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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: XI ZR 317/06
Rechtsgebiete: HWiG


Vorschriften:

HWiG § 2 Abs. 1 Satz 3 a.F.
Der Zusatz in einer Widerrufsbelehrung, dass im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt, ist auch dann keine unzulässige andere Erklärung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., wenn damit nur der nach dem Anlagemodell vorgesehene Beitritt des Verbrauchers zu einer Fondsgesellschaft gemeint sein kann (Ergänzung des Senatsurteils vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, WM 2007, 1118).
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL

XI ZR 317/06

Verkündet am: 11. März 2008

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Dr. Grüneberg und Maihold

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 16. August 2006 aufgehoben und das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. September 2005 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihm die beklagte Bank zur Finanzierung der wirtschaftlichen Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds gewährt hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger, ein damals 24 Jahre alter Fahrlehrer, unterzeichnete am 15. Oktober 1998 einen Zeichnungsschein für die Beteiligung über eine Treuhänderin an der F. GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. ) mit einer Anteilssumme über 30.000 DM zuzüglich eines Agios von 1.500 DM. Gleichzeitig beauftragte er die H. GmbH mit der Vermittlung der Endfinanzierung der wirtschaftlichen Beteiligung. Am 2./10. November 1998 schloss der Kläger einen Darlehensvertrag über 36.050 DM mit der Beklagten und erteilte dieser die von ihr befolgte unwiderrufliche Anweisung, das Darlehen an die Treuhänderin auszuzahlen. Als Sicherheit verpfändete er der Beklagten den treuhänderisch gehaltenen Kommanditanteil und trat an sie die Ansprüche aus seiner Lebensversicherung sowie den pfändbaren Teil seines laufenden Arbeitseinkommens ab. Dem Darlehensvertrag beigefügt war eine von dem Kläger unterzeichnete Widerrufsbelehrung mit folgendem Zusatz:

"Der Kreditnehmer wird darauf hingewiesen, dass im Fall des Widerrufs des Kreditvertrages auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt".

Im April 2004 widerrief der Kläger seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages vom 2./10. November 1998 gerichtete Willenserklärung nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Unter Berufung darauf nimmt er die Beklagte auf Rückzahlung der von 1998 bis 2004 auf das Darlehen geleisteten Raten in Höhe von 6.436,36 € zuzüglich Zinsen und auf Rückübertragung der gestellten Sicherheiten Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte aus der wirtschaftlichen Kommanditbeteiligung in Anspruch. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass der Darlehensvertrag Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Treuhandbeteiligung erloschen ist.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht ihre Verurteilung zur Zahlung auf den Betrag von 5.736,90 € zuzüglich Zinsen reduziert und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der - vom Senat - zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils des Berufungsgerichts, soweit dieses der Klage stattgegeben hat, und zur vollständigen Abweisung der Klage. Auszusprechen war dies, da der Kläger im Termin zur Verhandlung über die Revision der Beklagten nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil. Dieses beruht jedoch nicht auf der Säumnis des Klägers, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82).

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger könne nach § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) die Rückzahlung der von ihm in den Jahren 2000 bis 2004 aufgrund des Darlehensvertrages erbrachten Leistungen von der Beklagten Zug-um-Zug gegen Übertragung seiner Ansprüche aus der finanzierten Fondsbeteiligung verlangen. Der Fondsbeitritt und der Finanzierungsvermittlungsvertrag seien in einer Haustürsituation zustande gekommen. Die Haustürsituation sei auch für den Abschluss des Darlehensvertrages ursächlich gewesen.

Das Widerrufsrecht des Klägers sei bei Abgabe der Widerrufserklärung im April 2004 nicht durch Fristablauf erloschen gewesen. Die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG a.F. habe mit Unterzeichnung der Widerrufsbelehrung nicht zu laufen begonnen, weil diese nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. genüge. Der Zusatz, dass im Fall des Widerrufs des Kreditvertrages auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande komme, entspreche zwar den Vorgaben des Verbraucherkreditgesetzes, nicht aber denen des Haustürwiderrufsgesetzes.

Da der Fondsbeitritt ein mit dem Darlehensvertrag verbundenes Geschäft i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG bilde, schulde die Beklagte die Rückzahlung der vom Kläger auf das Darlehen geleisteten Zinsraten sowie Rückgewähr der gestellten Sicherheiten, während der Kläger nicht die Darlehensvaluta erstatten, sondern nur seinen Fondsanteil an die Beklagte abtreten müsse. Der Anspruch auf Rückzahlung der 1998 und 1999 geleisteten Zinsraten in Höhe von 699,46 € sei nach Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB, § 197 BGB a.F. verjährt.

II.

