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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 31.10.2001
Aktenzeichen: XII ZR 244/99
Rechtsgebiete: BGB, TKG


Vorschriften:

BGB § 1004
TKG § 57 Abs. 2
TKG § 57 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZR 244/99

vom

31. Oktober 2001

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Hahne, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

beschlossen:

Tenor:

Im Verfahren XII ZR 244/99 soll zur Frage der Zuständigkeit für die Entscheidung über einen Ausgleichsanspruch nach § 57 Abs. 2 Telekommunikationsgesetz eine Äußerung des Präsidiums eingeholt werden.

Gründe:

Der Kläger und Revisionskläger ist Eigentümer von landwirtschaftlich genutzten Grundstücken. Er hat der Beklagten, einem privaten Energieversorungsunternehmen, die Verlegung einer Erdgasleitung nebst Nebenanlagen und einer Telekommunikationsleitung gestattet. Die Parteien hatten hierfür ein Nutzungsentgelt vereinbart. Um dieses Nutzungsentgelt geht es im vorliegenden Fall nicht. Der Kläger macht vielmehr hier allein eine Ausgleichszahlung nach § 57 Abs. 2 Telekommunikationsgesetz (im folgenden TKG) geltend, weil aufgrund des bestehenden Haftungsrisikos die Nutzung seines Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt werde.

Die Vorinstanzen haben einen Ausgleichsanspruch aus § 57 Abs. 2 TKG schon dem Grunde nach verneint. Der Kläger verfolgt seinen Anspruch in der Revision weiter.

Der XII. Zivilsenat, dem die Sache bei ihrem Eingang zugeschrieben worden ist, ist zur Entscheidung nicht berufen, da es sich bei dem Ausgleichsanspruch aus § 57 Abs. 2 TKG nicht um einen solchen aus Miete oder Pacht handelt.

§ 57 Abs. 1 TKG regelt unter bestimmten Voraussetzungen die Duldungspflicht des Grundeigentümers für Errichtung, Betrieb und Erneuerung von Telekommunikationslinien auf seinem Grundstück. Er ist Ausdruck der Inhaltsbestimmung des Grundeigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Hat der Grundstückseigentümer nach § 57 Abs. 1 TKG die Einwirkung zu dulden, so gewährt ihm § 57 Abs. 2 TKG einen angemessenen Ausgleich in Geld, wenn sein Grundstück über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird. Damit soll eine übermäßig belastende Einschränkung der Eigentumsbefugnisse kompensiert werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2000 - V ZR 435/98 - NJW 2000, 3206, 3210), da es sich ohne eine solche Ausgleichsregelung nicht mehr um eine nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung handeln würde.

Es könnte daran gedacht werden, daß für Streitigkeiten über Ausgleichsansprüche nach § 57 Abs. 2 TKG der III. Zivilsenat unter dem Gesichtspunkt eines allgemeinen Aufopferungsgedankens zuständig ist, da sie zwar keine öffentlich-rechtliche Aufopferungslage betreffen, aber der Eigentümer in ähnlicher Weise aus übergeordneten Gründen des Allgemeinwohls in seinen Rechten beschränkt und auf einen Ausgleichsanspruch gegen den Betreiber der Versorgungsleitungen verwiesen wird.

Sachnäher und praktikabler erscheint es aber, sie dem V. Zivilsenat zu überantworten. Dieser ist gemäß V 1 b zuständig zur Entscheidung über die Frage, ob der Eigentümer die Nutzung durch das Versorgungsunternehmen dulden muß (§ 57 Abs. 1 TKG) oder sich auf seinen Abwehranspruch aus § 1004 BGB berufen kann. Der Ausgleichsanspruch nach § 57 Abs. 2 TKG ist unmittelbare Folge des Bestehens einer Duldungspflicht des Eigentümers nach § 57 Abs. 1 TKG. Er steht dem Eigentümer aufgrund seines Eigentums am Grundstück zu, so daß nach dem Geschäftsverteilungsplan auch in seiner jetzigen Fassung (vgl. V 1 b) die Zuständigkeit des V. Zivilsenats begründet erscheint. Hinzu kommt, daß beide Ansprüche - Duldungs- bzw. Abwehranspruch aus § 57 Abs. 1 TKG/§ 1004 BGB und Ausgleichsanspruch aus § 57 Abs. 2 TKG - häufig in einem Verfahren geltend gemacht werden.

Der III. und der V. Senat sowie - unter dem Gesichtspunkt des Innominats - der XI. Zivilsenat haben eine Übernahme der Sache abgelehnt. Eine Einigung zwischen den in Betracht kommenden Senaten war nicht zu erzielen. Eine Klärung - auch für künftige Fälle - ist daher geboten, zumal auch der VI. Zivilsenat mit einem entsprechenden Zuständigkeitsproblem befaßt ist. Insoweit wird auf das Schreiben des VI. Zivilsenats vom 4. Oktober 2001 verwiesen.

Ende der Entscheidung

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