 983 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält:

"1. Tintenversorgungstank (2) für einen Matrix-Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte zugeführt wird, wobei der Tintentank (2) Tintenabsorbierungsmittel (61, 62) enthält und eine Tintenversorgungsöffnung (41) aufweist, die angeordnet ist, um Tinte von den Tintenabsorbierungsmitteln (61, 62) zu erhalten,

dadurch gekennzeichnet,

daß die Tintenabsorbierungsmittel (61, 62) eine Mehrzahl von Tintenabsorbierungselementen (61, 62) umfassen, die so angeordnet sind, daß Tinte von einem zum anderen fließen kann, wobei die Tintenabsorbierungselemente (61, 62) Poren mit unterschiedlichen durchschnittlichen Durchmessern derart aufweisen, daß der durchschnittliche Durchmesser der Poren in Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung (41) abnimmt, der Tintentank mindestens eine innere Wandung (40a, 44) hat, von der nur ein Bereich (44) die Tintenabsorbierungsmittel (61, 62) derart berührt, daß der übrige Bereich (40a) der inneren Wandung von den Tintenabsorbierungsmitteln (61, 62) beabstandet ist, und ein Luftloch (42) vorgesehen ist, welches mit Luft in mindestens einem Raum zwischen den Tintenabsorbierungsmitteln (61, 62) und einer Wandung des Tintentanks (2) kommuniziert.",

auf den die Patentansprüche 2 und 3 rückbezogen sind, Patentanspruch 4 entfällt und Patentanspruch 6 auf die Patentansprüche 1, 2 und 3 in der Fassung dieses Urteils rückbezogen ist.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 9. Oktober 1984 unter Inanspruchnahme der Priorität der japanischen Voranmeldungen 102841 und 102843 vom 22. Mai 1984 angemeldeten und mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 406 983 (Streitpatent), einer Teilanmeldung aus der europäischen Patentanmeldung 84 306 887.5. Das Streitpatent ist in englischer Sprache erteilt und wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 34 86 335 geführt. Es betrifft "Ink supply tank for a wire dot matrix printer head" und umfaßt sechs Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet:

"An ink supply tank (2) for a wire dot matrix printer head at which ink is supplied to the distal ends of the wires, said ink tank (2) containing ink absorbing means (61, 62) and having an ink supply port (41) which is arranged to receive ink from the ink absorbing means (61, 62), characterised in that the ink absorbing means (61, 62) comprises a plurality of ink absorbing members (61, 62) arranged so that ink may flow from one to the other, the ink absorbing members (61, 62) having pores of different average diameter such that the average diameter of the pores reduces in the direction of the ink supply port (41)."

In deutscher Übersetzung lautet der Patentanspruch 1 wie folgt:

"Tintenversorgungstank (2) für einen Matrix-Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte zugeführt wird, wobei der Tintentank (2) Tintenabsorbierungsmittel (61, 62) enthält und eine Tintenversorgungsöffnung (41) aufweist, die angeordnet ist, um Tinte von den Tintenabsorbierungsmitteln (61, 62) zu erhalten, dadurch gekennzeichnet, daß die Tintenabsorbierungsmittel (61, 62) eine Mehrzahl von Tintenabsorbierungselementen (61, 62) umfassen, die so angeordnet sind, daß Tinte von einem zum anderen fließen kann, wobei die Tintenabsorbierungsmittel (61, 62) Poren mit unterschiedlichen durchschnittlichen Durchmessern derart aufweisen, daß der durchschnittliche Durchmesser der Poren in Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung (41) abnimmt."

Wegen der unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 6 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Klägerin hat vorgetragen, das Streitpatent sei unzulässig erweitert, nicht neu und beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Hierzu hat sie sich auf die US-Patentschriften 3 491 685 und 4 095 237 sowie auf die japanische Druckschrift 58-142861 A berufen.

Die Klägerin hat beantragt,

das europäische Patent 0 406 983 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1, 2, 3, 4 und 6, letzteren soweit auf die Patentansprüche 1, 2, 3 und 4 rückbezogen, für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat das Streitpatent in eingeschränkten Fassungen verteidigt und beantragt,

die Nichtigkeitsklage abzuweisen, soweit mit ihr die Nichtigerklärung des Streitpatents auch im Umfang der von der Beklagten verteidigten Fassungen des Patentanspruchs 1, jeweils in Verbindung mit den erteilten Ansprüchen 2 und 3, begehrt wird.

