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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.03.2009
Aktenzeichen: XII ZR 198/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 4. März 2009

durch

die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne,

den Richter Prof. Dr. Wagenitz,

die Richterin Dr. Vézina sowie

die Richter Dose und Dr. Klinkhammer

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 26. November 2008 einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Beklagte ist vom Berufungsgericht aufgrund eines von ihm bei Besichtigung einer dem Kläger gehörenden Wohnung, die er zu geschäftlichen Zwecken anzumieten beabsichtigte, verursachten Wasserschadens zum Schadensersatz (Zahlung und Freistellung) verurteilt worden. Das Urteil des Berufungsgerichts ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO für vorläufig vollstreckbar erklärt worden. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Der Beklagte hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Er beantragt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Eine Zwangsvollstreckung würde ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, da zu befürchten sei, dass der Kläger die vom Beklagten gezahlten Beträge nicht zurückerstatten könne. Wie bei der Beweisaufnahme deutlich geworden sei, befinde sich der Kläger in wirtschaftlicher Bedrängnis.

II.

Der nach §§ 544 Abs. 5 Satz 2, 719 Abs. 2 ZPO zulässige Antrag ist in der Sache unbegründet.

1.

Der Antrag scheitert allerdings nicht schon daran, dass der Beklagte in zweiter Instanz keinen Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO gestellt hat, wie es grundsätzlich zu verlangen ist (Senatsbeschlüsse vom 6. Juni 2006 - XII ZR 80/06 - NZM 2006, 638 und vom 22. April 2004 - XII ZR 16/04 -GuT 2004, 129). Denn das Berufungsgericht hat zu Unrecht von der Anordnung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO abgesehen. § 713 ZPO ist nicht einschlägig, weil gegen das Berufungsurteil die Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet ist. Der Beklagte brauchte sich auf die rechtsirrige Anwendung von § 713 ZPO nicht einzustellen, so dass ihm das Unterlassen eines Schutzantrags nach § 712 ZPO nicht vorgeworfen werden kann (vgl. BGH Beschlüsse vom 24. März 2003 - IX ZR 243/02 - ZVI 2003, 279 und vom 30. Januar 2007 - X ZR 147/06 - NJW-RR 2007, 1138). Der Beklagte erstrebt in der Revisionsinstanz auch keinen weiteren Vollstreckungsschutz, als ihm bei ursprünglichem Ausspruch der Abwendungsbefugnis gemäß § 711 ZPO zugute gekommen wäre. Dass die Vollstreckbarkeitsentscheidung des Berufungsgerichts nach § 718 Abs. 2 ZPO für sich genommen nicht anfechtbar ist, steht einer Berücksichtigung des dem Berufungsgericht unterlaufenen Fehlers im Rahmen der Entscheidung nach § 719 Abs. 2 ZPO nicht entgegen.

2.

Der Antrag ist dennoch zurückzuweisen.

Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht kommt im Verfahren über die Revision oder die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (Senatsbeschluss vom 4. Juni 2008 - XII ZR 55/08 - MDR 2008, 885 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Gesichtspunkte ergeben keinen Zulassungsgrund im Sinne von § 543 ZPO.

a)

Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 2. Alt. ZPO) ist die Revision nicht zuzulassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist der Auffassung, das Berufungsgericht sei bei der Beurteilung der Frage, ob der Beklagte im Rahmen der Besichtigung befugt gewesen sei, den Hauptwasserhahn zu öffnen, von einem fehlerhaften Obersatz ausgegangen. Der Mietinteressent sei wie der Käufer und der Besteller einer Werkleistung berechtigt, die Mietsache auch insoweit im Vorfeld des Vertragsschlusses zu überprüfen. Dem dürfte in der Sache schon deswegen nicht zu folgen sein, weil die Überprüfung jedenfalls dann der konkreten Zustimmung des Vertragspartners bedarf, wenn Maschinen oder Anlagen in Gang gesetzt werden, ohne dass dies für die Besichtigung zwingend erforderlich wäre. Ob die Entscheidung in der Sache zutrifft, ist allerdings für die Zulassung der Revision nicht ausschlaggebend. Denn die Entscheidung des Berufungsgerichts ist schon deswegen maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls geprägt, weil der Beklagte die Wohnung in Abwesenheit des Klägers besichtigte. Auch ein hier unterstellter Rechtsanwendungsfehler des Berufungsgerichts ließe somit eine Wiederholung oder Nachahmung nicht befürchten (vgl. Musielak/Ball ZPO 6. Aufl. § 543 Rdn. 8 b m.w.N.).

