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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.03.2002
Aktenzeichen: XII ZB 231/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 234 Abs. 1
ZPO § 85 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 231/01

vom

20. März 2002

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. März 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des 1. Familiensenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 18. Oktober 2001 aufgehoben.

Dem Kläger wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Doberan vom 24. November 2000 und der Frist nach § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Beschwerdewert: 2.987 €.

Gründe:

I.

Am 11. Januar 2001 beantragte der Kläger durch seinen erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, ihm unter Beiordnung von Rechtsanwalt G. Prozeßkostenhilfe für eine durchzuführende Berufung gegen das ihm am 11. Dezember 2000 zugestellte klageabweisende Urteil des Familiengerichts zu gewähren. Mit Beschluß vom 21. Mai 2001 bewilligte ihm das Berufungsgericht Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung eines von ihm noch zu benennenden, beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalts. Die Entscheidung wurde dem Kläger zu Händen seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten am 25. Mai 2001 zugestellt.

Am 14. August 2001 legte der Kläger durch einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt Berufung ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist sowie wegen der Versäumung der Zweiwochenfrist für den Wiedereinsetzungsantrag. Er machte geltend, die Kanzleiangestellte seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten habe den Fristablauf mit einer Vorfrist von drei Tagen versehentlich zwei Monate später eingetragen.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen und seinen Antrag, ihm gegen die Versäumung der Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, es komme nicht darauf an, ob dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten durch ein Verschulden seiner im übrigen zuverlässigen Mitarbeiterin die Akten erst nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist vorgelegt worden seien. Entscheidend sei vielmehr, daß der beim Oberlandesgericht nicht postulationsfähige erstinstanzliche Rechtsanwalt es versäumt habe, den Kläger nach Erhalt des Bewilligungsbescheides des Oberlandesgerichts vom 21. Mai 2001 aufzufordern, einen bei diesem Gericht zugelassenen Anwalt mit der Stellung des Wiedereinsetzungsantrages und der Einlegung der Berufung zu beauftragen, bzw. daß der Kläger selbst trotz des Hinweises des Oberlandesgerichts in dem genannten Beschluß, daß sein erstinstanzlicher Rechtsanwalt in der Berufungsinstanz nicht postulationsfähig sei, es versäumt habe, rechtzeitig einen postulationsfähigen Anwalt zu beauftragen. Daß hinsichtlich dieser Säumnis kein Verschulden vorliege, habe weder der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte noch der Kläger selbst vorgetragen und glaubhaft gemacht.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.

II.

Die sofortige Beschwerde hat Erfolg. Dem Kläger ist die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und der Frist zur Anbringung des Wiedereinsetzungsgesuches zu gewähren.

Ein schuldhaftes Verhalten des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO anrechnen lassen müßte, liegt nicht vor. Der Kläger hat glaubhaft gemacht, daß die Fristversäumnis auf ein Verschulden der Kanzleiangestellten seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zurückzuführen ist. Zwar hat der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte nicht sofort nach Zustellung des Prozeßkostenhilfebewilligungsbeschlusses einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt beauftragt, Berufung einzulegen und Wiedereinsetzung zu beantragen, sondern seine Kanzleiangestellte angewiesen, den Ablauf der Zweiwochenfrist mit einer Vorfrist von drei Tagen zu notieren. Darin liegt aber kein Pflichtenverstoß. Hätte die Kanzleiangestellte die Frist richtig eingetragen, wäre die Akte, wie geplant, drei Tage vor Fristablauf vorgelegt worden. Der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte hätte ausreichend Zeit gehabt, einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt mit der Einlegung der Berufung und der Stellung des Wiedereinsetzungsantrages zu beauftragen. Unter Berücksichtigung heutiger Kommunikationstechnologie hätte dies keine Schwierigkeiten bereitet. Zwar hat der Kläger in seinem Wiedereinsetzungsgesuch nicht ausdrücklich erklärt, daß sein erstinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter so gehandelt hätte. Dies war auch nicht erforderlich. Der Kläger hat in seinem Wiedereinsetzungsgesuch dargelegt, worauf die Versäumnis zurückzuführen war, nämlich auf ein Versehen der Kanzleiangestellten seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten. Daß dieser, wäre ihm die Akte rechtzeitig vorgelegt worden, einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt rechtzeitig beauftragt hätte, mußte im Wiedereinsetzungsgesuch nicht ausdrücklich erklärt werden, weil es den Umständen nach nahelag.

Ende der Entscheidung

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