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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 29.06.2004
Aktenzeichen: X ZR 203/01
Rechtsgebiete: SortG, ZPO


Vorschriften:

SortG § 9
ZPO § 286 B

Entscheidung wurde am 22.09.2004 korrigiert: Angabe Nachschlagwerk durch Nachschlagewerk ersetzt
Zur Beweiswürdigung beim sortenschutzrechtlichen Übertragungsanspruch.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 203/01

Verkündet am: 29. Juni 2004

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das am 13. September 2001 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist.

In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger betreibt als Gärtnermeister einen auf die Züchtung von Calluna (= Besenheide) ausgerichteten Spezialbetrieb; er ist Inhaber von Sorten-schutzrechten an Besenheide-Sorten, darunter an den Sorten "Anette" (Kenn-Nr. CLL 17, angemeldet am 23. Juli 1993), "Fritz Kircher" (Kenn-Nr. CLL 36, angemeldet am 30. Dezember 1993) und "Alicia" (Kenn-Nr. CLL 39, angemeldet am 14. April 1994).

Der Beklagte vermehrt in seinem Gartenbaubetrieb in größerem Umfang Calluna-Pflanzen, die er anschließend vertreibt. Bis Ende 1993 unterhielten die Parteien geschäftliche Beziehungen. Der Beklagte hat unter anderen auch lizenzierte Calluna-Sorten des Klägers vermehrt. Am 3. Dezember 1991 und am 3. November 1992 nahm der Beklagte an Treffen von Interessenten im Betrieb des Klägers teil, bei welchen dieser den Teilnehmern auf einem besonderen Beet befindliche Calluna-Neuzüchtungen vorführte.

Am 4. November 1993 reichte der Beklagte beim Bundessortenamt sieben Anträge auf Erteilung von Schutzrechten ein, darunter auch solche für Calluna-Knospenblüher, welche die Kenn-Nrn. CLL 25 ("Verena", hellviolett blühend), CLL 26 ("Schnee", weißblühend), CLL 28 ("Barbara", rosarot blühend) und CLL 29 ("Heidi", hellrosa blühend) erhielten. Der Beklagte gab in den Sortenschutzanmeldungen jeweils an, bei den genannten Sorten handele es sich um Mutanten der nicht geschützten Sorte "Marleen", die er im August 1993 in seinem Bestand entdeckt habe.

Auf die Anmeldungen "Verena" und "Barbara" erteilte das Bundessortenamt am 24. April 1997 Sortenschutz. Die Anmeldungen "Schnee" und "Heidi" hat der Beklagte im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits zurückgenommen, nachdem das Bundessortenamt Bedenken gegen die Schutzfähigkeit geäußert hatte.

Der Kläger hat mit der Klage Übertragung der Anmeldungen und die Feststellung verlangt, daß der Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist. Er hat geltend gemacht, die Sorten stünden ihm zu; der Beklagte habe Pflanzen oder Pflanzenteile dieser Sorten aus seinem Betrieb entwendet. Nach Rücknahme der Anmeldungen der Sorten "Schnee" und "Heidi" hat der Kläger insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Teilerledigung nicht angeschlossen und Klageabweisung beantragt.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Übertragung des Sortenschutzes für die Sorte "Barbara" verurteilt sowie festgestellt, daß der Rechtsstreit hinsichtlich der Sorten "Schnee" und "Heidi" in der Hauptsache erledigt und daß der Beklagte hinsichtlich der Sorten "Barbara" und "Schnee" zum Schadensersatz verpflichtet ist. Hinsichtlich der Sorte "Verena" hat es die Klage abgewiesen.

Auf die Berufungen beider Parteien hat das Oberlandesgericht nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien hinsichtlich der Sorten "Schnee" und "Heidi" den Beklagten zur Übertragung des Sortenschutzes für die Sorte "Verena" verurteilt und insoweit die Schadensersatzpflicht des Beklagten festgestellt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Kosten beider Rechtszüge gegeneinander aufgehoben.

Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche wegen der Anmeldung "Schnee" (CLL 26) und der inzwischen erteilten Sorte "Barbara" (CLL 28) weiter. Er beantragt die Aufhebung des Berufungsurteils, soweit die Klage abgewiesen worden ist, sowie Zurückweisung der Berufung des Beklagten. Der Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils im Kostenpunkt und im Umfang der Anfechtung sowie insoweit zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Übertragung des Sortenschutzrechts "Barbara" und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich "Barbara" und "Schnee" verneint, weil der Kläger die Entnahme der mit diesen beiden Anmeldungen eingereichten Pflanzen aus dem Bestand des Klägers nicht nachgewiesen habe. Nach den Untersuchungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. G. seien die mit den Anmeldungen eingereichten Pflanzen des Beklagten zwar mit den Pflanzen des Klägers verwandt; sie stimmten aber nicht in einem Maße überein, welches die Feststellung zulasse, die Pflanzen des Beklagten stammten von denen des Klägers ab oder umgekehrt. Zwar stehe fest, daß die Angaben des Beklagten unrichtig seien, die von ihm eingereichten Pflanzen seien Mutanten der (freien) Sorte "Marleen", die er im August 1993 in seinen Beständen aufgefunden habe. Dennoch lasse sich nicht mit hinreichender Sicherheit der Schluß ziehen, diese Pflanzen könnten nur aus den Beständen des Klägers stammen. Angesichts der Unterschiede zwischen den untersuchten Pflanzen reiche nicht die bloße Möglichkeit aus, der Beklagte könne Pflanzen im Betrieb des Klägers entwendet haben. Auch wenn man eine unrechtmäßige Beschaffung der mit den Sortenschutzanmeldungen "Schnee" und "Barbara" eingereichten Pflanzen annehme, sei immer die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß der Beklagte sich die Pflanzen von einem anderen als dem Kläger beschafft habe.

2. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Im rechtlichen Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß nach § 9 Abs. 1 SortG der Berechtigte von dem nichtberechtigten Antragsteller Übertragung des Anspruchs auf Erteilung des Sortenschutzes verlangen kann, wenn der Nichtberechtigte Sortenschutz beantragt hat. Ist dem Nichtberechtigten Sortenschutz erteilt worden, so kann nach Abs. 2 der Vorschrift der Berechtigte Übertragung des Sortenschutzes verlangen. Berechtigter ist nach § 8 Abs. 1 SortG der Ursprungszüchter oder Entdecker der Sorte oder sein Rechtsnachfolger. Ursprungszüchter ist, wer die Sorte als erster gezüchtet hat, d.h. wer auf Grund züchterischer Maßnahmen die Sorte neu geschaffen hat (Keukenschrijver, SortG, § 8 Rdn. 9, 10). Vorstadien im Verlauf der Züchtung reichen hierzu nicht aus. Die neue Sorte darf nicht nur gezüchtet werden können, sondern muß bereits gezüchtet worden sein (Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, Bd. 1, S. 117 Rdn. 52 f.).

Weiter ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß der Kläger Ursprungszüchter der Sorten "Alicia" (Klon Kn 207) und "Fritz Kircher" (CLL 36) ist und daß der Kläger bereits 1992 im Besitz von Klonen gewesen ist, die mit den Pflanzen der von dem Beklagten Ende 1993 angemeldeten Sorten "Schnee" (CLL 26) und "Barbara" (CLL 28) zwar nicht identisch, wohl aber verwandt sind.

b) Der Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, dieser rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts greife schon deshalb nicht, weil der Kläger neben den Pflanzen der Sorten "Alicia" und "Fritz Kircher" weitere Klonreihen gezüchtet zu haben behaupte, aus denen die Pflanzen der angemeldeten Sorten "Schnee" und "Barbara" stammten. Hieraus könne der Kläger nur dann Rechte auf Übertragung herleiten, wenn er auf Grund züchterischer Betätigung eine neue Pflanzensorte geschaffen hätte, die noch vorhanden sei. Es sei nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht behauptet, daß die vom Kläger in seinem Betrieb verworfenen Klone zur Großvermehrung hätten bereitstehen sollen; der Kläger sei insoweit an einem sortenrechtlichen Schutz nicht interessiert gewesen. Es sei deshalb nicht ersichtlich, in welches rechtlich geschützte Interesse der Beklagte durch - unterstellte - Aneignungshandlungen eingegriffen habe.

Es steht dem Züchter frei, ob er für seine Züchtung einen Sortenschutz beantragen oder ob und wie er die Züchtung verwerten will. Es kommt deshalb entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht darauf an, ob der Züchter die Pflanzen der neuen Sorte behält oder vernichtet. Entscheidend ist allein, daß der Züchter die neue Sorte bereits geschaffen hatte.

c) Das Berufungsgericht hat die Behauptung des Beklagten, die Pflanzen der Anmeldungen "Schnee" und "Barbara" seien Mutanten der freien Sorte "Marleen", die er im August 1993 in seinen Beständen aufgefunden habe, als unrichtig angesehen. Gleichwohl hat es aber den Nachweis einer widerrechtlichen Entnahme verneint, weil angesichts der Unterschiede zwischen den untersuchten Pflanzen die bloße Möglichkeit eines Diebstahls des Beklagten hierzu nicht ausreiche; denn es sei immer in Betracht zu ziehen, daß der Beklagte sich die Pflanzen von einem anderen als dem Kläger beschafft haben könnte.