b)

Auch hinsichtlich des weiteren vom Berufungsgericht erhobenen Verschuldensvorwurfs, dass der Beklagte es unterlassen habe, den Hauptwasserhahn wieder zu verschließen, ist die Revision nicht zuzulassen. Die insoweit erhobene Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) greift nicht durch. Auch wenn der vom Berufungsgericht angeführte Vergleichsfall das "Auffrieren" von Wasserleitungen in einem Einfamilienhaus betraf, während es im vorliegenden Fall um eine einzelne unbewohnte Wohnung und zudem um nicht in den Außenwänden liegende Wasserleitungen geht, folgt daraus noch nicht, dass das Berufungsgericht letzteres verfahrensfehlerhaft nicht in seine tatsächliche Würdigung einbezogen hat. Das Berufungsgericht ist von der allgemeinen Lebenserfahrung ausgegangen, dass Wasserrohre in Wohnungen bei längerem Leerstand im Winterhalbjahr "auffrieren" können. Daraus ergibt sich nicht, dass es davon ausging, die Leitungen hätten in den Außenwänden gelegen. Zudem ergibt sich aus den Feststellungen des vom Berufungsgericht in Bezug genommenen landgerichtlichen Urteils, dass im Januar 2006 in C. eine Witterungsperiode mit Dauerfrost und Tiefsttemperaturen von -8° C bis -14° C herrschte und erstmals am 6. Februar 2006, als der Schaden eintrat, wieder Tageshöchsttemperaturen von über 0° C zu verzeichnen waren. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen ist es nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht bei seiner Würdigung, welche nicht in allen Einzelheiten im Berufungsurteil wiedergegeben werden muss, verfahrensfehlerhaft von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen ist.

c)

Die Zulassung der Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) geboten. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde vermisste Prüfung der Frage, ob zwischen den Parteien stillschweigend eine Haftungsbegrenzung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vereinbart wurde, ergibt keine grundsätzliche Bedeutung. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Entscheidungen (BGH Urteile vom 10. Januar 1979 - VIII ZR 264/76 - NJW 1979, 643 und vom 18. Dezember 1979 - VI ZR 52/78 - NJW 1980, 1681) betreffen Probefahrten beim Kraftfahrzeugkauf und sind schon wegen der unterschiedlichen versicherungsrechtlichen Lage nicht mit der vorliegenden Fallgestaltung vergleichbar. Im Übrigen hat der Senat bereits entschieden, dass ein stillschweigender Haftungsausschluss sich erst daraus herleiten lässt, dass der Mieter sich vertraglich an den Kosten einer Gebäudeversicherung zu beteiligen hat (Senatsurteil vom 26. Januar 2000 - XII ZR 204/97 - NZM 2000, 688; vgl. auch BGHZ 131, 288 zur Wohnungsmiete). Aus der Voraussetzung der Kostenbeteiligung ergibt sich im Umkehrschluss, dass ohne eine Beteiligung des Mieters an den Kosten für einen stillschweigenden Haftungsausschluss keine Grundlage besteht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich hier um die Phase der Vertragsanbahnung handelt und die Kostenbeteiligung des Beklagten bei einem Zustandekommen des Mietvertrags möglicherweise vereinbart worden wäre. Denn im Vorfeld des Vertragsabschlusses besteht für einen Haftungsausschluss grundsätzlich noch keine Veranlassung, weil der Mietinteressent die Mietsache noch nicht in Gebrauch nimmt und die aus dem Gebrauch der Mietsache entstehenden Gefahren sich typischerweise noch nicht verwirklichen.

3.

Auf die weiteren Voraussetzungen einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 719 Abs. 2 ZPO kommt es demnach nicht an.

Ende der Entscheidung

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