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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 09.04.2008
Aktenzeichen: XII ZR 205/06
Rechtsgebiete: NutzEV, EGBGB


Vorschriften:

NutzEV § 3
EGBGB Art. 232 § 4 a
Nach § 3 NutzEV mögliche, aber zunächst versäumte Erhöhungen des Nutungsentgeltes können zu einem späteren Zeitpunkt in voller Höhe in einem Schritt für die Zukunft verlangt werden.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 205/06

Verkündet am: 9. April 2008

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Dezember 2006 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger verlangen Nutzungsentschädigung nach dem SchuldRAnpG.

Die Beklagte und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann schlossen am 1. August 1970 mit dem Rat der Gemeinde G. einen als Pachtvertrag bezeichneten Vertrag über die Nutzung des Grundstücks "Gelände für Naherholung Parzelle 2" für die Dauer von 25 Jahren zum jährlichen Pachtzins von 50 Mark. Im Jahre 1979 erwarb Jürgen S. das Grundstück Gemarkung G. Flur 3 Flurstück 24, zu dem die an die Beklagte und an ihren Ehemann verpachtete Parzelle gehört, zu Eigentum. Auf seine Klage stellte das Amtsgericht S. mit Urteil vom 22. Januar 1993 (1 C 529/91) die Unwirksamkeit des zwischen dem Rat der Gemeinde und der Beklagten und ihrem Ehemann geschlossenen Vertrages fest. Die daraufhin von Jürgen S. erhobene Räumungsklage hat das Amtsgericht S. am 9. November 1994 (9 C 541/94) mit der Begründung abgewiesen, den Beklagten komme Bestandsschutz nach dem Moratorium zu.

Am 9. Oktober 1997 veräußerte Jürgen S. das gesamte Grundstück Gemarkung G. Flur 3 Flurstück 24 an die Kläger und die Eheleute Bärbel und Werner H. zu je 1/4. Nachdem Frau H. 2001 den 1/4-Anteil ihres Ehemannes mit dessen Tod im Wege der Erbfolge erworben hatte, veräußerte sie mit notariellem Vertrag vom 4. August 2004 ihren jetzt hälftigen Miteigentumsanteil an die Klägerin zu 1. Dies wurde am 24. Mai 2005 im Grundbuch eingetragen.

Im Jahre 2003 wurden die Flurstücksbezeichnungen neu festgelegt. Aus der überlassenen Parzelle 2 wurde das Flurstück 55 mit einer Größe von 507 m².

Mit Schreiben vom 16. August 2000 erklärte der Kläger zu 2 im eigenen Namen und als Bevollmächtigter der Miteigentümer die Erhöhung des Nutzungsentgelts mit Wirkung vom 1. November 2000 auf 3.735,42 DM (6,68 DM/m²) pro Jahr. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2001 folgte eine weitere Erhöhung ab 1. März 2002 auf 4.233,48 DM (7,75 DM/m²) pro Jahr. In einem weiteren Erhöhungsschreiben vom 26. Oktober 2004 wurde unter Zugrundelegung der neu vermessenen Bodenfläche von 507 m² ein Nutzungsentgelt von 2.310,22 € pro Jahr, beginnend mit dem 1. Januar 2005, verlangt. Die Vollmacht für dieses Erhöhungsverlangen war lediglich von der Klägerin zu 1 unterzeichnet, was die Beklagte gerügt hat.

Die Beklagte hat allen Erhöhungsverlangen widersprochen. Sie hat in den Folgejahren ab 2000 unter Zugrundelegung einer Fläche von 300 m² jeweils geringere Nutzungsentschädigung gezahlt, als von den Klägern verlangt.

Die Kläger haben zunächst für die Zeit vom 1. November 2000 bis 31. Dezember 2005 rückständiges Nutzungsentgelt in Höhe von 9.098,84 € begehrt und mit Schriftsatz vom 3. November 2005 die Klage auf 3.336,66 € reduziert. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung haben die Kläger weiterhin 3.336,66 € Nutzungsentgelt, hilfsweise im Wege der Klageerweiterung Räumung und Herausgabe des Grundstücks sowie Zahlung von 15.744,28 € nebst 3.586,20 € Zinsen (Schadensersatz und Bereicherung) geltend gemacht. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wenden sich die Kläger mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht.

1. Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, ausgeführt: Der Nutzungsvertrag zwischen der Beklagten und ihrem verstorbenen Ehemann als Nutzer und dem Rat der Gemeinde auf Überlasserseite sei nicht unwirksam. Die materielle Rechtskraft des Urteils vom 22. Januar 1993 - 1 C 529/91 -, mit dem das Kreisgericht S. die Unwirksamkeit des Pachtvertrages festgestellt habe, binde die Kammer nicht. Zum einen sei es falsch, weil es die Unwirksamkeit des Pachtvertrages auf die fehlende Genehmigung nach § 1 Abs. 3 der Grundstücksverkehrsordnung stütze, obwohl dieses Genehmigungserfordernis durch Gesetz vom 28. Juni 1990 entfallen und folglich der schwebend unwirksame Vertrag wirksam geworden sei. Zum anderen seien diejenigen Nutzer geschützt worden, die einen Nutzungsvertrag nicht mit dem Eigentümer, sondern mit einem Dritten, einer LPG oder mit staatlichen Stellen abgeschlossen hätten. In der ehemaligen DDR habe es zahlreiche Fallgestaltungen gegeben, in denen staatliche Stellen Nutzern Grundstücke ohne Mitwirkung von Eigentümern zur Verfügung gestellt hätten, ohne dass für ihr Handeln eine ausreichende Rechtsgrundlage erkennbar gewesen sei. Teilweise habe sich in vielen Gemeinden eine Praxis "wilder Verwaltungen" entwickelt, nach der nicht genutzte Grundstücke ohne oder ohne ausreichende Rechtsgrundlage Bürgern zur Nutzung überlassen worden seien. Mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes hätten die Eigentümer in diese Nutzungsverhältnisse eintreten sollen. Das Fehlen oder die Überschreitung einer Rechtsgrundlage zur Grundstücksüberlassung sei in diesen Fällen nur beachtlich, wenn der Nutzer den Mangel gekannt habe. Vor Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes habe bereits Art. 232 § 4 a EGBGB (sog. Vertragsmoratorium) den Nutzer geschützt. Dieses habe Wirksamkeitshindernisse ausdrücklich für unerheblich erklärt, wenn der Vertrag von einer hierzu nicht ermächtigten Stelle geschlossen worden sei.

Die Erhöhungsverlangen der Kläger seien aber aus formellen Gründen unwirksam. Die Erhöhungserklärungen vom 16. August 2000 und 13. Dezember 2001 seien unwirksam, weil sie nicht den nach den §§ 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 NutzEV erforderlichen formellen Anforderungen an Erhöhungserklärungen entsprächen. Notwendiger Mindestinhalt sei nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NutzEV die genaue Bezeichnung von Grundstück und Vertrag sowie des Betrages des erhöhten Nutzungsentgelts und dessen kalendermäßige Fälligkeit. Der Nutzer müsse der Erklärung entnehmen können, welchen Betrag er von wann ab nach der Nutzungsentgeltverordnung für die vertragliche Nutzung welchen Grundstückes zahlen solle. Darüber hinaus müsse der Nutzer aus der Erklärung erkennen können, welchen oder welche Erhöhungsschritte im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 NutzEV der Grundstückseigentümer vollziehen wolle. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 NutzEV in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24. Juli 1997 habe der Grundstückseigentümer sein Erhöhungsverlangen schriftlich zu erklären. Es müsse stets dargelegt werden, dass mit dem Erhöhungsverlangen die ortsüblichen Entgelte nicht überschritten würden (Satz 1). Diese Regelung solle der Vermeidung unbegründeter Erhöhungsverlangen dienen, indem der Grundstückseigentümer gezwungen werde, sich vor weiteren Erhöhungsschritten ein Bild von der Höhe des ortsüblichen Entgelts zu verschaffen. Die zum 2. Oktober 1990 vereinbarten Nutzungsentgelte sollten schrittweise an die auf dem freien Grundstücksmarkt üblichen Entgelte herangeführt werden.