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1, 2, 3, 4 und 6, letzterer, soweit auf die die Patentansprüche 1, 2, 3 und 4 rückbezogen, für nichtig erklärt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie Patentanspruch 1 des Streitpatents mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht überreichten Patentanspruch 1 (verteidigte Fassung nach dem erstinstanzlichen Hauptantrag) und den erteilten Patenansprüchen 2 und 3 in Rückbeziehung auf diesen verteidigt, hilfsweise in der Fassung des Hilfsantrags III ihres Schriftsatzes vom 11. Mai 2004 und weiter hilfsweise in der Fassung der Hilfsanträge II und III, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Protokoll gegeben worden sind.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Bundespatentgerichts abzuändern und die Nichtigkeitsklage abzuweisen, soweit das Streitpatent verteidigt wird, wobei Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag wie folgt lauten soll (Abweichungen gegenüber der erteilten Fassung sind fett gesetzt):

"1. Tintenversorgungstank (2) für einen Matrix-Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte zugeführt wird, wobei der Tintentank (2) Tintenabsorbierungsmittel (61, 62) enthält und eine Tintenversorgungsöffnung (41) aufweist, die angeordnet ist, um Tinte von den Tintenabsorbierungsmitteln (61, 62) zu erhalten,

dadurch gekennzeichnet,

daß die Tintenabsorbierungsmittel (61, 62) eine Mehrzahl von Tintenabsorbierungselementen (61, 62) umfassen, die so angeordnet sind, daß Tinte von einem zum anderen fließen kann, wobei die Tintenabsorbierungselemente (61, 62) Poren mit unterschiedlichen durchschnittlichen Durchmessern derart aufweisen, daß der durchschnittliche Durchmesser der Poren in Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung (41) abnimmt, der Tintentank mindestens eine innere Wandung (40a, 44) hat, von der nur ein Bereich (44) die Tintenabsorbierungsmittel (61, 62) derart berührt, daß der übrige Bereich (40a) der inneren Wandung von den Tintenabsorbierungsmitteln (61, 62) beabstandet ist, und ein Luftloch (42) vorgesehen ist, welches mit Luft in mindestens einem Raum zwischen den Tintenabsorbierungsmitteln (61, 62) und einer Wandung des Tintentanks (2) kommuniziert."

Wegen der mit den Hilfsanträgen verteidigten Fassungen der Patentansprüche wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 30. März 2001 und vom 11. Mai 2004 sowie das Protokoll der Verhandlung vor dem Senat vom 25. Mai 2004 und die in diesem Termin überreichten Anträge Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen bezieht sie sich auf die deutsche Offenlegungsschrift 32 07 074 sowie auf die japanische Offenlegungsschrift 58-142861.

Der Senat hat ein schriftliches Gutachten des Prof. Dr.-Ing. C. , eingeholt, das der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert hat. Die Klägerin hat ein Privatgutachten des Prof. Dr.-Ing. W. zu den Akten gereicht.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet, soweit die Beklagte das Streitpatent in der Fassung des Hauptantrags verteidigt, da der Senat nicht feststellen kann, daß der Gegenstand nach Patentanspruch 1 in dieser Fassung nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Art. 56 EPÜ). Dagegen hat die Nichtigerklärung durch das Bundespatentgericht in dem Umfang, in dem das Streitpatent nicht verteidigt wird, Bestand, ohne daß es insoweit einer weiteren Sachprüfung bedurfte (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ; Sen.Urt. v. 4.6.1996 - X ZR 49/94, GRUR 1996, 857, 858 - Rauchgasklappe m.w.N., insoweit nicht in BGHZ 133, 57 abgedruckt).

I.1. Das Streitpatent betrifft einen Tintenversorgungstank für einen Matrix-Nadeldruckerkopf. Einem solchen Druckerkopf wird an distalen Nadelenden Tinte über eine Tintenversorgungsöffnung des Tintenversorgungstanks zugeführt. Die den distalen Nadelenden zuzuführende Tinte befindet sich in Tintenabsorbierungsmitteln, die in dem Tintenversorgungstank enthalten sind (Beschreibung deutsche Übersetzung Seite 1, Zeilen 5-10).

