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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.08.2000
Aktenzeichen: XII ZB 210/99
Rechtsgebiete: KiEntfÜbk Haag


Vorschriften:

KiEntfÜbk Haag Art. 16
KiEntfÜbk Haag Art. 16

Art. 16 HKÜ steht einer Sachentscheidung über das Sorgerecht im Zufluchtstaat nach einer rechtskräftigen Rückgabeanordnung weiterhin jedenfalls so lange entgegen, wie der Antragsteller deren Vollzug nachdrücklich betreibt und der Umstand, daß die Rückgabe noch nicht erfolgt ist, im wesentlichen auf verzögerter Bearbeitung durch die Vollstreckungsorgane oder auf Versuchen des Entführers beruht, die Vollstreckung zu vereiteln.

BGH, Beschluß vom 16. August 2000 - XII ZB 210/99 - OLG Stuttgart AG Nürtingen


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 210/99

vom

16. August 2000

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick und Weber-Monecke

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 17. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 8. November 1999 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.500 DM.

Gründe:

I.

Die Parteien, beide Deutsche, streiten darüber, ob Art. 16 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 (HKÜ, BGBl. 1990 II 207) der im Rahmen des (inländischen) Scheidungsverbundverfahrens begehrten Sachentscheidung über die elterliche Sorge für die beiden gemeinsamen Kinder entgegensteht.

Nachdem die Parteien im September 1995 nach Kanada ausgewandert waren, ist die Antragstellerin im Dezember 1997 ohne Zustimmung des Antragsgegners von dem damaligen Familienwohnsitz in Ontario mit den Kindern nach Deutschland zurückgekehrt, wo sie seitdem mit ihnen lebt. Daraufhin leitete der Antragsgegner im April 1998 ein Verfahren auf Rückführung der Kinder nach dem HKÜ ein. In der Beschwerdeinstanz verpflichtete sich die Antragstellerin durch gerichtliche Vereinbarung vom 9. Oktober 1998, bis zum 30. Oktober 1998 mit den Kindern nach Kanada zurückzukehren. Durch Beschluß vom selben Tage ordnete das Beschwerdegericht für den Fall, daß die Mutter die Kinder bis 30. Oktober 1998 nicht zurückführen sollte, die Herausgabe der Kinder an den Antragsteller oder eine von ihm bestimmte Person zum Zwecke der Rückführung nach Kanada sowie die sofortige Vollziehbarkeit dieser Entscheidung an.

Am 23. Oktober 1998 reichte die Antragstellerin in der Bundesrepublik Scheidungsantrag ein und beantragte zugleich, ihr die elterliche Sorge für beide Kinder zu übertragen.

Der in der gerichtlichen Vereinbarung vom 9. Oktober 1998 übernommenen Verpflichtung kam die Antragstellerin nicht nach. Der Antragsgegner leitete daraufhin die Vollziehung des Rückführungsbeschlusses ein. Dem vom Gerichtsvollzieher auf den 11. Dezember 1998 bestimmten Termin zur Wegnahme der Kinder entzog sich die Antragstellerin, indem sie mit den Kindern untertauchte. Der Antragsgegner erstattete daraufhin Strafanzeige gegen sie wegen Kindesentziehung. Am 16. Februar 1999 erfuhr der Antragsgegner im Rahmen der Ermittlungen, die Antragstellerin habe erklärt, nunmehr freiwillig nach Kanada zurückzukehren. Mit Schreiben vom 30. März 1999 erklärte die Antragstellerin, sie habe ihre Rückkehr nach Kanada für die Monate Mai/Juni 1999 vorgesehen. Am 21. Juni 1999 erteilte der Antragsgegner erneut Vollstreckungsauftrag, nachdem ein Rückkehrtermin weiterhin nicht absehbar war. Der am 25. August 1999 auf den 30. September 1999 angesetzte Vollstreckungstermin fand wegen Erkrankung des Gerichtsvollziehers nicht statt; die Vollstreckungsakten wurden seinem Vertreter vorgelegt.

Im Scheidungsverbundverfahren wies das Familiengericht den Sorgerechtsantrag der Antragstellerin als unzulässig zurück, da einer Sachentscheidung Art. 16 HKÜ entgegenstehe. Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Oberlandesgericht zurück. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Sorgerechtsantrag weiter.

II.

Die weitere Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2000, 374 veröffentlicht ist, hat zu Recht entschieden, daß das Verfahrenshindernis nach Art. 16 HKÜ weiterhin besteht.