Lege der Grundstückseigentümer seiner Erhöhungserklärung unrichtige Mietwerte zugrunde, z.B. in Form falscher Ausgangswerte oder unrichtiger angeblicher ortsüblicher Miete, müsse der Nutzer solche Unrichtigkeiten aus der Erklärung zumindest erkennen können. Die Erhöhungserklärung müsse deshalb auch eine für den Nutzer nachvollziehbare Berechnung unter Angabe des ortsüblichen Entgelts als zu beachtende Obergrenze enthalten. Diesen Anforderungen genügten die genannten Erhöhungserklärungen vom 16. August 2000 und 13. Dezember 2001 nicht. Für beide Erklärungen sei bereits fraglich, ob sie von den Klägern aufrechterhalten worden seien. Mit ihrem Schriftsatz vom 3. November 2005 hätten die Kläger nämlich ihren Zahlungsanspruch reduziert. Dies könne nur so verstanden werden, dass sie an ihrem ursprünglichen Erhöhungsverlangen nicht mehr festhielten. Dazu seien sie ohne Zustimmung der Nutzer befugt. Ihr neues Erhöhungsverlangen hätten die Kläger unter Beachtung der Erhöhungsschritte des § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 NutzEV auf 3 DM/m² reduziert, ohne jedoch das in § 6 Abs. 1 NutzEV zwingend vorgeschriebene Erläuterungs- und Begründungsgebot beachtet und Ausführungen zum ortsüblichen Entgelt gemacht zu haben. Deshalb seien die Erhöhungsverlangen auch in der reduzierten Form unwirksam und könnten keine Rechtsfolge im Sinne des § 6 Abs. 2 NutzEV auslösen. Die Unwirksamkeit ergebe sich zudem daraus, dass weder das Schuldrechtsanpassungsgesetz noch die nach § 20 Abs. 1 Satz 2 SchuldRAnpG maßgebliche Entgeltverordnung eine rückwirkende Erhöhung des Entgelts vorsehe.

Selbst wenn man der Auffassung sei, dass die Kläger ihre Erhöhungsverlangen vom 16. August 2000 und 13. Dezember 2001 zumindest hilfsweise aufrechterhalten hätten, seien diese infolge der Nichtbeachtung der formellen und materiellen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 NutzEV in Verbindung mit § 3 Abs. 1 NutzEV unwirksam, da für die Beklagte als Nutzerin die genannten Erfordernisse nicht ausreichend erläutert und bekanntgegeben worden seien. Dies gelte nicht nur für die Fehlerhaftigkeit des Ausgangswertes des zum 2. Oktober 1990 zulässigen Entgelts, sondern auch für den Umstand, dass die Kläger als Rechtsnachfolger in den bestehenden Nutzungsvertrag eingetreten und folglich an vollzogene Nutzungsentgelterhöhungen durch Voreigentümer gebunden seien und es darüber hinaus unzulässig sei, versäumte Erhöhungen in einem Schritt nachzuholen.