Der Beschreibung zufolge waren am Prioritätstag Tintenversorgungssysteme von der Art des in der US-Patentschrift 4 104 864 beschriebenen bekannt, bei welchen den distalen Nadelenden Tinte aus einem Tintenversorgungstank zugeführt und von den Nadelenden direkt auf ein zu bedruckendes Blatt Papier übertragen wird. An diesem System kritisiert das Streitpatent, daß infolge variierender Größen der Poren das Tintenabsorbierungsvermögen von Porenelement zu Porenelement verschieden sei, wodurch den distalen Nadelenden leicht zu viel oder zu wenig Tinte zugeführt werden könne und die in der Nähe der distalen Nadelenden zurückgehaltene Tintenmenge unterschiedlich sei, so daß die entstehenden Punkte eine unregelmäßige Farbdichte aufwiesen (deutsche Übersetzung Seite 1, Zeilen 12-32).

Ferner nennt die Beschreibung das Tintenversorgungssystem nach der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 97 009, bei dem den distalen Nadelenden Tinte mittels einer Pumpe zugeführt wird. An ihm wird beanstandet, daß die Verbindung zwischen der Pumpe und dem Druckkopf kompliziert und teuer sei, eine gute Abdichtung notwendig mache und der Tintenversorgungsmechanismus bei einem Mehrfarbendruckkopf besonders kompliziert sei (Beschreibung deutsche Übersetzung Seite 1, Zeile 34 - Seite 2, Zeile 11).

An dem Tintenversorgungssystem nach der deutschen Offenlegungsschrift 25 46 835, bei dem die Endbereiche der distalen Nadelenden in der Öffnung eines Nadelführungsmittels so angeordnet sind, daß eine kapillare Tintenbahn des Nadelführungsmittels mit den Enden der Drucknadel kommuniziert, bemängelt das Streitpatent, daß es leicht zu Variationen oder Unterbrechungen des Tintenflusses kommen könne, falls die flüssige Tinte Staubteilchen enthalte. Außerdem sei das Nadelführungsmittel so konstruiert, daß in der Tintenbahn befindliche Luft vor dem Erreichen der distalen Endoberfläche des Nadelführungsmittels nicht entweichen könne. Ferner seien keine Mittel zur Verhinderung einer Ansammlung von zu viel Tinte an der distalen Endoberfläche des Nadelführungsmittels vorhanden (deutsche Übersetzung Seite 2, Zeile 13 - Seite 3, Zeile 2).

Schließlich befaßt sich die Beschreibung noch mit dem Matrix-Nadeldruckerkopf nach der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 042 293, bei der dem Nadelende Tinte ebenfalls mittels einer kapillaren Tintenbahn zugeführt wird, zwischen der distalen Endoberfläche des Nadelführungsmittels und dem distalen Ende der Druckernadel ein Spalt liegt und bei der die Tintenzuführung der Atmosphäre ausgesetzt ist. An dieser Bauweise wird das Fehlen von Maßnahmen kritisiert, durch die gewährleistet wird, daß sich die Kapillaranziehungskraft von den Tintenversorgungsmitteln zur distalen Endoberfläche hin vergrößert (deutsche Übersetzung Seite 3, Zeilen 4-26).

2. Durch das Streitpatent soll ein Tintenversorgungstank zum Zuführen von Tinte an das distale Ende von Nadeln bereitgestellt werden, der im Vergleich zu bisherigen Bauweisen in geringerem Maße dem Einfluß von Veränderungen in der Umgebung, wie beispielsweise Temperaturschwankungen, ausgesetzt ist (deutsche Übersetzung Seite 3, Zeilen 28-33).

Zur Lösung dieses Problems wird nach dem Patentanspruch 1 in seiner mit der Berufung in erster Linie verteidigten Fassung folgende Ausbildung eines Tintenversorgungstanks vorgeschlagen:

1. Der Tintenversorgungstank ist bestimmt für einen Matrix-Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte aus dem Versorgungstank zugeführt wird.

2. Der Tintenversorgungstank enthält Tintenabsorbierungsmittel.

3. Der Tintenversorgungstank weist eine Tintenversorgungsöffnung auf, die Tinte von den Tintenabsorbierungsmitteln erhält.

