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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.07.2000
Aktenzeichen: XII ZB 178/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 211 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 211 Abs. 1 Satz 3
ZPO § 212 Abs. 1
ZPO § 195 Abs. 2
ZPO § 191 Nr. 1
ZPO § 191 Nr. 3
ZPO § 191 Nr. 4
ZPO § 191 Nr. 5
ZPO § 191 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 178/99

vom

19. Juli 2000

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Sprick und Prof. Dr. Wagenitz

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 5. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 15. Oktober 1999 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 527.287 DM.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist versagenden Beschluß des Berufungsgerichts hat aus den zutreffenden Gründen dieser Entscheidung keinen Erfolg.

1. Die Berufungsfrist ist versäumt. Das Urteil des Familiengerichts ist dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Antragsgegners im Wege der vereinfachten Zustellung (§ 211 ZPO) am 6. April 1999 wirksam durch Niederlegung zur Post zugestellt worden.

Der Umstand, daß die hierüber aufgenommene Postzustellungsurkunde neben der Angabe der Geschäftsnummer die Angabe "Vfg. v. 25.3.1999" enthält und somit nicht das zuzustellende Schriftstück bezeichnet, sondern das Datum der Verfügung, mit der die Zustellung angeordnet wurde, ist entgegen der Auffassung der sofortigen Beschwerde nicht geeignet, die Wirksamkeit der Zustellung in Zweifel zu ziehen.

Gemäß § 211 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO muß die zuzustellende Sendung mit der Anschrift des Zustellungsempfängers, der Bezeichnung der absendenden Stelle, einer Geschäftsnummer und dem Vermerk "Vereinfachte Zustellung" versehen sein; weitere Angaben schreibt das Gesetz nicht vor. Für die Beurkundung der Zustellung gemäß §§ 212 Abs. 1, 195 Abs. 2 ZPO sind lediglich die weiteren Angaben gemäß § 191 Nr. 1, 3 bis 5 und 7 ZPO erforderlich, die ebenfalls keinen zusätzlichen Hinweis auf das zuzustellende Schriftstück erfordern. Die gesetzlichen Anforderungen sind daher bereits dann erfüllt, wenn die Angabe der richtigen Geschäftsnummer auf der zuzustellenden Sendung die einzige urkundliche Beziehung zwischen der Zustellungsurkunde und dem zuzustellenden Schriftstück darstellt, welche die Übereinstimmung der Zustellungsurkunde mit dem zuzustellenden Schriftstück gewährleistet (vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Juni 1965 - IV ZR 186/64 - MDR 1966, 44 f.).

Soweit der Vordruck der Zustellungsurkunde neben der Rubrik 1.1 (Geschäftsnummer) die weitere Rubrik 1.2 (Ggf. weitere Kennz.) enthält, ist diese für zusätzliche, aber nicht notwendige Angaben vorgesehen. Der Wirksamkeit der Zustellung steht daher nicht entgegen, daß die Geschäftsstelle in dieser Rubrik nicht etwa "Urt. v. 19.03.1999" vermerkt hat, was einer weit verbreiteten Übung entsprochen hätte, sondern "Vfg. v. 25.3.1999". Dies gilt um so mehr, als im vorliegenden Fall entsprechend der genannten Verfügung nicht nur das Urteil vom 19. März 1999, sondern zugleich auch der Streitwertbeschluß und der Beschluß über die Abtrennung des Versorgungsausgleichs zugestellt wurden. Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, daß die Geschäftsstelle durch den Hinweis auf die die Zustellung anordnende Verfügung eine weitere, die Übereinstimmung gewährleistende Beziehung zwischen der Zustellungsurkunde und den zuzustellenden Schriftstücken geschaffen hat.

2. Entgegen der Auffassung der sofortigen Beschwerde ist Wiedereinsetzung nicht schon dann zu gewähren, wenn zweifelhaft ist, ob die Partei die Berufungsfrist durch eigenes oder ihr zuzurechnendes Verschulden versäumt hat. Vielmehr ist der Antrag auf Wiedereinsetzung bereits dann zurückzuweisen, wenn es dem Antragsteller nicht gelingt, die Möglichkeit einer schuldhaften Fristversäumnis zur Überzeugung des Gerichts auszuräumen (vgl. Zöller/Greger ZPO 21. Aufl. § 233 Rdn. 22 c m.N.).

3. Angesichts der in der angefochtenen Entscheidung im einzelnen zutreffend aufgezeigten Ungereimtheiten der Darstellung des Antragsgegners erscheint diese auch dem Senat nicht hinreichend glaubhaft.

Anlaß zu Zweifeln an der Richtigkeit der Darstellung des Antragsgegners gibt ferner der Umstand, daß der Antragsgegner das Erinnerungsschreiben seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 4. Mai 1999 in der Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs zunächst nicht erwähnt hat und nunmehr vorträgt, er habe es erst am 17. Mai 1999 vorgefunden und angenommen, es habe sich mit seinem Schreiben vom 30. April 1999 gekreuzt. Der eidesstattlichen Versicherung seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten ist indessen zu entnehmen, er habe dem Antragsgegner erst im Besprechungstermin am 20. Mai 1999 eröffnet, dessen Auftragsschreiben vom 30. April 1999 nicht erhalten zu haben; daraufhin habe der Antragsgegner ihm sogleich eine Kopie dieses Schreibens vorgelegt. Es erscheint dem Senat wenig glaubhaft, daß der Antragsgegner einerseits während eines nach seiner Auffassung laufenden Berufungsverfahrens mit einem Streitwert von über einer halben Million DM seiner am 10. Mai 1999 aus Anlaß der Wahrnehmung eines anderen Gerichtstermins zu Hause vorgefundenen Post keinerlei Beachtung schenkt und diese eine Woche lang liegen läßt, andererseits aber zu einer Besprechung mit seinem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten wegen einer Mietangelegenheit vorsorglich - allein oder zusammen mit weiteren Unterlagen des vorliegenden, in erster Instanz abgeschlossenen Verfahrens - eine Kopie jenes Auftragsschreibens mitnimmt, das nach seiner Überzeugung längst erledigt ist.

Ende der Entscheidung

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