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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.09.2002
Aktenzeichen: X ZR 248/00
Rechtsgebiete: HGB, BGB


Vorschriften:

HGB § 377
HGB § 381 Abs. 2
HGB § 377 Abs. 1
HGB § 377 Abs. 2
BGB § 463 a.F.
BGB § 638 a.F.
BGB § 459 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 248/00

Verkündet am: 17. September 2002

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2002 durch den Richter Prof. Dr. Jestaedt als Vorsitzenden, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das am 23. November 2000 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin bezog seit März 1987 von der Beklagten Kabel, die die Beklagte in Zusammenarbeit mit der B. GmbH nach deren Anforderungen entwickelt hatte. Den einzelnen Aufträgen lagen die Bestellvorschriften der B. GmbH sowie die darin in Bezug genommene B. -Norm und B. -Prüfvorschrift zugrunde. Diese forderten unter anderem, daß sich die Isolierhüllen und der Mantel der Kabel auf automatischen Vorrichtungen ohne auf dem Leiter verbleibende Isolierreste einwandfrei abziehen lassen müßten.

Die Klägerin verarbeitete die Kabel, die ihr von der Beklagten zum Teil als Meterware und zum Teil "vorkonfektioniert" mit abgemantelten Enden geliefert wurden, weiter, indem sie die Isolierung der Aderenden und bei Meterware die Enden des Mantels maschinell entfernte ("strippte") und die abisolierten Leiter in einem Quetschverfahren mit Kontaktfahnen verband ("crimpte"), die mit Steckern versehen und in Kabelgehäuse eingegossen wurden.

Das Strippen und Crimpen erfolgte zunächst in zwei getrennten Arbeitsvorgängen; später setze die Klägerin dazu einen Stripp-Crimp-Automaten ein, der beides in einem Arbeitsgang zusammenfaßte. Die von ihr so bearbeiteten Kabel lieferte die Klägerin an die B. GmbH, die sie ihrerseits zur Verwendung bei Kraftfahrzeugmotoreinspritzpumpen weiter an ... lieferte.

Die Zusammenarbeit der Parteien verlief zunächst problemlos. Im Januar 1989 reklamierte die B. GmbH bei der Klägerin, daß es zu Feldausfällen der Einspritzpumpen bei ... gekommen sei, die auf Abrissen bzw. Brüchen einzelner Leiteranschlüsse zurückzuführen seien.

Ein Kundendiensttechniker der von der Klägerin zugezogenen A. GmbH, der Herstellerin des Stripp-Crimp-Automaten, gelangte zu dem Ergebnis, daß die Isolierung der Adern die einzelnen Drähte bis in die Zwischenräume hinein umschloß, so daß beim Strippen trotz optimaler Einstellung der Messer des Stripp-Crimp-Automaten ein Teil der äußeren Drähte mitabgerissen und dadurch der Querschnitt des gekrümmten Aderendes reduziert wurde.

In der Folgezeit kam es zu mehreren Besprechungen der Parteien unter Zuziehung von Vertretern der B. GmbH und der A. GmbH und zu umfangreicher Korrespondenz, in die auch der Haftpflichtversicherer der Beklagten eingeschaltet war. Zu einer Einigung kam es nicht. Die Klägerin erwirkte am 22. Dezember 1989 einen Mahnbescheid über 365.424,72 DM nebst Zinsen, der am 29. Dezember 1989 zugestellt wurde und gegen den die Beklagte am 8. Januar 1990 Widerspruch erhob. Es schloß sich sodann weitere Korrespondenz an, in deren Verlauf der Haftpflichtversicherer der Beklagten mit Schreiben vom 18. September 1990 die Einrede der Verjährung erhob. Mit Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 23. November 1990 beantragte schließlich die Klägerin die Durchführung des streitigen Verfahrens und begründete die mit dem Mahnbescheid geltend gemachte Forderung.

Die Klägerin hat behauptet, die B. GmbH habe im April 1989 die Geschäftsbeziehungen zu ihr beendet. Sie verlangt von der Beklagten Ersatz des Schadens, der ihr dadurch entstanden sei, daß die B. GmbH produzierte Ware nicht mehr abgenommen habe. Die Beklagte hafte ihr, weil den von der Beklagten gelieferten Kabeln eine zugesicherte Eigenschaft gefehlt habe, diese sich nämlich nicht mit automatischen Vorrichtungen einwandfrei hätten abisolieren lassen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die vertraglichen Beziehungen der Parteien als Werklieferungsvertrag zu qualifizieren seien. Es hat angenommen, die Beklagte habe zugesichert, daß die Isolierhüllen und der Mantel der Kabel auf automatischen Vorrichtungen abzuziehen seien, ohne daß Isolierreste auf dem Leiter verblieben.

Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, daß die von der Beklagten gelieferten Kabel dieser Zusicherung nicht uneingeschränkt entsprochen hätten, insbesondere habe aufgrund der teilweise starken Haftung zwischen Isolierung und Leiter beim maschinellen Strippen die Gefahr von Abrissen der äußeren Drähte bestanden. Infolge der nicht immer zentrischen Lage der Adern in der Leitung habe es zudem zu Anschnitten des Leiters und an anderen Stellen zu Isolierungsrückständen auf dem Leiter kommen können. Diese Mängel seien nicht nur bei Verarbeitung mit dem Stripp-Crimp-Automaten, sondern beim Einsatz jeder Art von automatischer Abziehvorrichtung aufgetreten.

Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

2. Das Berufungsgericht hat sodann unterschieden: Für die bis Oktober 1988 und nach dem 1. Februar 1989 erfolgten Lieferungen hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Klägerin ihrer Prüfungs- und Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 1 und 2 oder nach § 377 in Verbindung mit § 381 Abs. 2 HGB nicht nachgekommen sei. In bezug auf die Lieferungen vom 23. Januar 1989 und 1. Februar 1989 hat das Berufungsgericht offengelassen, ob diese durch eine schriftliche Rüge der Klägerin vom 3. Februar 1989 wirksam beanstandet worden seien. Es sei jedenfalls kein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesen beanstandeten Lieferungen und dem geltend gemachten Schaden festzustellen.

II. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß es für alle Lieferungen, ausgenommen diejenigen unmittelbar vor der schriftlichen Rüge vom 3. Februar 1989, an einer rechtzeitigen Rüge fehlt und deshalb vertragliche Schadensersatzansprüche ausscheiden. Durch das Unterlassen der Rüge gehen neben den Gewährleistungsansprüchen im eigentlichen Sinne auch Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung wegen eines nicht rechtzeitig gerügten Fehlers verloren (BGHZ 101, 337, 340).

1. Soweit die Revision die Annahme des Berufungsgerichts rügt, die Klägerin habe hinsichtlich der Lieferungen bis Oktober 1988 und nach dem 1. Februar 1989 bei der gebotenen Prüfung die vorhandenen Mängel erkennen können, hat die Revision damit keinen Erfolg.

a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Obliegenheit des Erwerbers aus § 377 Abs. 1 HGB sich danach bemißt, was unter Berücksichtigung aller Umstände nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht sei, ohne eigene Sachkunde darzulegen, von den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen abgewichen, wonach eine Prüfung der bei der Weiterverarbeitung relevanten Eigenschaften der Kabel nicht zu den zwingenden Sorgfaltspflichten im Rahmen der Wareneingangsprüfung seitens der Klägerin gehört habe, greift nicht. Allerdings kann ein bestehender Handelsbrauch die Art und den Umfang der Rügepflicht beeinflussen. Auch ein bestehender Handelsbrauch kann aber nicht von jeder Untersuchungspflicht entbinden. Gäbe es einen solchen, so wäre dies ein unbeachtlicher Mißbrauch (BGH, Urt. v. 03.12.1975 - VIII ZR 237/74, NJW 1976, 625; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 377 Rdn. 8). Dies gilt erst recht, soweit sich die Revision auf Branchenüblichkeit beruft. Ist eine sachlich gebotene und zumutbare Art der Untersuchung nicht branchenüblich, so verdient eine solche Übung keinen rechtlichen Schutz (BGH, Urt. v. 03.12.1975 aaO).

b) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die Klägerin habe bei sachgerechter Prüfung ohne fachlich oder organisatorisch oder finanziell unverhältnismäßigen Aufwand die Mängel erkennen können. Es habe möglicherweise dazu bereits eine Sichtprüfung ausgereicht, die die mangelnde Zentrizität der Adern hätte erkennen lassen. Es habe für jeden Fachkundigen auf der Hand gelegen, daß bereits dieser Mangel zu Beschädigungen des Leiters beim automatischen Abisolieren habe führen müssen. Die Klägerin hätte die Mängel jedenfalls aber dann erkannt, wenn sie Schnittstellen angelegt und eine Probeverarbeitung vorgenommen hätte. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Ergänzungsgutachten hätte die Klägerin die Mängel schließlich auch bei Zwischenkontrollen zwischen den Arbeitsgängen Strippen und Crimpen entweder im Rahmen einer Probeverarbeitung oder auch im Rahmen der Serienproduktion erkennen können. Dies ergebe sich auch aus einem Schreiben der Klägerin an die Beklagte, wonach die Klägerin eine solche Sichtprüfung nach Aufdeckung der Fehlerursache sogar in der Serienproduktion durchgängig eingeführt habe.

