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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 20.07.2005
Aktenzeichen: XII ZB 289/03
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 5
BGB § 1587 b
VAHRG § 1 Abs. 2
VAHRG § 1 Abs. 3
VAHRG § 2
VAHRG § 3 b
a) Vor Ehezeitende bereits gezahlte private Berufsunfähigkeitsversicherungen sind in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, gegebenenfalls nach Dynamisierung, einzubeziehen (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 7. Oktober 1992 - XII ZB 132/90 - FamRZ 1993, 299 ff.).

b) Stehen beim Versorgungsausgleich verschiedenen Anrechten des Ausgleichspflichtigen, die nach § 1 Abs. 2, Abs. 3 oder §§ 2, 3 b VAHRG auszugleichen sind, entsprechende Anrechte des Ausgleichsberechtigten gegenüber, so sind die auszugleichenden Beträge grundsätzlich nach der sog. Quotierungsmethode zu ermitteln (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 13. Dezember 2000 - XII ZB 52/97 - FamRZ 2000, 477).


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 289/03

vom 20. Juli 2005

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und Dose

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des 4. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 25. November 2003 dahin abgeändert, daß der Ausgleichsbetrag

in Ziff. I 3. Absatz nicht 341,02 €, sondern 357,10 €,

in Ziff. I 4. Absatz nicht 80,49 €, sondern 138,26 €, und

in Ziff. I 5. Absatz nicht 3,60 €, sondern 3,78 €

beträgt.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 500 €

Gründe:

I.

Die Parteien haben am 18. August 1977 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 14. Oktober 1939) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 28. September 1935) am 22. August 2002 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin gehend geregelt, daß es zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Bayerischen Ärzteversorgung (BayÄV; weitere Beteiligte zu 1) im Wege der Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG für die Antragsgegnerin bei der BayÄV Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 264,67 €, bezogen auf den 31. Juli 2002, begründet hat. Darüber hinaus hat es zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Bayerischen Versorgungskammer - Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden (ZVK; weitere Beteiligte zu 2) im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 3) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 146,41 €, bezogen auf den 31. Juli 2002, begründet. Auf die dagegen gerichteten Beschwerden des Antragstellers, der Antragsgegnerin und der ZVK hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahin abgeändert, daß der Ausgleichsbetrag im Wege der Realteilung 341,02 € und im Wege des analogen Quasisplittings 80,49 € beträgt. Zusätzlich hat es im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der ZVK auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 3,60 € begründet.

Beide Parteien bezogen zum Ende der Ehezeit bereits Versorgungen. Das Oberlandesgericht ist nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 von ehezeitlichen (1. August 1977 bis 31. Juli 2002; § 1587 Abs. 2 BGB) Versorgungen des Antragstellers bei der BayÄV in Höhe von 2.442,46 € einerseits und der Antragsgegnerin bei der BayÄV in Höhe von 1.913,13 € und bei der BfA in Höhe von 1,91 € andererseits, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. Juli 2002, ausgegangen. Die Versorgungen der Parteien bei der ZVK hat das Oberlandesgericht als jedenfalls im Leistungsstadium nicht volldynamisch beurteilt und nach entsprechender Dynamisierung an Hand der Barwert-Verordnung in Höhe von monatlich 576,48 € für den Antragsteller und in Höhe von monatlich 279,51 € für die Antragsgegnerin dem Versorgungsausgleich zugrunde gelegt. Schließlich hat das Oberlandesgericht die beiden Berufsunfähigkeitsrenten, die der Antragsteller zum Ehezeitende von der Hamburg-Mannheimer Lebensversicherung bezog, nach entsprechender Dynamisierung an Hand der Barwert-Verordnung mit monatlich 19 € bzw. 6,82 € in den Versorgungsausgleich mit einbezogen.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, die die Versorgungen, die die Parteien von der ZVK bereits beziehen, als volldynamisch bewertet wissen will. Der Antragsteller und die ZVK beantragen, die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen. Die BayÄV und die BfA haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs i.V. mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, die Versorgungen der Parteien bei der ZVK seien nicht als volldynamisch zu bewerten, da ihre jährliche 1%ige Dynamisierung den Anforderungen an eine Volldynamik nicht genüge. Dagegen seien die Berufsunfähigkeitsrenten, die der Antragsteller zum Ehezeitende bereits bezogen habe, in voller Höhe in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Eine Aufteilung nach vorehelichen und ehelichen Beiträgen komme nicht in Betracht. Da beide Renten bis zum 1. Dezember 2004 begrenzt seien, und der Gesamtbetrag der vom Ende der Ehezeit bis zum 1. Dezember 2004 noch zu erwartenden Leistungen jeweils niedriger ausfalle als der gemäß Tabelle 7 der Barwert-Verordnung errechnete Barwert, sei jeweils dieser niedrigere Gesamtbetrag an Hand der Barwert-Verordnung zu dynamisieren und dem Versorgungsausgleich zugrunde zu legen. Im übrigen gebe es unter den Ausgleichsformen nach § 1 Abs. 2, Abs. 3 VAHRG keine Rangfolge. Insoweit sei die Quotierungsmethode heranzuziehen. Dies gelte auch für realteilungsfähige Anrechte, soweit beide Parteien solche erworben haben. Danach seien Ausgleichsansprüche nach §§ 1, 2 VAHRG anteilsmäßig auf auszugleichende Anrechte des Verpflichteten zu verteilen. Bei einem dann noch verbleibenden schuldrechtlichen Ausgleichsbetrag nach § 2 VAHRG sei § 3 b VAHRG anzuwenden. Bei der Durchführung des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bestehe ein Auswahlermessen, welches Anrecht zum erweiterten Splitting herangezogen werde. Bei der Ausübung dieses Ermessens seien die Interessen der Ehegatten zu beachten. Vorliegend würde der verbleibende Restbetrag zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der ZVK ausgeglichen.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.

