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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.09.2008
Aktenzeichen: XII ZB 123/06
Rechtsgebiete: BSZG, SGB XI


Vorschriften:

BSZG § 4
BSZG § 4 a
BSZG § 4 a Abs. 1
BSZG § 4 a Abs. 2
SGB XI § 55 Abs. 1 Satz 1
SGB XI § 59 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 123/06

vom 3. September 2008

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. September 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick und Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dr. Klinkhammer

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 26. Juni 2006 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass für die Antragsgegnerin gesetzliche Rentenanrechte nur in Höhe von 364,40 € (nicht: 376,88 €) begründet werden.

Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:

Die Parteien streiten um den Versorgungsausgleich.

Die am 20. März 1981 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 8. Juni 2005 zugestellten Antrag durch Verbundurteil vom 30. Januar 2006 geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 25. April 2006).

In der Ehezeit (1. März 1981 bis 31. Mai 2005, § 1587 Abs. 2 BGB) hat der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann, geboren am 19. Februar 1959) Anrechte auf eine Beamtenversorgung bei der Wehrbereichsverwaltung Süd (weitere Beteiligte zu 1) erworben, deren Höhe das Oberlandesgericht - unter Berücksichtigung der gemäß § 4 a BSZG erfolgten Verminderung der Sonderzahlung - mit monatlich 1.166,74 €, bezogen auf das Ehezeitende, errechnet hat; außerdem hat der Ehemann in der Ehezeit eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 40,21 €, bezogen auf das Ehezeitende, erlangt. Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau, geboren am 13. November 1959) hat in der Ehezeit eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 453,20 €, bezogen auf das Ehezeitende, erworben.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemannes auf dem Rentenkonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Versorgungsanrechte in Höhe von monatlich 361,75 €, bezogen auf das Ehezeitende, begründet hat. Dabei hat es bei der Beamtenversorgung des Ehemannes, deren Höhe es mit 1.176,69 € angenommen hat, die gemäß § 4 a BSZG erfolgte Verminderung der Sonderzahlung nicht berücksichtigt und die gesetzliche Rentenanwartschaft des Ehemannes übersehen.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 hat das Oberlandesgericht zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemannes auf dem Rentenkonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Versorgungsanrechte in Höhe von monatlich 376,88 €, bezogen auf das Ehezeitende, begründet. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte zu 1 mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde, mit der sie erreichen will, dass die aufgrund des § 4 a BSZG erfolgte Verminderung der Sonderzahlung bei der Versorgung des Ehemannes im Versorgungsausgleich unberücksichtigt bleibt.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die von § 4 a BSZG vorgeschriebene Verminderung der Sonderzahlung bei der Ermittlung des Wertes der Beamtenversorgung des Ehemannes im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Wertes der auszugleichenden Versorgungen sei von Bruttobeträgen auszugehen mit der Folge, dass die vom Rentenversicherungsträger einbehaltenen Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung unberücksichtigt blieben. Bei der von § 4 a BSZG vorgeschriebenen Verminderung der Sonderzahlung handele es sich jedoch nicht um solche Versicherungsbeiträge. Richtig sei zwar, dass Rentner in vollem Umfang Beiträge zur Pflegeversicherung zu erbringen hätten, während Pflegeleistungen an Versorgungsempfänger anteilig von der Beihilfe gedeckt würden; mit der Verminderung der Sonderzahlung solle eine Gleichstellung von Versorgungsempfängern und Rentnern bewirkt und erreicht werden, dass im wirtschaftlichen Ergebnis auch die Versorgungsempfänger mit einem vollen Beitrag am Pflegerisiko beteiligt würden. Dies ändere indes nichts daran, dass dieses sozialpolitische Ziel vom Gesetzgeber im Wege einer allgemeinen Kürzung der Versorgungsbezüge umgesetzt worden sei; diese Absenkung der Bruttoversorgungsbezüge lasse sich nicht unter Berufung auf das mit ihr verfolgte legislative Ziel in einen Versicherungsbeitrag umdeuten. Für den Versorgungsausgleich ergebe sich daraus die Konsequenz, dass die beamtenrechtlichen Versorgungsanrechte nur mit ihrem um die Verminderung der Sonderzahlung verringerten (Brutto-)Wert im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen seien.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Frage, ob die Verminderung der Sonderzahlung gemäß § 4 a BSZG im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen ist, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich beurteilt. Der Senat hat diese Frage in seinem - nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ergangenen - Beschluss vom 2. Juli 2008 (- XII ZB 80/06 - zur Veröffentlichung bestimmt m.w.N.) bejaht.

Bei der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs ist grundsätzlich von den Bruttobeträgen der in den Ausgleich einzubeziehenden Versorgungen auszugehen; Beiträge zur Kranken- oder Pflegeversicherung, die auf diese Versorgungen entfallen und von den Versorgungsträgern an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung abgeführt werden, bleiben deshalb bei der Ermittlung des auszugleichenden Wertes des Versorgungsanrechts unberücksichtigt (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2006 - XII ZB 211/04 - FamRZ 2007, 120, 122).

