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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.01.2005
Aktenzeichen: X ZR 233/01
Rechtsgebiete: ZPO, PatG


Vorschriften:

ZPO § 263
ZPO § 264
PatG § 10
Ist der Tatbestand einer mittelbaren Patentverletzung Gegenstand des Sachvortrags der Klagepartei und hat diese einen Unterlassungsantrag gestellt, der zwar unzutreffend formuliert ist, aber erkennen läßt, daß das Unterlassungsbegehren darauf gerichtet ist, dem Beklagten eine mittelbare Patentverletzung zu untersagen, so ist die mittelbare Patentverletzung Streitgegenstand mit der Folge, daß das Gericht die Fassung des Unterlassungsantrags mit den Parteien zu erörtern und auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuweisen hat (§ 139 ZPO). Ändert der Kläger die Fassung des Unterlassungsbegehrens von sich aus oder auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis, so unterfällt das berichtigte Unterlassungsbegehren der Regelung in § 264 ZPO. Es ist zu bescheiden, ohne daß es auf die Zustimmung des Beklagten oder die Sachdienlichkeit im Sinne des § 263 ZPO ankommt.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 233/01

Verkündet am: 11. Januar 2005

in dem Rechtsstreit

T-Geschiebe

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das am 11. Oktober 2001 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben.

Die Sache wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und am 4. März 1987 angemeldeten Europäischen Patents 0 239 821 (Klagepatent). Sie nimmt die Beklagte wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch.

Das Klagepatent betrifft eine in der Zahnprothetik zur lösbaren Befestigung von Zahnprothesen und Brücken am Restgebiß verwendete Vorrichtung (T-Geschiebe). Nach Durchführung eines Einspruchsverfahrens, in dem der frühere Patentanspruch 5 in den Patentanspruch 1 aufgenommen und die Beschreibung angepaßt wurden, wurde die neue europäische Patentschrift am 24. November 1993 veröffentlicht. Patentanspruch 1 lautet in dieser Fassung wie folgt:

"T-Geschiebe zur lösbaren Befestigung von Zahnprothesen und Brücken am Restgebiß, bestehend aus einer Matrize (1) und einer mit einem durchgehenden Schlitz (4) versehenen, mittels einer konischen Schraube (6) aktivierbaren Patrize (2), an deren Längsbalken ein Steg (3) angebracht ist, der mit einem Schlitz versehen ist, welcher in den durch die Patrize durchgehenden Schlitz mündet, dadurch gekennzeichnet, daß die Schraube (6) innerhalb des Stegs (3) parallel zu dem Schlitzgrund (5) in den Schlitz (4) einführbar ist, und daß der Konus (9) im Schaftbereich der Schraube (6) angeordnet ist, wobei der Konus (9) bei eingedrehter Schraube (6) im mittleren Bereich des Steges (3) sich befindet, bezogen auf die Gesamthöhe."

Die Beklagte vertreibt unter der Produktbezeichnung "M. " bundesweit ein T-Geschiebe gemäß Prospekt Anlage K 4. Für dieses Geschiebe ist der Beklagten das prioritätsjüngere deutsche Patent 196 49 969 erteilt. Das von der Beklagten vertriebene T-Geschiebe ist dort als Ausführungsbeispiel in den Fig. 1 bis 5 b abgebildet.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das T-Geschiebe der Beklagten mache von allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Klagepatents identischen Gebrauch. Werde die Patrize dieses Geschiebes wie von der Beklagten empfohlen auf 2,6 mm gekürzt, liege jedenfalls eine Patentverletzung durch äquivalente Mittel, zumindest aber eine mittelbare Patentverletzung vor.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

