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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 24.11.1998
Aktenzeichen: X ZR 21/97
Rechtsgebiete: PatG, ErstrG


Vorschriften:

PatG 1981 § 15
ErstrG § 6
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am: 24. November 1998

Schanz Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

X ZR 21/97

in dem Rechtsstreit

- Deckelfaß -

PatG 1981 § 15, ErstrG § 6

Eine vertraglich eingeräumte Lizenz an einem Patent kann nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung auch ein ursprungsgleiches, aber infolge Ausnutzung der Prioritätsfrist länger laufendes erstrecktes DDR-Patent erfassen.

BGH, Urt. v. 24. November 1998 - X ZR 21/97 - OLG Düsseldorf LG Düsseldorf


Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 1998 durch die Richter Dr. Jestaedt, Dipl.-Ing. Frhr. v. Maltzahn, Dr. Melullis, Scharen und Keukenschrijver

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das am 17. Dezember 1996 verkündete Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin war ausschließliche Lizenznehmerin an dem deutschen Patent 2 544 491, das ein Deckelfaß betrifft. Dieses Schutzrecht ist am 4. Oktober 1993 abgelaufen. Eingetragene Inhaberin dieses Patents war die M. KG in B.. Diese war ferner Inhaberin des DDR-Patents 126 565, das die Klägerin für inhaltsgleich hält. An diesem zweiten Schutzrecht war der Klägerin zunächst eine ausschließliche Lizenz eingeräumt worden; mit Vereinbarungen vom 3. März 1993 wurde es ihr als volles Recht übertragen. Das ursprünglich als Wirtschaftspatent angemeldete DDR-Patent ist am 31. Oktober 1991 umgewandelt worden. Seine Schutzdauer ist am 2. Oktober 1994 abgelaufen.

Die Beklagte produziert und vertreibt seit 1984 Deckelfässer, die nach Auffassung der Klägerin von der Lehre des deutschen Patents 2 544 491 Gebrauch machten.

In dem von der Klägerin deswegen anhängig gemachten Verletzungsverfahren ist die Beklagte durch Urteile des Landgerichts und des Oberlandesgerichts Düsseldorf antragsgemäß zu Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz verurteilt worden. Diese Urteile wurden nicht rechtskräftig, weil die Parteien sich zuvor verglichen. Geschlossen wurde dieser Vergleich am Vorabend des Verhandlungstermins in der Berufungsinstanz über die von der Beklagten gegen das Patent erhobene Nichtigkeitsklage, die in I. Instanz ohne Erfolg geblieben war. Mit dem am 8. April 1991 zur Erledigung beider Verfahren geschlossenen Vergleich hat die Klägerin der Beklagten gegen Zahlung einer Lizenzgebühr von 1,2 % der Verkaufserlöse eine nicht ausschließliche Lizenz an dem deutschen Patent 2 544 491 eingeräumt. Der auch die beanstandeten Herstellungs- und Vertriebsmaßnahmen in der Vergangenheit einschließende Vertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er sollte beiderseits aus wichtigem Grund und im übrigen ordentlich mit einer Kündigungsfrist von einem halben Jahr gekündigt werden können. In dem Vergleich hat die Beklagte die Kosten des Nichtigkeitsverfahrens übernommen. Gemäß einem anläßlich des Vertragsschlusses überreichten Schreiben wollte die Klägerin wegen der "derzeitigen" Lieferungen in das benachbarte Ausland Verbietungsrechte nicht geltend machen.

Zur Erfüllung dieses Vertrages hat die Beklagte bis zum Ablauf des dritten Quartals des Jahres 1993 Abrechnung erteilt. Darüber hinaus lehnte sie Rechnungslegung und Zahlung mit Blick auf den Ablauf des deutschen Patents ab, der nach ihrer Ansicht zum Auslaufen des Lizenzvertrages geführt hat. Demgegenüber wies die Klägerin darauf hin, daß der Gegenstand des Streitpatents wegen der Weitergeltung des - inzwischen auf das gesamte Bundesgebiet erstreckten - DDR-Patents nicht frei genutzt werden könne. Daraus leitete sie zugleich ab, daß der Lizenzvertrag bis zum Auslaufen dieses Patents fortbestehe. Nachdem die Beklagte dieser Rechtsauffassung widersprochen hatte, bot die Klägerin der Beklagten eine Verlängerung des Lizenzvertrages bis zum Ablauf auch des erstreckten Schutzrechts an. Die Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, daß ihr nach dem Auslaufen des Lizenzvertrages ein kostenloses Weiterbenutzungsrecht an dem Gegenstand der Erfindung zustehe.