Dieser Grundsatz führt jedoch nicht dazu, bei der Ermittlung der Höhe einer ehezeitlich erworbenen Beamten-, Richter- oder Soldatenversorgung die von § 4 a BSZG vorgeschriebene Verminderung der jährlichen Sonderzahlung unberücksichtigt zu lassen. Denn diese Verminderung ist kein Versicherungsbeitrag, den der Dienstherr für seine Versorgungsempfänger an einen Versicherungsträger - etwa an die gesetzliche Pflegeversicherung - abführt. Der Dienstherr versichert seine Versorgungsempfänger nicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung; er deckt - über die Beihilfe - vielmehr selbst anteilig das Pflegerisiko ab, das im Übrigen von (Pflege-)Versicherungen getragen wird, mit denen die Versorgungsempfänger privatrechtliche Versicherungsverträge abschließen. Die Deckung des für den Dienstherrn verbleibenden anteiligen Pflegerisikos ist auch keine eigene Versicherungsleistung, die der Dienstherr seinen Versorgungsempfängern erbringt und für die er ein - über die Kürzung der Sonderzahlung gemäß § 4 a BSZG abzurechnendes - Entgelt erhielte. Vielmehr erfüllt der Dienstherr mit der anteiligen Deckung des Pflegerisikos seine Alimentationspflicht. Zwar ist der Dienstherr grundsätzlich nicht gehindert, den Umfang seiner Alimentationspflicht näher zu regeln und dabei, wie in der Vergangenheit wiederholt geschehen, auch im Interesse einer Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zu reduzieren. Eine solche Reduktion mag rechtspolitisch als ein Äquivalent für die fortdauernde Tragung eines Teils des Pflegerisikos erklärt und mit einer wünschenswerten Gleichstellung der Versorgungsempfänger mit Rentnern gerechtfertigt werden, die gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. SGB XI seit dem 1. April 2004 volle (und nicht - wie bis dahin - nur hälftige) Beiträge zur Pflegeversicherung erbringen müssen und deshalb eine um diese vollen Beiträge verminderte Rente erhalten (vgl. BT-Drucks. 15/3444 S. 4). Diese rechtspolitische Begründung ändert indes nichts an dem grundlegenden Unterschied zwischen einer - wie auch immer motivierten - Kürzung von beamtenrechtlichen Versorgungen einerseits und der Abführung von gesteigerten Versicherungsbeiträgen durch die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits. Dieser Unterschied wird, worauf das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig (OLGR 2005, 782, 783) mit Recht hinweist, auch darin deutlich, dass die von der gesetzlichen Rente einbehaltenen Beiträge zur Pflegeversicherung zweckbestimmt sind und notwendig der Solidargemeinschaft der Pflegeversicherten zugute kommen. Die Verminderung der Sonderzahlung kennt dagegen eine solche Zweckbindung - unbeschadet der Überschrift des § 4 a BSZG ("Abzug für Pflegeleistungen") und einer nur gesetzestechnischen Anknüpfung des Verminderungsbetrags an die Regelungen über die Pflegeversicherung - nicht; die mit der Verminderung erzielten Einsparungen kommen vielmehr undifferenziert den öffentlichen Haushalten zugute.

Für das System des Versorgungsausgleichs kann dieser grundlegende Unterschied nicht unbeachtet bleiben: Die Verminderung nach § 4 a BSZG führt zu einer Absenkung der Bruttoversorgung, die sich auf die Höhe der in den Ausgleich einzustellenden Versorgung auswirkt. Pflegeversicherungsbeiträge vermindern - ebenso wie Krankenversicherungsbeiträge - zwar als Abzug von der Bruttorente deren Zahlbetrag, wirken sich aber auf die Höhe des versorgungsausgleichsrelevanten Rentenwertes nicht aus.

3. Das Oberlandesgericht hat deshalb die ehezeitanteilige Höhe der vom Ehemann erworbenen Anrechte auf Beamtenversorgung gegenüber der Beteiligten zu 1 zutreffend unter Berücksichtigung der nach § 4 a BSZG erfolgten Verminderung der jährlichen Sonderzahlung ermittelt.

Allerdings ist für die Berechnung der jährlichen Sonderzahlung (§ 4 BSZG) der nunmehr - im Zeitpunkt der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde - maßgebende Bemessungsfaktor heranzuziehen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 85/03 - FamRZ 2007, 994, 995 m.w.N.). Dieser beträgt nunmehr 2,085 % der Versorgungsbezüge für das Kalenderjahr 2008 (§ 4 Abs. 1 BSZG i.d.F. des Art. 1 Nr. 4 des Haushaltsbegleitgesetzes vom 29. Juni 2006 BGBl. I S. 1402), während den vom Oberlandesgericht herangezogenen Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 noch ein Bemessungsfaktor von 4,17 % zugrunde lag. Der niedrigere Bemessungsfaktor ist unbeschadet seiner - zunächst - auf die Jahre 2006 bis 2010 befristeten Geltung als derzeit maßgebend zugrunde zu legen (so etwa auch OLG Celle FamRZ 2008, 900, 902). Damit errechnet sich die Höhe der Sonderzahlung wie folgt: Der Jahresbetrag des Ruhegehalts beträgt (12 x 2.232,76 € =) 26.793,12 €. Die jährliche Sonderzahlung beträgt davon 2,085 % = 558,64 €. Die so ermittelte Höhe der Sonderzahlung ist gemäß § 4 a Abs. 1 BSZG zu vermindern, und zwar um den hälftigen Prozentsatz nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI des Jahresbetrags der Versorgung.

