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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 30.01.2001
Aktenzeichen: XI ZR 118/00
Rechtsgebiete: BGB, AGBG


Vorschriften:

BGB § 1191
AGBG § 3
BGB § 1191; AGBG § 3

a) Sind für eine Grundschuld mehrere zeitlich aufeinander folgende formularmäßige Sicherungszweckerklärungen abgegeben worden, ist bei der Prüfung unter dem Gesichtspunkt des § 3 AGBG auf die jüngste und den Anlaß ihrer Abgabe abzustellen.

b) Je größer der zeitliche Abstand zwischen der Darlehensgewährung und den für eine Grundschuld abgegebenen neuen formularmäßigen Zweckerklärungen ist, desto wahrscheinlicher ist es, daß der ursprüngliche auf die Absicherung eines bestimmten Darlehens gerichtete Sicherungszweck durch einen anderen ersetzt oder erweitert worden ist.

BGH, Urteil vom 30. Januar 2001 - XI ZR 118/00 - OLG München LG Memmingen


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 118/00

Verkündet am: 30. Januar 2001

Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und die Richter Dr. Siol, Dr. Müller, Dr. Joeres und Dr. Wassermann

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 24. Februar 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Memmingen vom 7. Dezember 1998 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagende Bank nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Darlehens und auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld über 400.000 DM in Anspruch. Die Beklagte verlangt widerklagend Zustimmung zur Löschung der Grundschuld.

Die Klägerin gewährte der Beklagten am 3. Februar 1988 für den Erwerb eines Hausgrundstücks ein Darlehen in Höhe von 400.000 DM, das mit Hilfe einer Kapitallebensversicherung getilgt werden sollte. Als Sicherheit diente der Klägerin außer der Abtretung der Lebensversicherung eine Bürgschaft des Ehemannes der Beklagten über 400.000 DM.

Im März 1988 bestellte die Beklagte für die Klägerin eine vollstreckbare Grundschuld in Höhe von 100.000 DM zuzüglich 15% Zinsen und trat ihr eine weitere Grundschuld über 400.000 DM ebenfalls zuzüglich 15% Zinsen ab. Die Beklagte unterschrieb am 3. Februar 1988, 12. Oktober 1989, 19. Juli 1994 und 23. Mai 1996 vorformulierte Sicherungszweckerklärungen. Die erste Zweckerklärung bestimmte, daß die Grundschulden zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Klägerin gegen die R. GmbH, deren Geschäftsführer der Ehemann der Beklagten war, dienen sollten. Die zweite Zweckerklärung vom 12. Oktober 1989 legte fest, daß die Grundschulden alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte und gegen die R. GmbH sichern sollten. Die beiden weiteren Zweckerklärungen vom 19. Juli 1994 und 23. Mai 1996 nannten als Schuldner der durch die Grundschulden gesicherten Ansprüche die Beklagte, ihre Tochter und die Re. GmbH, die das Unternehmen und die Verbindlichkeiten der R. GmbH übernommen hatte und deren Geschäftsführerin die Tochter der Beklagten war.