Nach ergebnislosen Gesprächen der Parteien hat die Klägerin von der Beklagten Zahlung der im Lizenzvertrag vereinbarten Lizenzgebühren auch für den Zeitraum vom 1. Oktober 1993 bis zum 2. Oktober 1994 verlangt und die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Rechnungslegung und Zahlung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das Rechtsmittel der Klägerin hat das Berufungsgericht in Abänderung dieser Entscheidung die Beklagte antragsgemäß zur Rechnungslegung verurteilt und im übrigen die Sache wegen des Zahlungsanspruchs an die I. Instanz zurückverwiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht eine Verpflichtung der Beklagten zur Weiterzahlung der in dem Lizenzvertrag vom 8. April 1991 vereinbarten Vergütung bejaht, aufgrund der die Beklagte zunächst zur Rechnungslegung und in einer zweiten Stufe zur Auszahlung der sich danach ergebenden Beträge verpflichtet ist.

1. Zahlungs- und Auskunftsanspruch hat das Berufungsgericht dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag entnommen, den es im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auch auf das DDR-Patent erstreckt hat. Daß der Lizenzvertrag allein das deutsche Patent 2 544 491 aufführe, finde seinen Grund darin, daß die Parteien seinerzeit die im wesentlichen im Gebiet der damaligen Bundesrepublik Deutschland stattfindende Nutzung der Erfindung hätten regeln wollen. Für diese Regelung sei ausschließlich das deutsche Patent von Bedeutung gewesen. Nur darauf habe die Klägerin ihre Verletzungsklage gestützt; allein dieses Schutzrecht sei von der Beklagten im Wege der Nichtigkeitsklage angegriffen worden. Demgegenüber sei eine mögliche Relevanz des DDR-Patents für die inländische Schutzrechtslage für die Parteien ungeachtet aller Diskussionen zur Lösung der infolge der Wiedervereinigung auftretenden Schutzrechtskonflikte im April 1991 nicht vorauszusehen gewesen. Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Erstreckungsgesetzes datiere vom 30. Oktober 1991 und liege damit zeitlich nach dem Abschluß des Vergleichs. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Parteien nur von dem bestehenden Schutz der Erfindung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch das deutsche Patent 2 544 491 ausgehen können. Für die dann mit dem Inkrafttreten des Erstreckungsgesetzes (ErstrG) eingetretene Geltung des DDR-Patents 126 565 auch im Gebiet der alten Bundesländer enthalte der Lizenzvertrag daher eine unbewußte Regelungslücke, die nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sei. Dabei sei die Zielsetzung der Parteien zugrunde zu legen, mit dem Lizenzvertrag den bestehenden Streit über die Benutzung der patentierten Erfindung im Wege der entgeltlichen Lizenzierung auf Dauer beizulegen. Mit dieser Zielsetzung sei die Annahme nicht zu vereinbaren, die Parteien hätten ihre Auseinandersetzung, deren Beilegung der Vergleich vom 8. April 1991 gedient habe, nach Ablauf des dort genannten Schutzrechts erneut aufnehmen wollen, wenn das länger laufende DDR-Patent der Klägerin neuerlich Verbietungsrechte verliehen hätte. Vielmehr sprächen diese Zielsetzung und die ihr zugrundeliegende Willensrichtung der Parteien dafür, daß sie, hätten sie die Möglichkeit der Erstreckung seinerzeit bedacht, auch das DDR-Patent in den Lizenzvertrag einbezogen hätten.