1. Patrizen als Bestandteil eines T-Geschiebes zur lösbaren Befestigung von Zahnprothesen und Brücken am Restgebiß, bestehend aus einer Matrize und einer mit einem durchgehenden Schlitz versehenen, mittels einer konischen Schraube aktivierbaren Patrize, an deren Längsbalken ein Steg angebracht ist, der mit einem Schlitz versehen ist, welcher in den durch die Patrize durchgehenden Schlitz mündet, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck entweder einzuführen oder zu besitzen, bei denen die Schraube innerhalb des Stegs parallel zu dem Schlitzgrund in den Schlitz einführbar ist, und bei denen der Konus im Schaftbereich der Schraube angeordnet ist, wobei der Konus sich bei eingedrehter Schraube im mittleren Bereich des Stegs befindet, bezogen auf die Gesamthöhe,

hilfsweise,

1. a) Patrizen als Bestandteil eines T-Geschiebes zur lösbaren Befestigung von Zahnprothesen und Brücken am Restgebiß, bestehend aus einer Matrize und einer mit einem durchgehenden Schlitz versehenen, mittels einer konischen Schraube aktivierbaren Patrize, an deren Längsbalken ein Steg angebracht ist, der mit einem Schlitz versehen ist, welcher in den durch die Patrize durchgehenden Schlitz mündet, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck entweder einzuführen oder zu besitzen, bei denen die Schraube innerhalb des Stegs parallel zu dem Schlitzgrund in den Schlitz einführbar ist, und bei denen der Konus im Schaftbereich der Schraube angeordnet ist, wobei der Konus sich bei eingedrehter Schraube im mittleren Bereich des Stegs befindet, bezogen auf seine Gesamthöhe unter Berücksichtigung möglicher Kürzungen durch die Abnehmer,

weiter hilfsweise,

1. b) Patrizen als Bestandteil eines T-Geschiebes zur lösbaren Befestigung von Zahnprothesen und Brücken am Restgebiß, bestehend aus einer Matrize und einer mit einem durchgehenden Schlitz versehenen, mittels einer konischen Schraube aktivierbaren Patrize, an deren Längsbalken ein Steg angebracht ist, der mit einem Schlitz versehen ist, welcher in den durch die Patrize durchgehenden Schlitz mündet, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck entweder einzuführen oder zu besitzen, bei denen die Schraube innerhalb eines sich an den Steg anschließenden Zusatzteils parallel zu dem Schlitzgrund in den Schlitz einführbar ist, und bei denen der Konus im Schaftbereich der Schraube angeordnet ist, wobei der Konus sich bei eingedrehter Schraube auf der Höhe des mittleren Bereichs des Steges befindet, bezogen auf seine Gesamthöhe unter Berücksichtigung möglicher Kürzungen durch die Abnehmer,

weiter hilfsweise,

1. c) Patrizen als Bestandteil eines T-Geschiebes zur lösbaren Befestigung von Zahnprothesen und Brücken am Restgebiß, bestehend aus einer Matrize und einer mit einem durchgehenden Schlitz versehenen, mittels einer konischen Schraube aktivierbaren Patrize, an deren Längsbalken ein Steg angebracht ist, der mit einem Schlitz versehen ist, welcher in den durch die Patrize durchgehenden Schlitz mündet, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck entweder einzuführen oder zu besitzen, bei denen die Schraube innerhalb eines sich an den Steg anschließenden Zusatzteils parallel zu dem Schlitzgrund in den Schlitz einführbar ist, und bei denen der Konus im Schaftbereich der Schraube angeordnet ist, wobei der Konus sich bei eingedrehter Schraube auf der Höhe des mittleren Bereichs des Zusatzteils befindet.