4. Es ist eine Mehrzahl von Tintenabsorbierungselementen vorhanden, die

4.1 so angeordnet sind, daß Tinte von einem zum anderen fließen kann, und

4.2 Poren mit unterschiedlichen, zur Tintenversorgungsöffnung hin abnehmenden durchschnittlichen Durchmessern aufweisen.

5. Der Tintenversorgungstank hat mindestens eine innere Wandung.

5.1 Nur ein Bereich der inneren Wandung berührt die Tintenabsorbierungsmittel.

5.2 Der übrige Bereich der inneren Wandung ist von den Tintenabsorbierungsmitteln beabstandet.

6. Es ist ein Luftloch vorgesehen, welches mit Luft in mindestens einem Raum zwischen den Tintenabsorbierungsmitteln und einer Wandung des Tintentanks kommuniziert.

II. 1. Wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten dargelegt und der Senat bereits in den zwischen den Parteien ergangenen Urteilen vom 17. Februar 2004 (X ZR 48/00, GRUR 2004, 583 - Tintenstandsdetektor) und vom 16. März 2004 (X ZR 185/00, GRUR 2004, 579 - Imprägnieren von Tintenabsorbierungsmitteln) ausgeführt hat, ist Fachmann auf dem hier einschlägigen Gebiet ein Diplom-Ingenieur mit Universitäts- oder Fachhochschulausbildung auf dem Gebiet der Feinwerktechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von Tintenpatronen für Nadeldrucker, Tintenstrahldrucker und ähnliche Geräte. Ihm waren am Prioritätstag zum einen die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit und zum anderen der sogenannte Randwinkel, unter dem ein Tropfen der Flüssigkeit auf einer ideal glatten, horizontal ausgerichteten Oberfläche eines Festkörpermaterials bei quasi-statischem Vorrücken der Benetzungsgrenzlinie aufliegt, als Parameter der Wechselwirkung der Benetzung bekannt; er kannte die zugehörigen formelmäßigen Zusammenhänge und war in der Lage, aus ihnen die richtigen Schlüsse zu ziehen.

2. Der Fachmann entnimmt dem Streitpatent die Lehre, einen Tintenversorgungstank so auszubilden, daß er mindestens zwei Tintenabsorbierungselemente enthält, die sicherstellen, daß während des Druckvorgangs Tinte aus dem Tintenversorgungstank zur Tintenaustrittsöffnung fließt. Dabei erkennt er aus der Angabe, daß die mindestens zwei Tintenabsorbierungselemente unterschiedliche Porenweiten aufweisen sollen, daß mit Hilfe der Tintenabsorbierungsmittel ein Tintentransport mittels gestufter Kapillarwirkung angestrebt und erreicht wird. Aus den Angaben zur unterschiedlichen Porigkeit der in dem Tintenversorgungstank enthaltenen Tintenabsorbierungsmittel ist ihm ohne weiteres klar, daß es sich bei dem Tintenfluß in dem Tintentank um einen solchen handelt, bei dem das Tintenabsorbierungsmittel mit der größeren Porenweite die Tinte an das Tintenabsorbierungsmittel mit der geringeren Porenweite abgibt und die Tinte von dort durch die Tintenversorgungsöffnung zu den Druckernadeln gelangt. Weil dem Fachmann bekannt ist, daß, solange Luft keinen Zugang zu einem mit Flüssigkeit gefüllten Raum hat, der Tintenfluß in dem Tintenversorgungstank behindert wird, erkennt er, daß der Tintenversorgungstank ein Luftloch aufweisen muß, damit in den Tintenabsorbierungsmitteln unterschiedlicher Porenweite ein Tintenfluß hin zu den distalen Nadelenden beim Druckvorgang gewährleistet ist. Er erkennt auch, daß im Bereich der Tintenversorgungsöffnung in gleicher Weise wie zwischen den Tintenabsorbierungsmitteln kein Luftraum vorhanden sein darf, damit der Tintenfluß nicht abreißt.

Aus der Angabe, daß "mindestens eine" innere Wandung des Tintentanks nur einen Bereich die Tintenabsorbierungsmittel derart berührt, daß der übrige Bereich der inneren Wandung von den Tintenabsorbierungsmitteln beabstandet ist, entnimmt der Fachmann, daß die Tintenabsorbierungsmittel mit Abstand zu den Wandungen des Tintenversorgungstanks angeordnet werden können. An mindestens einer Wandung ist ein solcher Abstand vorzusehen, daß die Wandung die Tintenabsorbierungsmittel "in einem Bereich" berührt und im übrigen von den Tintenabsorbierungsmitteln beabstandet ist. Hieraus erkennt der Fachmann, daß an der mindestens einen Wandung des Tintenversorgungstanks im Bereich der Berührung eine Verbindung zwischen dem Tintenabsorbierungstank und der Tintenaustrittsöffnung besteht, zu der die Tinte fließen soll, damit sie den Nadeln für den Druckvorgang zur Verfügung steht.