2. Diese Beurteilung greift die Revision im Ergebnis ohne Erfolg an. Zu Recht ist das Berufungsgericht von einer Regelungslücke im Vertrag der Parteien ausgegangen, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch eine Verlängerung seiner Geltungsdauer zu schließen ist.

a) Das in Rechtsprechung und Lehre entwickelte Institut der ergänzenden Vertragsauslegung dient dazu, den von den Parteien bei ihren Absprachen entwickelten und einverständlich festgelegten Regelungsplan für solche Lücken zu ergänzen, für die ein Regelungsbedarf besteht, den die Parteien zwar nicht erkannt haben, dem sie aber genügt hätten, wenn ihnen die Regelungsbedürftigkeit bekannt gewesen wäre. Insoweit geht diese an den §§ 133, 157 BGB orientierte Auslegung den Grundsätzen über das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage vor (BGHZ 90, 69, 74 m.w.N. auch zum Streitstand). Die mit ihrer Hilfe ermöglichte Fortführung und Ergänzung des von den Parteien verabredeten Regelungsplans hat Vorrang vor der bei Wegfall der Geschäftsgrundlage erforderlichen Korrektur ihrer Abrede.

b) Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daß der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag eine Regelungslücke aufweist. Diese ergibt sich aus dem Fehlen einer Regelung zu den Folgen der mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Erstreckung von gewerblichen Schutzrechten (ErstrG) vom 23. April 1992 (BGBl. I S. 938) bewirkten Geltung des für die Klägerin im Gebiet der früheren DDR erteilten Patents auch in den alten Bundesländern.

aa) Seiner Würdigung hat das Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegt, daß mit Inkrafttreten dieses Gesetzes das für das Gebiet der früheren DDR erteilte Patent auch im übrigen Bundesgebiet Geltung erlangt hat und hier die gleichen Wirkungen auslöst wie ein nach den Patentgesetzen 1968 bzw. 1981 für die alten Bundesländer erteiltes Patent (vgl. § 6 ErstrG). Nach den tatrichterlichen Feststellungen ist das ursprünglich als Wirtschaftspatent erteilte Schutzrecht vor Inkrafttreten des Erstreckungsgesetzes in ein Ausschließungspatent umgewandelt worden, so daß die in §§ 7 f. ErstrG vorgesehenen Beschränkungen in seinem Fall nicht eingreifen. Bedenken gegenüber der Wirksamkeit dieser nach dem Patentrecht der früheren DDR vollzogenen Umwandlung sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht geltend gemacht.

Als Ausschließungspatent vermittelte das erstreckte Schutzrecht der Klägerin im gesamten Bundesgebiet die gleichen Rechte wie ein nach dem Patentgesetz 1968 bzw. dem Patentgesetz 1981 erteiltes Patent; aus ihm konnte sie während seiner Geltung insbesondere die aus diesem Schutzrecht fließenden Verbietungsrechte (vgl. §§ 9 f. PatG 1981) geltend machen, soweit dem nicht ein Benutzungsrecht auf seiten des in Anspruch Genommenen gegenüberstand.

bb) Frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, daß sich ein Benutzungsrecht der Beklagten unmittelbar aus der Lizenzierung des deutschen Patents 2 544 491 nicht ergab. Diese Auffassung stützt sich auf die Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages, nach der die Parteien das DDR-Patent in ihre Absprache nicht einbezogen haben. Diese Auslegung ist als dem Tatrichter vorbehaltene Würdigung in der Revisionsinstanz nur beschränkt, nämlich auf das Vorliegen von Rechtsfehlern, zu überprüfen (vgl. BGHZ 65, 107, 110). Das Revisionsgericht ist danach grundsätzlich gehindert, die tatrichterliche Würdigung durch seine eigene zu ersetzen; die Kontrolle im Revisionsverfahren beschränkt sich darauf, ob der Tatrichter gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat oder ob seine Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, indem er etwa unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentliches Auslegungsmaterial außer acht gelassen hat (vgl. Sen.Urt. v. 25.2.1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968 = MDR 1992, 802 sowie BGH, Urt. v. 11.3.1996 - II ZR 26/95, NJW-RR 1996, 932 - st. Rspr.). Für einen solchen Fehler sind Anhaltspunkte nicht zu erkennen; er wird von der Revision auch nicht geltend gemacht. Das vom Berufungsgericht gefundene Verständnis steht in Einklang mit dem Wortlaut des Vertrages vom 8. April 1991 und seiner vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Vorgeschichte. Überzeugend hat es insbesondere einen Grund dafür vermißt, der die Parteien seinerzeit zur Einbeziehung auch der weiteren Schutzrechte hätte veranlassen können.