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung der aufgrund des Darlehensvertrages geleisteten Zinsraten gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG a.F. gegen die Beklagte zu. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht die dem Vertrag beigefügte Widerrufsbelehrung trotz des Zusatzes, dass im Falle des Widerrufs des Kreditvertrages "auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt", den Anforderungen des § 2 Abs. 1 HWiG a.F. Die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG a.F. ist daher mit Unterzeichnung der Widerrufsbelehrung seitens des Klägers in Gang gesetzt worden, so dass ein etwaiges Widerrufsrecht bei Abgabe seiner Widerrufserklärung im April 2004 erloschen war.

a) Wie der erkennende Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, ist der Zusatz, dass im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung auch der "Beitritt in eine Fondsgesellschaft" nicht wirksam zustande kommt, keine unzulässige andere Erklärung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F., wenn - was nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch hier der Fall ist - der Fondsbeitritt mit dem seiner Finanzierung dienenden Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 Abs. 1 VerbrKrG (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) bildet (Senatsurteil vom 24. April 2007 - XI ZR 191/06, WM 2007, 1117, 1118 Tz. 11 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ 172, 157 vorgesehen, unter Aufgabe von BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 385/02, WM 2004, 1527, 1528).

aa) Das Zusatzverbot des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F. bedarf der teleologischen Reduktion. Dem Gesetzeszweck - die Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen - entsprechend sind inhaltlich zutreffende Erläuterungen zulässig, die dem Verbraucher die Rechtslage nach einem Widerruf seiner Vertragserklärung verdeutlichen und die Belehrung nicht unübersichtlich machen. Nicht zulässig sind Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind, sondern von ihr ablenken oder gemessen am Haustürwiderrufsgesetz einen unrichtigen Inhalt haben, wie etwa der Zusatz, der Widerruf gelte als nicht erfolgt, wenn das Darlehen nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde (Senatsurteil vom 24. April 2007 aaO Tz. 13 m.w.Nachw.).

bb) Gemessen daran ist der Hinweis, dass im Falle des Widerrufs des Darlehens auch der finanzierte Beitritt in die Fondsgesellschaft nicht wirksam zustande kommt, zulässig. Der Hinweis ist bei einem verbundenen Geschäft eine sinnvolle Ergänzung der Widerrufsbelehrung, weil er den rechtsunkundigen Verbraucher auf die weiteren Rechtsfolgen seines Widerrufs nach § 1 Abs. 1 HWiG a.F. hinweist und somit dessen besondere Tragweite und Bedeutung verdeutlicht. Wollte man dies anders sehen, müsste der Verbraucher bei einem kreditfinanzierten verbundenen Haustürgeschäft stets zwei Widerrufsbelehrungen erhalten, und zwar eine nach § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG a.F. mit dem Hinweis auf die Folgen des Widerrufs für das verbundene Geschäft und eine nach § 2 Abs. 1 HWiG a.F. ohne diesen Zusatz, was für den rechtsunkundigen Verbraucher verwirrend wäre. Die Neuregelung des § 358 Abs. 5 BGB schreibt deshalb einen entsprechenden Hinweis nunmehr sogar für alle Widerrufsbelehrungen vor (Senatsurteil vom 24. April 2007 aaO S. 1118 f. Tz. 15 f.).

cc) Der streitige Zusatz ist auch dann nicht unrichtig oder irreführend, wenn man die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch auf den Widerruf einer Beitrittserklärung zu einer Fondsgesellschaft (so BGH, Beschluss vom 10. April 2006 - II ZR 218/04, WM 2006, 1523 m.w.Nachw.) sowie einer durch einen Treuhänder vermittelten mittelbaren Gesellschaftsbeteiligung (so BGHZ 148, 201, 207 f.) anwendet. Denn der Anleger ist bei einem verbundenen Geschäft von der kreditgebenden Bank im Fall des Widerrufs des Darlehensvertrages nach dem Schutzzweck des § 3 HWiG a.F. grundsätzlich so zu stellen, als ob er dem Fonds nicht beigetreten wäre, d.h. als ob der eigene Beitritt oder der des Treuhänders nie wirksam gewesen wäre (st.Rspr. des Senats, siehe nur BGHZ 133, 254, 259 ff.; 167, 252, 260 Tz. 19; Senatsurteil vom 24. April 2007 aaO S. 1119 Tz. 18 m.w.Nachw.).

b) Die vorliegende Widerrufsbelehrung ist auch nicht deshalb unzureichend, weil das mit dem Darlehensvertrag verbundene Geschäft - wie in § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG a.F. - als "Kaufvertrag" bezeichnet ist, während der Kläger in dem Zeichnungsschein den wirtschaftlichen Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft erklärt hat (so auch OLG Celle OLGR 2007, 143, 144 f. zu § 361a BGB a.F.; a.A. OLG Koblenz BKR 2007, 205, 207 f.).

Auf die genaue rechtliche Qualifikation des verbundenen Anlagegeschäfts kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend an. Da die Parteien den Darlehensvertrag ausweislich des klaren Wortlauts zur Finanzierung der Anlageentscheidung des Klägers geschlossen haben und die Belehrung ausdrücklich von dem verbundenen Kaufvertrag spricht, kommt deutlich zum Ausdruck, dass damit nur der Erwerb der treuhänderischen Kommanditbeteiligung gemeint sein kann. Abgesehen davon ist einem juristisch nicht geschulten Verbraucher der genaue rechtliche Unterschied zwischen dem Kauf eines Geschäftsanteils von einem Fondsgesellschafter und dem unmittelbaren oder mittelbaren (wirtschaftlichen) Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft gewöhnlich nicht geläufig, sondern auch letzterer wird in der Laiensphäre häufig als "Kauf" oder allgemein als "Erwerb" eines Fondsanteils eingeordnet (vgl. auch die Belehrung in dem Fall des OLG Stuttgart OLGR 2004, 202, 204: "Erwerb des GdbR-Anteils").

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Rückübertragung der gestellten Sicherheiten gegen die Beklagte zu. Da der streitgegenständliche Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen worden ist, ist der Besicherungsvereinbarung der Parteien nicht die Grundlage entzogen.

III.

Das Urteil des Berufungsgerichts war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Klage insgesamt abweisen.

Ende der Entscheidung

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