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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.12.1998
Aktenzeichen: XII ZR 262/98
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 318
ZPO § 236
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZR 262/98

vom

23. Dezember 1998

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Dezember 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Zysk, Dr. Hahne und Gerber

beschlossen:

Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Beschluß des Senats vom 11. November 1998 ist unzulässig.

Gründe:

1. Gegen den Senatsbeschluß vom 11. November 1998, durch den die von dem Kläger beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist verweigert wurde, ist ein förmliches Rechtsmittel nicht gegeben. Der Senat selbst ist grundsätzlich gehindert, diesen Beschluß zu ändern. Denn die die Wiedereinsetzung versagende Entscheidung ist ein urteilsähnlicher Beschluß, auf den § 318 ZPO entsprechend anzuwenden ist und der demgemäß das erlassende Gericht ebenso bindet wie die in § 318 ZPO genannten End- oder Zwischenurteile (vgl. BGH Beschluß vom 21. September 1989 - III ZR 121/89 = BGHR ZPO § 237 Gegenvorstellung 1; BAG Beschluß vom 18. Mai 1972 - 3 AZR 27/72 = NJW 1972, 1684; auch Senatsurteil vom 7. April 1993 - XII ZR 244/91 = FamRZ 1993, 1191; Zöller/Vollkommer ZPO 21. Aufl. § 318 Rdn. 9).

2. Ein Fall, in dem eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unabänderlichkeit unanfechtbarer Beschlüsse zugelassen wird, liegt nicht vor. Eine solche Ausnahme wird zugelassen, wenn sie erforderlich ist, um zu verhindern, daß die Entscheidung zu einem anders nicht zu beseitigenden groben Unrecht führt, insbesondere wenn die Entscheidung auf einer offenkundigen Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör beruht (vgl. BGH Beschluß vom 21. September 1989 aaO m.N.).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

a) Falls die Gegenvorstellung des Klägers dahin zu verstehen ist, daß er geltend machen will, ihm werde durch den Senatsbeschluß vom 11. November 1998 grobes Unrecht zugefügt, weil er in dem Prozeßkostenhilfeverfahren irrig angenommen habe, die Prozeßkosten in der Revisionsinstanz beliefen sich auf 300.000 DM (die er nicht bezahlen könne), ist dieser Einwand nicht begründet. Die Mittellosigkeit einer Partei - die sie an der Einlegung eines Rechtsmittels durch einen bei dem Rechtsmittelgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten hindert - fällt, wie in dem Beschluß vom 11. November 1998 dargelegt, dann weg, wenn die Partei entweder erkennt oder "jedenfalls bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennen könnte", daß sie nunmehr objektiv in der Lage ist, die Prozeßkosten aus eigenen Mitteln aufzubringen. Nach dem hiernach geltenden Maßstab der "Anwendung der gebotenen Sorgfalt" kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf seine behauptete irrige Annahme einer Prozeßkostenzahlungspflicht in Höhe von 300.000 DM berufen. Die Verfügungen des Rechtspflegers im Prozeßkostenhilfeverfahren boten für eine solche Annahme keinen Anlaß. So hat der Rechtspfleger dem Kläger mit der Verfügung vom 14. Juli 1998 (auf die sich der Kläger mit der Gegenvorstellung ausdrücklich bezieht) u.a. mitgeteilt: "Wie Sie selbst ausführen, rechnen Sie damit, daß Ihnen von dem Verkaufserlös mindestens ein Betrag von ca. 166.000 DM verbleibt, der auch für die Bestreitung von Gerichtskosten eingesetzt werden könnte.

Bei dieser Sachlage ist nicht dargetan, daß Sie nicht in der Lage sind, die Kosten der beabsichtigten Revision selbst zu bestreiten ..."

Wenn hiernach ein Betrag von ca. 166.000 DM "auch" für die Gerichtskosten sollte eingesetzt werden können, verbietet sich angesichts dieses Wortlauts zumindest ein Verständnis, nach dem die Gerichtskosten nahezu das Doppelte des gesamten genannten Betrages von ca. 166.000 DM ausmachen könnten. Da der Kläger selbst insoweit nicht sachkundig war, hätte er sich bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt - ggf. bei der zuständigen Rechtsantragstelle - nach der ungefähren Höhe der Kosten des Revisionsverfahrens erkundigen müssen, bevor er sich darauf verließ, daß er trotz des bevorstehenden Eingangs einer erheblichen Geldsumme, die nach seinen Angaben in dem Prozeßkostenhilfeverfahren nicht in voller Höhe für die Tilgung fälliger Verbindlichkeiten benötigt werden würde, auf Kosten der Allgemeinheit, nämlich durch Gewährung von Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege (vgl. §§ 9 und 28 Nr. 2 h SGB I), in die Lage versetzt werden würde, die beabsichtigte Revision durchzuführen.

b) Eine Verletzung des Rechts des Klägers auf rechtliches Gehör liegt ebenfalls nicht vor. Der Senat hat die gesamten Erklärungen des Klägers aus dem Prozeßkostenhilfeverfahren einschließlich der von ihm vorgelegten Unterlagen und Belege in dem Wiedereinsetzungsverfahren zur Kenntnis genommen und sie bei dem Erlaß des Beschlusses vom 11. November 1998 berücksichtigt. Soweit der Kläger mit der Gegenvorstellung neue Unterlagen vorlegt (Bescheid des Finanzamts vom 4. Dezember 1998 über 1.287 DM und Rechtsanwaltsquittung über 5.000 DM vom 5. August 1998), vermögen diese als nachgeschobene Tatsachen (vgl. § 236 ZPO; Thomas/Putzo ZPO 21. Aufl. § 236 Rdn. 6) einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu begründen.



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