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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.09.2002
Aktenzeichen: XII ZR 192/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 771
ZPO § 570 Abs. 2
ZPO § 775 Abs. 1
ZPO § 769 Abs. 1
ZPO § 771 Abs. 3
ZPO § 719 Abs. 2 Satz 1
BGB § 804 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZR 192/02

vom

19. September 2002

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. September 2002 durch die Richter Gerber, Sprick, Weber-Monecke, Fuchs und Dr. Ahlt

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten, die Wirkungen der vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Berufungsurteils (hilfsweise: bis zur Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung) auf die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung zu begrenzen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die getrennt lebenden Parteien sind zu je 1/2 Miteigentümer eines Dreifamilienhauses, hinsichtlich dessen sie die Auseinandersetzung durch notariellen Ehevertrag auf Dauer mit der Maßgabe ausgeschlossen haben, daß derjenige von ihnen, der die Auseinandersetzung begehrt, verpflichtet sein soll, seinen Miteigentumsanteil auf die drei Kinder zu übertragen. Am 23. November 2000 beantragte die Beklagte die Teilungsversteigerung. Die Übertragung ihres Miteigentumsanteils scheiterte bislang an der fehlenden familiengerichtlichen Zustimmung für die zwei damals noch minderjährigen Kinder, von denen eines inzwischen volljährig ist.

Der Kläger beantragte in erster Instanz erfolglos, die Teilungsversteigerung für unzulässig zu erklären. Auf seine Berufung gab das Berufungsgericht der Klage statt. Gegen dieses vorläufig vollstreckbare Urteil hat die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und beantragt nunmehr, die Wirkungen der vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Berufungsurteils auf die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung zu begrenzen, hilfsweise, die zuvor bezeichneten Wirkungen bis zur Entscheidung über diesen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung anzuordnen.

Sie will damit erreichen, daß die am 7. Dezember 2000 angeordnete Teilungsversteigerung (im Anordnungsbeschluß irrtümlich als Zwangsversteigerung bezeichnet) ihren Rang vor dem Wohnrecht wahrt, dessen Eintragung zu seinen Gunsten der Kläger am 13. Mai 2002 aufgrund eines gewonnenen Parallelprozesses erwirkt hat.

II.

Der Antrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht in entsprechender Anwendung der §§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 1 ZPO zulässig. § 771 Abs. 3 ZPO sieht lediglich vor, daß das Gericht, das über die Klage nach § 771 ZPO zu befinden hat, die Zwangsvollstreckung einstellen kann, gegen die sich diese Klage richtet. Mit dem vorliegenden Antrag begehrt aber die Beklagte, die die Zwangsversteigerung betreibt, diese zumindest hinsichtlich ihrer Beschlagnahmewirkung aufrechtzuerhalten.

Der Antrag ist daher allenfalls in einen Einstellungsantrag nach § 719 Abs. 2 Satz 1 ZPO umzudeuten, der zulässig wäre, da der Bundesgerichtshof nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Revisionsgericht im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist (vgl. Zöller/Gummer, ZPO 23. Aufl. § 544 Rdn. 14). Er hat jedoch keinen Erfolg.

Es kann dahinstehen, ob der Antrag schon deshalb unbegründet ist, weil der vorliegende Rechtsstreit eine Familiensache ist (vgl. Zöller/Herget aaO § 771 Rdn. 8 und Zöller/Philippi aaO § 621 Rdn. 19) und in dem angefochtenen Berufungsurteil auch als solche bezeichnet wurde, so daß Bedenken bestehen, ob die Nichtzulassungsbeschwerde überhaupt statthaft ist (§ 26 Nr. 9 EGZPO). Ferner kann dahinstehen, ob die Nichtzulassungsbeschwerde im Falle ihrer Zulässigkeit begründet wäre und ob, wenn der Senat ihr stattgeben würde, die Revision der Beklagten Aussicht auf Erfolg hätte.

Dem Antrag nicht nämlich schon deshalb nicht stattzugeben, weil die Beklagte keinen ihr andernfalls drohenden erheblichen Nachteil dargelegt hat, der das Interesse des Klägers an der Vollstreckung überwiegt. Die begehrte Beschränkung der Wirkungen der vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils ist nämlich nicht geeignet, den (bereits eingetretenen) Rangverlust abzuwenden.

Die Klage, die Teilungsversteigerung für unzulässig zu erklären, folgt den Regeln des § 771 ZPO. Nach § 775 Abs. 1 ZPO ist die Zwangsvollstreckung (hier: die Teilungsversteigerung) einzustellen oder zu beschränken, wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, daß die Zwangsvollstreckung (hier: die Teilungsversteigerung) für unzulässig erklärt ist.

Folgerichtig hat das Vollstreckungsgericht mit Rücksicht auf das Urteil des Berufungsgerichts das mit Beschluß vom 7. Dezember 2000 angeordnete Versteigerungsverfahren mit Beschluß vom 25. Juli 2002 aufgehoben.

Das hat regelmäßig zur Folge, daß die Zwangsvollstreckungsmaßnahme unabhängig von der Rechtskraft dieses Beschlusses entfällt und auch nicht wieder auflebt, wenn dieser Aufhebungsbeschluß auf Rechtsmittel seinerseits aufgehoben wird; die Zwangsvollstreckung muß dann neu vollzogen werden mit der Folge, daß ein Rangverlust nach § 804 Abs. 3 BGB eintreten kann (vgl. Zöller/Stöber ZPO 23. Aufl. § 776 Rdn. 4; Musielak ZPO 2. Aufl. § 776 Rdn. 3).

Allerdings entfällt die Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht sofort, wenn das Vollstreckungsgericht zugleich nach § 570 Abs. 2 ZPO den Aufschub der Wirksamkeit der Aufhebung angeordnet hat, nämlich hier dergestalt, daß die Beschlagnahmewirkung erst mit dem Eintritt der Rechtskraft seines Beschlusses vom 25. Juli 2002 entfällt. Eine solche Anordnung durfte das Erstgericht auch schon vor Einlegung eines Rechtsmittels von Amts wegen treffen (vgl. Zöller/Gummer aaO § 570 Rdn. 4).

Die Zwangsvollstreckungsmaßnahme ist inzwischen aber endgültig entfallen, da der Beschluß vom 25. Juli 2002 rechtskräftig ist, nachdem das Landgericht die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde mit Beschluß vom 3. September 2002 zurückgewiesen hat. Damit ist die Beschlagnahmewirkung der ursprünglichen Anordnung der Teilungsversteigerung entfallen, ohne daß die begehrte Beschränkung der Wirkungen der vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Berufungsurteils daran noch etwas ändern und insbesondere ihren Vorrang vor dem inzwischen eingetragenen Wohnrecht wahren könnte.

Ende der Entscheidung

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