Im September 1997 kündigte die Klägerin die der Re. GmbH gewährten Kredite in Höhe von ca. 12 Millionen DM, nachdem die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen dieser Gesellschaft beantragt worden war. Da die Beklagte seit September 1997 die fälligen Beiträge auf den Lebensversicherungsvertrag nicht mehr zahlte, kündigte die Klägerin im November 1997 auch das der Beklagten gewährte Darlehen und verlangte nach Verrechnung des Rückkaufswertes der Lebensversicherung Zahlung von 332.846,58 DM.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte sei vor Unterzeichnung der einzelnen Zweckerklärungen über die Haftung der Grundschulden für Verbindlichkeiten Dritter aufgeklärt worden. Die Beklagte hat dies bestritten und vorgetragen, sie habe zwar von den Verbindlichkeiten der Re. GmbH und der R. GmbH gegenüber der Klägerin gewußt, aber angenommen, daß die Grundschulden nur ihre eigene Verbindlichkeit sichern sollten. Ihr Sohn habe auf die Grundschuld in Höhe von 100.000 DM zuzüglich Zinsen 247.500 DM gezahlt.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 332.846,58 DM und zur Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld über 400.000 DM jeweils zuzüglich Zinsen verurteilt. Die Widerklage auf Bewilligung der Löschung dieser Grundschuld Zug um Zug gegen Zahlung von 85.346,58 DM hat es abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht diese zur Zahlung von 85.346,58 DM zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Zustimmung zur Löschung der Grundschuld in Höhe von 400.000 DM sowie zur Duldung der Zwangsvollstreckung aus dieser Grundschuld bis zu einem Betrag von 85.346,58 DM Zug um Zug gegen Löschung der Grundschuld im übrigen verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die Widerklage hat es die Klägerin zur Bewilligung der Löschung der Grundschuld über 400.000 DM Zug um Zug gegen Zahlung von 85.346,58 DM verurteilt. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf vollständige Zurückweisung der Berufung weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet; sie führt zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin könne von der Beklagten gemäß § 607 Abs. 1 BGB lediglich Rückzahlung von 85.346,58 DM verlangen. Die Darlehensforderung in Höhe von 332.846,58 DM sei durch die Zahlung des Sohnes der Beklagten um 247.500 DM gemindert worden. Die Zahlung sei nach einer Klausel der formularmäßigen Zweckerklärung vom 23. Mai 1996 nicht auf die Grundschuld in Höhe von 100.000 DM, sondern auf die Darlehensverbindlichkeit der Beklagten anzurechnen. Dem teilweise begründeten Rückzahlungsanspruch könne die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten, weil sie gegen die Klägerin einen Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf teilweise Freigabe der Grundschuld in Höhe von 400.000 DM habe. Die Zweckerklärung vom 23. Mai 1996, wonach die Grundschuld Ansprüche gegen die Re. GmbH sichere, sei gemäß § 3 AGBG nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Beklagte habe als Sicherungsgeberin nicht damit rechnen müssen, daß die Grundschuld nicht nur ihre eigene Verbindlichkeit, sondern auch alle Ansprüche der Klägerin gegen die Re. GmbH sichern solle. Nach der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme habe die Klägerin nicht bewiesen, daß sie die Beklagte individuell auf die Haftung der Grundschuld für Ansprüche gegen die Re. GmbH hingewiesen habe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld in Höhe von 400.000 DM bestehe daher nur noch in Höhe der restlichen Kreditschuld der Beklagten von 85.346,58 DM. Aus denselben Gründen sei die Widerklage begründet.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 607 Abs. 1 BGB einen Anspruch in Höhe von 332.846,58 DM zuzüglich Zinsen.

a) Die Forderung ist nicht in Höhe von 247.500 DM erloschen, weil die Zahlung dieses Betrages nach dem Vortrag beider Parteien nicht auf die Darlehensschuld der Beklagten zu verrechnen ist. Nach dem Vorbringen der Klägerin wurde die Zahlung von der Tochter der Beklagten geleistet und auf Verbindlichkeiten der Re. GmbH verrechnet. Die Beklagte hat behauptet, ihr Sohn habe 247.500 DM auf die vollstreckbare Grundschuld über 100.000 DM gezahlt. Diese Zahlung ist, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht auf die Darlehensschuld der Beklagten zu verrechnen. Die Zweckerklärung vom 23. Mai 1996, daß Zahlungen nicht auf die Grundschuld, sondern auf die persönliche Schuld anzurechnen sind, ist insoweit schon deshalb ohne Belang, weil der Sohn der Beklagten nach ihrem Vortrag gemäß § 268 BGB zur Abwendung der Zwangsversteigerung des belasteten Grundstücks gezahlt hat. In einem solchen Falle ist nicht einmal der Sicherungsgeber durch die genannte Anrechnungsabrede gehindert, auf die Grundschuld zu zahlen. Erst recht gilt dies für den an der Sicherungsabrede nicht beteiligten Sohn der Beklagten (vgl. BGH, Urteile vom 12. November 1986 - V ZR 266/85, WM 1987, 202, 203 und vom 2. Oktober 1990 - XI ZR 306/89, WM 1990, 1927, 1929).

