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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 26.02.2002
Aktenzeichen: XI ZR 226/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 138 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 2 a.F.
ZPO § 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 226/01

Verkündet am: 26. Februar 2002

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten zu 1) gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 23. Mai 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagende Bank verlangt von der Beklagten zu 1) und ihrem Ehemann, dem Beklagten zu 2), die Rückzahlung eines restlichen Ratenkredits. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 5. Januar 1988 schloß der Beklagte zu 2) für sich und als bevollmächtigter Vertreter der Beklagten zu 1) mit der Klägerin einen Kreditvertrag über einen Nettokredit von 55.225,60 DM bei einem effektiven Jahreszins von 9,16%. Das Gesamtdarlehen sollte in 53 monatlichen Raten von 1.260 DM getilgt werden. Aufgrund des Ablösungsauftrags vom 4. Januar 1988, den der Beklagte zu 2) ebenfalls auch in Vertretung für die Beklagte zu 1) unterschrieb, wurde mit dem Darlehen der Nettorestsaldo von 54.734,60 DM eines von der Klägerin mit Vertrag vom 28. Juli 1986 gewährten Vorkredits abgelöst. Durch jenen Kredit, dessen Gesamtvolumen sich bei einem vereinbarten effektiven Jahreszins von 10,7% auf 82.513,50 DM belief, war wiederum ein Restsaldo von 50.032,60 DM aus einem weiteren Vorkredit vom 26. Januar 1986 abgelöst worden. Ob die Klägerin weitere Vorkredite gewährt hatte, ist ungeklärt.

Nach erfolgloser Anmahnung mehrerer rückständiger Monatsraten kündigte die Klägerin den Kreditvertrag vom 5. Januar 1988 zum 31. August 1993 und rechnete das Kreditkonto ab. Mit der Klage hat sie 40.143,94 DM nebst Zinsen aus 35.315,25 DM geltend gemacht.

Die Klägerin hat behauptet, die den Vorkredit vom 26. Januar 1986 betreffenden Unterlagen seien nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist vernichtet worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da ohne Vorlage sämtlicher mit den Beklagten geschlossener Kreditverträge nicht nachprüfbar sei, ob einer der Verträge gegen die guten Sitten verstoßen habe. Das Oberlandesgericht hat der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen stattgegeben. Das Berufungsurteil wird nur von der Beklagten zu 1) angegriffen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt sie ihren Antrag auf Abweisung der gegen sie gerichteten Klage in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat einen Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Zwischen den Parteien sei unstreitig, daß die Klägerin den Beklagten aufgrund des Kreditvertrages vom 5. Januar 1988 ein Darlehen über 55.225,60 DM gewährt habe, welches nur teilweise zurückgeführt worden sei. Nach der nicht bestrittenen Aufstellung der Klägerin stehe ihr der im Berufungsrechtszug noch geltend gemachte Kapitalrückzahlungsanspruch in Höhe von 35.315,25 DM zu (§ 607 BGB).

Diesem Anspruch stehe nicht entgegen, daß die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, die Verträge über die Vorkredite aus der Zeit vor 1986, deren Restschulden durch die Ablösung in die jetzige Folgevereinbarung einbezogen worden seien, vorzulegen. Nach der vom Landgericht zur Begründung der Klageabweisung herangezogenen Rechtsprechung müsse eine Kreditbank, die den Restsaldo aus einem notleidend gewordenen Kredit geltend mache, der wiederum durch Übernahme des Restsaldos aus früheren Ratenkrediten entstanden sei, zwar gegenüber dem Einwand der Sittenwidrigkeit die gesamte Kontenentwicklung der Vergangenheit - rückwirkend bis zum ersten Ausgangskredit - darlegen. Die Beklagten hätten aber in erster Instanz keine auf eine mögliche Sittenwidrigkeit der vertraglichen Grundlagen hindeutenden Umstände vorgetragen, Sittenwidrigkeit nicht einmal eingewandt. Aus den von der Klägerin vorgelegten Kreditunterlagen selbst ergäben sich keine Hinweise auf wucherisch überhöhte Zinsvereinbarungen. Vielmehr lägen die vereinbarten Zinsen nicht wesentlich oberhalb der Streubreite der Zinssätze, wie sie zum damaligen Zeitpunkt für Ratenkredite vereinbart worden seien. Auch das Berufungsvorbringen der Beklagten beinhalte keinen eine mögliche Sittenwidrigkeit des abgelösten Vorkredits nahe legenden oder auch nur behauptenden Sachvortrag. Es beschränke sich vielmehr auf die Wiedergabe der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Rechtsauffassung.

II.