Darüber hinaus hat sie einen Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und einen Antrag auf Auskunftserteilung gestellt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das Landgericht hat nach Einholung eines Gutachtens des Prof. Dr. L. eine Benutzung des Klagepatents mit äquivalenten Mitteln festgestellt. Es hat die Klage in den Unterlassungsanträgen 1, 1 a und 1 b abgewiesen und die Beklagte nach dem Hilfsantrag 1 c zur Unterlassung und Auskunft verurteilt sowie die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage auch insoweit abgewiesen und die Anschlußberufung der Klägerin zurückgewiesen. Den im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag 1 d der Klägerin, mit dem die Klägerin beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Patrizen als Bestandteil eines T-Geschiebes zur lösbaren Befestigung von Zahnprothesen und Brücken am Restgebiß, bestehend aus einer Matrize und einer mit einem durchgehenden Schlitz versehenen, mittels einer konischen Schraube aktivierbaren Patrize, an deren Längsbalken ein Steg angebracht ist, der mit einem Schlitz versehen ist, welcher in den durch die Patrize durchgehenden Schlitz mündet, in Deutschland an nicht zur Benutzung des deutschen Teils der EP 0 239 821 B 2 berechtigte Personen anzubieten und/oder zu liefern, bei denen die Schraube innerhalb eines sich an den Steg anschließenden Zusatzteils parallel zu dem Schlitzgrund in den Schlitz einführbar ist und bei denen der Konus im Schaftbereich der Schraube angeordnet ist, wobei der Konus sich bei eingedrehter Schraube auf der Höhe des mittleren Bereichs des Zusatzteils befindet, wenn die Patrize mitsamt Steg so weit gekürzt werden kann, daß der Konus sich bei eingedrehter Schraube auf der Höhe des mittleren Bereichs des Steges befindet, und wenn die Abnehmer nicht bei Meidung einer Vertragsstrafe verpflichtet werden, eine solche Kürzung nicht vorzunehmen, hat das Berufungsgericht, nachdem die Beklagte der Bescheidung dieses Antrags nicht zugestimmt hatte, nicht sachlich beschieden, weil es diesen Antrag nicht für sachdienlich gehalten und den geänderten Antrag nicht zugelassen hat.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der nur noch die Ansprüche wegen mittelbarer Patentverletzung mit dem Begehren weiter verfolgt werden, die Beklagte nach dem Hilfsantrag 1 d zu verurteilen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung.

I. 1. Das Klagepatent betrifft ein T-Geschiebe zur lösbaren Befestigung von Zahnprothesen und Brücken am Restgebiß, das aus einer Matrize und einer mit einem durchgehenden Schlitz versehenen, mittels einer konischen Schraube aktivierbaren Patrize besteht, an deren Längsbalken ein Steg angebracht ist, der mit einem Schlitz versehen ist, welcher in den durch die Patrize durchgehenden Schlitz mündet. Der Beschreibung des Klagepatents zufolge waren am Prioritätstag T-Geschiebe in großer Zahl und vielen Ausführungsformen bekannt. Dazu gehören T-Geschiebe, bei denen der Patrizenkörper von der okklusalen oder der gingivalen Seite aus geschlitzt ist, so daß durch eine Verbreiterung des Schlitzes mit speziellen Werkzeugen die durch den Schlitz gebildeten Lamellen der Patrize aufgebogen (aktiviert) und diese in der umschließenden Matrize festgeklemmt werden. An derartigen Ausbildungen von T-Geschieben kritisiert das Klagepatent, daß sich die Lamellen im Gebrauch der Prothese wieder zusammendrücken, so daß sich der Sitz des T-Geschiebes lockert (Beschreibung Spalte 1, Zeilen 11 - 35). Weiter nennt die Beschreibung des Klagepatents T-Geschiebe aus dem Stand der Technik, bei denen die Patrize mit einem durchgehenden Steg versehen ist und die Patrizenhälften durch einen partiell geschlitzten Steg zusammengehalten werden, der am Längsbalken der Patrize angebracht ist. Bei dieser Ausführungsform erfolgt die Spreizung des Schlitzes durch eine mit einem konischen Kopf versehene Schraube, die sagittal in die Stirnfläche der geschlitzten Patrize eingedreht wird. An dieser Ausführungsform kritisiert das Klagepatent, daß die auseinandergetriebenen Patrizenkörper nach der Aktivierung starr sind, weil sich die an sich federnden Patrizenhälften am Schraubenkopf abstützen (Beschreibung Spalte 1, Zeilen 36 - 54).

2. Demgegenüber soll nach der Lehre des Klagepatents ein T-Geschiebe zur lösbaren Befestigung von Zahnprothesen und Brücken am Restgebiß geschaffen werden, das aus einer Matrize und einer mit einem durchgehenden Schlitz versehenen, mittels einer konischen Schraube aktivierbaren Patrize besteht, an deren Längsbalken ein Steg angebracht ist, der mit einem Schlitz versehen ist, welcher in den durch die Patrize durchgehenden Schlitz mündet, das auch nach der Aktivierung noch federnd ist und so eine individuell einstellbare, gleichmäßige Friktion der Patrize in der Matrize ermöglicht (Beschreibung Spalte 1, Zeile 55, bis Spalte 2, Zeile 8).