Die sich anschließende Frage, ob die Zahlung eines ablösungsberechtigten Dritten auf die Grundschuld zum Erlöschen der gesicherten Forderung führt, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet (zum Meinungsstand: MünchKomm/Eickmann, BGB 3. Aufl. § 1191 Rdn. 86; Soergel/Konzen, BGB 12. Aufl. § 1191 Rdn. 41; Palandt/Bassenge, BGB 60. Aufl. § 1191 Rdn. 46). Der Bundesgerichtshof hat die Frage noch nicht entschieden. Sie kann auch hier offenbleiben, da nicht ersichtlich ist, daß gerade die Darlehensschuld der Beklagten in Höhe von 247.500 DM erloschen wäre.

Die Grundschuld über 100.000 DM sichert, wie unter 1. b) bb) näher dargelegt wird, nach der wirksamen Sicherungszweckerklärung vom 23. Mai 1996 ebenso wie die über 400.000 DM nicht nur die Darlehensforderung der Klägerin gegen die Beklagte, sondern auch die Ansprüche der Klägerin gegen die Re. GmbH über ca. 12 Millionen DM. Dem Vorbringen der Beklagten ist nicht zu entnehmen, daß die Zahlung des Sohnes der Beklagten auf die Grundschuld von 100.000 DM gerade auf die Darlehensschuld der Beklagten anzurechnen ist. Für eine entsprechende Tilgungsbestimmung ihres Sohnes bei der Zahlung hat die Beklagte nichts vorgetragen. Die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung ist unbeachtlich, da ihr ein Tilgungsbestimmungsrecht nicht zustand; sie hat nicht geleistet. Die in der formularmäßigen Zweckbestimmungserklärung enthaltene Klausel, daß die Klägerin wählen kann, auf welche von mehreren gesicherten Forderungen Zahlungseingänge verrechnet werden, verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG, da sie die ohnehin schon sehr gläubigerfreundliche Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB zugunsten des Sicherungsnehmers modifiziert (Senatsurteil vom 9. März 1999 - XI ZR 155/98, WM 1999, 948, 949). Eine etwaige Anrechnung der auf die Grundschuld erfolgten Zahlung ihres Sohnes von 247.500 DM auf die gesicherten Forderungen hätte daher in entsprechender Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB zu erfolgen (Senatsurteile vom 29. April 1997 - XI ZR 176/96, WM 1997, 1247, 1249 und vom 9. März 1999 - XI ZR 155/98, aaO). Danach kommt eine Anrechnung auf die Klageforderung jedoch nicht in Betracht, da von der Beklagten nicht vorgetragen und nicht ersichtlich ist, daß die fällige Darlehensschuld der Beklagten über noch 332.846,58 DM der Klägerin geringere Sicherheit bot als die gleichfalls fälligen Verbindlichkeiten der Re. GmbH über ca. 12 Millionen DM.

b) Die Beklagte kann gegenüber dem Anspruch der Klägerin gemäß § 607 Abs. 1 BGB kein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB geltend machen.

aa) Sie hat gegen die Beklagte keinen Anspruch gemäß § 894 BGB auf Zustimmung zur Löschung der Grundschuld. Die Grundschuld ist wirksam bestellt worden. § 138 Abs. 1 BGB greift zugunsten der Beklagten nicht ein.

(1) Eine sittenwidrige, ursprüngliche Übersicherung liegt nicht vor. Sie setzt voraus, daß bereits bei Bestellung bzw. Abtretung der Grundschuld feststeht, daß im Verwertungsfall ein auffälliges Mißverhältnis zwischen dem realisierbaren Wert der Sicherheiten und der gesicherten Forderung besteht (BGH, Urteil vom 12. März 1998 - IX ZR 74/95, WM 1998, 856, 857). Davon kann hier keine Rede sein.