Die Erhöhungserklärung vom 26. Oktober 2004 sei bereits deshalb formell unwirksam, da sie nicht von allen Grundstückseigentümern erklärt worden sei. Mehrere Grundstückseigentümer könnten die Erhöhungserklärung nur gemeinsam abgeben. Zum Zeitpunkt dieser Erhöhungserklärung sei noch Frau H. Miteigentümerin des Grundstücks gewesen. Zwar habe sie ihren Anteil an die Klägerin veräußert. Die Eigentumsüberschreibung sei aber erst am 24. Mai 2005 erfolgt. Eine Ermächtigung zur Entgelterhöhung liege nicht vor. Die Vollmacht sei von Frau H. nicht unterzeichnet. Der Bevollmächtigte der Beklagten habe deshalb die Erklärung mit Schriftsatz vom 20. November 2004 (richtig: 22. November 2004) zurückgewiesen. Gehe man davon aus, dass die Kläger ihr Erhöhungsverlangen im Schriftsatz vom 3. November 2005 erneut geltend gemacht hätten, sei festzustellen, dass ihr neues Erhöhungsverlangen unter Beachtung der Erhöhungsschritte des § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 NutzEV erfolgt aber dennoch unwirksam sei, da das in § 6 Abs. 1 NutzEV zwingend vorgesehene Erläuterungs- und Begründungsgebot nicht beachtet sei. Die Unwirksamkeit ergebe sich zudem daraus, dass weder das SchuldRAnpG noch die nach § 20 Abs. 1 Satz 2 SchuldRAnpG maßgebliche NutzEV eine rückwirkende Erhöhung des Entgelts vorsehe.

Die Hilfsanträge seien zulässig, in der Sache aber unbegründet. Den Klägern stehe weder ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB noch ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß §§ 987 f. BGB zu. Die Beklagte sei nämlich aus dem Nutzungsvertrag vom 1. August 1970, in den die Kläger eingetreten seien, zum Besitz berechtigt (§ 986 BGB). Das Urteil vom 22. Januar 1993, mit dem das Kreisgericht S. die Unwirksamkeit des Pachtvertrages vom 1. August 1970 zwischen der Gemeinde G. und der Beklagten sowie ihrem verstorbenen Ehemann festgestellt habe, binde die Kammer nicht. Wenn die in einem Vorprozess entschiedene Rechtsfrage Vorfrage eines nachfolgenden Rechtsstreits sei, so führe die Rechtskraftwirkung des Vorprozesses zwar grundsätzlich zu einer Bindung im Folgeverfahren. Eine Einschränkung sei aber anerkannt, wenn die präjudizielle Vorentscheidung aufgrund eines Rechtsanwendungsfehlers unrichtig sei oder sich die Gesetzes- und Rechtslage nach Erlass der Entscheidung geändert habe, so dass die gerichtliche Entscheidung nicht mehr mit der wahren Gesetzes- oder Rechtslage übereinstimme. So sei es hier. Die gerichtliche Entscheidung des Kreisgerichts S. erweise sich mit dem zum Schluss der mündlichen Verhandlung geltenden Recht als unvereinbar, soweit die Unwirksamkeit des Pachtvertrages und damit der Tenor der gerichtlichen Entscheidung auf die fehlende Genehmigung nach § 1 Abs. 3 der Grundstücksverkehrsordnung gestützt werde, obwohl dieses Genehmigungserfordernis durch Gesetz vom 28. Juni 1990 (GBl. I Nr. 39 S. 524) entfallen und folglich der schwebend unwirksame Vertrag wirksam geworden sei. Darüber hinaus habe die Beklagte nach dem 2. Oktober 1990 bis zum Inkrafttreten des SchuldRAnpG am 1. Juli 1995 (richtig: 1. Januar 1995) aufgrund des Vertragsmoratoriums (Art. 232 § 4 Abs. 3 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 232 § 4 Abs. 2 EGBGB a.F.) ein Recht zum Besitz gehabt, da die Vorschrift des Art. 232 § 4 a EGBGB (jetzt § 8 SchuldRAnpG) gemäß Art. 232 § 4 Abs. 4 EGBGB für die vor dem 1. Januar 1976 geschlossenen Verträge, durch die land- und forstwirtschaftlich nicht genutzte Bodenflächen Bürgern zur Erholung und Freizeitgestaltung bzw. zum Zwecke der nicht gewerblichen kleingärtnerischen Nutzung überlassen worden seien, zur Anwendung komme. Art. 232 § 4 a Abs. 2 und 3 EGBGB a.F., als Vorläufer des § 8 SchuldRAnpG, habe den gesetzlichen Bestandsschutz der am 2. Oktober 1990 existenten Nutzungsverträge unabhängig davon angeordnet, ob diese Verträge unmittelbar mit den Eigentümern geschlossen worden seien. Geschützt seien auch diejenigen Nutzer, die einen Nutzungsvertrag nicht unmittelbar mit dem Grundstückseigentümer, sondern mit einem Dritten, einer LPG oder mit staatlichen Stellen abgeschlossen hätten. Der Nutzer habe so gestellt werden sollen, wie er bei gesetzeskonformem Vorgehen der Behörden der DDR gestanden hätte. Seine schuldrechtliche Rechtsposition habe gesichert werden sollen. Diesem Anliegen sei der Gesetzgeber ab dem 1. Juni 1995 (richtig: 1. Januar 1995) mit dem SchuldRAnpG nachgekommen.

2. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung nur zum Teil stand.

a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das Berufungsgericht hätte, weil aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts S. vom 31. Januar 1993 die Unwirksamkeit des Nutzungsvertrages feststehe, den Hauptantrag abweisen, aber dem Hilfsantrag stattgeben müssen. Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht nämlich davon ausgegangen, dass der Beklagten ein Recht zum Besitz (§ 986 BGB) zustehe und deshalb die Hilfsanträge keinen Erfolg haben könnten. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht gesehen, dass eine Bindung an das Feststellungsurteil grundsätzlich in Betracht kam, weil dort über diese als Vorfrage rechtskräftig entschieden worden ist. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht aber angenommen, dass ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB und ein Entschädigungsanspruch nach § 987 BGB deshalb ausscheiden, weil der Gesetzgeber nach Erlass des Feststellungsurteils (zu den zeitlichen Grenzen der Rechtskraft vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. vor § 322 Rdn. 53) der Beklagten ein Recht zum Besitz eingeräumt habe. Mit dem Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 25. Dezember 1993 - somit nach Erlass des Feststellungsurteils - wurden durch Art. 232 § 4 Abs. 4 EGBGB auch vor dem 1. Januar 1976 - Datum des Inkrafttretens des ZGB - geschlossene Nutzungsverträge den §§ 312 bis 315 ZGB unterworfen, und mit Art. 232 § 4 a EGBGB wurde das sogenannte Vertragsmoratorium geschaffen, wonach die alten Verträge bis 31. Dezember 1994 nur noch aus Gründen des § 554 BGB a.F. beendet werden konnten. Demjenigen, der mit einer staatlichen Stelle der DDR einen Nutzungsvertrag im Vertrauen auf dessen Gültigkeit geschlossen hatte, sollte Vertrauensschutz dahin zukommen, dass er dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt war, unabhängig davon, ob die staatliche Stelle zum Abschluss berechtigt war (vgl. Art. 232 § 4 a Abs. 2, 3 EGBGB). Mit dem am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen SchuldRAnpG hat der Gesetzgeber den Bestandsschutz fortgeführt (§ 8 SchuldRAnpG). Zum Ausgleich dafür, dass der Eigentümer das Grundstück auf lange Zeit nicht herausverlangen kann (vgl. § 23 SchuldRAnpG), sieht § 20 SchuldRAnpG i.V.m. der NutzEV eine schrittweise Anpassung an die ortsübliche Miete vor.

Der Entscheidung des Berufungsgerichts stehen auch Art. 232 § 4 a Abs. 7 und § 8 Abs. 3 SchuldRAnpG nicht entgegen. Nach diesen Bestimmungen soll Bestandsschutz dann nicht bestehen, wenn die Rechtskraft eines Urteils entgegensteht. Das ist hier nicht der Fall. Die Vorschriften sind dahin auszulegen, dass sie dem Bestandsschutz nur dann entgegenstehen, wenn über das Recht zum Besitz gemäß Art. 232 § 4 a EGBGB entschieden worden ist. Das Gesetz will nämlich denjenigen Nutzer, der aufgrund eines unwirksamen Nutzungsvertrages besitzt, vor Herausgabeansprüchen des Eigentümers schützen, indem es ihm ein neues Besitzrecht einräumt. Der Eigentümer soll sich nicht auf die Unwirksamkeit eines Vertrages berufen können, der unter den in Art. 232 § 4 a EGBGB genannten Umständen zustande gekommen ist, und zwar auch dann nicht, wenn dies rechtskräftig festgestellt ist.