3. Hierzu schlägt Patentanspruch 1 des Streitpatents in der Aufgliederung durch das Berufungsgericht folgendes vor:

Das T-Geschiebe zur lösbaren Befestigung von Zahnprothesen und Brücken am Restgebiß besteht aus

a) einer Matrize (1)

b) und einer Patrize (2)

c) die Patrize ist mit einem durchgehenden Schlitz (4) versehen;

d) die Patrize ist mittels einer konischen Schraube (6) aktivierbar;

e) am Längsbalken der Patrize ist ein Steg (3) angebracht;

f) der Steg ist mit einem Schlitz versehen;

g) der Schlitz mündet in den durch die Patrize hindurchgehenden Schlitz;

h) die Schraube (6) ist in den Schlitz (4) einführbar;

i) und zwar innerhalb des Stegs (3) parallel zum Schlitzgrund (5);

j) der Konus (9) ist im Schaftbereich der Schraube (6) angeordnet;

k) der Konus (9) befindet sich bei eingedrehter Schraube (6) im mittleren Bereich des Steges (3), bezogen auf die Gesamthöhe.

Das Landgericht und ihm folgend das Berufungsgericht sind rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Klagepatents ein so ausgebildetes T-Geschiebe ist. Hiervon geht auch die Revision aus.

II. 1. Das Landgericht und ihm folgend das Berufungsgericht haben eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents verneint. Die Revision nimmt die Abweisung des Hauptantrags und der Hilfsanträge zu 1 a und 1 b hin.

2. Das Berufungsgericht hat auch eine Verletzung des Klagepatents durch Verwendung äquivalenter Mittel verneint und den hierauf gerichteten Hilfsantrag zu 1 c abgewiesen. Die Revision nimmt die Abweisung dieses Klageantrags ebenfalls hin.

III. 1. Soweit das Berufungsgericht den wegen mittelbarer Patentverletzung in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag 1 d nicht sachlich beschieden hat, hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision nicht stand.

a) Das Berufungsgericht hat in dem Hilfsantrag 1 d eine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO gesehen, die es mangels Sachdienlichkeit nicht zugelassen hat, weil deren Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde. Dazu hat es ausgeführt, dies ergebe sich schon daraus, daß sich die Beklagte berechtigterweise auf den neuen Klageantrag nicht eingelassen habe und neu über ihn hätte verhandelt werden müssen. Ferner würden die bisherigen Tatsachenermittlungen nicht ausreichen, um auch über diesen neuen Antrag zu entscheiden. Ob die Beklagte ein T-Geschiebe liefere, das so verkürzt werden könne, daß es letztlich patentverletzend wirke, sei bisher noch nicht ausreichend diskutiert worden. Ein weiteres Sachverständigengutachten über diese Möglichkeit könnte unumgänglich sein (BU 21).

b) Dies greift die Revision mit Erfolg an, ohne daß es einer Entscheidung der Frage bedarf, ob hier tatsächlich eine Klageänderung vorlag und ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit einer Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO verkannt und die Grenzen seines Ermessens überschritten hat, weil es bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit einer Klageänderung nach ständiger Rechtsprechung auf eine objektive Beurteilung ankommt, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt (BGH Urt. v. 10.1.1985 - II ZR 93/83, NJW 1985, 1841; Urt. v. 10.6.1991 - II ZR 247/90, NJW 1991, 2906).