1. Der Auffassung der weiteren Beschwerde, der vorliegende Fall werde von der Regelung des Art. 16 HKÜ nicht erfaßt, vermag der Senat nicht zu folgen. Insbesondere treffen deren Ausführungen nicht zu, daß Art. 16 HKÜ nach seinem Wortlaut einer Sachentscheidung über das Sorgerecht durch die Gerichte des Vertragsstaates, in den das Kind verbracht wurde, - abgesehen von dem Fall, daß innerhalb angemessener Frist kein Rückführungsantrag gestellt wurde - nur dann entgegenstehe, wenn entschieden sei, daß das Kind aufgrund des Übereinkommens nicht zurückzugeben sei. Das Gegenteil ist der Fall. Die Gerichte "dürfen ... eine Sachentscheidung über das Sorgerecht erst treffen, wenn entschieden ist, daß das Kind aufgrund dieses Übereinkommens nicht zurückzugeben ist, oder wenn innerhalb angemessener Frist nach der Mitteilung kein Antrag nach dem Übereinkommen gestellt wird". Die amtliche deutsche Übersetzung gibt den verbindlichen Wortlaut des Übereinkommens in englischer und französischer Sprache, der ebenfalls eindeutig ist, zutreffend wieder.

Beide in Art. 16 HKÜ genannten Voraussetzungen liegen hier, wie auch die weitere Beschwerde selbst betont, unstreitig nicht vor.

2. Soweit das Beschwerdegericht ausführt, nach seinem Wortlaut betreffe Art. 16 HKÜ nur Fälle, in denen entweder ein Rückführungsantrag anhängig oder die angemessene Frist zur Anhängigmachung noch nicht abgelaufen sei, wird auch dies der klaren Fassung der Bestimmung nicht gerecht. Es bedarf daher - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - keiner erweiternden Auslegung dieser Bestimmung dahingehend, daß die Sperrwirkung nicht nur während der Dauer des Rückführungsverfahrens, sondern auch während der in angemessener Frist eingeleiteten Vollziehung der Rückgabeanordnung fortbesteht. Vielmehr ist allenfalls zu fragen, ob eine einschränkende Auslegung dahin geboten erscheint, daß eine Sachentscheidung im Zufluchtstaat nach einer Rückgabeanordnung dann wieder getroffen werden darf, wenn deren Vollziehung sich verzögert (vgl. Staudinger/Pirrung, BGB [1994] vor Art. 19 EGBGB Rdn. 694; Bach/Gildenast, Internationale Kindesentführung, Rdn. 33). Hierbei hat sich die Auslegung des Übereinkommens an Art. 31 bis 33 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 - BGBl. 1985 II 926 - zu orientieren und auch die Rechtsprechung in anderen Vertragsstaaten des HKÜ zu berücksichtigen (vgl. Beaumont/McEleavy, The Hague Convention on International Child Abduction, Oxford 1999, S. 227 und 235 f.).

a) Die gelegentlich anzutreffende Formulierung, Art. 16 HKÜ stehe einer Entscheidung über die elterliche Sorge im Zufluchtstaat (nur) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Rückgabeantrag entgegen (vgl. Palandt/Heldrich, BGB 59. Aufl. Anhang zu Art. 24 EGBGB Rdn. 82; Staudinger IPRax 2000, 194, 197 oben), ist mißverständlich; sie trifft nur hinsichtlich ablehnender Entscheidungen zu (vgl. OLG Hamm FamRZ 2000, 373, 374 m.w.N.). Es widerspräche nicht nur dem Wortlaut der Bestimmung, sondern auch dem Zweck des Übereinkommens, schnellstmöglich das ursprüngliche Obhutsverhältnis wiederherzustellen und eine Regelung des Sorgerechts durch die zuständigen Stellen des bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsstaates des Kindes zu ermöglichen (vgl. Anton, The Hague Convention on International Child Abduction, 30 [1981] IntCompLQ - The International and Comparative Law Quarterly - 537, 543; Staudinger aaO 162), wenn eine Sorgerechtsentscheidung im Zufluchtstaat auch nach Rechtskraft einer die Rückgabe des Kindes anordnenden Entscheidung sogleich wieder zulässig würde.

b) Auch der erläuternde Bericht zum HKÜ (Pérez-Vera, BT-Drucks. 11/5314, Anlage 1 Abschnitt 121 zu Art. 16) vertritt eindeutig die Auffassung, das Verbot einer Sachentscheidung im Zufluchtstaat bestehe erst dann nicht mehr, wenn dargelegt ist, daß das Kind nach dem Übereinkommen nicht zurückzugeben ist bzw. wenn festgestellt ist, daß die Voraussetzungen für die Rückgabe des Kindes nicht erfüllt sind.

c) Soweit ersichtlich, wird Art. 16 HKÜ auch in anderen Vertragsstaaten des Übereinkommens in diesem Sinne verstanden (so beispielsweise Supreme Court of Canada, Entscheidung vom 26. Januar 1994, Re. Thomson v. Thomson [1994] 3 SCR - Supreme Court of Canada Reports - 551; Oberster Gerichtshof Wien, Entscheidung vom 17. Dezember 1996 - 4 Ob 2378/96 - ZfRV 1997, 79; Corte de Cassazione [Italien], Entscheidung Nr. 10090 vom 15. Oktober 1997).