Ohne Erfolg beanstandet die Revision auch die daran anknüpfende weitere Feststellung des Berufungsgerichts, daß sich aus diesem Vertrag unmittelbar eine Verpflichtung der Klägerin nicht herleiten lasse, nach dessen Ablauf der Beklagten die Benutzung ihrer sonstigen, den gleichen Gegenstand betreffenden Schutzrechte zu gestatten. Dafür bildet entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung auch das anläßlich des Vertragsschlusses überreichte Schreiben der Klägerin vom 8. April 1991 keine Grundlage. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob dieses Schreiben - wie die Revision meint - die Einräumung einer Freilizenz an den im Lizenzvertrag nicht erwähnten Auslandsschutzrechten enthält oder ob es sich - was nach Lage des Sachverhalts näher liegen dürfte - insoweit aus der Sicht der Beteiligten lediglich um eine selbstverständliche Folge der die gesamte inländische Produktion patentgemäßer Gegenstände betreffenden Erteilung eines Benutzungsrechts handelte, nach der eine erneute Vergütung bei Auslandsgeschäften der Beklagten unangemessen erschien, soweit sich solche Ansprüche infolge der berechtigten Produktion im Inland überhaupt begründen ließen. Auch wenn man dem einseitigen Schreiben der Klägerin mit der Revision eine weitergehende Bedeutung zumißt, läßt sich daraus ein über die Laufzeit des Lizenzvertrages hinausgehendes Benutzungsrecht der Beklagten hinsichtlich der übrigen Schutzrechte der Klägerin einschließlich des DDR-Patents nicht herleiten.

Daß die Klägerin der Beklagten mit diesem Schreiben die Benutzung ihrer Schutzrechte auch dann einräumen wollte, wenn sie dafür eine Vergütung von der Beklagten nicht erhielt, konnte diese nicht erwarten. Für ein solches Verständnis ist daher bei der nach den §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung nach dem Empfängerhorizont kein Raum. Mit der Überreichung des Schreibens mit dieser Erklärung anläßlich des einen Lizenzvertrag einschließenden Vergleichs hatte die Klägerin deutlich gemacht, daß dieses lediglich als ergänzende Regelung zu dieser Vereinbarung verstanden werden sollte und in seiner Wirksamkeit an den Bestand des Vertrages geknüpft war. Mit ihm wurde sichergestellt, daß die Beklagte für ihre inländische Produktion von Deckelfässern über die nach dem Lizenzvertrag zu entrichtenden Gebühren auch dann keine weiteren Zahlungen leisten mußte, wenn sie diese ins Ausland und damit in den Geltungsbereich weiterer der Klägerin zustehender Schutzrechte verbrachte. Schon das beschränkte diese Benutzungsrechte auf den Zeitraum, in dem die Beklagte Lizenzgebühren zahlte.

Anhaltspunkte, denen die Beklagte hätte entnehmen können, daß ihr auch nach Ablauf des Vertrages insoweit ein unentgeltliches Benutzungsrecht zugebilligt werden sollte, bestanden aus ihrer Sicht auch dann nicht, wenn - wie die Revision geltend macht - das im Nichtigkeitsverfahren eingeholte und das in diesem Verfahren von der Beklagten vorgelegte Sachverständigengutachten die Patentfähigkeit des dort angegriffenen Schutzrechts verneint haben sollte. Damit stand, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hingewiesen hat, der Ausgang des Nichtigkeitsverfahrens in keiner Weise fest. Zur Beseitigung der damit fortbestehenden Ungewißheit haben die Parteien gerade den Lizenzvertrag vom 8. April 1991 geschlossen und dabei als angemessenen Interessenausgleich nicht eine unentgeltliche Benutzung des der Klägerin zustehenden Schutzrechts, sondern eine Benutzung gegen eine von der Beklagten zu entrichtende Vergütung als sachgerecht angesehen. Auch der Umstand, daß die Beklagte in dem Vertrag die Kosten des Nichtigkeitsverfahrens übernommen hat, spricht dagegen, daß sich aus deren Sicht die Klägerin in einer so aussichtslosen Situation befunden hat, daß sie einer unentgeltlichen Nutzung ihrer Rechte hätte zustimmen müssen.