Auch die hiergegen von der Revision erhobenen Rügen haben keinen Erfolg. Der gerichtliche Sachverständige hat die Frage, ob Zwischenprüfungen nach dem Umstellen der Bearbeitung der Kabel auf dem neuen Automaten die Mängel der Kabel hätten erkennen lassen, bejaht. Diese Zwischenkontrolle hätte die Klägerin im Rahmen ihrer Untersuchungsobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB durchführen müssen. Auf die Notwendigkeit von Probeverarbeitungen und der stichprobenweisen Anlegung von Schnittstellen kommt es deshalb nicht an.

Allgemein ist die nach § 377 Abs. 1 HGB vorzunehmende Untersuchung auf solche Mängel auszurichten, die bei einer mit verkehrsüblicher Sorgfalt durchgeführten Überprüfung der Ware sichtbar werden. Dabei sind die Anforderungen durch eine Interessenabwägung zu ermitteln. Ob im Einzelfall verschärfte Untersuchungsanforderungen zum Tragen kommen, hängt von der Natur der Ware, von den Branchengepflogenheiten sowie vor allem von dem Gewicht der zu erwartenden Mangelfolgen und von etwaigen Auffälligkeiten der gelieferten Ware oder früheren, nach wie vor als Verdacht fortwirkenden Mangelfällen ab. Dem Käufer aus früheren Lieferungen bekannte Schwachstellen der Ware müssen eher geprüft werden als das Vorliegen von Eigenschaften, die bislang nie gefehlt haben. (BGH, Urt. v. 14.10.1970 - VIII ZR 156/68, BB 1970, 1416; Urt. v. 03.12.1975, aaO; Urt. v. 20.4.1977 - VIII ZR 141/75, BB 1977, 1408; Urt. v. 19.06.1991 - VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2623; Gemeinschaftskomm. z. HGB/Achilles, 6. Aufl., § 377 Rdn. 29) .

Das Berufungsgericht hat nach diesen Maßstäben zu Recht darauf abgestellt, daß der Klägerin an einer eigenen sorgfältigen Prüfung gelegen sein mußte, weil diesbezügliche Mängel mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu Fehlern an den von ihr gefertigten Kabelabschnitten führten und damit nicht nur ganze Produktionspartien unbrauchbar werden konnten, sondern für den Fall des bestimmungsgemäßen Einbaus in Kraftfahrzeuge noch wesentlich weitergehende Mangelfolgeschäden drohten. Es hat auch zu Recht berücksichtigt, daß bereits in der Vergangenheit ähnliche Beanstandungen aufgetreten waren, die nach der eigenen Darstellung der Klägerin nicht richtig analysiert worden waren. Es hat auch zu Recht angenommen, die Tatsache, daß wiederholt solche Fehler aufgetreten seien, habe die Klägerin zu besonderer Sorgfalt anhalten müssen. Hinzu kommt, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist, daß die Klägerin sich in ihrem Verhältnis zur B. GmbH verpflichtet hatte, bei Einsatz neuer oder anderer Werkzeuge, Maschinen oder Fertigungsverfahren zunächst Muster vorzulegen, die sorgfältig geprüft sein mußten (Nr. 5 der Qualitätsvorschriften für Lieferer der B. GmbH). Dies ist jedenfalls im Rahmen der Zumutbarkeit der durchzuführenden Prüfung zu berücksichtigen. War die Klägerin gegenüber der B. GmbH zu umfangreichen Untersuchungen verpflichtet, so war es ihr auch zumutbar, diese Untersuchungen zugleich im eigenen Interesse zur Wahrung ihrer Obliegenheiten aus § 377 Abs. 1 HGB vorzunehmen, um zu klären, ob die automatische Abisolierung an den Kabeln der Beklagten mit dem zum Einsatz kommenden Stripp-Crimp-Automaten einwandfrei möglich war.

