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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 20.12.2000
Aktenzeichen: XII ZR 237/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1380 Abs. 1
BGB § 1380 Abs. 1

Zur Anrechnung dessen, was ein Ehegatte dem anderen nach dem Scheitern der Ehe mit dem Ziel einer Vermögensauseinandersetzung zuwendet, auf den Zugewinnausgleichsanspruch des anderen Ehegatten.

BGH, Urteil vom 20. Dezember 2000 - XII ZR 237/98 - OLG Karlsruhe AG Karlsruhe


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 237/98

Verkündet am: 20. Dezember 2000

Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick und Weber-Monecke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 30. Juli 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien, deren Ehe auf den am 8. Februar 1994 zugestellten Scheidungsantrag geschieden wurde, streiten über die Höhe des der Klägerin zustehenden Zugewinnausgleichs.

Die Klägerin hat keinen Zugewinn erzielt, während das Endvermögen des Beklagten zum Stichtag (8. Februar 1994) sein Anfangsvermögen von 7.382,74 DM übersteigt. Zum Endvermögen des Beklagten zählen unter anderem Guthaben, Einlagen und eine Lebensversicherung im Gesamtwert von 14.852,07 DM sowie die Geschäftsausstattung seines nebenberuflich betriebenen Architekturbüros mit einem Zeitwert von 7.708 DM, jeweils bezogen auf den Stichtag. Ferner gehört zum Endvermögen des Beklagten ein Wohnmobil, das dieser etwa ein Jahr nach dem Stichtag für 34.000 DM verkauft hat und über dessen Wert am Stichtag die Parteien streiten.

Außerdem streiten die Parteien darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Weise im Rahmen des Zugewinnausgleichs festverzinsliche Wertpapiere im Nennwert von 50.000 DM zu berücksichtigen sind, die sich in einem auf den Namen des Beklagten lautenden Depot befanden, von den Parteien anläßlich ihrer Trennung im Juni 1993 zum Zwecke der Vermögensauseinandersetzung hälftig untereinander aufgeteilt und sämtlich vor dem Stichtag veräußert wurden.

Das Amtsgericht gab der Klage in Höhe von 24.588,67 DM statt und wies die weitergehende Klage sowie eine vom Beklagten erhobene Widerklage ab. Auf die Berufung des Beklagten, mit der er lediglich seine Verurteilung zur Zahlung angriff, und nachdem die Parteien den Rechtsstreit in Höhe vom Beklagten gezahlter 5.297,18 DM übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, änderte das Berufungsgericht die Entscheidung des Amtsgerichts über die Klage ab und verurteilte den Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von noch 15.290 DM nebst Zinsen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Abweisung der nach Teilerledigung noch rechtshängigen Klage weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Nicht zu beanstanden ist allerdings, daß das Berufungsgericht den Wert des Wohnmobils zum Stichtag gemäß § 287 ZPO auf 26.000 DM schätzt. Dabei geht es von dem ein Jahr später erzielten Kaufpreis von 34.000 DM aus, von dem es zunächst 4.043 DM Mehrwertsteuer absetzt, die der Beklagte abführen mußte, weil das Fahrzeug zu seinem Betriebsvermögen gehört hatte. Sodann berücksichtigt das Berufungsgericht nach dem Stichtag vorgenommene werterhöhende Aufwendungen des Beklagten in Höhe von rund 4.600 DM in der Weise anteilig, daß es, der eigenen Berechnungsweise des Beklagten folgend, die Zahl der zwischen Stichtag und Tag des Verkaufs mit dem Fahrzeug gefahrenen Kilometer zu der vom Beklagten in Kilometern angegebenen voraussichtlich erzielbaren Restnutzungsdauer ins Verhältnis setzt und annimmt, daß die werterhöhenden Aufwendungen sich mit noch rund 3.900 DM im Verkaufspreis niedergeschlagen haben.

Dies läßt Rechtsfehler zum Nachteil des Beklagten nicht erkennen. Soweit die Revision Verfahrensrügen im Hinblick auf weitere vom Beklagten geltend gemachte Wertsteigerungen durch Reparatur- und Wartungsaufwendungen sowie im Oktober 1994 erneuerte Reifen erhebt, hat der Senat diese Rügen geprüft und für nicht durchgreifend befunden.

2. Rechtsfehlerhaft läßt das Berufungsgericht indes dahinstehen, ob das Wertpapierdepot gemeinsames Vermögen der Parteien war, wie die Klägerin geltend macht, oder ob die Wertpapiere dem Beklagten allein gehörten. Gehörten die der Klägerin übertragenen Wertpapiere ursprünglich dem Beklagten allein, wovon zu dessen Gunsten revisionsrechtlich auszugehen ist, waren sie entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beim Zugewinn zu berücksichtigen, und zwar nicht mit ihrem Nennwert, sondern mit ihrem Kurswert im Zeitpunkt der Übertragung zuzüglich der bis zu diesem Tag aufgelaufenen Stückzinsen.

a) Wie die Revision zutreffend rügt, kann die hälftige Übertragung eigener Wertpapiere des Beklagten hier nicht als ein die Anwendung des § 1380 Abs. 1 BGB ausschließendes entgeltliches Rechtsgeschäft angesehen werden (vgl. Staudinger/Thiele, BGB 12. Aufl. § 1380 Rdn. 7). Auch wenn die Parteien zugleich vereinbart haben, daß der Beklagte seine sonstigen Vermögenswerte, nämlich das Wohnmobil, die Guthaben, die Geschäftsausstattung und die restlichen Wertpapiere solle behalten dürfen, macht dies die Übertragung der Wertpapiere - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht zu einer entgeltlichen, weil die Vereinbarung nicht auf eine Gegenleistung zielt, sondern die bestehende Vermögenslage insoweit unverändert läßt.