Nach der Sicherungszweckerklärung vom 3. Februar 1988 sicherten die Grundschulden über 400.000 DM und 100.000 DM nur die Ansprüche der Klägerin gegen die R. GmbH. Wie hoch deren Verbindlichkeiten waren, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Abgesehen davon überstiegen die beiden Grundschulden die Darlehensforderung gegen die Beklagte nur um 25%. Zur Werthaltigkeit der weiteren Sicherheiten, nämlich der Lebensversicherung und der Bürgschaft ihres Ehemannes, im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung bzw. -abtretung hat die Beklagte nichts vorgetragen.

(2) Die Grundschuldbestellung und -abtretung ist auch nicht wegen finanzieller Überforderung der Beklagten sittenwidrig, weil deren dingliche Haftung auf das belastete Grundstück beschränkt ist.

bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der Beklagten nach Tilgung ihrer Darlehensschuld (vgl. zu einem Zurückbehaltungsrecht in derartigen Fällen: BGHZ 73, 317, 319) aufgrund der Sicherungsabrede auch kein Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld wegen Wegfalls des Sicherungszwecks zu. Die Grundschuld sichert nämlich nicht nur die Darlehensschuld der Beklagten, sondern auch die Verbindlichkeiten der Re. GmbH in Höhe von ca. 12 Millionen DM.

(1) Auszugehen ist, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, von der Sicherungszweckerklärung vom 23. Mai 1996. Sind für eine Grundschuld - wie hier - mehrere zeitlich aufeinander folgende Zweckerklärungen abgegeben worden, so ist bei der Prüfung unter dem Gesichtspunkt des § 3 AGBG auf die jüngste und den Anlaß ihrer Abgabe abzustellen (Senatsurteile vom 28. März 1995 - XI ZR 151/94, WM 1995, 790, 791 und vom 16. Januar 2001 - XI ZR 84/00, Urteilsumdruck S. 8).

(2) Nach § 3 AGBG wird eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den konkreten Umständen so ungewöhnlich ist, daß der Vertragspartner mit ihr nicht zu rechnen braucht. Das ist der Fall, wenn die Regelung von den berechtigten Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht. Nach diesen Grundsätzen ist die formularmäßige Ausdehnung der dinglichen Haftung des Sicherungsgebers auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten eines Dritten bei der Abtretung oder Bestellung einer Grundschuld aus Anlaß einer bestimmten Kreditaufnahme in aller Regel überraschend im Sinne des § 3 AGBG (st.Rspr., siehe z.B. BGHZ 126, 174, 177; Senatsurteile vom 23. Mai 2000 - XI ZR 214/99, WM 2000, 1328 und vom 16. Januar 2001 - XI ZR 84/00, Urteilsumdruck S. 7).

Zu den für die berechtigten Erwartungen des Vertragspartners maßgebenden Umständen und Verhältnissen kann durchaus auch eine frühere Darlehensgewährung gehören, wenn zwischen ihr und der mit einer Grundschuldbestellung oder -abtretung in Zusammenhang stehenden Zweckerklärung ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht (Senatsurteile vom 28. März 1995 - XI ZR 151/94, WM 1995, 790, 791 und vom 16. Januar 2001 - XI ZR 84/00, Urteilsumdruck S. 7, jeweils m.w.Nachw.). Je größer der zeitliche Abstand zwischen der Darlehensgewährung und den für eine Grundschuld abgegebenen neuen formularmäßigen Zweckerklärungen ist, desto wahrscheinlicher ist es aber, daß der ursprüngliche auf die Absicherung eines bestimmten Darlehens gerichtete Sicherungszweck durch einen anderen ersetzt oder erweitert worden ist.