III. Die Beklagte verteidigt Patentanspruch 1 des Streitpatents mit der Fassung des Hauptantrags in zulässiger Weise.

Entgegen der Auffassung der Klägerin führt die Aufnahme des Merkmals, wonach der Tintenversorgungstank mindestens eine innere Wandung hat, von der nur ein Bereich die Tintenabsorbierungsmittel derart berührt, daß der übrige Bereich der inneren Wandung von den Tintenabsorbierungsmitteln beabstandet ist, nicht zu einer unzulässigen Änderung. Das Merkmal ist Gegenstand des Patentanspruchs 4 des erteilten Patents. In der Beschreibung heißt es dazu, daß das Tintentankgehäuse einen Boden (40a) mit einer vorderen Tintenversorgungsöffnung (41) und einer vorderen Wandung (40b) mit einem in einem abgestuften Bereich auf der vorderen Wandung definierten Luftloch (42) aufweist. Ferner ist beschrieben, daß der Boden (40a) des Tintentankgehäuses eine erhöhte Oberfläche (44) mit einer Mehrzahl von Schlitzen aufweist, die mit der Tintenversorgungsöffnung kommunizieren (englische Beschreibung Seite 10, Zeile 31 - Seite 11, Zeile 5; deutsche Übersetzung Seite 10, Zeilen 4-13). Diese Aussagen finden sich in identischer Form in der dem Streitpatent zugrundeliegenden Patentanmeldung 84 306 887.5, die der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 139 508 entspricht (Seite 11, Zeilen 1-10). Demzufolge ist das Merkmal sowohl Gegenstand des erteilten Patents als auch ursprünglich in den Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart.

IV. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der von der Beklagten mit ihrem Hauptantrag verteidigten Fassung ist neu (Art. 54 EPÜ), da keine Entgegenhaltung einen Tintenversorgungstank mit sämtlichen Merkmalen dieses Gegenstands zeigt.

Die US-Patentschrift 4 095 237 offenbart dem Fachmann zwar einen Tintentankboden, von dem in den Tank eingesetztes Filtermaterial (Fig. 3, Bezugszeichen 32) beabstandet angeordnet ist, so daß vor der Tintenversorgungsöffnung ein Tintenraum vorhanden ist. Der Tintenversorgungstank nach dieser Patentschrift unterscheidet sich vom Gegenstand des Streitpatents in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung aber schon dadurch, daß in dem Tintenversorgungstank nicht mehrere Tintenabsorbierungselemente angeordnet sind.

Die US-Patentschrift 3 491 685 beschreibt zwar einen Tintenversorgungstank, in dem mehrere Tintenabsorbierungsmittel unterschiedlicher Porigkeit angeordnet sind. Das erste Tintenabsorbierungsmittel besteht aus einem Schaummaterial mit großen Poren und bildet einen Tintenspeicher. Dieses Material ist in Berührung mit einem zweiten Schaummaterial mit kleineren Poren angeordnet, so daß Tinte aus dem Schaummaterial mit größeren Poren zum Schaummaterial mit kleineren Poren fließt. Von dem Schaummaterial mit kleineren Poren wird die Tinte aber nicht distalen Enden eines Nadeldruckers zugeführt, sondern aus dem Porenelement auf eine Auftragswalze abgegeben (Seite 1, Abs. 1). Auch in der japanischen Offenlegungsschrift 58-142861, die der US-Patentschrift 4 630 758 entspricht, wird dem Fachmann offenbart, daß in dem Tintenversorgungstank mehrere Tintenabsorbierungsmittel unterschiedlicher Porenweite angeordnet werden können, von denen Tinte von einem Element zum anderen fließt; die Tintenabsorbierungsmittel werden aber entgegengesetzt zum Gegenstand des Streitpatents so angeordnet, daß das Tintenabsorbierungselement mit den größeren Poren nahe und das Tintenabsorbierungselement mit den kleineren Poren entfernt von der Tintenversorgungsöffnung zu liegen kommen.