Diese Ausführungen halten in den wesentlichen Punkten rechtlicher Überprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht ist zu Recht von der Schlüssigkeit der Klage ausgegangen.

a) Die Ansicht der Revision, die Klägerin habe nicht dargetan, daß die Beklagten die Darlehensvaluta empfangen hätten, diese sei unstreitig nicht ausgezahlt worden, geht fehl. Sie läßt unberücksichtigt, daß es sich bei dem Kreditvertrag vom 5. Januar 1988 um ein Umschuldungsdarlehen handelt, das vereinbarungsgemäß nicht an die Beklagten als Darlehensnehmer ausgezahlt werden, sondern der Ablösung des am 28. Juli 1986 aufgenommenen Darlehens dienen sollte. Dementsprechend hat der Beklagte zu 2) im eigenen Namen und in Vertretung der Beklagten zu 1) einen "Ablösungauftrag" unterzeichnet, in dem die Klägerin beauftragt wurde, den Nettosaldo des früheren Kreditvertrages mit dem neuen Kredit zu tilgen. Die Ansicht der Revision, der Beklagte zu 2) habe den Ablösungsauftrag als vollmachtloser Vertreter unterzeichnet, ist unzutreffend. Die ihm von der Beklagten zu 1) erteilte Vollmacht umfaßt ausdrücklich auch alle Erklärungen zur Abwicklung des am 5. Januar 1988 aufgenommenen Kredits.

b) Entgegen der Ansicht der Revision mußte die Klägerin für die Schlüssigkeit der Klage auch nicht die gesamte Kontenentwicklung in der Vergangenheit bis zum Ausgangskredit darlegen und beweisen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts betrug der Nettorestsaldo aus dem Vorkredit vom 28. Juli 1986 54.734,60 DM. Die Valutierung des Ausgangskredits und die rechnerische Richtigkeit des abgelösten Restsaldos ist von den Beklagten in den Tatsacheninstanzen ebensowenig bestritten worden wie die des Restsaldos aus dem früheren Kreditvertrag vom 26. Januar 1986 in Höhe von 50.032,60 DM, der auftragsgemäß durch den späteren Kredit abgelöst wurde. Ein Vortrag weiterer Einzelheiten war daher von der Klägerin nicht zu fordern. Das vom Berufungsgericht angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 1983 (III ZR 187/81, WM 1983, 704) führt schon deshalb zu keiner anderen Beurteilung, weil dort der Saldo wegen darin enthaltener angeblich unbegründeter Zinsforderungen bestritten worden war, während hier die Beklagten die Richtigkeit der Kreditabrechnung nie bestritten haben.

2. Allerdings kann, was das Berufungsgericht erwogen hat, bei der Beurteilung des Kreditvertrages vom 5. Januar 1988 die Nichtigkeit früherer Kreditverträge, die im Rahmen der internen Umschuldung abgelöst wurden, beachtlich sein. Dient ein Ratenkreditvertrag ganz oder teilweise der Ablösung eines - von den Parteien für wirksam gehaltenen - früheren Kreditvertrages, so führt zwar die Sittenwidrigkeit des früheren Vertrages allein nicht zur Nichtigkeit des neuen Vertrags nach § 138 Abs. 1 BGB. Dem Kreditgeber stehen aber gemäß § 242 BGB aus dem neuen Vertrag nur Ansprüche zu, die ihm bei Kenntnis und Berücksichtigung der Nichtigkeit des früheren Vertrags billigerweise auch eingeräumt worden wären (BGHZ 99, 333, 337).

Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit der Vorverträge hat das Berufungsgericht den Verträgen, soweit sie vorliegen, - von der Revision nicht beanstandet - nicht entnehmen können. Es hätte, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, den Beklagten als Kreditnehmern oblegen, die Sittenwidrigkeit der vorausgegangenen Kreditverträge darzulegen und zu beweisen (vgl. z.B. BGH, Urteile vom 29. Juni 1979 - III ZR 156/77, WM 1979, 966 und vom 23. Februar 1995 - IX ZR 29/94, WM 1995, 1064, 1069). Das ist nicht geschehen. Die Beklagten haben in den Tatsacheninstanzen die Sittenwidrigkeit früherer Verträge nicht einmal behauptet. Der bloße Hinweis auf die Ansicht des Landgerichts, ohne Vorlage sämtlicher mit den Beklagten geschlossener Kreditverträge sei nicht nachprüfbar, ob einer der Verträge gegen die guten Sitten verstoßen habe, ersetzt solchen Vortrag nicht.

3. Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat von § 92 Abs. 2 ZPO a.F. nicht - wie die Revision meint - deshalb fehlerhaften Gebrauch gemacht, weil es den Beklagten sämtliche Kosten auferlegt hat, obwohl dem Antrag auf Zahlung von 40.143,94 DM nur in Höhe von 35.315,25 DM entsprochen wurde. Die Revision verkennt zum einen, daß in dem Klageantrag Zinsen in Höhe von 4.828,69 DM enthalten sind, die - auch wenn sie durch einen bezifferten Betrag bezeichnet werden - gemäß § 4 Abs. 1 ZPO als Nebenkosten bei der Wertberechnung nicht zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Beschluß vom 25. März 1998 - VIII ZR 298/97, WM 1998, 1293). Zum anderen hat das Berufungsgericht der Klägerin diese Zinsen - wenn auch nicht durch einen bezifferten Betrag - zu einem wesentlichen Teil zuerkannt. Die Abweisung eines geringen Teils des Zinsanspruchs mußte deshalb in der Kostenentscheidung keinen Niederschlag finden.

III.

Die Revision der Beklagten zu 1) war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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