Auch soweit Artikel 15 des niederländischen Ausführungsgesetzes zum Europäischen Sorgerechtsübereinkommen und zum HKÜ vom 2. Mai 1990 (Stb. - Staatsblad -1990, 202) bestimmt, daß das Gericht ein anhängiges Sorgerechtsverfahren bis zur unanfechtbaren Entscheidung über den Rückgabeantrag auszusetzen habe ("totdat op dat verzoek onherroepelijk is beslist"), ohne ausdrücklich zwischen stattgebenden und ablehnenden Entscheidungen zu differenzieren, wird diese Bestimmung dahin verstanden, daß eine Sachentscheidung über das Sorgerecht erst ergehen kann, wenn feststeht, daß eine Rückgabe des Kindes nicht stattzufinden hat, weil Art. 16 HKÜ verhindern soll, daß der Kindesentführer die Rückgabe vereitelt, indem er alsbald im Zufluchtstaat eine Sorgerechtsentscheidung zu seinen Gunsten erwirkt (vgl. Frohn, Kinderontvoeringsverdragen, FJR - Tijdschrift voor Familie- en Jeugdrecht - 1990, 122, 124).

Die gegenteilige Auffassung, daß nämlich (allein) eine stattgebende Rückgabeentscheidung das Verfahrenshindernis des Art. 16 HKÜ beseitige, ist bislang, soweit ersichtlich, nur vom Provinzgericht Almería vertreten worden (vgl. Audiencia Provincial de Almería, Entscheidung vom 27. Oktober 1993, REDI - Revista Española de Derecho Internacional - XLVI [1994] 341 f.; auszugsweise in französischer Sprache wiedergegeben in Sumampouw, Les nouvelles Conventions de la Haye: leur application par les juges nationaux, Band V [1996] S. 173, m. abl. Anm. Álvarez González REDI 1994, 342 ff.). Diese Entscheidung beruht indes - infolge sinnenentstellender Übersetzung des maßgeblichen Originaltextes des Übereinkommens, wie Álvarez González aaO S. 344 nachweist - auf der gleichen unzutreffenden Lesart des Art. 16 HKÜ, auf die sich hier auch die weitere Beschwerde stützt (vgl. dagegen die der Regelung des Art. 16 HKÜ entsprechende spanische Fassung des Art. 16 des interamerikanischen Übereinkommens über internationale Rückführung von Minderjährigen [Montevideo] vom 15. Juli 1989; hierzu auch Samtleben, Neue interamerikanische Konventionen zum Internationalen Privatrecht, RabelsZ 56 [1992] 1, 52). Ein solches Verständnis des Art. 16 HKÜ läuft Sinn und Zweck des Übereinkommens zuwider, wie Álvarez González (aaO S. 343 a.E.) überzeugend darlegt: Wenn eine Entscheidung eines spanischen Richters vorliege, die die Rückgabe verweigere, sei eine Sachentscheidung über das Sorgerecht absolut unbedenklich, nicht aber im umgekehrten Fall, wenn nämlich der Richter, wie im vorliegenden Fall, die Rückgabe des Kindes angeordnet habe (jedenfalls nicht vor der tatsächlichen Rückkehr des Kindes).

3. a) Es mag viel dafür sprechen, daß ein Sorgerechtsverfahren im Zufluchtstaat nach einer rechtskräftigen Rückgabeanordnung wieder zulässig wird, wenn deren Vollzug endgültig abgelehnt wird und damit feststeht, daß das Ziel des Übereinkommens - die rasche Wiederherstellung der ursprünglichen tatsächlichen Verhältnisse in einem entformalisierten Schnellverfahren - nicht mehr erreicht werden kann (vgl. Oberster Gerichtshof Wien, Entscheidung vom 31. März 1998 - 4 Ob 88/98 - SZ - Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen - Band 71, 354 = ÖJZ - Österreichische Juristen-Zeitung - 1998, 667). Auch erscheint es erwägenswert, ein Sorgerechtsverfahren wieder zuzulassen, wenn der durch die Rückgabeanordnung begünstigte Elternteil die Vollstreckung daraus nicht dem Charakter eines Eilverfahrens entsprechend betreibt (vgl. Bach/Gildenast aaO Rdn. 33) bzw. die Anordnung nicht binnen angemessener Frist vollzogen wird, obwohl sie unter Bedingungen hätte vollstreckt werden können, die allen Beteiligten und insbesondere dem Antragsteller zumutbar waren (vgl. Staudinger/Pirrung aaO Rdn. 694 a.E.).