cc) Entgegen der Auffassung der Revision läßt sich eine dem erstreckten DDR-Patent entgegenzuhaltende Benutzungsbefugnis auch nicht aus dem Kollisionsrecht des Erstreckungsgesetzes herleiten. Die §§ 26 bis 29 ErstrG regeln die Folgen, die sich aus dem Zusammentreffen mehrerer ganz oder teilweise die gleiche technische Lehre betreffender Schutzrechte im gleichen räumlichen Geltungsbereich infolge der im Gesetz vorgesehenen wechselseitigen Erstreckung auf das gesamte Bundesgebiet ergeben. Dabei unterscheidet es - der patentrechtlichen Systematik folgend - zwischen der Kollision des erstreckten Rechts mit Weiterbenutzungsrechten (§ 28 ErstrG), Vorbenutzungsrechten (§ 27 ErstrG) und dem Recht aus einem erteilten Patent (§ 26 ErstrG). Den Inhabern dieser Rechte werden Benutzungsbefugnisse zugestanden, deren Umfang im einzelnen von der Stärke ihrer Rechtsposition abhängt. Das Weiterbenutzungsrecht kann nach § 28 Abs. 1 ErstrG den aus dem jeweils anderen Gebiet erstreckten Recht nur dann entgegengehalten werden, wenn die zugrundeliegende Benutzung der Erfindung vor dem 1. Juli 1990 begonnen wurde. Das Vorbenutzungsrecht knüpft nach § 27 ErstrG an die Regelung in § 12 PatG 1981 an und setzt damit eine Aufnahme der Benutzung der Erfindung oder zumindest dafür erforderliche Vorbereitungen des Benutzers zu einem Zeitpunkt vor Anmeldung des Patents voraus, aus dem das Verbietungsrecht hergeleitet wird. Für beide Benutzungsrechte sind die Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Nach den von der Revision nicht angegriffenen, im Einklang mit dem Vorbringen der Parteien stehenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die Produktion der hier in Frage stehenden Deckelfässer im Jahre 1984 und damit nach Anmeldung des DDR-Patents am 2. Oktober 1976 aufgenommen. Damit scheidet ein Vorbenutzungsrecht nach § 27 ErstrG schon dem Tatbestand nach aus.