c) Soweit die Revision rügt, die Klägerin habe sich auf die Zusicherung der Beklagten verlassen dürfen, daß sich die Isolierhüllen und der Mantel der Kabel auf automatischen Vorrichtungen einwandfrei abziehen ließen, ist auch diese Rüge nicht berechtigt. Die Zusicherung einer Eigenschaft schließt die Anwendung von § 377 HGB nicht aus (BGH, Urt. v. 19.06.1991 - VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2633). Auch in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin gegenüber der B. GmbH zu Untersuchungen verpflichtet war. Das durch die Qualitätsvereinbarung zugesagte Beschaffenheitsmerkmal betraf die Weiterverarbeitung durch die Klägerin und die Verwendung der zu liefernden Kabel. Hatte die Klägerin Anlaß und durch zumutbare Maßnahmen Gelegenheit, die Einhaltung der Qualitätszusagen durch die Beklagte zu überprüfen, so war sie hierzu auch im Rahmen von § 377 HGB gehalten.

d) Das Berufungsgericht hat angenommen, mit der Mängelrüge vom 3. Februar 1989 sei die Klägerin ihren Obliegenheiten aus § 377 HGB auch in bezug auf die nach diesem Zeitpunkt eingegangenen weiteren Lieferungen nicht gerecht geworden. Bei der wiederholten Lieferung gleichartiger Waren sei in der Regel jede Einzellieferung zu untersuchen und zu rügen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 101, 337, 339). Auch die Revision geht hiervon aus, meint aber, der Sachverhalt liege hier deshalb anders, weil die B. GmbH, wie der Beklagten bekannt gewesen sei, eine hundertprozentig fehlerfreie Lieferung habe verlangen können, die aufgrund der mit den Mängeln behafteten Lieferungen der Beklagten nicht habe gewährleistet werden können. In einem solchen Fall sei auch jede nachfolgende Lieferung erkennbar mangelhaft, so daß es dann einer gesonderten ausdrücklichen Rüge nicht mehr bedürfe.

Auch mit dieser Rüge hat die Revision keinen Erfolg. Die Beklagte mußte nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß mit dem von ihr gelieferten Material in keinem Fall die geforderte hundertprozentig fehlerfreie Lieferung zu erreichen war. Dies hätte bei der Beklagten die damals nicht vorhandene Kenntnis vorausgesetzt, was im einzelnen Grund für die Beanstandungen gewesen war und daß insbesondere Fehler bei der Verarbeitung durch die Klägerin hierfür nicht als Ursache in Betracht kamen.

e) Das Berufungsgericht hat schließlich einen Verzicht der Beklagten auf die Rechtsfolgen des § 377 Abs. 2 HGB verneint. Zwar könne ein solcher Verzicht auch stillschweigend erklärt werden; es genüge jedoch nicht die bloße Aufnahme von Verhandlungen über die vom Erwerber gerügten Mängel. Vielmehr bedürfe es eindeutiger Umstände, die auf einen Verzicht auf die Genehmigungsfiktion des § 377 Abs. 2 HGB schließen ließen (BGH, Urt. v. 19.06.1991 - VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2633). Das Berufungsgericht hat solche Umstände nicht gesehen; das Eingehen der Beklagten auf Besprechungen und Korrespondenz sei vor dem Hintergrund der laufenden Geschäftsbeziehungen zu sehen, die es erfordert hätten, die aufgetretenen Probleme für die Zukunft abzustellen. Finanzielle Forderungen der Klägerin und Schuldvorwürfe habe die Beklagte demgegenüber stets zurückgewiesen.

Auch dies hält den Rügen der Revision stand. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Verzicht der Beklagten auf die Rechtsfolgen des § 377 Abs. 2 HGB erfolgt ist, macht es keinen Unterschied, ob die Parteien im Rahmen von Zuliefer- oder anderen Verträgen Vertragsbeziehungen zueinander unterhalten haben. Das Berufungsgericht hat vielmehr zu Recht darauf abgestellt, daß es den Parteien gerade im Rahmen solcher besonderen Vertragsgestaltungen darum ging, eine sachorientierte Lösung für die Zukunft zu finden. Dies spricht gerade im Rahmen von Zulieferverträgen jedenfalls nicht für einen Verzicht auf die Rechtsfolgen des § 377 Abs. 2 HGB.