2. a) Zu Recht hat das Oberlandesgericht die beiden (bis zum 1. Dezember 2004 befristeten) Renten aus privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen, die wegen Eintritts des Versicherungsfalles vor Ehezeitende zu diesem Zeitpunkt an den Antragsteller bereits laufend gezahlt wurden, in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Oktober 1992 - XII ZB 132/90 - FamRZ 1993, 299, 301 f.; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 a Rdn. 230, jeweils m.w.N.). Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Dynamisierung, die von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen wird, läßt Rechtsfehler zum Nachteil der Antragsgegnerin auch nicht erkennen.

b) Zutreffend geht das Oberlandesgericht auch davon aus, daß bei verschiedenen Anrechten des Ausgleichspflichtigen, die nach § 1 Abs. 2, Abs. 3 oder § 2 VAHRG auszugleichen sind, grundsätzlich die Quotierungsmethode Anwendung findet, wenn diesen entsprechende Anrechte des Ausgleichsberechtigten gegenüber stehen (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 13. Dezember 2000 - XII ZB 52/97 - FamRZ 2001, 477, 478 m.w.N.). Soweit zum erweiterten Splitting danach die Anrechte des Antragstellers bei der ZVK herangezogen werden, läßt diese Ermessensausübung Rechtsfehler zum Nachteil der Antragsgegnerin nicht erkennen. Die Rechtsbeschwerde greift dies auch nicht an.

c) Indessen hat der Senat zwischenzeitlich entschieden, daß Anrechte bei der Bayerischen Versorgungskammer - Zusatzversorgung der Bayerischen Gemeinden nach deren Satzungsänderung zum 1. Januar 2002 im Anwartschaftsstadium als statisch, im Leistungsstadium jedoch als volldynamisch zu bewerten sind (Senatsbeschluß vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - FamRZ 2004, 1706).

Danach kann die angefochtene Entscheidung nicht bestehen bleiben. Die Versorgungen, die beide Parteien von der ZVK bereits beziehen, sind daher mit den jeweiligen Ehezeitanteilen ungekürzt in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Nach den Auskünften der ZVK beläuft sich der Ehezeitanteil für den Antragsteller auf 945,67 € und für die Antragsgegnerin auf 500,63 €, jeweils monatlich und bezogen auf das Ehezeitende.

3. Der Senat kann auf Grundlage der vorgelegten Auskünfte selbst entscheiden: Den Anrechten des Antragstellers in Höhe von 2.442,46 € + 945,67 € + 19 € + 6,82 € = 3.413,95 € stehen Anrechte der Antragsgegnerin in Höhe von 1.913,13 € + 500,63 € + 1,91 € = 2.415, 67 € gegenüber, so daß sich ein Ausgleichsbetrag von 499,14 € errechnet. Davon entfallen nach der Quotierungsmethode auf die Realteilung 357,10 €, auf das analoge Quasisplitting 138,26 € und auf das erweiterte Splitting 3,78 €.

Ende der Entscheidung

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