Auch die Voraussetzungen eines Weiterbenutzungsrechts sind nicht gegeben. Allerdings scheitert dieses nicht schon - wie das Berufungsgericht meint - daran, daß die beiden kollidierenden Schutzrechte dem gleichen Inhaber zustanden. Dem Wortlaut des Gesetzes ist nichts dafür zu entnehmen, daß ein Weiterbenutzungsrecht nur für den Fall personenverschiedener Inhaber kollidierender Patentrechte in Betracht kommt. Die Regelung des § 28 Abs. 1 ErstrG betrifft nicht in erster Linie das Verhältnis zwischen zwei kollidierenden Schutzrechten. Gegenstand der Regelung ist schon nach dem Wortlaut der Vorschrift, inwieweit sich ein erstrecktes Patent gegenüber einem Weiterbenutzungsrecht durchsetzen kann. Dessen Umfang und Inhalt hängen nicht davon ab, ob seinem Inhaber ebenfalls ein Schutzrecht erteilt wurde. Es betrifft vielmehr die rechtliche Stellung desjenigen, der in der Vergangenheit die Benutzung der im erstreckten Patent unter Schutz gestellten Lehre - zum damaligen Zeitpunkt rechtmäßig - aufgenommen hat. Für diesen Fall wird bestimmt, in welchem Umfang der Inhaber des Schutzrechts eine Fortsetzung dieser bis zur Erstreckung rechtmäßigen Benutzung hinnehmen muß. Damit knüpft das Gesetz vor allem an eine tatsächliche Position, nämlich einen in der Vergangenheit liegenden Beginn der Benutzung der unter Schutz gestellten Lehre an. Hiervon geht auch § 28 ErstrG aus, der in seinem Absatz 1 eine Befugnis zur Fortsetzung der Benutzung nur solchen Personen einräumt, die die Benutzung vor dem Stichtag des 1. Juli 1990 begonnen haben.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar hat die Beklagte die von der Klägerin als unter das erstreckte Schutzrecht fallend angesehenen Deckelfässer schon vor dem Stichtag des 1. Juli 1990 hergestellt; an diesem Tage waren Herstellung und Vertrieb dieser Fässer jedoch nicht - wie von § 28 Abs. 1 ErstrG vorausgesetzt - rechtmäßig. Der zwischen den Parteien geschlossene Lizenzvertrag über das deutsche Patent 2 544 491, der der Beklagten ein Recht zur Benutzung dieses Schutzrechts einräumte, datiert vom 8. April 1991 und liegt damit nach dem maßgeblichen Stichtag. Daß von diesem auch die in der Vergangenheit liegenden Benutzungshandlungen erfaßt und damit genehmigt wurden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Maßgeblich ist insoweit nicht diese nachträgliche Gestattung durch den Berechtigten, sondern allein die am Stichtag tatsächlich bestehende Rechtslage. Über die Figur des Weiterbenutzungsrechts wird nur derjenige geschützt, der bei einer Benutzung rechtmäßig, d.h. ohne Verletzung fremder Rechte handelte und deshalb darauf vertrauen durfte, diese Benutzung fortsetzen zu dürfen. Nach den Grundsätzen des Weiterbenutzungsrechts verdient Schutz nur derjenige, der bei Aufnahme der Benutzung auch wegen ihrer Rechtmäßigkeit auf die Zulässigkeit ihrer Fortsetzung vertrauen durfte. Das richtet sich allein nach den tatsächlichen Verhältnissen zu dem jeweiligen Zeitpunkt der Benutzung. Eine spätere Genehmigung einer zum maßgeblichen Zeitpunkt unrechtmäßigen Benutzung einer unter Schutz gestellten Lehre kann ein schutzwürdiges Vertrauen und damit auch eine Befugnis zur Fortsetzung der Benutzung nicht begründen.

Mit den Regelungen des § 26 ErstrG kann ein dem Patentrecht der Klägerin entgegenstehendes Benutzungsrecht der Beklagten ebenfalls nicht begründet werden. Dazu bedarf es keiner abschließenden Erörterung der Frage, ob sich der Inhaber eines nach dem Recht der alten Bundesrepublik Deutschland oder dem der DDR erteilten Patents gegenüber einem erstreckten inhaltsgleichen Recht, dessen Schutzdauer später abläuft, auf eines der in dieser Vorschrift gewährten Benutzungsrechte berufen kann oder ob auch er nach dem Ablauf der Schutzdauer seines Rechts allein auf die Befugnisse nach den §§ 27 bis 29 ErstrG verwiesen ist. Auch wenn man davon ausginge, daß § 26 ErstrG dem Patentinhaber ein Recht zur Benutzung seiner Erfindung auch über den Ablauf der Schutzdauer hinaus gewährt, könnte jedenfalls ein einfacher Lizenznehmer hieraus nicht ohne weiteres ein Benutzungsrecht für diesen Zeitraum herleiten.

Allerdings schließt die Regelung des § 26 Abs. 1 ErstrG die Geltendmachung von Rechten nicht nur zwischen Patentinhabern, sondern auch gegenüber solchen Personen aus, denen bei kollidierenden Rechten einer der beiden Inhaber die Benutzung seines Rechts gestattet hat. Schon ihrem Wortlaut nach setzt das Benutzungsrecht nach dieser Vorschrift damit jedoch die Gestattung der Benutzung durch einen der Inhaber der kollidierenden Patentrechte voraus. Nur bei Vorliegen einer solchen Erlaubnis können die durch § 26 Abs. 1 ErstrG vermittelten Rechte dem Inhaber des anderen erstreckten Rechts entgegengehalten werden.