Die deutsche Offenlegungsschrift 32 07 074 zeigt zwar einen Tintenversorgungstank, in den ein Tintenabsorbierungsmittel so eingesetzt wird, daß der Bereich an der Tintenversorgungsöffnung komprimiert ist, so daß mittels gestufter Kapillarwirkung ein Tintenfluß aus dem unkomprimierten Bereich in den komprimierten Bereich und von diesem zur Tintenversorgungsöffnung stattfindet. Hiervon unterscheidet sich der Gegenstand nach dem Streitpatent in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung schon dadurch, daß mehrere Tintenabsorbierungselemente unterschiedlicher Porenweite in den Tintenversorgungstank eingesetzt werden, um Tinte zur Tintenversorgungsöffnung zu transportieren.

V. Der Senat ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, daß der Gegenstand nach Patentanspruch 1 in der in erster Linie verteidigten Fassung dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war und daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Art. 56 EPÜ).

Der Fachmann hat aus dem Stand der Technik keine Anregungen erhalten, mehrere Tintenabsorbierungsmittel unterschiedlicher Porenweite so in einem derart gestalteten Tintenversorgungstank anzuordnen, daß das Tintenabsorbierungsmittel mit der größeren Porenweite von der Tintenversorgungsöffnung entfernt und das Tintenabsorbierungsmittel mit der geringeren Porenweite nahe der Tintenversorgungsöffnung zu liegen kommt, so daß Tinte von dem Porenelement mit größerer Porenweite zu dem Porenelement mit geringerer Porenweite und von diesem zur Tintenversorgungsöffnung fließt (Merkmale 4.1 und 4.2). Zwar waren dem Fachmann Tintenabsorbierungsmittel enthaltende Tintenversorgungstanks am Prioritätstag nicht nur aus der US-Patentschrift 4 194 846 bekannt, die in der Beschreibung des Streitpatents angeführt ist (Übersetzung Seite 1, Zeilen 16-26), sondern wurden dem Fachmann auch in der Tintenversorgungstanks für Tintenstrahldrucker betreffenden japanischen Offenlegungsschrift 58-142861 offenbart (Fig. 9, vgl. auch deutsche Übersetzung der Beschreibung der gleichlautenden US-Patentschrift 4 630 758 Seite 2, Zeilen 26 f.). In diesen Schriften finden sich auch Hinweise auf den Zweck dieser Mittel, die ein Aufschäumen der Tinte beim Druckvorgang verhindern. So wird in der US-Patentschrift 4 095 237 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das dort als Filter bezeichnete Porenelement als ein wirksamer Dämpfer der Flüssigkeitsbewegungen in dem als Speicher bezeichneten Tintenversorgungstank wirkt (deutsche Übersetzung Seite 3, 3. Abs.). Darüber hinaus wurde dem Fachmann durch die japanische Offenlegungsschrift 58-142861 offenbart, daß in den Tintenversorgungstank nicht nur ein, sondern mehrere Tintenabsorbierungsmittel unterschiedlicher Porenweite eingesetzt werden können, um den Tintenfluß in dem Tintenversorgungstank zu steuern. Fig. 7 der japanischen Offenlegungsschrift zeigt übereinander angeordnete Porenelemente und weist den Fachmann darauf hin, daß es sich um mehrere Arten von Kapillarelementen (Bezugszeichen 5c1, 5c2 ...) mit variierenden Radien der entsprechenden Röhren (Bezugszeichen r1, r2 ...) handelt, die eins über dem anderen angeordnet sind (deutsche Übersetzung der gleichlautenden US-Patentschrift 4 630 758 Seite 7, Zeile 29 - Seite 8, Zeile 2). Bei der Vorrichtung nach der japanischen Offenlegungsschrift 58-142861 werden die mehreren Tintenabsorbierungsmittel aber nicht so eingesetzt, daß das Porenelement mit geringeren Porendurchmessern an der Tintenversorgungsöffnung und das Porenelement mit größeren Porendurchmessern entfernt von der Tintenversorgungsöffnung angeordnet ist, sondern umgekehrt, so daß die Kapillarwirkung der Porenelemente im Vergleich zur Lehre des Streitpatents umgekehrt wird. Die japanische Druckschrift weist den Fachmann daher in eine der Lehre des Streitpatents entgegengesetzte Richtung.