III. 1. Das Berufungsgericht hat es offengelassen, ob die Mängelrüge vom 3. Februar 1989 trotz fehlender Zuordnung in bezug auf die Lieferungen vom 23. Januar und 1. Februar 1989 als ordnungsgemäße Fehleranzeige angesehen werden könne. Jedenfalls fehle es insoweit an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen den beanstandeten Mängeln und dem geltend gemachten Schaden. Es sei auszuschließen, daß die unmittelbar vor der Rüge gelieferten Materialien bereits verarbeitet gewesen seien, als der Kundendiensttechniker der A. GmbH den von dieser gelieferten Automaten untersucht habe. Dessen Feststellungen seien aber in die Rügen der Klägerin eingeflossen. Aus den Lieferungen vom 23. Januar und 1. Februar 1989 könne der Klägerin danach nur dann ein Schaden entstanden sein, wenn die B. GmbH nach den Fehleranzeigen von Januar 1989 zunächst bereit gewesen sei, die Geschäftsbeziehungen fortzusetzen und diese Bereitschaft erst aufgrund weiterer mangelhafter Lieferungen der Klägerin, die aus Fehlern der genannten Lieferung der Beklagten resultierten, entfallen sei. Dies sei jedoch nicht ersichtlich. Die Klägerin habe nicht im einzelnen vorgetragen, wann und aufgrund welcher Umstände die B. GmbH endgültig entschieden habe, keine Waren mehr abzunehmen, und sie habe auch nicht geltend gemacht, daß fehlerfreie Restbestände nicht noch anderweitig hätten veräußert werden können.

Die Revision rügt demgegenüber, die Klägerin habe auch in der Berufungsinstanz vorgetragen, daß nach der Mängelrüge vom 3. Februar 1989 die von der Beklagten gelieferten Kabel noch in die bei ihr lagernden Kabelgehäuse eingearbeitet worden seien, da die B. GmbH eine Weiterlieferung gefordert habe, um eine präzise Fehlerfeststellung durchführen zu können. Die Klägerin habe weiter vorgetragen, daß die B. GmbH im April 1989 die Geschäftsbeziehungen mit ihr abgebrochen habe, weil auch bei den letzten Lieferungen Aderbrüche aufgetreten seien. Die Lieferungen vom 23. Januar und 1. Februar 1989 seien danach jedenfalls mitursächlich für den Abbruch der Lieferbeziehungen mit der B. GmbH gewesen, unabhängig von der Frage, aus welcher Lieferung die vom Sachverständigen untersuchten Gehäuse gestammt hätten.

Mit dieser Rüge hat die Revision Erfolg. Im Rahmen der Revision ist, nachdem das Berufungsgericht diese Frage ausdrücklich offen gelassen hat, zunächst von einer ordnungsgemäßen, der Prüfungs- und Rügepflicht nach § 377 Abs. 1 HGB entsprechenden Beanstandung der Klägerin in ihrem Schreiben vom 3. Februar 1989 auszugehen. Zwar trifft es dann zu, daß, wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, die Rügen der B. GmbH vom 16. Januar, 17. Januar und 24. Januar 1989 nicht die ordnungsgemäß gerügten Lieferungen der Beklagten vom 23. Januar und 1. Februar 1989 betroffen haben können. Es trifft aber nicht zu, daß die Klägerin nicht vorgetragen habe, aufgrund welcher Umstände die B. GmbH sich zur Beendigung der vertraglichen Beziehungen mit der Klägerin entschlossen habe. Die Klägerin hat dazu, wie die Revision zu Recht geltend gemacht hat, vorgetragen, die B. GmbH habe zunächst ausdrücklich eine Weiterlieferung gefordert, um eine präzise Fehlerfeststellung durchführen zu können. Erst nachdem auch die weiteren Lieferungen mangelhaft gewesen seien, habe sich die B. GmbH zu einer Beendigung der Geschäftsbeziehungen mit der Klägerin, und zwar im April 1989, entschlossen.