Dies hält den Verfahrensrügen der Revision nicht stand. Die Revision rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht die erforderliche Würdigung aller von dem Kläger vorgetragenen Indiztatsachen verfahrensfehlerhaft unterlassen und das Beweisergebnis nicht ausgeschöpft hat.

aa) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung die Möglichkeit eines Erwerbs der streitigen Pflanzen von einem Dritten in Betracht gezogen. Die Parteien haben weder behauptet noch Anhaltspunkte dafür vorgetragen, daß der Beklagte Pflanzen oder Pflanzenteile der Sorten "Schnee" (CLL 26) und "Barbara" (CLL 28) von einem Dritten bezogen haben könnte. Hiervon abgesehen wäre dies auch ohne Belang, wenn sich der Beklagte Vermehrungsgut dieser Sorten anderweitig beschafft, selbst aber keine züchterischen Maßnahmen an den Pflanzen durchgeführt hätte - was zwischen der behaupteten Entdeckung im August 1993 und der Anmeldung am 4. November 1993 schon aus Zeitgründen kaum möglich gewesen wäre - und wenn keine Erschöpfung eingetreten wäre. Der Beklagte wäre Nichtberechtigter gegenüber dem Kläger als Ursprungszüchter und damit zur Übertragung verpflichtet.

bb) Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Sorte "Schnee" des Beklagten mit der Sorte "Alicia" des Klägers und die Sorte "Barbara" des Beklagten mit der Sorte "Fritz Kircher" des Klägers verwandt sind und daß bei "Schnee" eine Übereinstimmung der chromosomalen Erbsubstanz von 93 % und bei "Barbara" von 80 % bestehe. Daraus hat das Berufungsgericht den Schluß gezogen, es könne nicht festgestellt werden, daß die Pflanzen des Beklagten von denen des Klägers abstammten. Diese Würdigung schöpft die Untersuchungen und Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht vollends aus. Denn der Sachverständige hat weiter dargelegt, daß die streitbefangenen Calluna-Pflanzen innerhalb der jeweiligen Zweiergruppe in morphologischen und physiologischen Merkmalen so ähnlich sind, daß sie nur anhand ihrer chromosomalen Erbsubstanz charakterisiert werden könnten. Ausweislich ihrer Erbsubstanz stammten die beiden streitigen Sorten "Schnee" und "Barbara" nicht unmittelbar von der freien Sorte "Marleen" ab; vielmehr lägen zwischen "Marleen" und "Barbara" zumindest drei Kreuzungen sowie zwischen "Marleen" und "Schnee" vier Kreuzungen. Aus dem von dem Sachverständigen erstellten Dendrogramm ergibt sich weiter, daß die sechs vorgelegten Pflanzen der Sorte "Schnee" eine enge Verwandtschaft mit der Sorte "Alicia" des Klägers besitzen und die fünf Klone der Sorte "Barbara" des Beklagten gemeinsame Eltern mit den fünf Klonen "Fritz Kircher" des Klägers haben. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen folgt daraus, daß die Pflanzen "Schnee" und "Barbara" nicht unmittelbar von "Marleen" abstammen und miteinander auch nicht unmittelbar verwandt sind, und ferner daß die Pflanzen der Sorten "Schnee" und "Barbara" des Beklagten gemeinsame Eltern bzw. Großeltern mit den Pflanzen des Klägers besitzen.

Die chromosomalen Abweichungen zwischen den Pflanzen mögen zwar als so erheblich gewertet werden können, daß entgegen der Annahme des Landgerichts letzte Zweifel an einer widerrechtlichen Entnahme des Beklagten nicht ausgeräumt sind. Jedenfalls besitzt der im Streitfall von dem gerichtlichen Sachverständigen dargelegte enge Verwandtschaftsgrad der Pflanzen zumindest indizielle Bedeutung. Aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich nämlich, daß die streitigen Pflanzengruppen im Laufe von mindestens ein bzw. zwei Vegetationsperioden im Wege generativer Vermehrung aus demselben Ursprungsmaterial, das unstreitig im Besitz des Klägers ist bzw. war, entstanden sein müssen. Daran ändert auch nichts, daß die chromosomalen Abweichungen zwischen den Sorten "Barbara" und "Fritz Kircher" dergestalt sind, daß das Bundessortenamt beide als eigenständige Sorten beurteilt und für beide Sortenschutz erteilt hat. Denn die Erteilung des Schutzrechts steht der Behauptung des Klägers nicht entgegen, der Beklagte habe Pflanzen und Pflanzenteile der angemeldeten Sorten aus seinem Betrieb entwendet. Pflanzen, die aus derselben generativen Vermehrung stammen, können jeweils selbständige Sorten bilden und unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 SortG schutzfähig sein.