Über eine solche Gestattung verfügt die Beklagte nach dem hier zugrundezulegenden Sachverhalt indessen nicht. Die von der Klägerin gewährte Befugnis zur Benutzung des deutschen Patents 2 544 491 endete mit dem Ablauf von dessen Schutzdauer. Mit dem Wegfall dieses Schutzrechts besaß die Klägerin insoweit keine Rechtsposition mehr, deren Nutzung sie der Beklagten hätte gestatten können. Damit scheidet auch eine über diesen Zeitpunkt hinausgehende Gestattung der Benutzung aus, so daß die Voraussetzungen eines abgeleiteten Benutzungsrechts nach § 26 Abs. 1 ErstrG nicht mehr gegeben sind.

c) Frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, wegen des Fehlens eines vertraglichen Benutzungsrechts weise die Vereinbarung unter den Parteien deshalb eine Lücke auf, weil die Beklagte auch von der Lehre des erstreckten DDR-Patents Gebrauch mache.

Bei seiner Würdigung hat das Berufungsgericht nicht verkannt, daß Darlegungs- und Beweislast für eine Benutzung ihres Schutzrechts auch in dem hier behandelten Zusammenhang bei der Klägerin liegen, die aus dieser Benutzung Rechte herleiten will. Zutreffend hat es ausgeführt, daß die Klägerin dem durch den Hinweis auf den Wortlaut der Schutzansprüche auch dieses Patents und deren inhaltliche Übereinstimmung mit dem Wortlaut des abgelaufenen Schutzrechts sowie die zwischen den Parteien im wesentlichen unstreitige Benutzung dieses früher abgelaufenen Rechts nachgekommen ist. In dieser, hinsichtlich der Benutzung dieses Rechts, durch die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts Düsseldorf bestätigten Darstellung liegt eine schlüssige, in sich folgerichtige Behauptung einer Benutzung auch des erstreckten DDR-Patents.

Diese konnte das Berufungsgericht als unstreitig behandeln, weil die Beklagte ihr substantiiert nicht entgegengetreten ist. Sie hat ihre Verteidigung darauf beschränkt, die inhaltliche Übereinstimmung der beiden Schutzrechte in Zweifel zu ziehen und dabei insbesondere geltend gemacht, daß die jetzt nach dem Wortlaut bestehende inhaltliche Identität beider Schutzrechte auf einer unzulässigen Erweiterung des erstreckten DDR-Patents beruhe. Mit dem Einwand der unzulässigen Erweiterung kann die Beklagte im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb nicht durchdringen, weil sie insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt und Tatumstände für eine unzulässige Erweiterung oder sonstige der Wirksamkeit des Schutzrechts entgegenzuhaltende Änderung nicht dargelegt hat. In I. Instanz und bis zum Schluß des Verhandlungstermins in der Berufungsinstanz ist sie auf die Frage einer unzulässigen Erweiterung nur kursorisch eingegangen; ihr Vorbringen beschränkt sich im wesentlichen darauf, den unterschiedlichen Wortlaut der beiden Ansprüche anzuführen und damit die Behauptung eines unterschiedlichen Inhalts ohne nähere Spezifikation zu verbinden. Mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30. Oktober 1996 hat die Beklagte diese Darstellung dahingehend ergänzt, daß sie einige die Faßbordur betreffende Merkmale des deutschen Patents 2 544 491 und des DDR-Patents 126 565 gegenüberstellt. In welcher Hinsicht und aus welchem Grund die Neufassung der Ansprüche des DDR-Patents eine unzulässige Erweiterung enthalten solle, wird auch in diesem Zusammenhang nicht ausgeführt. Solcher Erläuterungen hätte es jedoch bedurft, weil mit der Änderung im wesentlichen zusätzliche Merkmale zur Kennzeichnung der Bordur in den Patentanspruch aufgenommen wurden. In der Aufnahme weiterer Merkmale liegt jedoch in der Regel keine Erweiterung, sondern eine inhaltliche Beschränkung. Gründe, die hier eine abweichende Beurteilung rechtfertigen, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Auch im übrigen ist nicht zu erkennen, daß die in den unterschiedlichen Fassungen verwendeten Angaben unterschiedliche technische Sachverhalte beschreiben.