Im vorliegenden Fall lagen zwischen der Kreditaufnahme der Beklagten und der Abtretung der Grundschuld über 400.000 DM im Februar und März 1988 einerseits sowie der neuen formularmäßigen Sicherungszweckerklärung vom 23. Mai 1996 andererseits mehr als acht Jahre. In dieser Zeit hatte die Beklagte bereits drei andere Zweckerklärungen abgegeben, die sämtlich zumindest auch eine Haftung der Grundschuld für Verbindlichkeiten der R. GmbH oder der Re. GmbH vorsahen. Angesichts dessen, insbesondere des langen Zeitraums zwischen der Darlehensaufnahme und der neuen Zweckerklärung, hatte die Beklagte vernünftigerweise keinen Anlaß zu der Annahme, diese Zweckerklärung hänge immer noch und ausschließlich mit dem von ihr am 3. Februar 1988 aufgenommenen Darlehen zusammen.

Besondere Umstände, die eine solche Annahme gleichwohl rechtfertigen könnten, hat die Beklagte, die die tatsächlichen Voraussetzungen des § 3 AGBG darzulegen und zu beweisen hat (vgl. Senatsurteile vom 28. März 1995 - XI ZR 151/94, WM 1995, 790, 791 und vom 16. Januar 2001 - XI ZR 84/00, Urteilsumdruck S. 9), nicht vorgetragen. Sie hat lediglich geltend gemacht, sie habe zwar von den Ansprüchen der Klägerin gegen die Re. GmbH gewußt, aber gleichwohl angenommen, die Zweckerklärung vom 23. Mai 1996 beziehe sich ausschließlich auf ihre eigene Darlehensverbindlichkeit. Dies ist umso weniger verständlich, als die Beklagte selbst erklärt hat, wegen der ihr bekannten Verbindlichkeiten der von ihrer Tochter geführten Re. GmbH sei in der Familie "jeden Tag ... Druck" vorhanden gewesen. Die Beklagte hatte deshalb allen Anlaß zu der Annahme, die neue Sicherungszweckerklärung hänge mit den Verbindlichkeiten der Re. GmbH zusammen. Von einem Verstoß der Zweckerklärung vom 23. Mai 1996 gegen § 3 AGBG kann danach keine Rede sein, ohne daß es auf die in den Vorinstanzen breit erörterte Frage ankommt, ob die Beklagte auf eine Haftung der Grundschuld für Verbindlichkeiten der Re. GmbH ausdrücklich hingewiesen worden ist.

(3) Die Zweckerklärung ist auch nicht gemäß § 9 AGBG unwirksam. Da Inhalt und Umfang der schuldrechtlichen Zweckbindung von Grundschulden anders als die von Bürgschaften gesetzlich nicht geregelt sind, sondern - in den Grenzen der §§ 134, 138 BGB - freier Vereinbarung unterliegen, weicht die formularmäßig vereinbarte Erstreckung des Sicherungszwecks einer Grundschuld auf alle Forderungen des Gläubigers gegen einen Dritten nicht vom dispositiven Gesetzesrecht ab (BGHZ 131, 55, 58; Senatsurteil vom 24. Juni 1997 - XI ZR 288/96, WM 1997, 1615, 1616).

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte ferner einen Anspruch gemäß §§ 1147, 1192 Abs. 1 BGB auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld in voller Höhe von 400.000 DM. Die Grundschuld ist, wie dargelegt, wirksam bestellt worden und sichert neben der Darlehensforderung der Klägerin gegen die Beklagte auch die Ansprüche der Klägerin gegen die Re. GmbH in Höhe von ca. 12 Millionen DM.

3. Die Widerklage ist unbegründet. Der Beklagten steht gegen die Klägerin, wie dargelegt, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Bewilligung der Löschung der Grundschuld zu.

III.

Das angefochtene Urteil war aufzuheben, soweit zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, war in der Sache selbst zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und das landgerichtliche Urteil wieder herzustellen.

Ende der Entscheidung

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