2. Eine Mitursächlichkeit der Lieferungen vom 23. Januar und 1. Februar 1989 für den Abbruch der vertraglichen Beziehungen zwischen der B. GmbH und der Klägerin ist danach nicht zu verneinen, solange dieser Vortrag nicht aufgeklärt ist. Dabei könnte auch die Behauptung der Beklagten beachtlich sein, in Wirklichkeit habe die B. GmbH nur Zeit benötigt, um einen alternativen Lieferer aufzubauen, sie sei jedoch spätestens Ende Januar 1989 zu einem Abbruch der Geschäftsbeziehungen endgültig entschlossen gewesen. Solange ungeklärt ist, warum es zum Abbruch der vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der B. GmbH gekommen ist, kann eine Mitursächlichkeit der gerügten Lieferungen hierfür und damit für den eingetretenen Schaden nicht verneint werden.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann auch mit der Hilfsbegründung, die Klägerin habe nicht dargelegt, daß sie Restbestände nicht anderweitig habe absetzen können, keinen Bestand haben. Es handelte sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts um fehlerhafte Ware, die zudem auf die Anforderungen der B. GmbH zugeschnitten war. Die Klägerin hat dazu nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils vorgetragen, die B. GmbH habe bereits ausgelieferte Kabel zurückgegeben, weitere produzierte Ware nicht mehr abgenommen und die Geschäftsbeziehungen im April 1989 beendet. Dieser Vortrag genügt für die Darlegung des Schadens.

4. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht deshalb im Ergebnis als zutreffend, weil die Ansprüche der Klägerin verjährt wären. Zwar käme Verjährung dann in Betracht, wenn von der Verjährungsfrist des § 638 BGB a.F. auszugehen wäre. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen beider Parteien sahen jedoch eine einjährige Gewährleistungsfrist vor. Zwar ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß eine Einigung über Allgemeine Geschäftsbedingungen weder ausdrücklich noch stillschweigend durch widerspruchslose Entgegennahme der gelieferten Ware zustande gekommen ist, weil beide Parteien in ihren Bestellungen und Auftragsbestätigungen jeweils auf ihre eigenen Geschäftsbedingungen Bezug genommen haben und beide Regelwerke eine Abwehrklausel gegen die jeweils anderen Geschäftsbedingungen enthalten haben. Gleichwohl ist aber in der Regel anzunehmen, daß die Allgemeinen Geschäftsbedingungen beider Teile Vertragsbestandteil werden, soweit sie übereinstimmen (BGH, Urt. v. 20.03.1985 - VII ZR 327/83, NJW 1985, 1838, 1839; Urt. v. 23.01.1991 - VIII ZR 122/90, NJW 1991, 1604, 1606). Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen beider Parteien wollten diese jeweils eine einjährige Verjährungsfrist vereinbaren und die gesetzliche Verjährungsfrist entsprechend verlängern. Entspricht dies dem Parteiwillen beider Seiten, so ist trotz des Widerspruchs in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen im übrigen von einer vereinbarten Gewährleistungsfrist von einem Jahr auszugehen.

IV. Das Berufungsgericht wird demnach zunächst die offen gelassene Frage zu beantworten haben, ob die Mängelrüge vom 3. Februar 1989 in bezug auf die Lieferungen vom 23. Januar und 1. Februar 1989 als ordnungsgemäße Fehleranzeige angesehen werden kann. Es wird sodann gegebenenfalls aufzuklären haben, ob die Fehlerhaftigkeit dieser beiden Lieferungen jedenfalls mitursächlich für den Abbruch der vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der B. GmbH waren. Falls es danach darauf ankommt, wird das Berufungsgericht auch der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Revision aufgeworfenen Frage nachzugehen haben, ob die Bezugnahme auf eine Vielzahl von Bestellvorschriften der B. GmbH in den jeweiligen Aufträgen der Annahme entgegensteht, die Eignung der Kabel zu der in diesen Bestellvorschriften unter anderem vorgeschriebenen Abziehbarkeit auf automatischen Vorrichtungen sei von der Beklagten im Sinne des Kaufrechts zugesichert worden. Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang die von ihm offengelassene Frage zu entscheiden haben, ob es sich bei den Kabeln um nicht vertretbare Sachen gehandelt hat, so daß es auf eine Zusicherung im Sinne der §§ 459 Abs. 2, 463 BGB a.F. nicht ankäme. Falls ein ursächlicher Zusammenhang zwischen rechtzeitig gerügten fehlerhaften Lieferungen und dem Abbruch der Vertragsbeziehungen durch die B. GmbH festgestellt wird, wird weiter zu klären sein, worin der eingetretene Schaden besteht und gegebenenfalls, ob ein Mitverschulden in Betracht kommt, das der Klägerin zuzurechnen ist.

Ende der Entscheidung

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