Bereits in der Klageschrift hatte die Klägerin im einzelnen vorgetragen, daß die T-Geschiebe der Beklagten ausweislich des Werbeprospekts dazu bestimmt seien, von den Abnehmern gekürzt zu werden, und daß bei einer Kürzung des T-Geschiebes der Beklagten durch deren Abnehmer zumindest eine mittelbare Patentverletzung vorliege. Mit den Hilfsanträgen 1 a und 1 b hatte die Klägerin Anträge gestellt, mit denen der Beklagten der Vertrieb von T-Geschieben unter Berücksichtigung möglicher Kürzungen durch die Abnehmer der Beklagten untersagt werden sollte. Damit war der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung von Anbeginn des Prozesses Streitgegenstand des Unterlassungsbegehrens. Darauf, daß die ursprünglichen Hilfsanträge 1 a und b den Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung nicht zutreffend erfaßt haben und zweifelhaft ist, ob der in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag 1 d die behaupteten Merkmale einer mittelbaren Patentverletzung im Streitfall zutreffend angibt, kommt es nicht an. Ist der Tatbestand einer mittelbaren Patentverletzung Gegenstand des Sachvortrags der Klagepartei und hat diese einen Unterlassungsantrag gestellt, der zwar unzutreffend formuliert ist, aber erkennen läßt, daß das Unterlassungsbegehren darauf gerichtet ist, dem Beklagten - auch - eine mittelbare Patentverletzung zu untersagen, dann ist die mittelbare Patentverletzung Streitgegenstand mit der Folge, daß das Gericht die Fassung des Unterlassungsantrags mit den Parteien zu erörtern und auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuweisen hat (§ 139 ZPO). Ändert der Kläger die Fassung des Unterlassungsbegehrens von sich aus oder auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis, so unterfällt das berichtigte Unterlassungsbegehren der Regelung in § 264 ZPO. Es ist zu bescheiden, ohne daß es auf die Zustimmung des Beklagten oder die Sachdienlichkeit im Sinne des § 263 ZPO ankommt.

IV. Die Sache ist daher zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht wird über den Hilfsantrag zu 1 d - gegebenenfalls unter Hinweis auf eine zutreffende Antragstellung - zu entscheiden haben. Bei der erneuten Entscheidung wird zu prüfen sein, ob - wie das Berufungsgericht gemeint hat - weitere Sachaufklärung erforderlich ist oder ob bereits auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen der Tatbestand einer mittelbaren Patentverletzung nicht in Betracht kommt. Dieser setzt voraus, daß das vom angeblichen Patentverletzer vertriebene Mittel nicht nur durch die jeweiligen Abnehmer dazu bestimmt, sondern auch geeignet ist, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden (§ 10 Abs. 1 PatG). Nach ihrer Beschreibung in der Patentschrift löst die Lehre des Streitpatents das Problem, ein T-Geschiebe so auszubilden, daß es auch nach der Aktivierung noch federnd ist und eine individuell einstellbare, gleichmäßige Friktion der Patrize in der Matrize ermöglicht (Beschreibung Spalte 2, Zeilen 5 - 8), dadurch, daß sich der Konus am Schraubenschaft bei eingedrehter Schraube im mittleren Bereich des Steges befindet (Beschreibung Spalte 2, Zeilen 13 - 15), wobei die Angabe "mittlerer Bereich des Steges" nach der Beschreibung des Streitpatents auf die Gesamthöhe des Steges bezogen und klargestellt ist, daß unter der Gesamthöhe des Steges die Gesamthöhe der Patrize zu verstehen ist (Beschreibung Spalte 2, Zeilen 15 - 16). Die Beschreibung des Klagepatents erläutert weiter, daß durch die Lage des Konus im mittleren Bereich der Gesamthöhe der Patrize die beiden Patrizenhälften über deren gesamte Länge parallel gespreizt werden, also anders als bei einem Eingreifen des Konus am basalen Ende der Patrize, das eher zu einer spitzwinkligen Spreizung führen wird. Wie das Berufungsgericht - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt hat, macht das T-Geschiebe der Beklagten mit Blick hierauf weder wortsinngemäß noch durch äquivalente Mittel vom Gegenstand nach Patentanspruch 1 des Klagepatents Gebrauch, da der zur Spreizung der Patrizenhälften verwendete Konus - bezogen auf ihre Höhe - nicht im mittleren Bereich, sondern an ihrem basalen Ende angeordnet ist. Durch eine Kürzung der Patrize rückt zwar, wie die Klägerin geltend gemacht hat, der mittlere Bereich der Patrize an deren basales Ende heran. Dies ändert nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch nichts an dem Umstand, daß die Spreizung der Patrizenhälften bei dem T-Geschiebe der Beklagten an deren basalem Ende bezogen auf den für die Klemmwirkung eingesetzten Teil des Steges erfolgt. Im Hinblick auf die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts wird den Parteien Gelegenheit zu geben sein, abschließend zur Frage der mittelbaren Patentverletzung sachlich vorzutragen und Stellung zu nehmen.

Ende der Entscheidung

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