cc) Im Rahmen der erforderlichen Beweiswürdigung hatte das Berufungsgericht sich mit den von dem Kläger vorgetragenen Umständen auseinanderzusetzen und auf Grund einer Gesamtschau zu beurteilen, ob der Beweis der widerrechtlichen Entnahme durch den Kläger erbracht war. Sind nämlich - wie im Streitfall - mehrere Tatsachen vorgetragen, die zum Teil feststehen und denen jeweils indizielle Bedeutung zukommt, so muß das Gericht alle Umstände zusätzlich in einer Gesamtschau würdigen, ob sich die beweisbedürftige Tatsache aus der Gesamtheit und dem Zusammenwirken der einzelnen Umstände ergibt (BGH, Urt. v. 15.6.1994 - IV ZR 126/93, VersR 1994, 1054, 1055; BGH, Urt. v. 24.1.1996 - IV ZR 270/94, NJW-RR 1996, 665, 666). Aus revisionsrechtlicher Sicht steht es dem Tatrichter zwar frei, welchen Beweiswert er den Indizien einzeln und in der Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimißt und welche Schlüsse er daraus zieht. Das Revisionsgericht kann aber überprüfen, ob das Berufungsgericht bei der Würdigung alle Einzelumstände beachtet hat, denen im Zusammenhang mit dem übrigen Sachverhalt indizielle Bedeutung zukommt (BGH, Urt. v. 15.6.1994, aaO; BGH, Urt. v. 24.1.1996, aaO), ob die Tatsacheninstanz die Relevanz von Indiztatsachen erkannt hat, ob die unter Beweis gestellten Indiztatsachen auch aufgeklärt worden sind (BGH, Urt. v. 29.6.1982 - VI ZR 206/80, NJW 1982, 2747, 2748) und ob das Berufungsgericht überhaupt eine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände vorgenommen hat (BGH, Urt. v. 4.7.1989 - VI ZR 309/88, NJW 1989, 2947; BGH, Urt. v. 24.1.1996, aaO). Dies hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht hinreichend beachtet, wie die Revision mit Recht rügt.

Der Kläger hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, er habe mehrere Klone aufgezogen, die demselben Genpool angehörten. Aus diesen habe er den Klon für den Sortenschutzantrag "Fritz Kircher" (CLL 36) ausgewählt. Die Zugehörigkeit von "Barbara" und "Fritz Kircher" zu demselben Genpool, sowie die enge Verwandtschaft der drei Pflanzengruppen "Schnee" untereinander und mit "Alicia" lasse nur den Schluß zu, daß der Beklagte aus der Reihe der vorhandenen Pflanzen mit "Fritz Kircher" und "Alicia" verwandte Klone entwendet und mit seinen Sortenschutzanmeldungen "Schnee" und "Barbara" eingereicht habe. Das Berufungsgericht hat ferner nicht berücksichtigt, daß im Betrieb des Klägers spätestens im November 1992 mehrere Pflanzen der Sorten "Alicia" und "Fritz Kircher" vorhanden waren, wie der Zeuge F. bekundet hat, und daß nach den Aussagen der Zeugen Fo. und M. im Herbst 1992 anläßlich der Vorführung der Neuzüchtungen im Betrieb des Klägers für den Beklagten die Möglichkeit bestand, Pflanzenteile zu entwenden, weil der Standort der neuen Züchtungen für interessierte Besucher nicht besonders gesichert war. Nicht berücksichtigt hat das Berufungsgericht den unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers, daß nach dem Besuch des Beklagten im Herbst 1992 eine Pflanze aus dem Beet mit den Neuzüchtungen gefehlt habe und bei verschiedenen Pflanzen Triebe abgeschnitten worden seien. Nicht berücksichtigt hat es auch, daß der Verdacht des Diebstahls möglicherweise - wie der Kläger meint - auch durch die Motivation und das Verhalten des Beklagten gestützt werde könnte: Nach dem Vortrag des Klägers hat sich der Beklagte im Herbst 1992 gegen die Lizenzpolitik des Klägers gewandt, vor allem gegen die Mengenbegrenzung und die Mindestpreise des Klägers, weil er sich hierdurch in der beabsichtigten Expansion seines Betriebes gehindert gesehen habe. Nicht berücksichtigt hat das Berufungsgericht schließlich den Umstand, daß der Beklagte - wie festgestellt - tatsächlich Pflanzenteile entwendet hat: Denn die zur Schutzrechtsanmeldung eingereichten Pflanzen der Sorten "Verena" und "Heidi" stimmen mit den Klonen Kn 302 und CLL 17 des Klägers identisch überein.

3. Aus diesen Gründen kann das Urteil im Umfang seiner Anfechtung keinen Bestand haben. Es ist insoweit aufzuheben. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze die Beweiswürdigung nachholen müssen.

Ende der Entscheidung

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