Dieser Prozentsatz ist mit Wirkung vom 1. Juli 2008 auf 1,95 % (2,2 % bei kinderlosen Versicherten, § 55 Abs. 3 SGB XI) angehoben worden (Art. 1 Nr. 34 a des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung vom 28. Mai 2008 - BGBl. I 874). Da für die Höhe des Versorgungsausgleichs das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht anzuwenden ist, wenn es sich nach seinem zeitlichen Geltungswillen auf den zu entscheidenden Sachverhalt erstreckt (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 23. Februar 2000 - XII ZB 55/97 - FamRZ 2000, 749, 750), gilt - nicht anders als für den Bemessungsfaktor nach § 4 BSZG - auch für den Verminderungsfaktor nach § 4 a BSZG der nunmehr maßgebende - höhere - Prozentsatz. Das hat zur Folge, dass der Verminderungsbetrag auf 0,975 % des Jahresbetrags der Versorgung steigt und die Versorgung des Ehemannes aufgrund der sich weiter verringernden Sonderzahlung niedriger wird.

Da die Versorgung des Ehemannes wegen der von ihm bezogenen gesetzlichen Rente in Höhe von 348,26 € jährlich ruht, ist für die Ermittlung des Jahresbetrags von der Summe aus Ruhegehalt und Sonderzahlung der Ruhensbetrag in Abzug zu bringen. Das entspricht der dargelegten rechtspolitischen Begründung der Verminderung der Sonderzahlung nach § 4 a BSZG: In Höhe des Ruhensbetrags erhält der Ehemann anstelle der Beamtenversorgung eine gesetzliche Rente; über den von dieser Rente abgezogenen Beitrag zur Pflegeversicherung wird der Ehemann bereits - wie von § 4 a BSZG erstrebt - mit dem vollen Beitragssatz der Pflegeversicherung zur solidarischen Deckung künftiger Pflegekosten herangezogen. Die sich danach als Ruhegehalt und Sonderzahlung unter Abzug des Ruhensbetrags ergebende Jahresversorgung beträgt mithin (26.793,12 € + 558,64 € - 348,26 € =) 27.003,50 €. Um 0,975 % dieses Betrages ist die Sonderzahlung zu vermindern, mithin um 263,28 € jährlich = 21,94 € monatlich.

Nach § 4 a Abs. 2 BSZG beträgt die Verminderung der Sonderzahlung allerdings höchstens den hälftigen Prozentsatz nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI der Beitragsbemessungsgrenze in der Pflegeversicherung. Auch für die Beitragsbemessungsgrenze ist im Rahmen des § 4 a BSZG das im Entscheidungszeitpunkt geltende Recht anzuwenden. Danach beträgt die Beitragsbemessungsgrenze 43.200 € mit der Folge, dass die Sonderzahlung um nicht mehr als (0,975 % von 43.200 € =) 421,20 € jährlich = 35,10 € monatlich gekürzt werden kann. Die ermittelte Kürzung der Sonderzahlung bleibt hinter diesem Betrag zurück.

Die jährliche Sonderzahlung ist somit im Ergebnis um 263,28 € zu vermindern und beträgt damit (558,64 € - 263,28 € =) 295,36 € jährlich = 24,61 € monatlich. Aus Ruhegehalt und - verminderter - Sonderzahlung ergibt sich damit eine monatliche Versorgung in Höhe von (2.232,76 € + 24,61 € =) 2.257,37 €. Hieraus errechnet sich ein Ehezeitanteil der Beamtenversorgung des Ehemannes von (22,08 [in die Ehezeit fallende Dienstjahre] : 43,33 Jahre [Gesamtzeit] x 2.257,37 € =) 1.150,31 €, der um den Teil des Ruhensbetrages zu vermindern ist, der durch die in der Ehezeit erworbenen Rentenanrechte verursacht wird und hier 8,52 € beträgt. Insgesamt ergeben sich daraus ehezeitliche Versorgungsanrechte des Ehemannes in Höhe von (1.150,31 € - 8,52 € + 40,21 € =) 1.182 €, denen die von der Ehefrau in der Ehezeit erworbenen gesetzlichen Rentenanrechte in Höhe von 453,20 € gegenüberstehen. Die auszugleichende Versorgungsdifferenz beträgt 728,80 €; in Höhe der Hälfte dieses Betrages, also 364,40 €, sind für die Ehefrau Rentenanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen. Mit dieser Maßgabe war der Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 deshalb der Erfolg zu versagen.

Ende der Entscheidung

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