Auch die weitere Voraussetzung des § 1380 BGB, daß nämlich die Zuwendung nicht geschuldet, sondern freiwillig ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1983 - IX ZR 42/82 - FamRZ 1983, 351, 352), liegt hier vor. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Übertragung der Wertpapiere, auch später nach Beendigung des gesetzlichen Güterstandes nicht, weil der Zugewinnausgleichsberechtigte regelmäßig (vgl. § 1383 BGB) keinen Anspruch auf einen Teil der Vermögenswerte des anderen Ehegatten, sondern nur einen Anspruch auf Ausgleich des von diesem erzielten Zugewinns in Geld hat.

b) Auf den Ausgleichsanspruch der Klägerin ist der Wert der Wertpapiere im Zeitpunkt der Übertragung anzurechnen, wenn der Beklagte dies bei der Übertragung bestimmt hat, § 1380 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies gilt auch, wenn die Bestimmung bereits mit dem der Übertragung vorausgehenden Rechtsgeschäft verbunden wird (vgl. MünchKomm-BGB/Koch 4. Aufl. § 1380 Rdn. 4). Sie bedarf keiner Form (vgl. Staudinger/Thiele aaO § 1380 Rdn. 12).

Im vorliegenden Fall liegt es nahe, in der Übertragung der Wertpapiere zum erklärten Zweck der Vermögensauseinandersetzung nach dem Scheitern der Ehe die stillschweigende Bestimmung zu sehen, daß der Wert der zugewendeten Wertpapiere jedenfalls dann auf eine mögliche Ausgleichsforderung der Klägerin angerechnet werden sollte, wenn diese nach Beendigung des Güterstandes Ausgleich des Zugewinns verlangt. Denn nach der für die Klägerin erkennbaren Vorstellung des Beklagten wollte dieser mit der Übertragung der Wertpapiere die wegen des Scheiterns der Ehe schon jetzt für erforderlich gehaltene Vermögensauseinandersetzung der Parteien abschließend bewirken. Die Bestimmung eines solchen Leistungszwecks schließt regelmäßig die unausgesprochene Bestimmung ein, daß die Leistung zumindest eine im Voraus bewirkte Teilleistung sein soll, falls sich herausstellt, daß sie nicht ausreicht, den Anspruch des Leistungsempfängers vollständig zu erfüllen.

c) Ob das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Übertragung der Wertpapiere in dieser Weise auszulegen ist, bedarf indes keiner Entscheidung. Denn die Anrechnung hat nach § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB im Zweifel auch dann zu erfolgen, wenn die Übertragung der Wertpapiere nicht mit einer solchen Bestimmung verknüpft war.

So unterliegen der Anrechnung auch unbenannte Zuwendungen, die ein Ehegatte dem anderen während bestehender Ehe als Anerkennung und Ausgleich für dessen familiäre Leistungen gemacht hat (vgl. BGHZ 82, 227, 231 ff.), denn nach der Wertung des Gesetzes gilt die Anrechnung auf eine etwaige künftige Zugewinnausgleichsforderung des anderen Ehegatten, die das gleiche Ziel verfolgt, im Zweifel als gewollt (vgl. Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 4 Aufl. Kap. VII Rdn. 187). Mit dieser Regelung soll nach Möglichkeit vermieden werden, daß der Zuwendungsempfänger sich im Falle des Zugewinnausgleichs besser steht, als er stehen würde, wenn die Zuwendung unterblieben und der Wert im (End-)Vermögen des Zuwendenden verblieben wäre, so daß der Empfänger hieran über den Zugewinnausgleich partizipiert hätte (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht 3. Aufl. § 1380 BGB Rdn. 3).

Diese grundsätzlichen Erwägungen gelten erst recht für Zuwendungen, die - wie hier - nicht mehr der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen sollen, sondern erst nach deren Scheitern mit dem Ziel einer Vermögensauseinandersetzung zwischen den Ehegatten vorgenommen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Zuwendende die erforderliche Vermögensauseinandersetzung mit seiner Zuwendung bereits endgültig und abschließend herbeigeführt zu haben glaubte. In einem solchen Fall ist nämlich erst recht gemäß § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB im Zweifel anzunehmen, daß der Zuwendende eine Anrechnungsbestimmung getroffen hätte, wenn er vorausgesehen hätte, daß der andere Ehegatte die Vermögensauseinandersetzung in Form des Zugewinnausgleichs weiter betreiben werde.

3. Die angefochtene Entscheidung kann daher im Umfang der Anfechtung keinen Bestand haben.

Der Senat kann nicht - auch nicht hinsichtlich eines Teilbetrags - selbst in der Sache entscheiden, da das Berufungsgericht keine Feststellungen zu der Frage getroffen hat, ob die Wertpapiere dem Beklagten allein gehörten und welchen Kurswert zuzüglich aufgelaufener Stückzinsen sie im Zeitpunkt der Übertragung hatten. Auch wenn die Angriffe des Beklagten gegen die Schätzung des Wertes seines Wohnmobils keinen Erfolg haben, ist nicht auszuschließen, daß der Klägerin kein über den bereits bezahlten Betrag hinausgehender Anspruch auf Zugewinn verbleibt, wenn der Wert der übertragenen Wertpapiere gemäß § 1380 Abs. 2 BGB dem Endvermögen des Beklagten von 48.560,07 DM hinzugerechnet und sodann auf die sich daraus ergebende Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin angerechnet wird.

Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die fehlenden Feststellungen nachholen kann.

Ende der Entscheidung

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