d) Nach alledem ist das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß der zwischen den Parteien geschlossene Lizenzvertrag eine planwidrige Lücke aufweist. Da ihr mit dem Auslaufen des deutschen Patents 2 544 491 insoweit ein Benutzungsrecht nicht mehr zustand, hätte die Beklagte bei einer weiteren Tätigkeit das in seinem räumlichen Geltungsbereich auf das Gebiet der alten Bundesländer erstreckte DDR-Patent beachten und demgemäß bis zum Ablauf der Schutzdauer dieses Rechts die Produktion der Deckelfässer einstellen müssen. Dieses Ergebnis wäre mit Inhalt und Zielsetzung der Lizenzvereinbarung vom 8. April 1991 nicht zu vereinbaren. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß mit diesem Vertrag der Beklagten eine ungehinderte Fortsetzung der bisherigen Produktion und des Vertriebs der Deckelfässer bis zum Ablauf der der Klägerin zustehenden Schutzrechte erreicht werden sollte. Ihm ist weiter darin beizutreten, daß diese von den Parteien gemeinsam verfolgte Zielsetzung eine Fortschreibung des Vertrages dahin gebietet, daß der Klägerin ein entsprechendes Benutzungsrecht bis zum Ablauf auch des erstreckten Rechts zugebilligt wird. Wie sich aus dem Verzicht auf eine unmittelbare zeitliche Begrenzung des Lizenzvertrages ergibt, war der Wille der Parteien gerade darauf gerichtet, der Beklagten die Fortsetzung ihrer Produktion und des Vertriebs der Fässer dauerhaft zu ermöglichen. Dabei ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei von einem in dieser Hinsicht dringenden Interesse der Beklagten ausgegangen, nachdem sie sich zum Abschluß des Lizenzvertrages mit der Klägerin entschlossen hatte, obwohl sie - wie sie geltend gemacht hatte - im Nichtigkeitsverfahren mit einer Vernichtung des dort angegriffenen Patents rechnete, insbesondere die dortige Beweislage als für sich außerordentlich günstig bewertet hatte. Wenn sie sich in dieser Situation unmittelbar vor dem Termin zur Verhandlung in der Berufungsinstanz über die Nichtigkeitsklage gleichwohl zum Abschluß eines über mehrere Jahre laufenden Lizenzvertrages entschloß und in diesem neben der Zahlung von Lizenzgebühren auch die Kosten des Nichtigkeitsverfahrens übernahm, konnte das Berufungsgericht hieraus auf ein erhebliches Interesse an einer Lösung schließen, die ihr die uneingeschränkte Fortsetzung ihrer Produktion und des Vertriebs der Deckelfässer ermöglichte.

Dem Berufungsgericht ist auch in seiner Würdigung beizutreten, daß die Beklagte nicht erwarten konnte, diese Nutzungsbefugnis unentgeltlich zu erhalten. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Berufungsgericht eine angemessene Lösung des zwischen den Parteien bestehenden Interessenkonflikts allein darin gesehen, daß der zwischen ihnen geschlossene Vertrag über die Geltung des ursprünglich allein lizenzierten Rechts um die restliche Schutzdauer des erstreckten DDR-Patents verlängert wird. Angesichts des im wesentlichen übereinstimmenden Schutzbereichs hinderte auch dieses Recht die Beklagte an einer Fortsetzung von Vertrieb und Produktion in gleicher Weise wie das abgelaufene Patent. Damit war eine wirtschaftliche Belastung verbunden, die im wesentlichen der während der Geltung des abgelaufenen Patents entspricht. Das rechtfertigt es, für die Gestattung der Benutzung aus ihrer Sicht die gleiche Vergütung wie bisher als angemessenen Interessenausgleich zu betrachten. Die Klägerin hat sich nicht nur schon früher mit einer Lizenzgebühr in dieser Höhe zufriedengegeben, sondern war auch bereit, für das verbleibende Jahr einen Lizenzvertrag zu diesen Bedingungen und in Verlängerung der früheren Vereinbarung abzuschließen, so daß auch aus ihrer Sicht

kein schutzwürdiges Interesse an einer anderweitigen Festsetzung der Lizenzgebühr zu erkennen ist.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



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