Demgegenüber entnimmt der Fachmann der deutschen Offenlegungsschrift 32 07 074 zwar die Ausbildung eines Tintenversorgungstanks, in den ein Tintenabsorbierungsmittel so eingesetzt ist, daß sein der Tintenversorgungsöffnung zugewandte Teil verengte Kapillare aufweist. Der Fachmann erfährt auch aus der Beschreibung, daß durch die Verengung des Kapillarsystems an der als Austrittsdüse bezeichneten Tintenversorgungsöffnung die Steighöhe der Kapillare gegenüber der Steighöhe in den nicht verengten Teilen des Tintenabsorbierungsmittels deutlich überhöht ist (Beschreibung Seite 6, Zeilen 32-35). Wie beim Gegenstand des Streitpatents weist das Tintenabsorbierungsmittel einen Bereich mit größeren Porenweiten entfernt von der Tintenversorgungsöffnung und einen Bereich geringerer Porenweite an der Tintenversorgungsöffnung auf, so daß - wie nach der Lehre des Streitpatents - ein Tintenfluß hin zur Tintenversorgungsöffnung entsteht. Auf demselben Wirkungsprinzip beruht auch der durch die Anordnung mehrerer Tintenabsorbierungsmittel unterschiedlicher Porenweite erzeugte Tintenfluß in dem Tintenversorgungstank nach der US-Patentschrift 3 491 685. Bei der Ausbildung eines Tintenversorgungstanks nach der US-Patentschrift 3 491 685 erfolgt die Übertragung auf die Druckwalzen jedoch nicht über einen in dem Tintenversorgungstank angeordneten Tintenraum, an den die Tinte abgegeben wird, um durch von den distalen Nadelenden ausgehendem Unterdruck weiterbewegt zu werden. Vielmehr wird die Tinte jedenfalls mittels Reibschlusses von den Tintenabsorbierungsmitteln auf die Druckwalzen übertragen. Bei der Ausbildung eines Tintenversorgungstanks nach der deutschen Offenlegungsschrift 32 07 074 wird zwar ein im Bereich der Tintenversorgungsöffnung komprimiertes Tintenabsorbierungsmittel in den Tintenversorgungstank eingesetzt und so eine gestufte Kapillarwirkung hin zur Tintenversorgungsöffnung erreicht. Das geschieht jedoch nicht über mehrere Tintenabsorbierungsmittel unterschiedlicher Porenweite, sondern durch Verengung der Kapillare ein und desselben Tintenabsorbierungsmittels. Eine Anregung, einen solchen Tintenfluß mittels mehrerer Tintenabsorbierungsmittel, die in ihrer Porenweite und damit der Steighöhe der Kapillaren aufeinander abgestimmt sind, herbeizuführen, erhält der Fachmann auch aus dieser Veröffentlichung nicht. Zwar ist dem Fachmann, der sich mit der Konstruktion von Tintenversorgungstanks befaßt, die Kapillarwirkung als solche bekannt; er findet in den genannten Schriften auch Hinweise, daß sich der Tintenfluß mittels der unterschiedlichen Kapillarwirkung großporiger und kleinporiger Teile von Tintenabsorbierungsmitteln reduzieren (japanische Offenlegungsschrift 58-142861) oder intensivieren (deutsche Offenlegungsschrift 32 07 074) läßt. Im Stand der Technik ist jedoch kein Hinweis aufzufinden, der dem Senat die hinreichende Überzeugung vermitteln könnte, der Fachmann habe aus den im einzelnen sehr unterschiedlichen Anordnungen von Tintenabsorbierungsmitteln in Tintenversorgungstanks die Anregung erhalten, den erstrebten Tintenfluß von einem großporigen und damit viel Tinte aufnehmenden Tintenabsorbierungsmittel über ein weniger großporiges Tintenabsorbierungsmittel größerer kapillarer Steighöhe in einen Tintenraum zu leiten, von dem der Tintenfluß weiter hin zu der Tintenversorgungsöffnung gelenkt wird.

Danach hat das Streitpatent in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung Bestand. Deshalb bleiben auch die Patentansprüche 2 und 3 als zweckmäßige Weiterbildungen des Gegenstands nach Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag des Streitpatents verteidigten Fassung bestehen.

VI. Auf die Berufung ist das angefochtene Urteil daher teilweise abzuändern.

Die Kostenentscheidung folgt für die erste Instanz aus § 84 Abs. 2 PatG, § 92 Abs. 1 ZPO, für die Berufungsinstanz aus § 121 Abs. 2 PatG, § 91 ZPO.



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