Es kommt hinzu, dass das Amtsgericht S. die Räumungsklage des Klägers abgewiesen hat mit der Begründung, die Unwirksamkeit des Nutzungsvertrages stehe zwar rechtskräftig fest, dem Beklagten stehe aber Bestandsschutz zu. Zwar ist es zweifelhaft, welchem Urteil bei einander widersprechenden formell rechtskräftigen Entscheidungen der Vorrang einzuräumen ist (vgl. dazu Zöller/Vollkommer aaO Rdn. 78 m.w.N.). Diese Problematik stellt sich vorliegend aber nicht, weil der Streitgegenstand des Räumungsrechtsstreits nicht identisch mit dem des Feststellungsstreits ist. Mit der rechtskräftigen Abweisung der Räumungsklage steht rechtskräftig fest, dass dem Beklagten aufgrund der Schutzvorschriften des Moratoriums (und des SchuldRAnpG) trotz der rechtskräftigen Feststellung der Unwirksamkeit des Nutzungsvertrages ein Recht zum Besitz zusteht.

b) Ohne Rechtsfehler und von der Revision auch nicht angegriffen geht das Berufungsgericht zwar davon aus, dass die Kläger ihr Erhöhungsverlangen im Rechtsstreit wirksam reduziert haben und nur noch die in § 3 NutzEV vorgesehene Mindesterhöhung geltend machen. Soweit das Berufungsgericht aber meint, dieses Erhöhungsverlangen sei unwirksam, weil es das in § 6 Abs. 1 NutzEV zwingend vorgesehene Erläuterungs- und Begründungsgebot nicht beachte und keine Ausführungen zum ortsüblichen Entgelt enthalte, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Mindestentschädigung ist in jedem Fall geschuldet.

aa) § 3 Abs. 1 Nr. 1 NutzEV regelt die materiellen Voraussetzungen für die Anpassung des vereinbarten Nutzungsentgelts an die Marktmiete. Danach soll zum 1. November 1993 eine Verdoppelung des am 2. Oktober 1990 zulässigen Entgelts möglich sein, mindestens aber eine Festsetzung auf 0,15 bzw. 0,30 DM/m² bei bebauten Grundstücken. Die Erhöhung auf 0,15 bzw. 0,30 DM/m² soll damit auf jeden Fall erfolgen können, unabhängig davon, wie hoch das Entgelt am 2. Oktober 1990 war. Sinn und Zweck des Erläuterungsgebotes werden nicht beeinträchtigt, wenn dem Grundstückseigentümer wegen seines falschen Ausgangspunktes zwar nicht das Doppelte des am 2. Oktober 1990 zulässigen Entgelts, aber jedenfalls das Mindestentgelt zugesprochen wird. Nach dem insoweit unmissverständlichen Wortlaut des Gesetzes soll der Nutzer mindestens - d.h. unabhängig davon, wie viel er bisher bezahlt hat, was ortsüblich ist usw. - 0,15 bzw. 0,30 DM/m² bezahlen. Diese Mindesterhöhung ist nicht davon abhängig, dass der Kläger in seinem Erhöhungsverlangen richtige Daten zugrunde legt und zutreffende Rechtsausführungen vertritt. Sie soll der Nutzer auch dann zahlen, wenn das Erhöhungsverlangen unwirksam ist. Der Nutzer bedarf insoweit auch keines Schutzes. Er weiß, dass er die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Mindestvergütung auf jeden Fall zahlen muss.

bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Kläger die vom Gesetz für die Geltendmachung der Mindesterhöhung geforderte Erklärung abgegeben, dass die verlangte Erhöhung das ortsübliche Entgelt nicht überschreite. Dass sie dies im Schriftsatz vom 3. November 2005, mit dem sie ihr Erhöhungsverlangen reduziert haben, nicht noch einmal ausdrücklich erklärt haben, schadet nicht. Die Kläger hatten in allen drei Erhöhungsverlangen umfangreiche Ausführungen zum ortsüblichen Nutzungsentgelt gemacht. Sie für das reduzierte Erhöhungsverlangen erneut zu fordern, wäre eine nicht mehr vertretbare Förmelei.

cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das reduzierte Erhöhungsverlangen im Schriftsatz vom 3. November 2005 auch nicht deshalb unwirksam, weil das SchuldRAnpG eine rückwirkende Erhöhung nicht vorsieht. Die Kläger machen Mindestbeträge geltend, die bereits in den ursprünglichen Erhöhungsverlangen als "minus" enthalten waren. Hätten sie ihr Begehren nicht auf die im Gesetz vorgesehenen Mindestbeträge reduziert, so hätte das Landgericht, wenn es die zunächst geltend gemachten Beträge aus formalen Gründen nicht zusprechen wollte, diese als "minus" zuerkennen müssen.

dd) Soweit das Berufungsgericht meint, es sei unzulässig, versäumte Erhöhungen in einem Schritt nachzuholen, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die Frage, ob ein Grundeigentümer, der einen Erhöhungsschritt nach § 3 Abs. 1 Satz 2 NutzEV versäumt oder zeitweilig auf ihn verzichtet hat, ihn später in einem Schritt nachholen kann, ist streitig (Nachweise bei Kiethe/Schilling SchuldRAnpG § 3 NutzEV Rdn. 36). Der Senat bejaht die Möglichkeit einer solchen Nachholung.

(1) § 3 NutzEV bestimmt, dass ab 1. November 1993 die Entgelte schrittweise bis zum Erreichen der ortsüblichen Miete angepasst werden können. Dabei ist genau geregelt, in welcher Höhe die Miete ab dem Jahre 1993 jährlich angepasst werden darf. Die Erhöhungsmöglichkeit ist betragsmäßig nur insoweit beschränkt, als die zulässige Erhöhung sich jeweils an der für einen früheren Zeitpunkt zulässigen Erhöhung orientiert. So darf z.B. nach § 3 Ziff. 5 NutzEV die ab 1. November 1998 zulässige Erhöhung nur noch 1/3 der sich aus Ziff. 3 ergebenden Erhöhungsmöglichkeit betragen.

(2) Weder § 3 NutzEV noch eine andere Vorschrift bestimmen zeitliche Mindestabstände zwischen einzelnen Entgelterhöhungen. Die Verordnung weicht bewusst von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MiethöheG (= § 558 BGB) ab (Kiethe/Schilling aaO). Dort hat der Gesetzgeber zusätzlich Hürden für die jeweilige Erhöhung geschaffen. So darf eine Erhöhung die letzte Miete nicht um mehr als 20 % übersteigen (sog. Kappungsgrenze). Das hat zur Folge, dass der Vermieter, der die Miete längere Zeit nicht erhöht hat, nicht in einem Schritt die Marktmiete verlangen kann. Zwar ist die Erhöhung nach der NutzEV im oben gesagten Sinne begrenzt. Für jede Erhöhung gibt es eine Obergrenze, die für jedes Jahr - beginnend mit dem Jahr 1993 - festgelegt ist. Im Gegensatz zum MiethöheG bzw. zu § 558 BGB ist der Erhöhungsbetrag aber nicht durch die letzte vorgenommene Erhöhung begrenzt.