b) Bei der Auslegung des Art. 16 HKÜ ist aber zu berücksichtigen, daß die Vertragsstaaten sich in Art. 2 und 7 HKÜ verpflichtet haben, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um in ihrem Hoheitsgebiet die Ziele des Übereinkommens zu verwirklichen (vgl. Jorzik, Das neue zivilrechtliche Kindesentführungsrecht, S. 165). Infolgedessen wird zum Beispiel angenommen, daß Art. 16 HKÜ über seinen Wortlaut hinaus nicht nur eine Entscheidung über das Sorgerecht untersagt, sondern auch dazu verpflichtet, bereits anhängige Sorgerechtsverfahren nicht weiterzubetreiben, sondern auszusetzen (vgl. Staudinger aaO S. 196 a.E.; Art. 15 des niederländischen Ausführungsgesetzes aaO; Rule 6.11 Abs. 4 der englischen Family Proceedings Rules 1991, SI - Statutory Instrument - 1991 N°1247, abgedruckt in Lyon/Lyon, Butterworths Family Law Handbook [1991] S. 980, 1052). Der High Court of Justice (Entscheidung vom 12. April 1995 R. v. R., [1995] 3 WLR - Weekly Law Reports - 425 = Law Reports 1995, Family Division, S. 209, 221) hält das Gericht, das in einem Sorgerechtsverfahren auf welche Weise auch immer von der Widerrechtlichkeit des Verbringens oder Zurückhaltens eines Kindes im Sinne des Art. 3 HKÜ erfährt und Anhaltspunkte dafür hat, daß der andere Elternteil einen noch innerhalb der Jahresfrist des Art. 12 Abs. 1 HKÜ möglichen Rückgabeantrag nach dem Abkommen bislang aus Unkenntnis nicht gestellt hat, sogar für verpflichtet, seine Entscheidung zurückzustellen und zunächst dafür Sorge zu tragen, daß der andere Elternteil über seine Rechte nach dem Übereinkommen belehrt wird.

c) Für die hier vertretene Auslegung des Art. 16 HKÜ spricht auch die Erwägung, daß der Entführer nicht in die Lage versetzt werden soll, durch willkürliche Verzögerung des Verfahrens, beispielsweise durch Herbeiführung umfangreicher Beweisaufnahmen, durch Rechtsmittel gegen eine zunächst angeordnete Rückführung oder durch Verbringen des Kindes an einen unbekannten Ort, die Unzulässigkeit der Rückführung des Kindes herbeizuführen (vgl. Gülicher, Internationale Kindesentführungen [1992] S. 106 f.; Hüsstege, Der Uniform Child Custody Jurisdiction Act, S. 215; Jorzik aaO S. 38). Desgleichen soll auch eine - entgegen Art. 11 HKÜ - verzögerte Bearbeitung des Antrags durch die Gerichte ohne Einfluß auf die Zulässigkeit des Rückgabeantrags bleiben.

Unter den Zielen des Abkommens steht nämlich die Wiederherstellung des status quo durch sofortige Rückgabe des entführten Kindes an erster Stelle. Der Entführer soll davon abgebracht werden, im Zufluchtstaat eine ihm günstige Sorgerechtsentscheidung anzustreben, um die von ihm geschaffene tatsächliche Situation zu einer gesetzlichen zu machen. Das Übereinkommen zielt deshalb darauf ab, seinen Handlungen jegliche praktische und rechtliche Wirkung zu nehmen (vgl. Pérez-Vera aaO S. 41).

Diese Zielsetzung ist auch nach Rechtskraft einer die Rückgabe des Kindes anordnenden Entscheidung zu beachten. Denn auch nach diesem Zeitpunkt wird der Entführer, der sich der Rückgabe widersetzt, bestrebt bleiben, eine ihm günstige Sorgerechtsentscheidung im Zufluchtstaat zu erwirken.

4. Angesichts dieser Erwägungen ist Art. 16 HKÜ dahin auszulegen, daß eine Sachentscheidung über das Sorgerecht im Zufluchtstaat auch nach einer rechtskräftigen Rückgabeanordnung weiterhin jedenfalls so lange unzulässig bleibt, wie der Antragsteller - wie hier - deren nach wie vor möglichen Vollzug nachdrücklich betreibt und der Umstand, daß die Rückgabe bislang noch nicht erfolgt ist, im wesentlichen auf verzögerte Bearbeitung durch die Vollstreckungsorgane oder auf Versuche des entführenden Elternteils, die Vollstreckung zu vereiteln, zurückzuführen ist.

Ende der Entscheidung

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