(3) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Görlitz (Urteil vom 29. August 2000 - 3 C 1604/97 -) und Thiele/Winterstein (SchuldRAnpG 2. Aufl. § 3 NutzEV Rdn. 6) kann auch der Verordnung zur Änderung der NutzEV vom 24. Juli 1997 nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber mit dieser Verordnung die Erhöhung in einem Schritt nicht mehr zulassen wollte. Die Änderungsverordnung hat in der Überschrift und in § 3 Abs. 1 Satz 1 NutzEV die ortsüblichen Entgelte als absolute Obergrenze noch deutlicher als in der ursprünglichen Fassung ausformuliert und in § 3 Abs. 1 Satz 2 NutzEV noch klarer herausgestellt, dass die angemessene Gestaltung in der zeitlich gestreckten Erhöhung bis zur Ortsüblichkeitsgrenze besteht (Kiethe/Schilling aaO Rdn. 3). In der amtlichen Begründung heißt es dazu (BR-Drucks. 381/97 S. 12): "Angemessen ist danach nicht ein sofortiges, mit einem Sprung erreichtes ortsübliches Entgelt, sondern eine über einen bestimmten Zeitraum verteilte Erhöhung." Dieser Formulierung wollen Thiele/Winterstein aaO Rdn. 6 entnehmen, dass nunmehr - anders als vorher - die Erhöhung in einem Schritt, auch in Nachholung vorher versäumter Schritte, nicht mehr zulässig sei. Dem folgt der Senat nicht. Die in der Begründung geforderte Verteilung der Erhöhung "über einen bestimmten Zeitraum" bezieht sich vielmehr auf die gesamte, seit 1993 verflossene und künftig ablaufende Zeit. Dementsprechend steht nach S. 13 der Begründung das Ziel einer zeitlich verteilten Erhöhung "nicht der Möglichkeit entgegen, unterbliebene Erhöhungsschritte ... zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen und sie auch mit einem oder mehreren folgenden Erhöhungsschritten zu verbinden."

(4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gebietet auch das Schutzbedürfnis des Mieters keine Begrenzung. Zwar sollte die Verteilung der Erhöhung auf einen längeren Zeitraum "einen sprunghaften Anstieg der Nutzungsentgelte verhindern", der viele Nutzer dazu gezwungen hätte, ihre Erholungsgrundstücke aufzugeben (amtliche Begründung BR-Drucks. 344/93 zu § 3). Die Anpassung in einem Schritt führt aber "insgesamt nicht zu höheren und auch nicht zu verfrühten Belastungen des Nutzers" (Kiethe/Schilling aaO Rdn. 36). Im Gegenteil hat der Nutzer durch die Nichtanpassung jahrelang weniger bezahlt, als der Vermieter hätte verlangen können.

ee) Ohne Rechtsfehler und von der Revision nicht angegriffen geht das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass das Erhöhungsverlangen vom 26. Oktober 2004 bereits deshalb unwirksam ist, weil die Erklärung nicht von allen Grundstückseigentümern abgegeben wurde. Soweit das Berufungsgericht es für möglich hält, im Schriftsatz der Kläger vom 3. November 2005 ein erneutes Erhöhungsverlangen zu sehen, dieses aber wie die anderen Erhöhungsverlangen an mangelnder Begründung scheitern lässt, stellt es auch hier übertriebene Anforderungen, da die Kläger nur die Mindesterhöhung geltend machen. Dieses Verlangen könnte aber für das Jahr 2005 zu keiner Erhöhung mehr führen, da nach § 6 Abs. 2 NutzEV das erhöhte Nutzungsentgelt erst von dem Beginn des dritten auf die Erklärung folgenden Monats zu entrichten ist. Allerdings hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass bereits in der Klagebegründung vom 22. Juni 2005 ein Erhöhungsverlangen für das Jahr 2005 zu sehen sein kann. Zu diesem Zeitpunkt waren die Kläger Eigentümer des Grundstücks. Die Erhöhungserklärung scheitert deshalb nicht an der mangelnden Aktivlegitimation.

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Zwischen den Parteien ist die Größe des überlassenen Grundstücks streitig. Die Kläger gehen von einer Nutzungsfläche von 507 m² aus, während die Beklagte eine solche von 300 m² behauptet. Die Größe ist für die Höhe des verlangten Pachtzinses bestimmend.

Ende der Entscheidung

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